Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
SOMMERSERIE Montag, 5. August 2002 
3 t&h i M < b >r Ein Gespräch mit dem Schlossgeist äf* }»* ( 
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Prinzessin und Schlossgeist Volksblatt-Sommerserie: Heute ein Besuch auf der Ruine Wildschloss oberhalb Vaduz Seit 1933 ist die Burgruine Wildschloss in Besitz der Gemeinde Vaduz und seit 1981 steht sie unter Denkmalschutz. Die Aussieht von der Ruine aufs Rheintal, die Schweizer Berge oder das Drei-Schwestern-Massiv im Hintergrund ist einmalig und jederzeit Grund für einen Besuch. Ich wollte schon immer eine Prinzessin sein. Auf einem Schloss zu leben, stelle ich mir romantisch, erhaben und när­ risch vor. «Komm, wir gehen aufs Wildschloss», sagt Ed. Und pro­ bieren das Leben als Schloss-her- ren gleich einmal-aus, denke ich. .  Cornelia Hofe r Die Strecke aufs Wildschloss hoch über Vaduz kenne ich. Im Fürstenwald zwischen Schaan und Vaduz bin ich oft bikend, rennend oder spazierend anzutreffen. Und doch ist er immer wieder neu, der grüne Wald mit seinen unterschiedlichen Düften und wunder­ baren Aussichten auf die Schweizer und einheimischen Berge. «Bei schö­ nem Wetter radelt sich's leichter», sagt Ed. Und er hat Recht. Im Gegensatz zu gestern sind die Beine heute leicht und beschwingt treten wir in die Pe­ dale. Das muss psychologisch sein, denke ich. Rumgeistern und Angst machen «Ich möchte der Schlossgeist sein», sagt Ed. «Dann könnte ich überall rumgeistern, allen ein bisschen Angst machen und immer und überall schla-sagt 
er: «Das geht nicht, du hast zu kürze Haare.» «Die Zeiten haben sich geändert, schliesslich kommt der Prinz heute auch nicht mehr auf dem Pferd an den Hof, sondern per Bike», erwide­ re ich. Dann halten wir an. Eine atem­ beraubende Aussicht aufs Tal lässt uns innehalten. Zum unzähligsten Mal sa­ gen wir: «Wau, was für ein Anblick!» Wir legen die Fahrräder an den Stras- senrand, setzen uns auf die Bank und schauen. Schlossherren nicht zu Hause Der Weg aufs Wildschloss ist meist im Wald. Nur ein paar sonnige Stellen haben wir zu überwinden und auf stei­ le Passagen folgen immer wieder flachere Erholungsphasen. Wir spre­ chen nicht viel. Ich stelle mir mein Prinzessinnenzimmer auf dem Schloss vor und Ed geistert wahrscheinlich schon durch die Ruine. «Dort vorne ist es», sagt Ed und nach zwei letzten Kur­ ven stehen wir vor dem Wildschloss. Ein paar Wanderer machen sich auf nach Gaflei. «Die Schlossherren sind nicht zu Hause», sagen sie lachend zu uns. Wir sagen nicht, dass wir gerade angekommen sind, denn heute wollen wir keine Gäste am Hof... Die Mauern sind dick und teilweise noch sehr hoch. Auf der Informations­ tafel lese ich: 
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I .T3U Über der Ruine Wildschloss erhebt sich das Drei-Schwestern-Massiv. Burgruine Schalün/ Wildschloss, 
Vaduz 
VÖLKSBLATT- Sommertour eine Ruine, doch jetzt erkenne ich das Zimmer der Prinzessin ganz "deutlich. Ich steige hinauf und betrete den Raum, der zwischenzeitlich nur noch 
auf die Strasse von unten freigibt. Und sofort erspähe ich den nächsten Biker; Ihn interessiert die Ruine nicht. Er steigt vom Rad, nimmt es auf die Schultern und steigt die Treppen Rich­ tung Triesenberg-Gaflei hoch. Nur einen Augenblick später kommen zwei weitere Radfahrer hinauf. Eine junge Frau und ihr Freund. «Uuuhuu, m 
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Hofnärrin und Stallbursche Ich laufe um das Schloss herum. Sehe es mir von allen Seiten genauer an. Zwar ist das Wildschloss nur noch 
aus zwei Mauern und ohne Dach besteht. Ich setze mich hin und bin fasziniert von den Blumen, die aus der hinteren Wand wachsen. Gelb und lila sind sie. Das Zimmer hat ein grosses Fenster, welches mir einen guten Blick 
ist da jemand?», rufen sie beim Betre­ ten des Schlosses. «Der Schlossgeist und die'Prinzessin sind hier», antwor­ ten wir, «Die Hofnärrin und der Stall­ bursche melden sich zur Arbeit», sagen sie. 
Beim Besuch in der Ruine Wild­ schloss haben wir neben farbig leuchtenden Blumen in den Schlossmauern auch den Schloss­ geist angetroffen. Fotografieren liess er sich zwar nicht, «denn ich will keine Leserbrief-Aktion aus­ lösen». Ein paar Schlossgeheimnis­ se liess er sich aber entlocken. Mit dem Schlossgeist sprach die Schlossprinzessi n . Volksblatt: Wie ist das Leben in der Ruine Wildschloss? ~ Schlossgeist: Es ist ein interes­ santes Leben, obwohl ich anfangs Angst hatte, ganz allein hier oben zu sein und nie jemanden zu sehen. Doch das Leben hier ist ganz anders. Ich höre immer wieder Leute lachen und singen, wenn sie zu mir auf Be­ such kommen. Vor allem den Kin­ dern gefällt es bei mir. Das macht mich glücklich und ist viel schöner, als damals, als man um das Schloss gekämpft hat und immer aufpassen musste, wen man empfangen darf und wen nicht. Wie lange leben Sie schon hier oben? Leben ist nicht das richtige Wort für mich. Ich bin einfach hier und existiere schon fast 800 Jahre. Welche Aufgaben hat der Schloss- gelst? Früher war ich vielbeschäftigt, denn ich arbeitete als Friseur und Doktor am Hof. Das gab viel zu tun, denn wir führten viele Kriege und da musste ich viele Verwundete pflegen. Und erst die Frisurenwüri- sche damals ... Heute schaue ich zur Ruine. Ich sorge dafür, dass der Tisch und die Bänke in gutem Zu­ stand sind, pflege die Feuerstellen und leere die Abfallkübel. In der heutigen Zeit ist es auch, wichtig, den guten Geist des Schlosses auf­ recht zu erhalten. Das ist, keine ein­ fache Aufgabe, aber eine wunder­ schöne. Das Schloss braucht näm­ lich das Misteriöse und Unbekannte, aber es 
darf nicht zu gefährlich und angsteinflössend sein, denn dann kommt niemand mehr auf Besuch. Diese Balance zu finden, ist keine einfache Angelegenheit, das sag ich Ihnen. Kommen Sie ab und zu auch Ins Tal? Nein, ich bleibe hier oben. Ich bin hier zu Hause, aber ich kenne den- Geist vom Schloss Vaduz. Sie ist wunderschön und sehr nett... Haben Sie Freunde? Ja, alle die Leute, die zu mir her­ auf wandern oder mit dem Fahrrad ankommen. Sie wissen zwar nichts von unserer Freundschaft, aber die Kindern verstehen es. Ich freue mich immer über ihren Besuch. Was wünschen Sie 
sich für die Zu­ kunft? Ich habe viel gesehen in fast 800 Jahren. In einem Schloss empfängt man viele Menschen, schliesst aber auch ebenso viele aus. Es ist noch nicht so lange her, seit ich alle Leu­ te hier oben empfangen kann und niemanden mehr ausschliessen muss. Ich hoffe, künftig noch mehr Menschen als Gäste haben zu kön­ nen. Im Tal wird viel gebaut und es bleiben immer weniger Erholungs­ räume. Ich hoffe, dass mein Ort auch in Zukunft eine Oase der Ruhe bleiben kann und für viele Leute ein Platz ist, wo sie sich erholen kön­ nen. Vielen Dank für das Gespräch, Schiossgelst. Gern geschehen. Besuchen Sie mich wieder und lassen Sie mir den Geistim Schloss Vaduz grüssen...
	        

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