Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

6 Dienstag, 23. Juli 2002 
KULTUR Liechtensteiner VOLKSBLATT Musikalisches Chamäleon David Bowie - unergründlicher Charakter beim 36. Montreux Jazz Festival Eine erstaunliche Wandlung vollzog sich mit dem Altmeister während drei Stunden Bühnen­ präsenz im mit weit über 3000 Besuchern besetzten Auditori­ um Stravinski in Montreux - vom Sunnyboy zum Neutöner. Gerolf Hause r David Bowie-Spektakel, das erinnert an Beatles- oder Rolling Stones Zeiten: Schlangen vor der Kasse, der Schwarz­ markt treibt Blüten (300 Franken für einen Stehplatz), Menschentrauben vor dem Bühneneingang, die einen Blick auf den Meister erhaschen wol­ len, ab 16 Uhr sitzen die Ersten vor dem Saaleingang, als sich um 20 Uhr die Saaltüren öffnen, beginnt der Sturm nach vorn an die Bühne, Bauch an Rücken stehen sie, drängen an die Bühnenabsperrung, die ersten Halber­ drückten werden, zu ihrem Leidwesen, von der Security «gerettet», ohren­ betäubendes Schreien, Pfeifen, Klat­ schen, bis der sich der Frührente Nähernde auftaucht... Eine Erscheinung? David Bowie - ein Chamäleon. Weil er mit schwarzem Anzug und Gilet 
David Bowie begeisterte am Montreux Jazz Festival. 
auf die Bühne kommt (mit jeweils ei­ ner goldenen Kette daran)? Weil er nach einer Stunde gerade so viel Pau­ se macht (in der das Publikum sich die Kehle heiser schreit), um im schwarzen T-Shirt und blauer Jacke wieder aufzutauchen und nach einer weiteren Kurzpause (das Schreien steigert sich zu ...ja zu was?) in schar­ lachrotem langen Gehrock (was wie eine Erscheinung gefeiert wird)? Das 'macht noch kein Chamäleon. Bowie ist ein Richtungsänderer. Geblieben sind seit seinem ersten Top-10-Erfoig 1969 in den amerikanischen Charts die spektakulären Auftritte, z.B. als ausserirdisches Zwitterwesen Ziggy Stardust. Der Exzentriker «Where we are going? We are going quiet old», kokettiert Bowie, der Venti­ lator weht seine blonden Haare nach hinten; er strahlt mit einem Lachen, das ihn höchstens... na ja, auf jeden Fall jünger aussehen lässt. Und dann- iassen der Sunnyboy, den man sich zum Nachbarn wünscht, und seine sie­ benköpfige Band die Vergangenheit aufleben mit u.a. «Ashes To Ashes» oder «China Girl». Bowie verteilt Kuss­ händchen, scherzt mit dem Publikum, küsst die Glatze seiner (fantastischen) 
Bassistin und Sängerin Gail Ann Dor- sey (und greift ihr auch mal an den Al­ lerwertesten - na, vielleicht doch lie­ ber nicht als Nachbarn?) - und so klingt auch manches: saugut gemacht, aber immer wieder, Melodien und Har­ monien, an italienische Schlager­ schnulzen erinnernd, das plätschert dahin oder fetzt bei den Rock'n Roll- Stücken um die Ohren. Er zelebriert Musikgeschichte. Und dann - Bowie mutiert vom Schlager- zum Opernsän­ ger, bei den Balladen aus seinem neu­ en Album «Heathen» zum empfindsa­ men Chansonsänger, bei «Warszawa» lässt er mit Synthesizerklängen die Seele erschauern, Instrumentalstücke tauchen auf mit neuen Klängen, neuen Rhythmen, da ist Annäherung an die Neue Musik der Klassik. Wann hat man das schon mal gehört im Rock- Pop-Bereich? Und die Band wächst mit (Mark Plati, Earl Slick und Gerry Leo­ nard, Gitarren; Mike Garson und Cat­ herine Russell, Keyboards; Sterling Campbell, Schlagzeug). Bowie «altert» zunehmend, das Strahlen weicht einer Ernsthaftigkeit, die. dem Inhalt der Musik entspricht, die Bühnenpräsenz des Altmeisters ist, im besten Sinn, ge­ brochen, der Exzentriker hat gelernt, zwischen Fiktion und Realität zu un­ terscheiden. 28 Zimmer und der Säntis als Fassade Das «Alpstein Museum» des Trogner Kontext-Künstlers H. R. Fricker TROGEN: Höhlen, Bären, Neanderta­ ler, Wilderer, tollkühne Kletterer, Eremiten, heilende Wasser, eine zau­ berhafte Florä: Der Alpstein hat fas­ zinierende Facetten. Der Trogner Kontext-Künstler Hansruedi Fricker (54) vernetzt die 28 Berggasthäuser im Alpstein zum «Alpstein Museum». Marqrith Widmer «Das Alpstein Museum ist ein Museum mit 28 Zimmern. Jedes Zimmer ist ein Hotel. Die Gasthäuser gewähren dem Museum Gastrecht; sie eignen sich als Hotels filr Schulungen, Workshops und Kongresse zu alpinen Themen. Ohne eigene Sammlung arbeitet das Alpstein Museum regional und global mit andcTen Museen und Institutionen zusammen», definiert H. R. Fricker «sein» Museum. In der realen Alpenwelt Das «Museum vor Ort» wird gegen­ wärtig aufgebaut. Es ist kein touristi­ scher Marketing-Gag, sondern eine ty­pische 
künstlerische. Arbeit Frickers, der in Trogen seit über 20 Jahren ein «Büro für künstlerische Umtriebe» be­ treibt: Es ist eine Intervention in der Öffentlichkeit, im kulturellen Raum. Anders als in alpinen Museen mit Ber­ gen aus Papiermache, werden im Alp­ stein Museum Informationen über die Alpenwelt in der realen Alpenwelt ver­ mittelt. Fricker, der den Strassen der Stadt St. Gallen ein «Rückgrat» in Form von kleinen Messing-Knöpfen mit Auf­ schriften wie «Ort der Lust» oder «Ort der Wut» verpasst hat, beschriftete die 28 Berggasthäuser im Alpsteingebiet mit Tafeln: «Alpstein Museum - Alpi­ nes Museum vor Ort». Allein schon diese Kennzeichnung bringt die Wahr­ nehmung zum Kippen: Man betrach'tet das Haus mit andern Augen. Alpstein-Bibliothek Als passionierter Fälensee-Fischer war Fricker mit dem Alpstein bereits vertraut, als Ihm der Arzt nach einem Herzinfarkt intensives Wandern ver­ ordnete. Die 28 Wirte waren zur Zu­sammenarbeit 
bereit, Fricker begann ihre Gaststuben zu verändern: Als ers­ tes versah er sie mit einer Bibliothek mit Appenzellika, die der Verleger Marcel Steiner vom Appenzeller Ver­ lag zur Verfügung stellte. Ausserdem war Fricker seinen «Weg des einsamen Wolfs» ohnehin leid. Die Zusammenarbeit mit den Gastwirten bringt ihn auf Ideen für künftige The­ men-Ausstellungen. Die erste soll 2004 in allen 28 Gasthäusern gezeigt werden. Das Thema Höhlen begeistert Fricker: «Etwas, das man nicht sieht.» Kronberg und Ayer§ Rock Für die Rückseite der Geträrtkekarte des Bferggasthauses Kronberg hat er ein Blatt mit Informationen über den Kronberg gestaltet - und als Illustrati­ on den Ayers Rock, den heiligen Berg der Aborigines in Australien, gewählt. Tatsächlich gleichen sich die Silhouet­ ten der beiden Berge auf verblüffende Weise. Das Alpstein Museum wird nicht einfach hingeknallt: Es soll sich konti­ nuierlich entwickeln. In diesem Som­mer 
können sich Kinder in ein Gäste­ buch eintragen. Ein Koffer mit bunten Farben regt die . Kleinen zu Bildern zum Thema «Ich und der Berg» an. In der «Alpenrose» will Fricker ein Bergwirte-Archiv einlagern mit Leih­ gaben und Schenkungen:. Hütten-, Gäste-, Gipfel- und Tagebücher, Chro­ niken, Fotos und Broschüren werden gesammelt und für Themen-Ausstel­ lungen verwendet. «Das ist das Alp­ steingedächtnis», sagt Fricker. Material gibts genug: In der Meglis- alp fand der Wirt unter einem Boden Magazine und Zeitungen aus den Jah­ ren 1929 bis 1932. Fricker. deckt jetzt einen Tisch mit Tellern aus jener Zeit und einer Zeitungsbeige. Besucher können sich in die Zeitdokumente ver­ tiefen. Gerahmte Magazinseiten wer­ den die Wand schmücken. Frickers Ideal ist genau diese Mischung aus Schmuck und Information. Er will das Alpstein Museum aufbauen, bis es auch ohne ihn funktioniert. Später sol­ len eine Stiftung gegründet und Kura­ toren engagiert werden. Vorgesehen sind auch alpine Filmfestivals. Der Trogner Kontext-Künstler Hansruedi Fricker auf dem Weg zur Meglisalp, 
(Bild: Keystone) 
«sommer TANZnacht» VADUZ: Am kommenden Samstag, den 27. Juli feiert Vaduz den Sommer mit einer «sommerTANZnacht» auf dem Rathausplatz (ab 19 Uhr). Im Rah­ men des Vaduzer Städtlesommers prä­ sentiert 
«Vaduz Events» einen bunten Abend mit Live-Musik von der neu­ seeländischen Formation MOANA (Konzertbeginn: 20 Uhr), umrahmt von aktuellem DJ-Sound. Moana Maniapoto, die Frontfrau von MOANA, hat in Neuseeland als Sängerin, Performerin und Repräsen­ tantin der Maori-Stämme schon lange einen hervorragenden Namen und eine grosse Fan-Gemeinde. Nun hat sie sich auch in Europa bei zahlreichen Festi­ vals in die Herzen der Musikfans ge­ spielt. Ihre Musik ist eine Mischung aus traditionellen polynesischen Melo­ dien, teils untermalt, teils vermischt mit modernen Dance-Sounds. Die Sunday Times bezeichnete die Musik von MOANA als «kraftvollen, einzigartigen Sound» und das «beste Beispiel authentischer pazifischer Klänge». Umrahmt wird der Auftritt von MOANA ab 19 bzw. 21.45 Uhr durch aktuelle DJ-Sounds von DJ Elvis (FL), DJ Daniele Candeloro (CH) und DJ Soiair (CH) feat. Philippe Heitier (D). Fortgesetzt wird die Party ansch­ liessend im Cesare Vaduz (First Floor) mit DJ's Et Tänzer/-innen sowie im BURG (Caf£ del Sol) mit Sunset Music (bereits ab 19 Uhr). Das internationale kulinarische An­ gebot stammt von der Adler-Gastro­ nomie, die dank origineller Gestaltung für eine gemütliche Lounge-Atmos­ phäre auf dem Rathausplatz sorgen wird. Eingeleitet wird die sommer­ TANZnacht übrigens bereits am Fr., 26. Juli mit dem Vanini Housework (DJ's).Der Eintritt ist frei!
	        

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