Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Dienstag, 2. Juli 2002 
21 Internationaler Strafgerichtshof: US-Veto zu Bosnien-Einsatz überschattet Arbeitsaufnahme DEN HAAG/NEW YORK: Über­ schattet vom Streit mit den USA um Immunität für US-Friedens- soldaten hat am Montag der Internationale Strafgerichtshof (ICC) seine Arbeit aufgenom­ men. Die Verlängerung der UNO-Mission in Bosnien (UN- MIBH) um sechs Monate schei­ terte vorerst am US-Veto. Das im niederländischen Den Haag an­ sässige Tribunal soll als erste dauer­ hafte länderübergreifende Instanz, weltweit Kriegsverbrcchen, Völker­ mord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgen und bestra­ fen. Das Römer Statut war 1998 von 120. UNO-Mitgliedern in Rom ange­ nommen worden. Es sah vor, dass der ICC seine Arbeit zwei Monate nach der Ratifizierung durch mindestens 60 Staaten aufnimmt. Die Mindestzahl war am 11. April erreicht worden. Die Schweiz ratifizierte das Statut im Ok­ tober 2001 als 43. Staat. UNO-Generalsekretär Kofi Annan nannte das Inkrafttreten des Statuts ein «historisches Ereignis». Ein Welt­ strafgericht habe abschreckende Wir­ kung, erklärte er. Widerstand der USA Die USA demonstrierten ihre Ableh­ nung gegen den ICC mit einem Veto im UNO-Sicherheitsrat gegen die Ver­ längerung der UNO-Bosnien-Mission UNMIBH um sechs Monate. Washing­ ton hatte das Statut zunächst unter­ zeichnet. Ratifizieren wollen die USA es nicht, weil ihrer Forderung nach ei­ ner Straffreiheit für US-Friedenssolda- ten nicht nachgekommen würde. Die 
UNO-Generalsekretär Kofi Annan spricht in Den Haag mit John Negroponte (rechts).und Jeremy Greenstock (links). Das im niederländischen Den Haag ansässige Tribunal soll als erste dauerhafte länderübergreifende Instanz weltweit Kriegs-, verbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgen und bestrafen. (Bilder: Keystone) USA drohten auch mit ihrem Veto ge­ gen weitere: UNO-Mändate, wie zum Beispiel im Kosovo und in Sierra Leo­ ne. Neben den USA lehnen auch Israel, Russländ, China und Indien den ICC 
ab. Israels Regierung begründete ihren Entscheid damit, dass Israel wegen sei­ ner Siedlungspolitik in den besetzten Palästinenser-, Gebieten vor dem Ge­ richt angeklagt werden könnte. Der 
britische Ausstnminister Jack Straw startete derweil intensive Bemühun­ gen, um den angedrohten Rückzug der USA aus UNO-Friedensmissionen in Bosnien zu verhindern. Abschlussbericht «KursKl 
W Offenbar Tote bei US- MOSKAU: Fast zwei Jahre nach dem; Untergang des russischen Aiom-U- i Bootes «Kursk» hat eine Moskauer" Regierungskommission in ihrem Abschlussbericht offiziell einen de-, fekten Torpedo als Auslöser der Ka- : tastrophe genannt. Der für-25 Jahre ; als «geheim» eingestufte Bericht sei. ; am Wochenende unterzeichnet wor-. den, sagte das Kommissionsmitglied : Waleri Dorogin In Moskau. Nur die 
i Schlussfölgerung, wie es am 12. Au­ gust 2000 in der Barentssee zu dem 
 1 Unglück .mit 118 Toten kommen; konnte, sei zur Veröffentlichung' freigegeben worden. Aus dem'An­ trieb eines Torpedos vom Typ 65-76 : sei Wasserstoffperoxid ausgetreten ; • und habe ein? erste Explosion aus- • gelöst. Durch den Brand im-Bug der • «Kursk» sei etwa zwei Minuten spä- ! ; ter der restliche Torpedo-Vorrat ex­ plodiert und habe das riesige, 14 700 
j : Tonnen schwere U-Boot versenkt. 
Opfer waren Gäste einer Hochzeitsfeier in Afghanistan BAGRAM: Bei einem amerikanischen Luftangriff in Afghanistan sind am Montag nach Augenzeugenberichten zahlreiche Hochzeitsgäste getötet oder verletzt worden. Die US-Streitkräfte hätten aus Kampf­ hubschraubern und Flugzeugen ein Haus in der Ortschaft Kakarak be­ schossen, in dem gerade eine Feier stattfand. Ein Pentagon-Sprecher sag­ te in Washington, die Besatzung eines Aufklärungsflugzeuges sei nach eige­ nen Angaben unter Artilleriefeuer ge­ raten. 
Daraufhin hätten andere Ma­ schinen der Koalitionstrtippen das Feuer erwidert. Ein Behördenvertreter der Provinz Urusgan erklärte, bei dem Angriff seien etwa 40 Menschen getö­ tet und 70 weitere verletzt worden. Die Gäste der Hochzeitsfeier hätten zuvor 
Salutschüsse abgegeben, wie es bei solchen Anlässen üblich ist. Mitarbei­ ter des Krankenhauses in Kandahar sagten, bei den meisten Opfern hande­ le es sich um Frauen und Kinder. Augenzeugen zufolge begann der Angriff um zwei Uhr morgens und dauerte etwa zwei Stunden. Einer der Überlebenden, Abdul Kajum, erzählte: «Die Amerikaner kamen und fragten mich: (Wer hat auf die Hubschrauber geschossen?» Und ich sagte: «Ich weiss es nicht>.» Kakarak liegt in der Provinz- Urusgan, wo Spezialeinheiten nach flüchtigen El-Kaida- und Taliban-: Kämpfern suchen. ; Auf dem "Luftwaffenstützpunkt Bag­ ram nördlich von Kabul erklärte ein US-Militärsprccher, die alliierten Bo­ dentruppen seien beschossen worden. Daraufhin hätten sich ein B-52-Bom-ber 
und andere Maschinen an dem Angriff beteiligt. Zunächst gebe es zahlreiche verschiedene Informatio­ nen zu dem Vorfall. Amerikanische Ermittler sollten nach Kakarak ent­ sandt werden.. Nach Angaben des Pentagons ver­ fehlte mindestens eine Bombe ihr Ziel. Zuvor waren auf einem von den US- Truppen genutzten • Flughafen im Osten 
Afghanistans zwei Granaten ex­ plodiert. US-Militärsprecher Roger King erklärte am Montag, es habe kei­ ne Verletzten gegeben. Wie nah die amerikanischen Truppen den Explo­ sionen am Sonntagabend in der Nähe von Chost waren, wollte.er nicht sa­ gen. Amerikanische Sondereinheiten entdeckten im Südosten Afghanistans in Höhlen zwei weitere Waffenlager, wie King erklärte. Für eine bessere Zukunft Chinesischer Präsident Jiang Zemin forderte grossere Anstrengungen in Hongkong HONGKONG: Am fünften Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China hat der chinesische Staatspräsident Jiang Zemin die Einwohner Hong­ kongs zu grösseren Anstrengungen aufgefordert. Das Modell «ein Land, zwei Systeme» habe sich aber be­ währt. . Die .kommenden fünf bis zehn Jahre seien entscheidend für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung, sagte Ji­ ang bei der Jahrestagsfeier ziir Rück­ gabe der ehemals britischen Kronkolo­ nie vom 1. Juli 1997. Für eine bessere Zukunft müssten die. Bewohner Hong­ kongs hart arbeiten. , Während" der Feier wurde der von Peking ausgewählte Regierungschef Tung Chee-hwa für seine zweite fünf- ; jährige Amtszeit vereidigt. Tung sägte, 
die Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme Hongkongs sei eine der- grössten Herausforderungen der Zu­ kunft. Seit der Obergabe ist die Ar­ beitslosenquote in der Sonderverwal­ tungsregion von 2,4 auf 7,4 Prozent gestiegen. Der Budgetüberschuss. wan­ delte sich von umgerechnet zehn Mil­ liarden Dollar in ein Defizit von acht Milliarden. , • Zahlten 1997 noch 66 000 Men­ schen den.Spitzensteuersatz, waren es zuletzt nur 10 000. Wirtschaftsexper­ ten führen die Probleme unter ande­ rem auf die Asienkrise 1998 und die weltweite Konjunkturschwäche .nach dem 11. September zurück, Während der Feier demonstrierten Menschert- rechtsgruppen und Anhänger der in China verbotenen Falun-Gong-Bewe- gung in den Strassen Hongkongs. . 
Am fünften Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China explodierte am Montag ein Feuertverk über dein Hafen von Hongkong. 
Todesstrafe gegen die Verfassung? WASHINGTON: Gegner der Todesstra­ fe in,den USA haben einen weiteren juristischen Sieg errungen. lEin New Yorker Richter erklärte die Todesstrafe bei Verfahren nach US-Bundesrecht am Montag für verfassungswidrig. Der Bupdesrichter urteilte, dass nach dem jetzigen Recht die Gefahr bestehe, dass Unschuldige hingerichtet werden könnten. Seine Entscheidung gilt al­ lerdings nur für Gefangene, die nach Bundesrecht verurteilt wurden. Die weitaus meisten. Todeshäftlinge wur­ den nach dem Recht der einzelnen Bundesstaaten verurteilt Beobachter erwarteten, dass das Justizministerium gegen die Entscheidung Einspruch er­ hebt. In jüngster Zeit hatten US-Ge­ richte der Todesstrafe mehrere Riegel vorgelegt. So hatte der Oberste US-Ge­ richtshof im Juni entschieden, dass nur Geschworene, nicht Richter über Leben und Tod von Angeklagten ent­ scheiden können. Zuvor hatte die Obersten Richter die Hinrichtung geis­ tig Behinderter untersagt. . Dänemark über­ nimmt Präsident­ schaft der EU KOPENHAGEN: Der dänische Minist terpräsident und amtierende EU-Rats-. Vorsitzende Anders Fogh Rasmussen (im- Bild links) hat vor einer Verzöge­ rung der geplanten Erweiterung der Union gewarnt. «Schon eine kleine Verzögerung könnte zu einer langen Verschiebung der Erweiterung führen», sagte Rasmussen zum Beginn der dä­ nischen EU-Präsidentschaft am Mon­ tag in Kopenhagen. Deshalb müsse der Zeitplan unbedingt eingehalten wer­ den, Absolute Priorität der dänischen Regierung in den nächsten sechs Mo­ naten sei die Erweiterung, bekräftigte Rasmussen! Er sei überzeugt, dass die Verhandlungen mit zehn Kandidaten bis Jahresende abgeschlossen' werden könnten! 2004 sollen Zypern, Malta, Ungarn, Polen, die Tschechische' Repur blik, Slowenien, die Slowakei, Lett­ land, Estland und Litauen der Europä­ ischen Union dann beitreten. 
Ein Stol­ perstein dabei könnte die Zukunft der Agrar-Subventionen.sein, bei denen es nach wie vor Streit zwischen Deutsch­ land und Frankreich gibt..' Jede vierte Waffe übersehen WASHINGTON: Die . Waffen- und SprengstofTkontrollen an den US- Flgghäfen sind weiterhin erschütternd schlecht. Bei einem offiziellen 
Test ha­ be sich gezeigt, dass die Kontrolleure jede vierte Waffe oder Bombe überse­ hen hätten, berichtete die Zeitung «USA Today». Dabei sei der Test der TranspörtsicKerheitsbehörde noch äusserst, leicht gewesen. So seien die Testpersonen angewiesen worden, sich keine besonder Mühe.. beim Ver­ stecken der.'Waffen zu geben. Dennoch hätten-sie in vielen Fällen keinerlei Probierte, durch die Kontrollen zu kommen. Unter den grossen interna; tiohalen Flughäfen schnitt Lös. Ange­ les besondere schlecht ab.Hier würden die Bomben oder Pistolen bei dem Test in 41 Prozent'der Fälle nicht entdcckt.
	        

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