Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
LITTLE BIG ONE Montag, 24. Juni 2002 
5 QO zum 10 Jahre lang war das Little Big One ein Teil von Vaduz - gestern hiess es Abschied nehmten Die Veranstalter des kleinen, grossen Festivals können auf zahlreiche Erfolge aber auch auf Krisen zurückblicken. Das schon einige Male tot geglaubte Festi­ val hat sich zu einem Stehauf­ männchen entpuppt, das aus je­ der Krise wieder 
neue Kraft ge­ schöpft hat. Doch nach zehn. Jahren scheint es so, also ob es jetzt doch den Todesstoss be­ kommen hätte, zumindest hier in Liechtenstein. Doris Meie r Angefangen hat alles ganz klein. Im Jahr 1993 lockten Bands wie Straaten Band, b.b. -special, Les Footwarmers und die Lightstones rund 4000 Leute ins Zentrum von Vaduz. Auf der Stras­ se und in zahlreichen Restaurants und Bars wurde gesungen, geklatscht, ge- jammt und getanzt. Kurz gesagt, das erste Little Big One war ein Erfolg, der die Veranstalter motivierte weiterzu­ machen. «Unchain my heart» röhrte Joe Cocker 1995 in die tobende Menge. (Archivbilder) Aus little wird big ... 1994 fanden sich schon 10 000 Mu­ sikbegeisterte im Vaduzer Städtle ein, um jazzigen und bluesigen Klängen zu lauschen. «The Little Big One» hatte sich schnell auch über die Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Unter sternenklarem Himmel sorgten Alvin Lee, John Slaughter Blues Band, Hans Theessink Et Blue Groove, Jimmy Dil- lon und die Picadilly Six für eine ein­ zigartige Atmosphäre. .. . und noch bigger 1995 wird aus dem Liechtensteiner Musik- und Kulturfestival ein interna­ tionales Topfestival. Stars wie Joe Cocker, Bob Geldof, Maria Glen, Dr. John und andere bringen in Vaduz die Stimmung zum Kochen. Es wurden rund IS000 Festivalbesucher gezählt. Doch auch das Defizit war im Jahr 1995 schon beträchtlich. Es betrug rund 220 000 Franken. Das Land 
Bei den Veranstaltern und auch im Publikum flössen Tränen, als das Little Big One entgültig zu Grabe getragen wurde. (Bild: Paul Trümmer) Liechtenstein steuerte dem Anlass da­ mals nur 20 000 Franken bei. Euphorie; hielt nicht lange 1996 regnete und regnete und reg­ nete es. Die Zuschauerzahlen brachen drastisch ein und erreichten nur no(̂h knapp die 8000er-Marke. Bands wie Chaka Khan, Temptations, Manfred Man's Earth Band, Candy Dulfer, Konstantin Wecker, Ängdique Kidijo sorgten zwar für eine gute Stimmung, lockten aber eher die älteren Semester nach Vaduz. Die Jugend tanzte lieber an der Streetparade. die unglücklicher­ weise auf das gleiche Datum fiel. Die Katerstimmung nach dem ersten ge­ scheiterten Little Big One war gross. Däs Defizit betrug rund 240 000 Fran­ ken. Die Macher des Little Big One dachten schon an's Aufgeben. Vom vollen Erfolg ... Doch die Veranstalter stellten sich 1997 nochmals auf die Hinterbeine und organisierten in kurzer Zeit das wohl erfolgreichste Little Big One aller Zeiten. Mit der Boygroup N'Sync lock­ ten die Veranstalter vor allem krei­ schende Teenager nach Vaduz. Aber auch das etwas ältere Publikum kam 
mit Van Morrisson, Jovanotti, Die Fantastischen Vier, Etta James, BAP und Candy Dulfer voll auf die Rech­ nung. 15 000 Zuschauer strömten bei schönem Sommerwetter ins Städtle." ... wieder ins Wasser Trotz Weltstars fiel das sechste Little Big One wieder ins Wasser. Petrus meinte es nicht gut mit den Veranstal­ tern und schickte literweise Regen. Nur zähe Fans trotzten den Gewitter­ stürmen und jubelten Page £t Plant, Jethro Tull, Gil, 4 the Cause, Blues Brothers 2000, Bell, Book 8t Candle, Polo Hofer und anderen Stars zu. Die Zuschauerzahl schrumpfte auf 10 000. QuoVadis? 1999 war das Zeitalter der Gross­ baustellen in Vaduz angebrochen. Das Little Big One musste seinen ursprüng­ lichen Standort im Zentrum von Va­ duz verlassen und auf die Marktplatz­ garage umsiedeln. Das war mit einem finanziellen Mehraufwand verbunden. In diesem Jahr war Petrus wieder gnä­ dig und Hess drei Tage lang die Sonne scheinen. Und die Besucher kamen in Massen, rekordmässige 16 000 waren es an der Zahl. Miriam Makeba, Gian-na 
Nannini, Lucky Peterson, Mothers Finest, Züri West, Gölä, Die Fantasti­ schen Vier, Dieter Thomas Kuhn, und viele mehr gaben ihre Hits zum Besten. Bei Ausgaben von knapp einer Million Franken, gab es ein Defizit von rund 150 000 Franken. Trotz eines staatli­ chen Beitrages von 50 000 Franken, wurde das Defizit zusätzlich erstmals in vollem Umfang vom Land über­ nommen. Heiss war's Im Jahr 2000 gab es in jeder Hin­ sicht ein heisses Festival. Temperatu­ ren bis zu 35 Grad im Schatten trieben Künstlern und den rund 1 000 Besu­ chern die Schweissperleii auf die Stirn. Auf der Bühne schwitzen HIM, Com- mitments, Florian Ast, Candy Dulfer, Johnny Glegg, The Wailers, Heather Nova und einige mehr. Hochs und Tiefs Das vergangene Jahr war fiir die Veranstalter kein einfaches. Zuerst kam das überwältigende Hoch, denn •Mr-.. Sie kreischten und warfen Kuschelbären, N'Sync Fans im Jahr 1997. 
Sexy mit Saxofon, Candy Dulfer im Jahr 1996.,. das Little Big One 2001 fiel mit 13 000 Besuchern und Stars wie Status Quo, Morcheeba, Söhne Mannheims und Faithless zur Freude der Veranstalter aus. Auch das Wetter spielte gut mit. Im November sprach sich das liechten­ steinische Parlament dafür aus, das Festival von 2002 bis 2004 mit jähr-, lieh 250 000 Franken zu unterstützen. Gegen diesen Beschluss wurde aber von privater Seite das Referendum er-, griffen. Es folgte eine Zitterpartie. Die Wahlberechtigten stimmten im März dem Referendum zu und drehten so dem Littie Big One den staatlichen Geldhahn ab. Nur Dank einer Sammel­ aktion der Initiativgruppe «Pro LBO 2002» konnte das Festival in diesem Jahr überhaupt noch durchgeführt werden. Ein nächstes Mal wird es aber nicht mehr geben, der zehnte Geburtstag wird wohl der letzte des Musikfestivals bleiben. Tamara Näscher, Sevelen: Ich bin schon zum zweiten Mal hier. Ich finde es schade, dass es das letzte Little Big One ist, aber ansonsten geht es mir heute blendend. Ich bin in einer super Stimmung. 
4| m George Nett, Grüsch: Ich finde es ganz • einfach schade. Ich war schon zweimal hier und jedes Mal war es super. Die Atmosphäre war immer gut hier, alle waren fröhlich und lustig drauf. Es hat alles immer gepasst. 
Stefanie Camenisch, Mauren: Ich bin zum ersten Mal hier. Jetzt hätte ich mich gerade so daran gewöhnt, dass es bei uns im Land so einen Anlass gibt. Da wäre es schon cool, wenn es 
im nächsten Jahr weitergehen würde. 
Michael Büchel, RuggelUIch flhle mich heute schlecht und gut. Das ein­ zige Fest, das es hier im Land für die Jungen gibt, soll es künftig einfach nicht mehr geben. Das Festival hat mir immer gut gefallen. 
Sprachlos Abschied nehmen tut weh. Michael Gattenhof, Organisator des Festivals «The Little Big One» brachte zum Ab- schluss kein Wort mehr heraus. Trä­ nen standen ihm in den Augen. In einem Interview spricht er über die Vergangenheit und die Zukunft. Volksblatt: Das Little Big One Ist vorbei. Wie fühlen Sie sich? Michael Gattenhof: Ganz hin und her gerissen. Einerseits bin ich erleich­ tert, dass es vorbei ist. Ich bin auch er­ leichtert, dass das Wetter so gut mitge­ spielt hat und dass wir so ein gutes Team hatten. Es hat sehr viel Spass ge­ macht. Auf der anderen Seite schwingt aber Wehmut mit, auch Resignation ist da, denn so wie es jetzt ausschaut sind die Zuschauerzahlen alles andere als überragend. Es war also kein grosses Aufbäumen des liechtensteinischen Publikums spürbar, das uns nochmals gezeigt hätte, dass das Festival eine gute Sache ist, für die es sich lohnt nach Vaduz zu kommen. Das Uttle Big One war Ja schon mehrere Male totgeglaubt. Wie ein Stehaufmännchen hat sich das Festival immer wieder neu aufge­ richtet? Gibt es auch jetzt noch eine Chance? Die Luft ist raus. Dieses Stehauf­ männchen hat keine Batterien und keine Federn mehr. Sie haben vor gut einer Woche an­ gesprochen, dass Sie sich auch vor­ stellen könnten, das Uttle Big One Im Ausland durchzuführen. In wel­ chem Umkreis schauen Sie sich um? Wir schatten uns überhaupt nicht um. Es ist aber gut zu hören, dass an­ dere Ständorte am Festival interessiert wären. 
Es ist aber auch da'ganz klar festzuhalten, dass es hier um Geld. geht. Es ist eine Kulturveranstaltung im Sinne einer Stadtmarketing-Mass- nahme und darum auf eine Innenstadt ausgerichtet. Dies kostet im Verhältnis mehr Geld, als wenn man ein Festival irgendwo ausserhalb durchführen würde. Wie geht für Sie das Leben ohne Uttle-Blg One welter? Ich werde mich hauptsächlich im .Eventbereich neu orientieren. Sicher­ lich werde ich aber auch Standortsu­ che betreiben. Zudem will ich meinen Horizont erweitern, um vermehrt aus dieser Region rauszukommen. Werfen wir noch einen Blick zurück. Was waren so die Highlights der letzten 10 Jahre? Ein erstes Highlight war schon die Geburtsstunde des Festivals. Das zwei­ te Jahr war grandios, weil plötzlich der Rathausplatz vibriert hat. Das war un­ glaublich. Ich werde aber auch Joe Cocker nicht vergessen. Da bin ich das erste Mal als Veranstalter ins grosse «Business» feingerutscht und wurde mit 70-seitigen Verträgen konfrontiert. Es war schön mit grossen Bands lind Stars das Publikum zu begeistern. Als Gianna Nannini da war, liefen mir die Tränen runter, es war schön, dass da­ mals so viele Leute vor der Bühne wa­ ren. Es hat viele Highlights gegeben, aber auch viele Tiefschläge. Stars sind Ja atich nicht Immer s9 einfach zu handhaben, was sind so die verrücktesten Sachen, die Sie nütdgn Stars erlebt haben? K wird viel hochgespielt. Beispiels­ weise diese Verträge sind nur dann kompliziert, wenn man sich in der Branche nicht auskennt. Klar, es sind oft bestimmte Catering-Wünsche da, zum Beispiel, dass Stars genau diesen Whisky oder den Schnaps wollen. Die grösste Herausforderung für uns war' es, die technischen Voraussetzungen erfüllen zu können. Ich muss aller­ dings sagen, dass sich unser Team mittlerweile sehr gut eingespielt hat, die Maschine ist so gut geschmiert, dass der «Karren» fast ganz von alleine läuft. Es tut am meisten weh, dass man einen so gut laufenden Motor stoppen muss. 
(dm)
	        

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