Liechtensteiner VOLKSBLATT
AUSLAND Samstag, 22. Juni 2002 43 Luftverkehrsabkommen mit Deutschland: Deutscher Bundesrat blockiert Staätsvertrag mit der Schweiz BERLIN: Das Luftverkehrsab kommen zwischen der Schweiz und Frankreich hat gestern eine neue Wendung genommen. Nach dem Nein des Nationalrats am, Mittwoch hat auch der Deutsche Bundesrat das Ab kommen vorläufig blockiert. Die Unions-Mehrheit ist gegen die Ra- tifizerung. Sie hat gestern deshalb den parlamentarischen Vermittlungsaus- schuss aufgerufen. Dieser wird versu chen, die andere deutsche Bundeskam- mer, den Bundestag, umzustimmen, welche dem Luftverkehrsabkommen ursprünglich zugestimmt hat. Ohne die Mehrheit des Bundestags kann die Unions-Mehrheit das Ab kommen nicht umstürzen. In Bundes bern glaubt man zur Zeit aber nicht, dass der Bundestag seine Meinung noch ändern wird, wie Daniel Göring, Sprecher des Bundesamtes für Zivil luftfahrt (BAZL), gegenüber der Nach richtenagentur sda sagte. Denn in die sem herrschten die gleichen Mehr- hci'tsverhältnisse wie in der Regierung. In der Schweiz berät der Ständerat im Herbst als zweite Kammer über das Luftverkehrsabkommen. Im Departe ment von Bundesrat Moritz Lcuenber- ger gibt man die Hoffnung noch nicht ganz auf, dass der Vertrag seitens der Schweiz doch noch zustande kommt. Leuenberger hatte Parlament gewarnt Den Negativentscheid des deutschen Bundesrates bedauerte Bundesrat Mo ritz Leuenberger. «Ich hatte das Parla ment davor gewarnt. Leider haben sich meine Befürchtungen nun bewahrhei tet», sagte der Verkehrsminister. in Innsbruck.
Iii der Sitzung kritisierte der baden-württembergische CDU-Ministerpräsident Envin Teufel den vom Bundestag beschlossenen Staatsvertrag hart. Er traf sich dort mit den Umweltmi nistern Deutschlands, Österreichs und Liechtensteins und dem deutschen Mi nister Jürgen Trittin. Deutschland blei be leider von Gesetzes wegen nichts anderes übrig, als nun eine härtere
Gangart einzuschalten, als es das Luft verkehrsabkommen ermöglicht hätte, sagte Trittin. Kritik von Teufel Der baden-württembergische CDU-Ministerpräsident
Erwin Teufel kriti sierte in der Ländersitzung den vom Bundestag beschlossenen Staatsver trag hart. Er belaste die süddeutschen Anlieger des Flughafens Zürich-Kloten weiterhin mehr als die Schweiz selbst. «Viele betroffene Gemeinden sind verbittert», sagte Teufel. Mehr als 90 Prozent der Kloten-Anflüge führten über Südbaden. Wartende Maschinen kreisten' nur über Deutschland. Der zwischen Berlin und Bern ausgehan delte neue Staatsvertrag löse diese Probleme nicht. Teufel dankte Berlin ausdrücklich für das Aufgreifen des Themas. «Aber das Ergebnis des Staatsvertrags ist un zureichend, und deshalb wird er von allen betroffenen Gemeinden und Landkreisen abgelehnt. Er wird auch vom Land Baden-Württemberg abge lehnt.» Neue Verhandlungen verlangt Die Ablehnung des Staatsvertrags im Schweizer Nationalrat ärt diesem Mittwoch und die Anrufung des Ver mittlungsausschusses in Berlin biete eine Chance auf Änderungen. «Wir wollen neue Verhandlungen mit der Schweiz», sagte Ministerpräsident Teu fel. Die Parlamentarische Staatssek retärin im Verkehrsministeriüm, Ange lika Mertens, plädierte vergeblich für eine Zustimmung des Bundesrats. Mehr als der vorliegende Vertrag sei in Verhandlungen mit der Schweiz nicht erreichbar. Mertens bekräftigte die Ankündi gung von Verkehrsminister Kurt Bode wig, nach einem endgültigen Schei tern des Vertrags auf Schweizer Seite einseitig einschneidende " Flugbe schränkungen zu verfügen- und die Luftverkehrskontrolle über Südbaden wieder nach Deutschland zu holen. 1 Franken Schadenersatz gefordert BELLINZONA: Der ehemalige Staats anwalt Jacques Ducry fordert vom Kanton Tessin einen symbolischen Schadenersatz in der Höhe von 1 Franken. Ducry ist der Meinung, dass die Publikation eines internen Rap ports seine Persönlichkeitsrechte ver letzt habe. Das Aufsichtsorgan der Tessiner Justiz hatte ihm vor einem Jahr in ei nem internen Bericht Vorwürfe im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Lega-Präsident Giuliano Big- nasca gemacht. Der Bericht wurde anschliessend an Medien und Gross räte verteilt. Darin wurde, eine Reise im Jahr 1995 nach Mailand aufgearbeitet.
Ducry, der damalige Staatsrat Dick Marty und Ex-Polizeikommissar Fausto Cattaneo trafen dort einen Vertreter der amerikanischen Dro genbekämpfung - allerdings ohne of fiziellen Auftrag. Der grosse Rat lehnte eine PUKab Cattaneo und Ducry hatten damals vorgehabt, einen Geheim-Pool zur Bekämpfung der • Drogenmafia zu schaffen. Wer von den beiden die Initiative dazu ergriffen hatte, ist bis heute unklar. Die Idee der Geheimpo lizei ist nach der Rückkehr aus Mai land versandet.
Indien testet Raketen ISLAMABAD/DELHI: Indien hat ges tern zwei Panzerabwehrraketen 'gete stet. Die Tests der. Nag-Rakete seien erfolgreich verlaufen, erklärte das Verteldigungsministerium' in Neu Delhi. Sic. stünden in keinerlei Zusam menhang mit. den anhaltenden. Span nungen zwischen Indien und Pakis tan wegen des .Kaschmir-Konflikts, Wess es beim Verteidigungsministeri um. Es handle sich um lange geplan te
Aktionen. Erst nach weiteren Über prüfungen könne die Rakete in die Produktion gehen. Bei neuen Zusammenstössen ent lang der indisch-pakistanischen Waffenstillstandslinie
in Kaschmir selbst ] wurden gestern mindestens 13; Men-;"
j sehen getötet und 11 weitere ver letzt. "'ij . Die Zeitung «Jang» In Islamabad j berichtete, indische Truppen, hätten über den Fluss Neelutn zwei Klein- \ busse und einen Lastwagen riiit Gra-. riatwerfern und Gewehren beschos sen. ','v In einem weiteren Zwischenfall in dem Gebirgstal kamen sechs pakista-:- nische Soldaten ums Leben und acht wurden verletzt, als ihr
Fahrzeug von der Strasse In die Schlucht des Flus ses stürzte, wie die die Zeituiig «Dawn» berichlete. I ROM: Bei brütender Hitze hat ein ; Streik bei Bus, Strassenbahn und Ü- Bahn den Verkehr in mehreren itali- : enischen Grossstädten lahm gelegt. ' In Rom, Mailand, Neapel, Turin und ; Florenz legten die Beschäftigten der t Verkehrsbetriebe
die Arbeit nieder, r um ihrer Forderung nach einer [ Lohnerhöhung Nachdruck zu verlei- hen. Für heute Wurden weitere > Streiks angekündigt. .: - s Bei Temperaturen von über 30 ! Grad bildeten sich lange Schlangen i vor den Taxiständen. Die Pendler f versuchten, sich an die von Stadt zu : Stadt verschiedenen Streikzelten : anzupassen. Ahnungslose Touristen ' jedoch warteten vergeblich an den Haltestellen. i. Nach Italien reisende Touristen ; könnten es am Wochenende schwer haben: Die Beschäftigten der staatli- ' eben Bahngesellschaft wollen heute [ ab neun Uhr für 24 Stunden die Ar : | beit niederlegen. Nur wenige
Zug- \. Verbindungen zwischenMailand ; und Rom sowie vom Süden in die ! Hauptstadt sollen aufrechterhalten i vverden. , . . ' • ' '
Stoiber beruft Merz als Finanzexperten Friedrich Merz kündigt radikale Steuerreform und Aussetzen der Ökosteuer an BERLIN: Unionskanzlerkandidat Ed mund Stoiber und CDU/CSU-Frakti- onschef Friedrich
Merz haben für den Fall eines Wahlsieges Steuererleich terungen erst ab 2004 in Aussicht gestellt. Als Experten für Haushalt und Finanzen berief der Kanzlerkan didat Merz in sein Wahlkampfteam. Für den Fall eines Sieges bei der Bun destagswahl am 22. September kün digte Stoiber ein finanzpolitisches So fortprogramm mit drei Punkten an. Zunächst müsse ein Kassensturz erfol gen,
sagte Stoiber. Der Haushaltsent wurf von Finanzminister Hans Eichel für 2003 habe «mehr mit Wunschden ken als mit Realismus zu tun». «Länder fast ausgeplündert» Die Union plane zudem, die nächste Stufe der Ökosteuer auszusetzen und damit Wirtschaft und Verbraucher um drei Milliarden Euro zu entlasten. Dritter Punkt sei eine neue umfas sende Steuerreform zum 1. Januar 2004. Damit solle unter anderem der Eingangssatz der Einkommensteuer
Als viertes Mitglied in seinem Wahlkampfteam hat Unionskanzlerkandidat Ed mund Stoiber (rechts) Unionsfraktiomchtf Friedrich Merz vorgestellt. unter 15 und der Spitzensatz unter 40 Prozent gesenkt werden. Der Bundes regierung warf Stoiber vor, sie habe die Länder und Kommunen «fast aus geplündert». Viele Städte lägen finanziell
am Boden. Für die Länder forder te der Kanzlerkandidat mehr Steuer autonomie und eine grundlegende Re form der Finanzbeziehungen zwischen Bünd und Ländern.
Kritik an Busek BELGRAD/BERLIN: Das jugoslawische Aussenministerium hat gestern Kritik am Stabilitätspakt-Beauffragterj Er hard Busek geübt. In einem Interview mit der deutschen «tageszeitung» (taz) hatte Busek auf die Frage, ob er der Meinung sei, dass das Kosovo langfris tig unabhängig werde, geantwortet: «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich hier eine Lösung abzeichnen wird. Dies ist jedoch nicht Aufgabe des Sta bilitätspakts.» Das Belgrader Aussen ministerium teilte in einem Communi- qu£ mit, eine solche Meinung stehe* im Widerspruch zu den Bemühungen, Frieden und der Stabilität in der Regi on weiter zu festigen. , Zehn Flüchtlinge ertrunken TUNIS: Vor der tunesischen Küste sind nach Zeitungsberichten zehn Flücht linge bei dem Versuch ertrunken, das Boot eines Schleppers zu erreichen. Sie hätten zu einer Gruppe von etwa 120 Personen gehört, die am vergangenen Wochenende von der Halbinsel Cap Boii nordöstlich von Tunis aus zur 60 Kilometer entfernten italienischen In sel Pantelleria übersetzen wollten, wie die Tageszeitung «Le Temps» schrieb. Das Boot habe aber nur 70 Personen an Bord nehmen können; Da die Flüchtlinge sieh dem Bericht zufolge weigerten, Lose zu ziehen, soll der Kapitän, vermutlich ein Tunesier, erklärt haben, er werde hinausfahren und die 70 an Bord nehmen, die das Boot als Erste schwimmend erreichen. Bei dem anschliessenden Wettschwim men kamen vier Tunesier sowie weite re Flüchtlinge aus Guinea, Niger und Nigeria ums Leben, wie die Zeitung berichtete. Die tunesische Küsten wacht habe das Boot des. Schleppen später aufgegriffen und Besatzung und Passagiere festgenomfnen. Mary Robinson ausgezeichnet PARIS: UN-Menschenrechtskommissa- rin Mary Robinson Ist gestern in Paris mit dem Felix-Houphouet-Boigny- Friedenspreis der UNESCO ausgezeich net worden. Die Organisation der Ver einten Nationen für Erziehung, Wis senschaft und Kultur würdigte damit den Einsatz der früheren Präsidentin von Irland für die Menschenrechte. Der seit 1989 vergebene Preis ist mit 122 000 Euro dotiert. Die Entscheidung sei «einstimmig und enthusiastisch» gefallen, hatte Jury-Präsident Henry Kissinger nach der Entscheidung im letzten Jahr er klärt. Die Hochkommissarin kündigte im März an, im September aus dem Amt zu scheiden. Die New Yorker Or ganisation Human Rights Watch kom mentierte, Robinson zahle einen Preis dafür, «öffentlich grosse Regierungen wie die USA und Russland anzugehen, wenn sie gegen Menschenrechte Ver stössen». Untersuchung angeordnet LONDON: Die britische Regierung will Berichten nachgehen, wonach ein am Donnerstag bei einem .Bombenan schlag in der saudi-arabischen Haupt-. "Stadt
Riad getöteter Brite in den Schmuggel von Alkohol verwickelt ge wesen sein soll. Aussenminister Jack Siraw erklärte gestern, er sei beunru higt über Berichte der saudi-arabi schen Behörden, dass der 33-Jährige deshalb Ziel eines Anschlags gewesen sei. Die Zeitung «Daily Telegraph» mel dete gestern unter
Berufung auf saudi arabische Behördenkreise, diese ver muteten wegen der Ähnlichkeit des Anschlags mit. früheren Explosionen in Riad einen Zusammenhang mit dem Alkoholschmuggel. Möglicherweise handele es sich um eine Auseinander setzung zwischen Schmugglerbanden. Alkohol ist in dem. muslimischen Land verboten, aber nicht schwierig zu be kommen.