Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT ADSLAMD Donnerstag, 20. Juni 2002 37 Neues Blutbad in Jerusalem Mindestens sieben Tote und 35 Verletzte bei Anschlag an Bushaltestelle - Israel greift Gaza an JERUSALEM: Zum zweiten Mal in zwei Tagen hat ein palästi­ nensischer Selbstmordattentäter ein Blutbad in Jerusalem ange­ richtet und gestern Abend laut Polizei mindestens sieben Men­ schen getötet. Etwa 35 weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Die Explosion ereignete sich an einer Bushal­ testelle im Norden der Stadt. Is­ rael reagierte umgehend: Drei Stunden später griffen Kampf­ hubschrauber Ziele im Gaza­ streifen an, wie das Fernsehen berichtete. Nach palästinensischen Angaben wur­ de eine Stahlfabrik in Chan Junis und möglicherweise auch das Flüchtlings­ lager Dschebalaja getroffen. Die israe­ lische Armee nahm zunächst keine Stellung. Am Dienstag hatte ein paläs­ tinensischer Selbstmordattentäter in Jerusalem 19 Menschen in einem Bus getötet. Es war der blutigste Anschlag in der Stadt seit über sechs Jahren. Die israelische Regierung hatte daraufhin die schrittweise Wiederbesetzung pa­ lästinensischer Autonomiegebiete an­ gekündigt.. Diese werde mit jedem At­ tentat ausgeweitet und so lange andau­ ern wie der Tenor, hiess es als Reaktion auf das Attentat vom Tag zuvor. Bushaltestelle völlig zerstört Die Bushaltestelle in dem Viertel French Hill, das zum 1967 eroberten Teil Jerusalems gehört, wurde bei der Explosion völlig zerstört. Auf dem 
Bo-Eln 
palästinensischer Selbstmordattentäter hat bei einem Anschlag auf eine Bushaltestelle in Jerusalem mindestens sieben Israelis mit in den Tod gerissen. (Bilder: Keystone) den lagen mehrere abgerissene Kör­ perteile und die Überreste eines Kin­ derwagens. Laut Polizei stieg der Attentäter aus einem roten Audi und wurde noch von zwei Polizisten verfolgt, bevor er den Sprengsatz zündete. Einer der beiden Beamten sei schwer verletzt worden, sagte der Jerusalemer Polizeichef Mlckey Levi. Das Auto raste davon 
und verschwand im arabischen Ostteil der Stadt. Ein israelischer Regierungs­ sprecher machte Arafat persönlich für die Tat verantwortlich und kündigte weitere Massnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung an. Führende Palästinenser warnten, dass die von der israelischen Regie­ rung verkündeten Massnahmen nur zu neuem Blutvergiessen führen würden. 
Israelische Truppen rückten erneut in drei Städte im Wes^jordanland ein. Die Wiederbesetzung autonomer Gebiete werde schon in Kürze erfolgen, hiess es aus dem Büro von Ministerpräsident Ariel Scharon. Regierungssprecher Arieh Mekel erklärte, der palästinensi­ sche Präsident Jassir Arafat solle auf diese Weise gezwungen werden, gegen den Terror vorzugehen. Nationalrat: Klares Nein zum Luftverkehrsabkommen Von Bürgerlichen als diskriminierend bezeichnet - Moritz Leuenberger warnt vor endlosen Prozessen BERN: Der Nationalrat hat gestern das Luftverkehrsabkommen zwi­ schen der Schweiz und Deutschland abgelehnt. Mit 105 zu 79 Stimmen trat die Grosse Kammer nicht auf den Staatsvertrag ein. Während die bür­ gerlichen Parteien von Diskriminie­ rung sprachen, werteten die Ratslin­ ke und Verkehrsminister Leuenber­ ger das Werk als beste Lösung. Während der rund dreistündigen De­ batte über das Abkommen übten die bürgerlichen Parteien harsche Kritik am Vertrag und an Verkehrsminister Moritz Leuenberger. Die SVP 
bezeich- Robinson warnt vot Populismus 
nete den Staatsvertrag als Kapitulati- onsufkunde, die auf massivem Druck des nördlichen Nachbars zu Stande ge­ kommen sei. Die bürgerlichen Parteien warnten auch davor, bei einer Ratifizierung werde ein Präjudiz für andere Flughä­ fen geschafft. Zudem schaffe der Ver­ trag Sonderprivilegien für die süd­ deutsche Bevölkerung. Die Liberalen bezeichneten es als Armutzeugnis, wenn ein Vertrag ratifiziert werde, von dem niemand überzeugt sei. Die SP dagegen stellte sich hinter ihren Bundesrat und sprach sich klar für den Staatsvertrag aus. Ein Nein be­deute 
eine schlechtere Lösung für den Flughafen Zürich. An die Adresse der Bürgerlichen sagte Jacqueline Fehr (SP/ZH): «Wenn Sie wirklich sehenden Auges ins Fiasko laufen wollen, dann können wir Sie nicht daran hindern». Leuenberger warnt vor einseitigen Massnahmen Leuenberger versuchte die Ratsmitr glieder davon zu überzeugen, dass ei­ ne Ablehnung oder das Nichteintreten auf den Vertrag eine Unsicherheit für den Flughafen, für Swiss, die Anwoh­ nerschaft und die Behörden zur Folge hätte. Eine Rückübernahme der Flug­sicherung 
durch Deutschland könne vor keiner Instanz und unter keinem Rechtstitel angefochten werden. Falls es zu einer einseitigen Verord­ nung Deutschlands käme, könnten dies zwar Unique und Swiss vor dem Verwaltungsgericht Mannheim an­ fechten. Die Eidgenossenschaft wäre aber laut dem Verkehrsminister nicht klageberechtigt. Der Vertrag sei die optimalste Lösung zweier Staaten, die je für beide Vor- und Nachteile habe. «Dieser Vertrag ist eine politische Lö­ sung statt eine Lösung mit Prozessen ohne Ende», sagte der Verkehrsmi­ nister. KOPENHAGEN: Die UNO-Men- ; schenrechtskommissarin Maiy JRo- binson hat zwei Tage vor dem EU- Gipfel in Sevilla die europäischen Staats- und Regierungschefs aufge­ rufen, der populistischen Stimmung gegen Einwanderer und Asylbewer­ ber nicht nachzugeben. ; 
Sie sei ebenso wie UNO-Flücht- lingskommissar Ruud Lubbers be- 1 sorgt/über die gegenwärtige Stim- ' mung gegen Einwanderer. Die Zahl ; der Asylbewerber nehme derzeit eu- ; ropaweit ab, sagte Robinson gestern In Kopenhagen. Im Vorfeld des am Freitag beginnenden EU-Gipfels in i Sevilla, auf dem eine Reihe von Massnahmen gegen illegale Ein­ wanderung verabschiedet werden • soll, mahnte Robinson alle führen­ den Politiker, zur Vision eines Euro- ; pas auf der Basis der Menschenrech­ te und der Menschenwürde zurück- ! zukehren. UNO-Flüchtlingskommis-' sarRüudLubbershatanlässlich des " Weltflüchtlingstages am mehr Geld ; für die umfangreichen Aufgaben zur : Bekämpfung des Flüchtlingselends : gefordert. «Offen gesagt, wir brau­ chen sehr viel mehr, Hilfe, als wir > bekommen», sagte Lubbers. 
Mit dem Traktor ins Gefängnis Globalisierungsgegner Jose Bove inszenierte seinen Haftantritt in Südfrankreich MONTPELLIER: Auf einem .Traktor und begleitet von hundert Anhängern hat sich der französische Globalisie­ rungsgegner Jose Bove (Bild) ins Ge­ fängnis begeben. Der schnauzbärtige Schafzüchter trat gestern seine Haßstrafe an, zu der er wegen der Verwüstung einer McDonald's-Filiale im südfranzösischen Millau verurteilt worden war. Die Aktion gegen Strafzölle auffranzösischeti Roque­ fort-Käse in den USA machte Bove 1999 zur Symbolfigur der Globalisie­ rungsgegner in Frankreich. Der Vor­ sitzende des Bauernverbands *Confe- deration paysänne» hatte vergeblich vor dem Kassationsgerichtshof seine dreimonatige Strafe angefochten. Bove machte aus seinem Haftantritt eine Demonstration gegen die Globalisierung. Am frühen Morgen verliess er auf dem Traktor seinen Hof auf dem Plateau de Larzac. Der von der Gendarmerie begleitete Zug von insgesamt fünf 
Treckern, 20 Autos und vier Lastwagen legte mit Tempo 30 die 140 Kilometer bis zum Ge- • fdngnis zurück. Den Weg hatte Boye am Vortag mit den Behörden abge­ stimmt. 
20 Milliarden Dollar Schaden NEW YORK: Die TerroranschLäge voni 11. September haben in New York ei­ nen Schaden an versicherten Gebäu­ den in Höhe von 20,3 Milliarden Dollar angerichtet. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie lie­ gen die Versicherungskosten damit um 3,7 Milliarden Dollar höher als kurz nach den Attentaten geschätzt. Die Behörden erklärten, wegen der Ret­ tungsarbeiten hätten ihre Beamten zunächst keinen Zugang zum Ground Zero in Manhattan gehabt und. daher die Kosten nur schwer abschätzen können. Der 11. September war die «teuerste US-Katastrophe aller Zeiten», hiess es in der Studie weiter. Die Ter­ roranschläge übertrafen sogar den Hurrikan Andrew, der 1992 einen Sachschaden von 19,6 Milliarden Dollar anrichtete. In New York gingen' schätzungsweise 49 000 Einzelan­ sprüche gegen Versicherungen ein. Weichen gestellt PARIS: In Paris Haben die Fraktionen der neugewählten Nationalversamm­ lung die personellen Weichen für die kommenden fünf Jahre gestellt. Ex- Sozialminister Jacques Barrot wurde gestern zum neuen Chef der Mehr- heits-Fraktion der Chirac-Partei UMP gewählt. . . Bei den Sozialisten wurde der bishe­ rige Fraktionsvorsitzende Jean-Marc Ayrault im Amt bestätigt. Als Chef der grössten Minderheitsfraktion ist Ay­ rault de facto Oppositionsführer im französischen Abgeordnetenhaus. Ex- Finanzminister Laurent Fabius zog sich im Rennen um die Spitze der So- zialisten-Fraktion zurück. Kaum noch Übergriffe NEU-DELHI: Die Zahl von Angriffen muslimischer Extremisten in Kaschmir ist laut indischen Angaben in den ver­ gangenen Wochen drastisch zurückge­ gangen. Seit Ende Mai hätten die indi­ schen Streitkräfte 
nur einen Infiltrati­ onsversuch von - pakistanischer Seite aus verzeichnet und abgewehrt, sagte Armee-Oberbefehlshaber General Sun- derajan Padmanabhan gestern. Der vermutlich künftige indische Präsident A.P.J. Abdul Kalam erklärte unterdes­ sen, die Angst beider Seiten vor einem Atomschlag habe einen Krieg mit Pa­ kistan verhindert. Ursache gefunden MOSKAU: Eine Torpedo-Explosion hat nach offiziellen Angaben zum Un­ glück des russischen Atom-U-Boots «Kursk» geführt. Zu diesem Schluss kam eine russische Regierungskom­ mission knapp zwei Jahre nach dem Unglück. Sowohl ein Zusammenstoss mit einem fremden U-Boot , als auch das Auslösen . einer Mine aus dem Zweiten Weltkrieg seien als Ursachen , ausgeschlossen worden, sagte gestern Ilja Klebanow, Wissenschaftsminister und Leiter der Kommission. Neues Kabinett bestätigt KABUL: Die afghanische Stammes­ versammlung Loja Dschirga hat das neue Kabinett des frisch gewählten Präsidenten Hamid Karsai gestern be­ stätigt. Dem Kabinett gehören 15 Mi­ nister an. Das besonders wichtige Verteidi­ gungsministerium wird welter von dem Tadschiken-General Mohammed Fahim geleitet werden. Auch Ausstn- minister Äb'dullah Abdullah wird sei­ nen Posten behalten. Neuer Innenmi­ nister wird der Paschtune Tadsch Mo­ hammed Wardak, bislang Gouverneur der Provinz Paktia. Sein Vorgänger, der Tadschike Junis Kamini, wird Bil­ dungsminister. Das Finanzministerium übernimmt mit dem bisherigen Präsi­ dentenberater Aschraf. Ghani ein Paschtune.
	        

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