Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
AUSLAND Montag, 21. Januar 2002 
21 massive hilfe aus dem Ausland UN schätzen Finanzbedarf für kommendes Jahr auf 1,7 Milliarden Dollar TOKIO: Einen Tag vor Beginn der Geberkonferenz für Afgha­ nistan in Tokio hat Interims-Re­ gierungschef Hamid Karsai am Sonntag einen dringenden Ap­ pell zu umfassender Hilfe an die internationale Gemeinschaft gerichtet. Die UNO und Gastgeber Japan gaben sich am Sonntag vorsichtig optimis­ tisch, dass die benötigten Milliarden­ hilfen erreicht würden. Karsai zeigte sich andererseits tief enttäuscht über die bisherigen Hilfsleistungen des Westens und warnte vor einem Rück­ fall seines Landes ins Chaos. . Vertreter von rund 60 Staaten und mehr als 20 internationalen Organisa­ tionen beraten am Montag und Diens­ tag in Tokio über einen umfassenden Wiederaufbauplan für Afghanistan. Gemeinsamen Vorsitz der Tagung ha­ ben Japan, die USA, die EU und Saudi- Arabien. Im Vorfeld des Gipfels berie­ ten rund 30 Nicht-Regierungsorgani- sationen (NGO) über den Wiederauf­ bau Afghanistans. Nach Angaben Karsais sagte Saudi- Arabien eine sofortige Nothilfe von 20 Millionen Dollar zu. Ein US-Regie­ rungsvertreter versprach, die Hilfe sei­ nes Landes werde «substanziell» sein. Die USA wollten sich langfristig enga­ gieren. Zu dem Gipfel reisten Aussen- minister Colin Powell und Finanzmi­ nister Paul O'Neill an. Japan will nach Presseberichten in den kommenden zweieinhalb Jahren 500 Millionen Dollar zur Verfügung PEKING: Mit der Zerstörung der ers- ] ten von 22 Städten • und Landkreis > sen hat China: am Sonntag mit den; Vorbereitungen zum weltweit gröss-; • ten Staudammprojekt begonnen. . Wie die chinesische Nachrichten- ; agentur Xinhua am Sonntag meldete, ; sprengten Arbeiter ein grosses Ver­ waltungsgebäude in der 2300 Jahre j alten Stadt Yongan in der Region, Fengjie. Zwei Fabrikgebäude und der 50 Meter höhe Kamin "eines Kraftwerks sollten folgen. Der Drei-; Schluchten-Staudamm wird nach seiner für 2009 geplanten Fertigstel­ lung hunderte von Städten und Dör­ fern im pberen Flusslauf des Jangtse unter Wasser setzen. Bereits im Juni' kommenden Jahres soll der Damm, erstmals Wasser stauen,. Rund. 1,3 Millionen Einwohner werden zum Teil unter Zwang umgesiedelt. Das' 27 Milliarden Dollar teure Projekt 1 wurde stark kritisiert, weil Ko'rnipti- 
! on die Umsiedelung verzögerte und ) ein Teil der neuen Häuser noch nicht 
1 bezugsfertig sind. , ] 
Afghanistans Interims-Regierungschef Hamid Karsai hat die internationale Ge- meinsehaß um umfassende Hilfe gebeten. stellen. Die EU kann laut Aussenkom- missar Chris Patten bis zu einem Vier­ tel der ersten fünf Milliarden Dollar aufbringen. Deutschland will nach Informatio­ nen des Fernsehsenders ARD 320 Mil­lionen 
Euro zusagen. Der Konferenz liegt eine Schätzung der UNO und der Weltbank vor, wonach Afghanistan in den nächsten zehn Jahren etwa 15 Milliarden Dollar brauchen wird. Kar­ sai sagte, Priorität habe, dass die Re­gierung, 
die Verwaltung, das Gesund­ heitswesen und das Bildungswesen funktionierten. Der Geldbedarf Afgha­ nistans drittelt sich nach Ansicht der UNO, der Weltbank und der Asiati­ schen Entwicklungsbank: fünf Milliar­ den Dollar für die ersten und als be­ sonders kritisch erachteten zweiein­ halb Jahre, weitere fiinf Milliarden Dollar für die folgenden zweieinhalb Jahre und noch einmal fünf Milliarden für die fünf Jahre danach. In Afghanistan kamen beim Absturz eines US-Transporthelikopters am Sonntag zwei US-Marineinfanteristen ums Leben. Fünf weitere seien verletzt worden, bestätigte ein Armeesprecher. Die Maschine startete auf dem Flugha­ fen Bagram nahe Kabul und stürzte et­ wa 60 Kilometer weiter südlich ab. Die Ursache war zunächst unklar. In Kabul nahm die Polizei sechs Mit­ glieder des mutmasslichen Terrornetz­ werks El Kaida und ihren Chauffeur fest. Nach Angaben der Kriminalpoli­ zei wollte die Gruppe in die südliche Region Kandahar fliehen, wurde aber am Freitagabend nach einem Hinweis von' Polizei-Informanten festgenom­ men. Britische . Parlamentsabgeordnete kritisierten die Inhaftierung mutmass­ licher Mitglieder der Terrororganisati­ on El Kaida auf dem US-Märinestütz- punkt Guantänamo. Der Menschen- rechtsausschuss des Unterhauses will in einem Gespräch mit dem US-Bot- schafter in London, William Farish, darauf dringen, dass die Inhaftierten als Kriegsgefangene gemäss der Gen­ fer Konvention anerkannt werden. Fahndungsplakate in Bosnien USA bieten fünf Millionen Dollar für Karadzic und Mladic Das US-Aussenministerium hat eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für Informationen über die mutmass­ lichen Kriegsverbrecher Radovan Ka­ radzic und Ratko Mladic ausgesetzt. In der bosnischen Hauptstadt Saraje­ vo wurden am Wochenende entspre­ chende Fahndungsplakate aufgehängt. Darauf wurden die Bürger aufgefor­ dert, mögliche Hinweise telefonisch zu nenne». Karadzic und Mladic waren die politischen und militärischen Füh­ rer der bosnischen Serben im Krieg gegen Muslime und Kroaten. Sie wur­ den 1996 vom internationalen Kriegs- verbrecliertribunal in Den Haag ange­ klagt und sind seitdem auf der Flucht. Karadzic wird im serbisch kontrollier­ ten Teil Bosniens vermutet. Erst am vergangenen Donnerstag hatte die bosnische Regierung sechs Algerier an die USA 
ausgeliefert, die an terroristi­ schen Aktionen beteiligt gewesen sein sollen. • 
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MACHRICHTEN EU: Vollbeschäftigung bis 2010 BURGOS: Die EU hält trotz der ver­ schlechterten Wirtschaftslage an ihrem Ziel fest, bis zum Jahr 2010 die Vollbeschäftigung zu erreichen; Da­ rauf verständigten sich die Arbeits­ und Sozialmiriister der EU-Staaten bei einem informellen Treffen in Burgos in Nordspanien. Allerdings seien zusätz­ liche Reformen erforderlich, betonte der EU-Ratspräsident und spanische Sozialminister Juan Carlos Aparicio nach Radioberichten vom Sonntag. Arbeitgeber und Gewerkschaften soll­ ten stärker ia die Arbeitsmarktpolitik einbezogen werden. Ausserdem müsse die EU der Zuwanderung eine grössere Aufmerksamkeit widmen. Zeman: Sudetendeutsche sind «Landesverräter» WIEN: Der tschechische Ministerpräsi­ dent Milos Zeman hat die nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Sude­ tendeutschen als Landesverräter be­ zeichnet. «Kann man jetzt wirklich Versöhnung für Verräter fordern?» sagte Zeman in einem Interview mit dem am Montag erscheinenden öster­ reichischen Magazin «Profil». Auszüge des Interviews veröffentlichte die österreichische Nachrichtenagentur APA am Wochenende. Den FPÖ-Politi- ker Jörg Haider nannte Zeman einen «populistischen Pro-Nazi-Politiker».. Zeman erteilte in dem Interview Forderungen der österreichischen Su­ detendeutschen Landsmannschaft eine Absage, deutsche 
Ortstafeln in Gebie­ ten aufzustellen, aus denen Sudeten­ deutsche vertrieben worden waren. «Österreich war nicht das erste Opfer Hitler-Deutschlands, sondern der erste Verbündete», zitierte APÄ aus dem In­ terview. «Ausserdem darf man nicht vergessen, dass die Sudetendeutschen 
 1 die fünfte Kolonne Hitlers waren, um die Tschechoslowakei als einzige Insel der Demokratie in Mitteleuropa zu zer­ stören.» Nach tschechischem Recht hätten viele Sudetendeutsche Landes-. verrat begangen. Oppositionskundgebung in Simbabwe gewaltsam unterdrückt HARARE: Die Gewalt gegen Anhänger der Opposition in Simbabwe reisst nicht ab. Etwa hundert militante Par­ teigänger von Präsident Robert Muga- be blockierten in Bulawayo, der zweit- grössten Stadt des Landes, am Sonntag eine Kundgebung der Oppositionsbe­ wegung MDC. Mindestens 18 Men­ schen seien dabei verletzt worden, sagte MDC-Generalsekretär Welshman Ncube. Ein Mann habe ein Auge verlo­ ren. Wie Ncube berichtete, wurden die etwa 6000 MDC-Anhähger von hun- derten Polizisten mit Tränengas aus­ einandergetrieben und durch die Stadt gejagt. Die Regierung in London erar­ beitet nach einem britischen Pressebe­ richt Pläne zur Evakuierung von etwa 25 000 Staatsbürgern aus der früheren Kolonie. Palästinenser fordern Ende der Belagerung Arafats Tausende Demonstranten in den Autonomiegebieten - Israel lässt Rundfunksender sprengen RAMALLAH: In den palästinensi­ schen Autonomiegebieten haben am Sonntag tausende Demonstranten gegen die andauernde Belagerung von Präsident Jassir Arafat protes­ tiert. • In Ramallah kam es zu einer Schiesse­ rei, als ein Panzer in einem Wohnge­ biet stecken blieb. Arafat bat nach der. israelischen Militäraktion vom 
Sams­ tag um internationale Hilfe. Er erklär­ te, nur so könne die Situation gerettet werden, «bevor sie explodiert». 
Solda­ ten hatten das Gebäude des palästi­ nensischen Rundfunks in die Luft ge­ sprengt; Aus palästinensischen Sicher­heitskreisen 
verlautet, im Süden von Ramallah hätten sich die Soldaten in dem stecken gebliebenen Panzer und palästinensische Extremisten ein Feu­ ergefecht geliefert. Dabei seien, zwölf Palästinenser und ein israelischer Sol­ dat verletzt worden. Hunderte Akade­ miker 
marschierten unterdessen zum zerstörten Gebäude des Rundfunks. «Verteidigt die palästinensischen Ge­ biete und verteidigt unseren Präsiden­ ten Arafat», hiess es in dnem von der Fatah-Organisation verteilten Flug­ blatt. In Gaza zogen mehrere tausend Palästinenser, die meisten Mitglieder der Fatah, vor das Haus des Präsiden­ ten, in dem Arafat jedoch seit zwei 
Monaten nicht mehr gearbeitet hat; «Die aktuelle Situation ist sehr gefähr­ lich», sagte Arafat am Samstagabend. Er steht in Ramallah praktisch unter Hausarrest. Die israelische Regierung verlangt von ihm die Festnahme der Mörder von Tourismusminister Reha- wam Seewi. Mit rund einem Dutzend Pan­ zer aufmarschiert Israelische Soldaten • waren am Samstagmorgen mit rund einem Dut­ zend Panzern aufmarschiert und hat­ ten das Rundfunkgebäude gestürmt und später gesprengt. Die israelischen Streitkräfte . erklärten in einer 
Stellungnahme, sie hätten vor der Ex­ plosion die technische Ausrüstung des Senders beschlagnahmt. Der General­ sekretär des palästinensischen Parla­ ments, Ahmed Abdel Rahman, sprach von einem Verbrechen, mit dem Israel die palästinensische Autonomiebehör­ de zerstören wolle. Der Sender Stimme Palästinas zog in die Büroräume einer privaten Ra­ diostation im Zentrum Ramallahs um, wie der Intendant Radwan Abu Äj- jasch erklärte. Israel hatte dem Rund­ funk'wiederholt vorgeworfen, mit sei­ nen Berichten den Konflikt anzuhei­ zen. Schon zuvor waren Einrichtung gen des palästinensischen Rundfunks 
im Westjordanland und im Gazastrei­ fen bombardiert worden. Der Sender erklärte, sein Programm reflektiere nur die Stimmung in der palästinensi­ schen Bevölkerung. Israel reagierte mit der Militäraktion auf den Angriff eines Palästinensers' auf eine israelische Familienfeier* bei der am Donnerstag sechs Menschen getötet worden waren. «Zu meinem Bedauern sehen wir eine neüe Eskala­ tion in dem Konflikt», sagte der israe­ lische Verteidigungsminister Benjamin Ben Elieser nach einer Kabinettssit­ zung am Sonntag. «Es gibt einen kla-! ren Anstieg in Anzahl und Ausmäss der terroristischen Vorfalle.». \ 
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