Liechtensteiner VOLKSBLATT
INLAND Samstag, 8. Juni 2Q02
5 Umfrage unter den Liechtensteiner Vorstehern zur nachgebesserter! Regierungsvorlage «fliese
modifizierte Gesetzesvorlage sollte bei einer Volksabstimmung gute Chancen haben»: Johannes Kaiser, Vorsteher von Mauren-Schaanwald: massnahmen durch die Landespla nung hervorgerufen wurden, fair und zweckdienlich gelöst werden. Dies würde auch dem Sinn und der Zielset zung
des zu erstellenden Gemeinde- Leitbildes wie auch des zukünftigen Gemeinderichtplanes vollauf entspre chen. Könnten Sie der Vorlage, wie Sie Jetzt von der Regierung nachgebest sert wurde, zustimmen? Zweifellos ist die Regierung auf eine Reihe von Anliegen der Bürgerinnen und Bürger eingegangen. Wie gesagt, ist der Konflikt des Zustandekommens der «nicht-zonierten» Gebiete in Mau- ren-Schaanwald, welche früher Reser vezonen waren und durch die Landes planung in den 80er-Jahren mit einem Federstrich
ausradiert wurden, nicht gelöst. Zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern von Mauren-Schaanwald wird hier mit dieser Vorlage in diesem Punkt kein Lösungsprozess ermög licht. Diebezüglich werde ich im Land tag eine begründete Gesetzesergän zung beantragen und hoffe, dass diese im Landtag eine Mehrheit findet. Denn
diese betroffenen- Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht einfach übergan gen werden. Wird Liechtenstein an der Abstim- mungsume Ja sagen zur Raumpla nung? Die Regierung empfiehlt dem Land tag, diese Gesetzesvorlage dem' Stimmvolk vorzulegen, was ich sehr positiv, finde. Auch ich bin voll und ganz der Meinung, dass dieses Raum planungsgesetz dem Volkssouverän vorgelegt werden muss. Dafür werde ich mich im Landtag auch einsetzen. Diese modifizierte Gesetzesvorlage sollte bei einer Volksabstimmung gute Chancen haben, angenommen zu wer den. , Walter Kieber, Vorsteher Schellenberg Volksblatt: Ihre Meinung zu den von der Regierung vorgeschlagenen Ver- . besserungen? Walter Kieber: Mit Genugtuung ha be-ich festgestellt, dass der von mir speziell bemängelte Artikel betreffend die Einteilung der Bauzone jm gefor derten Sinnt abgeändert wurde. Aus serdem liegt der Entscheid betreffend Baulandumlegungen und Erschlies sungen neu wieder in der Kompetenz Kann der überarbeiteten Gesetzesvor lage mit Vorbehalt zustimmen: Schel lenbergs Vorsteher Walter Kieber.
der Gemeinden. Die Neufassung be treffend die Legitimation und Zuläs- sigkeiten van Vereinigungen (LGU) wurde ebenfalls im gewünschten Rah men geändert. Die Bestimmung, wonach die Gemeihden für die Abdeckung öffentlicher Interessen Neuzonlerungen vornehmen können, erachte ich ebenfalls als Fortschritt. In welchem Punkt müsste der Land tag aus Sicht der Gemeinden noch eine zusätzliche Verbesserung vor nehmen? Die Bestimmung, dass Zonenerwei terungen erst nach Erreichung eines 80-prozentigen Ausbaugrades mög lich sind, erachte ich weiterhin als äusserst problematisch. Diesbezüglich dürfte die Berechnungsart und insber sondere die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und dem Amt für Raumplanung problematisch sein. Die personelle und finanzielle Ausgestal tung dieser neuen Amtsstelle erachte ich als übertrieben, zumal dieser in den nächsten Jahren ohnehin «nur» ei ne Kontroll- und Aufsichtsfunktion zukommen dürfte. Könnten Sie der Vorlage, wie sie jetzt von der Regierung nachgebes sert wurde, zustimmen? Obwohl ich die Notwendigkeit die ses RPG in Frage stelle, kann ich der überarbeiteten Gesctzesvorlage , mit Vorbehalt zustimmen; dies allerdings unter der Voraussetzung,, dass der Landtag die Änderungsvorschläge der Regierung aufnimmt. Wird Liechtenstein an der Abstim- mungsurne Ja sagen zur Raumpla nung? Diese Frage kann Ich nicht mit ei nem eindeutigen Ja oder Nein beant worten. Es wurden in der Vergangen heit auch schon "Gesetze (z. B. Lärm schutzgesetz) mit geringfügigen fi nanziellen Auswirkungen abgelehnt. Obwohl die Anzahl deijenigen, die über keine Grundstücke in der Bauzo ne verfugen, täglich grösser wird, hat ein restriktives Raumplanungsgesetz zwangsläufig direkte Auswirkungen auf die Mietkosten. Ausserdem werden diejenigen Bodenbesitzer, deren Grundstücke an die Bauzone angren zen oder seit längerer Zeit mit einer Einzonierung «liebäugeln», sich eben falls ihre Gedanken machen. Somit kann auch ein Nein nicht ausgeschlos sen werden.
Raumplanung sollte durch die Annah me dieses Gesetzes die gebührende Be achtung finden, sagt Jakob Büchel. Jakob Büchel, Vorsteher Ruggell Volksblatt: Ihre Meinung zu den von der Regierung vorgeschlagenen Ver besserungen? Jakob Büchel: Es ist tatsächlich so, dass, aus meiner Sicht, wesentliche Verbesserungen eingearbeitet wurden, insbesondere auch bezüglich der mög lichen Rechtsmittel. Im Hinblick auf die Gemeindeautonomie ist insbeson dere der Art. 9, Absatz 3 und 4, nochmals zu hinterfragen. Gemäss diesen Absätzen sind die Ortsplanuri- gen von der Regierung zu genehmi gen. Ferner kann die Regierung von der Gemeinde Änderungen und Er gänzungen ihrer Planungen verlan gen. Der alte Art. 19 (neu Art. 11, Abs. 3, Festlegen einer Richtplanung und Nutzungsordnung durch die Regie rung, falls die Gemeinden in Verzug sind) ist nach wie vor als wesentlicher Eingriff in die Gemeindeautonomie zu taxieren. . • Der alte Art. 18 (neu Art. 10, Ein spracherecht von Vereinigungen) ist ebenfalls entschärft worden. Vereini gungen, wie z. B. die LGU können Ein sprachen erheben, wenn Bäuzonener- weiterungen inventarisierte oder ge schützte Landschaften oder Land schaftselemente betreffen. Die Einsprachen
sind nur zulässig, wenn sie sich auf mangelhafte Sachverhalte, rechtswidriges Vorgehen oder Wider sprüche zur Landesrichtplanung be ziehen. Die alten Artikel 11 (neu 13, Grösse der Bauzone) und 12 (neu 14, Ent wicklung innerhalb der Bauzöne) sind entschärft worden. Allerdings ist der neue Art. 14 in Kombination mit den neuen Art. 9, 11 und 13 nach wie vor restriktiv. In welchem Punkt müsste der Land tag aus Sicht der Gemeinden noch eine zusätzliche Verbesserung vor nehmen? Wie oben erwähnt, sollten die neyen Art. 9, 11< 13 und 14 nochmals über prüft werden. Könnten Sie der Vorlage wie sie Jetzt von der Regierung nachgebest sert wurde zustimmen? Mit dem Inkrafttreten des RPG wird sich der Planungsaufwand für die Ge meinden grundsätzlich erhöhen. Zur Intensität von planerischen Aufgaben stellt sich immer die Frage des Kör sten/Nutzenverhältnisses. Langfristig betrachtet wird mian'den zusätzlichen Planungsaufwand, der durch das RPG auf die Gemeinden zukommt, sowie die zunehmende Regelungsverdich tung zugunsten einer langfristigen ge ordneten ' Siedlungsplanung in Kauf nehmen müssen. Nachdem die Ge meinde Ruggell in ortspianerischer Hinsicht bereits aus freien Stücken ein gute
Ausgangslage aufweist, ist der Zusatzaufwand bewältigbar. Wenn die oben erwähnten
Artikel, insbesondere in Hinblick auf die Gemeindeautono mie nochmals hinterfragt werden, kann ich der Vorlage zustimmen. Wird Liechtenstein an der Abstim mungsurne Ja sagen zur Raumpla nung? Die Raumplanung ist schon sehr lange ein Thema und sollte nun mei ner Ansicht nach durch die Annahme dieses Gesetzes die gebührende Beach tung finden. Die Stimmbürgerin, der Stimmbürger muss jedoch wissen, dass er sich mit der Annahme des Ge setzes eine gewisse Selbstbeschrän kung auferlegt, was aufgrund unseres . materiellen Wohlstandes jedoch mög lich sein sollte. So betrachtet gehe ich davon aus, dass das Stimmvolk die In- teressensabwägung zugunsten des RPG vornehmen sollte und wird. Was will das Raumplanungsgesetz? Auszüge aus dem Gesetzestext gemäss dem überarbeiteten Vorschlag der Regierung Art. 1: Ziele 1) Aufgabe der Raumplanung ist es, im Ausgleich der verschiedenen Inte ressen die Voraussetzungen zu schaf fen, dass a) das Land in seiner Eigenart, mit seiner natürlichen und gestalteten Umwelt, als vielfältiger und vertrauter Lebensraum
gepflegt und erhalten bleibt; b) die Entwicklung nach den Bedürfnissen der Bevölkerung und Wirtschaft sowie in Beachtung der natürlichen Lebensgrundlagen und kulturellen Belange verläuft; c) künftigen Generationen dergrösst- mögliche Freiraum für die Erfüllung ihrer Aufgaben und für die Ausgestal tung ihrer Lebensart verbleibt.. 2) Die Aufgaben der Raumplanung betreffen die Orts- und Landesplanung und erstrecken sich vor allem auf raumwirksame Tätigkeiten, welche unter Beachtung ökologischer und wirtschaftlicher Zielsetzungen die Nutzung des Raumes und die Besied lung des Landes erhalten oder verän dern. Art. 2: Begriffe Im Sinne dieses Gesetzes sind: a) «Leitbild»: die politisch verbindliche
Festlegung einer gewünschten, zweckmässigen und koordinierten Entwicklung des Gemeinwesens. Das Leitbild umschreibt die angestrebte gesellschaftliche, wirtschaftliche, öko logische
und räumliche Weiterent wicklung des Lebensraumes. Es kann gegebenenfalls in Teilieitbilder aufge gliedert sein. b) «Richtplan»: Die behördenver bindliche Festlegung der langfristig angestrebten räumlichen, umweltver träglichen und nutzurigsmässigen Entwicklung des Landes, der Gemein den oder von Quartieren. Der Richt plan befasst sich mit den raumrele vanten Elementen und trifft Aussagen zu Landschaft, Siedlung, Verkehr, öf fentlichen Bauten und Anlagen, Infra strukturen und Realisierung. Der Richtplan wird als Gesamtrichtplan oder in Teilrichtplänen festgelegt. c) «Nutzungsordnung»: Die grundei- gentümerverbindliche und allgemein gültige Festlegung der Bodennutzung für das gesamte Gemeindegebiet durch Nutzungsplan, Bauordnung und spe zielle Nutzungsvorschriften. d) «Nutzungsplan»: Die grundei- gentjimerverbindliche Festlegung von Art und Intensität der zulässigen oder vorgeschriebenen Nutzung des Bodens
durch Zonen- und Schutzpläne. e) «Überbauungsplan»: Die grundei gentümerverbindliche Festlegung von speziellen Bau- und Nutzungsvor schriften für ein bestimmtes Gebiet. Der Überbauungsplan ergänzt zusammen mit speziellen Vorschriften die Nutzungsordnung und gewähr leistet bei Beachtung der ortspla- nerischen Randbedingungen eine hohe Siedlungs- und Architekturqua lität. f) «Gestaltungsplan»: Die detaillierte Festschreibung der Überbauung einer oder mehrerer Parzellen. Der Gestal tungsplan ist grundeigentümerver bindlich. g) «Planungszone»: Die vorüberge hende Einschränkung oder Aufhebung der Nutzungsmöglichkeit einer oder mehrerer Liegenschaften, um die Durchführung und Inkraftsetzung ei- . nes Planungsinstrumentes zu gewähr leisten. h) «Behördenverbindlich»: bedeutet, dass sich die Behörden an das Ergeb nis des Richtplanes zu halten und diesen bei raumrelevanten Ent scheiden und Massnahmen zu berück sichtigen haben. Grundeigentümer werden durch den Richtplan nicht ge bunden.
Art. 3: Planungsinstrumente 1) Planungsinstrumente gemäss die sem Gesetz sind: a) der Richtplan; b) die Nutzungsordnung; c) der Überbauungsplan; d) der Gestaltungsplan. 2)" Bei der Ausgestaltung der Pla nungsinstrumente und Massnahmen ist auf die Koordination zu achten und auf die grenzübergreifende Planung Rücksicht zu nehmen. Alt. 4: Planungsgrundsätze 1) Alle Planung hat sich an einer dem Gemeinnutzen verpflichteten Entwicklung des Lebensraumes zu ori entieren. 2) Die zuständigen Behörden habien bei der Planung auf die Landschaft Bedacht zu nehmen. Sie achten insbe sondere darauf, dass a) die natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Wasser, Luft, Wald und Landschaft für Menschen, Tiere und Pflanzen geschützt und aufgewertet werden; b) Siedlungen, Bauten und Anlagen sich gut in die Landschaft einfügen; c) der Landwirtschaft genügende Flächen geeigneten Kulturlandes zur Verfügung stehen;
d) naturnahe Landschaften und Er holungsräume ausreichend erhalten bleiben; ' e) die Sicherheit bei Naturgefahlren und der Hochwasserschutz gewährleis tet werden; f) für die ökologische Funktions fähigkeit von Gewässern ausreichend . Raum zur Verfügung gestellt wird. 3) Die zuständigen Behörden achten bei der Siediungsplanung darauf, dass a) der Boden haushälterisch genutzt wird und vorrangig die Nutzungsre serven im bereits baureifen und er schlossenen Gebiet den Baubedarf decken; b) Wohn- und Arbeitsgebiete, öf fentliche Bauten und Anlagen, Erho lungsräume und Sport- und Freizeit gebiete einander zweckmässig zuge ordnet und durch das öffentliche Ver kehrsnetz hinreichend erschlossen werden; c) wohnlich gestaltete Siedlungen und günstige Voraussetzungen für die Wirtschaft geschaffen und gefördert werden; d) es geriügehd Rad- und Fusiswege gibt; e) die Siedlungen angemessen Grünflächen und Bäume enthalten; . f) ein ausreichender Immissions- schutz gewährleistet ist