Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
KULTUR Samstag, 27. April 2002 
3 1 Poetische Bilder spielen mit Sprache Arno Oehri und seine Ausstellung «6 Räume» in Feldkirch Ruggell hatte zum 300-Jahr-Ju- biläum Liechtensteiner Unter­ land Kunstschaffende aus den umliegenden Regionen eingela­ den, im Ruggeller Rathaus aus­ zustellen. Vergangenes Jahr kam eine Gegeneinladung aus Feldkirch. Im Herbst werden Stephan Sude und nächstes Jahr Gertrud Kohli 
ihre Arbeiten zei­ gen. Bis zum 5. Mai zeigt Arno Oehri in der Villa Claudia in Feldkirch seine Arbeit «6 Räume - 
Malerei und Installationen». Mit Arno Oehri sprach Gerolf Häuse r Volksblatt: Deine Projektionsfigur www.DerPrinz.li -spielt- wieder mit? Anw Oehri: Selbstverständlich und .ml unterschiedliche Art. In Raunt 1 Ii;iii^t ein Cnmputerprint mit dem Na­ men «Niehl nichts». Kaum l zeigt Rct- umu,shu(ite und lindere Gelasse, Bilder mit Acrvl und Bleistift auf Leinwand. Ich habe hier in der Villa Claudia an­ deutungsweise eine «Petersburger Ilangung» gemacht und zwar deshalb, weil es altere Räumlichkeiten sind, /um anderen, es hangen jeweils sieben Bilder an einer Wand, weil diese Bilder themenhe/ogen sind, in einem Kon- tcxi zueinander stehen. Ich habe gros­ se Freude damit, da zwar jedes Bild einzeln Cur sich steht, mit der Anord­ nung der Bilder jedoch ein neues Ge­ samtbild entsteht. Das Thema Ufeboat beschäftigt dich schon länger? Letztlich war vielleicht ganz banal meine Nähe zum Meer, ich war ja öf­ ter mit einem Frachter unterwegs, der Ausloser. I.ifehoat löst Cur mich Asso­ ziationen aus: Ist Kunst ein Gef'äss, ein Trager. der üedanken und Gefüh­ le der Menschen der heutigen Zeit mit sich tragt, kann man sich retten aus dem existentiellen Druck? Ein ande­ res ist die I hematik der Gentechnolo- gie. So zeigen manche Bilder fleisch- larhcnc 'Innungen, die formen geben 
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: n,oi- Arno Oehri in Raum 2 seiner Ausstellung «6 
Räume, in der Villa Claudia, Feldkirch. (Bild: Gerolf Hauser) Andeutungen an Organisches, also auch hier die Frage nach dem Life- boat, nach Formen, Gefässen, die tra­ gen. Es ist schwierig, Bilder mit dem Verstand zu erklären. Ich denke, Kunst sollte hauptsächlich erfühlt und erlebt werden und weniger erdacht. Und trotzdem wollen die Leser et­ was erfahren. Was also wird bei der Installation In Raum 3 gesprochen? Prinz Anatolys Kammer enthält die Installation «Ich spreche kein Deutsch». Anatoly spricht einen in kyrillischen Buchstaben geschriebenen deutschen Text. Der Russe Anatoly kann diese Buchstaben lesen, ohne die Worte zu verstehen; wir können ihn verstehen, aber die Worte nicht lesen. Das Rein­ sprachliche, das zwischen zwei Spra­ chen und Schriften spielt, wird kombi­ niert mit Filmsprache, mit poetischen Bildern, mit Traumbildern, wenn Ana­ toly z. B. aus dem Ried kommt und Bo­jen 
hinter sich her zieht. Ein Detail aus diesen Bildern, eben jene Bojen, habe ich an einer Wand aufgehängt. In Raum 4, dem «Prinzensalon», wird der www.DerPrinz.li wieder aktiv. Es gibt Fotoarbeiten aus dem Langzeit-Prin­ zenprojekt, das ich im Jahr 2000 ge­ startet habe: es sind «simple» bildneri­ sche Arbeiten mit meinem Alter Ego, mit der Projektiotisfigur www.Der-. Prinz.Ii. Diese Figur hat den Vorteil, dass ich mit Dingen spielen kann, et­ was tun kann, was ich mit mir selbst nicht tun könnte. In Raum 5, «Die Tafel des Affenkö­ nigs», hängt ein «Bild» mit der Über­ schrift «Fürtengen» - darf man das Wort, wenn man es nur hört, auch so schreiben: «Fürsten gehn»? In dieser Videoinstallation spricht der Affenkönig, er hat eine indonesi­ sche Affenmaske auf, Drohungen zu einer nicht anwesenden Person, die zu einer Tafel eingeladen ist. Das ist 
selbstverständlich stark inspiriert von den gegenwärtigen Situationen. Prin­ zen oder Könige sind meist Machtfi- guren, entsprechen weniger den Ar­ chetypen aus den Märchen. An der Wand hängt unter Überschrift «Fürs­ tengene» eine Mail, die ich bekommen habe nach meiner politischen Aktion «Wie viel ist genug?» in Vaduz. Es ist eine heftige Mail, in der es z. B. heisst, ich sei billigster Abschaum und müsste des Landes verwiesen werden. Mich .entsetzt eigentlich diese leidige Ver­ fassungsdiskussion; sie nimmt uns Kraft. Dabei gibt es so viele andere wichtige Dinge. Meine Ausstellung rundet sich sozusagen in Raum 6, der «Das versiegelte Gef'äss» heisst. Hier findet man eine thematische Anord­ nung von Bildern, ähnlich wie in Raum 2. Arno Oehri, «6 Räume», Malerei und Installation», Villa Claudia, Feldkirch. Öffnungszeiten (bis .zum 5.5.]: Mitt­ woch bis Sonntag, 1 3 )0 bis 18 llhr. «Das Erbe Kokoschkas» Galerie am Lindenplatz, Vaduz, zeigt den Vertreter des Expressionismus F. K. Gotsch Unter dem Titel «Das Erbe Kokosch­ kas» zeigt die Galerie am Lindenplatz in Vaduz bis zum 1. Juni Hauptwerke des Expressionismus von Friedrich Karl Gotsch (1900-1984). Gotsch war von 1921 bis 2 3 der einzige Schüler von Bedeutung von Kokoschka an der Kunstakademie Dresden. Gerolf Häuse r In Zusammenarbeit mit dem Museum Petit Palais Genf, mit dem die Galerie am Lindenplatz eine freundschaftli­ che Basis verbindet, kann Kurt Prantl in einer Verkaufsausstellung Werke (Ölbilder und Arbeiten auf Papier) von F. K. Gotsch zeigen, der zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Expressionismus zählt nach Klee, Kandinsky, Heckel, Kirchner oder Beckmann. Kokoschka war für Gotsch nicht nur ein Lehrer, sondern ein Freund, denn durch ihn fand Gotsch seinen eigenen Weg. Die Begegnung mit Fernand Leger 1926 in Paris bot ihm die formale Grundlage, um seine eigene Bildsprache zu entwickeln. Späte Anerkennung Als Kurt Prantl 1987 die erste Aus­ stellung mit Arbeiten von F. K. Gotsch machte, setzte erst zögernd das Interesse am deutschen Expres­ sionismus ein. «Damals», so Galerist Kurt Prantl, «war Gotsch ein Geheim­ tipp. Inzwischen ist er populär und 
seine Bilder werden in den verschie­ densten Museen gezeigt. Die Expres­ sionisten erfahren jetzt eine extrem populäre Phase, sei es die «Brücke» oder der «Blaue Reiter». Und so er­ fährt auch F. K. Gotsch eine späte An­ erkennung, der durch das Kunstdiktat des Nationalsozialismus ausgegrenzt wurde (Gestapo-Verhöre 1935 und 1943, Vorwurf: Freundschaft mit Ju­ den, jüdischen Kunsthändlern und «Kulturbolschewisten». Er bekam 
Ausstellungsverbot und auch die Be­ zugsscheine für Malmaterial wurden ihm gestrichen). «Wir haben das Glück, sehr frühe Bilder zeigen zu können. Eine Zeit, als der Expressio­ nismus die wichtigste künstlerische Sprache war, vor allem von Berlin und München ausgehend. Wir sind also, wenn auch jetzt im klassischen Bereich, wieder sehr aktuell, denn Gotsch zählt zu den Besten des Ex­ pressionismus, zeigt eine klare und Galerist Kurt Prantl mit einem Werk von Friedrich Karl Gotsch, einem der wich­ tigsten Vertreter des deutschen Expressionismus. (Bild: Gerolf Hauser) 
deutliche Farbsprache, z. B. mit dem Nebeneinandersetzen der komple­ mentären Farben und mit einer indi­ viduellen Formensprache.» Der Expressionismus Der Expressionismus entstand in der bildenden Kunst als Reaktion auf die als erstarrt empfundenen Normen des Impressionismus, dem eine subjektive Steigerung des Ausdrucks entgegenge­ setzt wurde. Die bevorzugten Darstel­ lungsmittel sind Vereinfachung, Ver­ zerrungen in Form und Proportion, die Verwendung ungebrochener Farbtöne, die in Kontrasten gegeneinander ge­ setzt werden. Die wichtigste deutsche Expressionistenvereinigung war die Gruppe «Die Brücke» (Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt- Rottluff, Emil Nolde, Max Pechstein, Otto Müller). Zu den eindrucksvollsten und originellsten Leistungen der Brücke-Künstler gehören ihre graphi­ schen Werke. Sie erfanden den Linol­ schnitt und entdeckten den Holz­ schnitt neu. Dem «Blauen Reiter» gehörten u. a. die Maler Franz Marc, August Macke, der sich der Malerei Robert Delaunays verwandt fühlte, Paul Klee sowie die russischen Maler Alexej von Jawlensky und Wassily Kandinsky an. F. K. Gptsch, «Das Erbe Kokoschkas», Ausstellung in der Galerie am Linden­ platz, Vaduz bis I. Juni. Öffnungszei­ ten: Dienstag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 16 Uhr. 
Theaterspass zum Maibeginn SCHAAN: Am Dienstag, den 30. April und Mittwoch, den 1. Mai hebt sich um jeweils 20.09 Uhr der Vor­ hang zu einem sehr vergnüglichen Schauspielabend. Die Frage, «Wie wichtig es ist, Ernst zu sein» be­ schäftigt die Truppe um Regisseur Hans Hollmann. Jacks leichtlebiger Bruder Ernst hat viel gemein mit Al- gernons krankem Freund Bunbury: Beide sind erstunken und erlogen. Jack und Algernon benutzen die Fantasiefiguren als Ausrede, wenn sie sich ihren gesellschaftlichen Ver­ pflichtungen entziehen wollen oder sie sich schlicht und einfach lang­ weilen. Doch da beschlicsst Alger­ non, als Ernst aufs Land zu fahren - eine furiose Veralberungsposse nimmt ihren Lauf. Mit seiner «Trivialen Komödie für ernsthafte Leute» schrieb Oscar Wil­ de ein Stück, in derii fast jeder Satz eine Pointe ist. Regisseur Hans Holl­ mann «setzt noch einen drauf»: Bei ihm werden auch die Damen der besseren Gesellschaft von Herren gespielt. Und die nehmen ihre Petti- coat-umrauschte Würde sehr sehr ernst. Die umjubelte Inszenierung sorgte für Rekordbesucherzahlen am Berliner Renaissance-Theater. Das Renaissance-Theater war in dieser Spielzeit bereits mit «Marle­ ne» zu Gast im TaK. An die intensive Judy Winter als grosse Diva und verzweifelnde Heimkehrerin erin­ nern sich sicher viele Theaterfreun­ de. Mit «Bunbury» geht es nun beim Am 30. April und am 1. Mai im TaK: «Bunbury. zweiten Berliner Gastspiel sehr viel heiterer zu, auch wenn immer wie­ der die Frage im Raum steht, wie wichtig es ist, Ernst zu sein ... Noch gibt es Karten für diese Aus­ nahmeproduktion. Der TaK-Vorver- kaufan der Reberastrasse 10, Schaan, hat montags bis freitags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet. Auch ausser­ halb dieser Zeiten ist das Reservieren möglich: Ein Anrufbeantworter nimmt Bestellungen entgegen. Per E- Mail an   vorverkauf@tak.li kann man sich ebenfalls noch Karten sichern. Kunst im frühen 20. Jahrhundert SCHAAN: Am Dienstag, den 30. April, beginnt um 20.15 Uhr im Haus Stein-Egerta in Schaan ein insgesamt drei Dienstagabende dauerndes Semi­ nar, das die Zeit des Bauhaus von 1919 - 1933 beleuchten wird. Diegei- stes- und sozialgeschichtlichen Wur­ zeln dieser Idee reichen bis weit ins 19. Jahrhundert zurück, weshalb die Grossväter des Designs auch zuerst zu Wort kommen werden. William Mor­ ris 
(1834 - 1896) und die englische Arts-and-Crafts-Bewegung, Henry van de Velde (1863 - 1957) als führende Figur des Jugendstils, der 1907 gegründete Deutsche Werkbund am Beispiel Peter Behrens (1868 - 1940), seines Zeichens Architekt und einer der ersten Industrie-Designer überhaupt, sowie der Liechtensteiner Ferdinand Nigg (1865 - 1949) als Künstler und Gestalter im Deutschen Werkbund. Referentin dieses Semi­ nars ist, lic. phil. 1, Dagmar Streekel, sie ist Kunsthistorikerin und lebt in Liechtenstein. Veranstaltet von der Erwachsenenbildung Stein-Egerta. Mit Voranmeldung. (Sing )
	        

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