Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
INLAND Samstag, 20. April 2002 
3 Beschluss der Regierung Frick  inh altlich richtig Aussenminister Ernst Walch zu den VU-Vorwürfen im Zusammenhang mit der IGH-Klage Die von der Regierung Frick be­ schlossene Klage Liechtensteins gegen Deutschland vor dem In­ ternationalen Gerichtshof (IGH) wird unter der Regierung Hasler weitergeführt. 
Im Landtag gab es dafür seitens der VU vehe­ mente Kritik. Aussenminister Ernst Walch stellt sich dieser Kritik. Mit Außenminister l:rnst Walch sprach Marlin frömmel t Volksblatt: Herr Aussenminister, warum will die Regierung die von der Regierung Mario Frick beschlos­ sene IGH-Klage «durchboxen-? Nachdem die VU diesem Vorhaben der Regierung Frick jetzt im Nach­ hinein eine deutliche Absage erteilt, könnte sich das Land doch viel Geld sparen und die Klage fallen las­ sen. Ernst Walch: Die Regierung will diese Klii^c mein durchboxen, sondern mochte die Souveränität 1 iechten- stcins und die 1 igcniumsrechte von liechtensteinischen Bürgern und Kami- licn geltend machen. Nur ein Staat kann gegenüber einein anderen Staat diese Rechte («eilend machen. I s ist die Pflicht einer Regierung, und /war der jetzigen Regierung wie der Regierung unter Mario frick. dass der Staat sich für die Burger einset/t und deshalb diese Klage weiter/teilt, um /u einem I rgebnis /u kommen, und /war entwe­ der über das Gericht oder über eine Vereinbarung mit Deutschland. Es ist aber in der politischen Land­ schaft Liechtensteins doch ausser- gewöhnlich, dass eine Partei, In die­ sem Fall die FBP, an einem von VU- Seite beschlossenen Projekt fest­ hält, das nun von derselben Partei jetzt mit Vehemenz abgelehnt wird: Wie ist das zu verstehen? Die Regierung ilasier hatte es sich leichi machen können, dem Gesin­ nungswandel der jet/igen Vll-I raktion im landtag Nachachumg/u verschal­ len und so das Gan/c lallen /u lassen. Die Regierung Ilasier ist aber über­ zeugt. dass dieses Projekt, das von der Regierung Irick beschlossen wurde, inhaltlich richtig ist. Man kann nicht nur den einlachen Weg gehen, son­dern 
man muss den Weg gehen, der ei­ nen glaubwürdig macht und zu dem man auch stehen kann. Das heisst. die Klage weiterzuverfolgen. Seitens der Opposition wurde kriti­ siert, dass die Vorlage ein Jahr zu spät komme und die Regierung des­ halb mit ihrem Antrag das Gesetz verletzen würde: Ihre Meinung? Die Regiening Frick hatte im Januar des Jahres 2001 beschlossen, die Klage ein/ureichen. Wenn man der Meinung war oder gewesen wäre, dass ein Ver- pflichtungskredit eingebracht hätte werden müssen, dann hatte man das zu jenem Zeitpunkt tun müssen. Das heisst, die Regierung I rick hatte schon im Jahr 2000, also vor der Beschluss- fassung im Januar 2001. den Antrag im I andlag einbringen müssen. Die Regierung frick hat aber beschlossen, dass die Kosten der Klage über tlas Konto Gutachten und I xperten abge­ wickelt werden soll. Deswegen hat die Regierung Hasler diesen Beschluss umgesetzt; er war ja für das Jahr 2001 auch so budgctiert. Die Regierung Hasler kam ja erst im April 2001 an die Regierung, als lur das Jahr 2001 schon mehrere Ausgaben getätigt worden waren. Deswegeti hat die Regierung Hasler den Beschluss lur das Jahr 2001 umgesetzt und auf Anfang 2002 einen Verpllichlungskredit eingebracht. Ks war also kein Jahr zu spat; es war rich­ tig für das Jahr 2002. latsaehc ist, dass. wenn man die verschiedenen Rechnungen und Leistungen, die von den Anwälten und I xperten getätigt wurden, auf das Jahr 2000 und 2001 aufteilt, schon ca. '>00 000 f ranken im Jahr 2000 in Anspruch genommen worden waren. Bis zum Regierungs­ wechsel im April 2001 waren es ge­ samthaft rund eine Million. Im Antrag auf Dringlichkeit des Fi­ nanzbeschlusses wurde seitens der VU eine Infragestellung der Volks­ rechte geortet: Warum sollte der Fi- nanzbeschluss nicht zum Referen­ dum, also -am Volk vorbei", ausge­ schrieben werden? Die Regierung llasler ist auf Grund dieser latsachen davon ausgegangen, dass verschiedene Leistungen, nämlich bis zu einem Betrag von maximal 800 000, bereits erbracht worden sind. Be­ züglich dieser Kosten hat die Regie-/)ic 
Soureränitat I iechtcnsteins und dir L-iqentumsreehte IVII 
liechtenstei­ nischen lUirqern und /-'ainilirn t/cltcnd niuchcn; Außenminister Ernst Walch. rung die Pflicht, zu bezahlen. Ls ist normal und üblich, dass in einem sol­ chen Kall ein Nachtragskredit gemacht wird, welcher als dringlich erklärt wird. Dieser feil des Kredites war In­ halt des gesamten Verpflichtungskre- dites im Sinne eines Rahmenkredites für den Prozessahlauf. Deswegen war die Regiening llasler der Ansicht, dass der gesamte KinanzbcschluSs für dringlich erklärt werden muss. Wie im Landtag sicherlich richtig gemacht wurde, hat man die zwei Beschlüsse aufgeteilt in den tatsächlichen Nach­ tragskredit - und nur diesen für dring­ lich erklärt - und den in die Zukunft gerichteten Kredit dem Referendum unterstellt. Landtagsvizepräsident Wolff hat die hohen Anwaltskosten, konkret 430 000 Franken für nur einen 
Schriftsatz kritisiert: Wie kommt es zu diesen hohen Kosten? Zu sagen ein Schriftsatz hätte 430 000 Pranken gekostet, ist verkürzt. Dieses Verfahren ist ein zugegebener- massen vergleichsweise teures Verfah­ ren. Es geht um eine sehr spezialisierte Materie, nämlich um Völkerrecht. Auf diesem Gebiet gibt es weltweit, sagen wir einmal, nur etwa 100 Experten. Wenn man so eine Klage anstrengt und man weiss, dass der beklagte Staat natürlich auch mit den besten Spezia­ listen auffahren wird, dann muss auch Liechtenstein die besten Leute unter Vertrag nehmen. Fast alle diese Man­ date und Ernennungen wurden übri­ gens noch von der Regierung -I rick be­ schlossen. Was es wirklich teurer macht als eine normale Klage ist die Tatsache, dass die Klagematerie inhalt­ lich als auch formell so umfangreich ist, dass sich nicht nur eine Kanzlei damit befassen kann. Da fallen auch hohe Reisekosten und Übersetzungs­ kosten an, denn alles muss ja auf Grund des IGH-Verfahrens auf Eng­ lisch und Franzosisch gemacht wer­ den. Ausserdem müssen auch alle 125 IGH-Mitgliedsstaaten mit den Prozess- unterlagen bedient werden. Weil das Ganze ja auch eine gewisse Medien­ aufmerksamkeit nach' sich zieht, ist auch die Öffentlichkeitsarbeit entspre­ chend darauf auszurichten. In einem normalen Prozess würde man die Öf­ fentlichkeit gar nicht in Betracht zie­ hen müssen, hier eben schon. Alles zu­ sammen macht das Verfahren somit relativ teuer, wenn ich die absoluten Zahlen sehe. Wenn ich aber sehe, wo­ rum es geht, nämlich um den Schutz und das Einstehen lur Eigentumsrech­ te unserer Bürger, um das Selbstver­ ständnis unseres Staates, dann sind auch diese Kosten nicht zu hoch. Laut Peter Wolff hat die Regierung Frick von Kosten von 820 000 Fran­ ken geredet, jetzt könnte das Ganze zehnmal so teuer ausfallen: Wie das? Die Kosten von H20 000 I ranken be­ trafen das Jahr 2000 und 2001, ur)d nicht das ganze Verfahren. Die Kosten sind dann für diesen Zeitraum wesent­ lich hoher ausgefallen, nämlich 1,8 Millionen, also mehr als das Doppelte wie veranschlagt. Das hat die Regie­ ning Hasler erst gegen Ende des Jahres 2001 festgestellt und auch erst dann 
feststellen können. Das Budgetieren des Zeitraumes 2000 und 2001 war sicher nicht gut. Aber noch einmal, diese Ver­ antwortung lag in der Regierung Frick, nicht in der Regierung Hasler. Die Re­ gierung Haslcr hat sich auch diesbezüg­ lich auf die Unterlagen der Regierung Frick verlassen. Auch hätte die Regie­ rung Frick, nachdem sie erkennen konnte, dass es teurer kommt, die Fi­ nanzkommission oder den Landtag- darüber informieren können. Ausser­ dem: Weil die Regierung Frick über das Konto «Experten und Gutachten» bud- getiert hat. war es legitim, erst auf den Landtag zurückzukommen, nachdem dieses Konto überzogen worden war. Zu den Erfolgsaussichten: Peter Wolff spricht von maximal fünf Pro­ zent und von ziemlich fahrlässigem, verantwortungslosem Verhalten der Regierung: Wie bewerten denn Sie die Erfolgsaussichten? Wenn Peter Wolff die Erfolgsaus- sichten mit maximal fünf Prozent be­ ziffert, so ist das eine Einschätzung, die er machen kann, die ich aber nicht teile. Die Experten haben alle intern überzeugend dargelegt, dass die Er­ folgsaussichten wesentlich höher sind. Ich persönlich schätze sie auf sicher 50 Prozent, und wenn sie 50 Prozent sind, dann hat Liechtenstein diese Klage durchzusetzen. Peter Wolff von der VU sagte im Landtag sinngemäss, dass man die Klage auch deshalb lassen solle, weil Liechtenstein auf Dauer auf das Wohlwollen Deutschlands angewie­ sen sei: Ihre Meinung? Ich kann die Ansicht von Peter Wolff weder als Mitglied der Regie­ rung, noch als Anwaltskollege teilen. Liechtenstein ist insbesondere als Kleinstaat ohne militärische und öko­ nomische Macht darauf angewiesen, dass es sich auf Grund von Verträgen auf das Recht und auf die Gerichte verlassen kann. Diesen Weg zu be­ schreiten, nach dem mit Deutschland Verhandlungen geführt wurden, hat nichts damit zu tun, dass man einen Nachbarn brüskiert. Im Gegenteil: Es war sogar Deutschland, sprich die deutsche Verhandlungsdelegation. die den Vorschlag gemacht hat, die unter­ schiedlichen Standpunkte vor dem IGH zu klären.
	        

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