Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

28 Freitag, 19. April 2002 
AUSLAND Liechtensteiner VU1 Ölbohrungen abgelehnt WASHINGTON: Der US-Senat hat ges­ tern die von der Regierung geplanten Ölbohrungen in einem Naturschutzge- bict 
in Alaska abgelehnt. Die Republi­ kaner von Präsident George W. Bush unterlagen in der Abstimmung mit 46 zu 54 
Stimmen. Die Bohrungen im Arctic National Wildlife Refüge waren ein Kernstüek der energiepolitischen Pläne Bushs. Das Repräsentantenhaus hatte das umstrittene Vorhaben bereits im August gebilligt. Das Arctic Natio­ nal Wildlife Refuge liegt im Nordosten von Alaska und ist das nördlichste Na­ turschutzgebiet der USA. Die rund 80 000 Quadratkilometer sind Lebens­ raum für zahlreiche Vogel-, l isch- und Säugetierarterl - darunter Karibus, Moschusochsen, Büren und Wale. Un­ ter dem Gebiet werden fünf bis 1(> Mil­ liarden Barrel (das Eass zu 159 Liter) Öl vermutet. Todesstrafe bleibt vorerst ANKARA: Die Türkei hat die für den an­ gestrebten EU-Beitritt geforderte gene­ relle Abschaffung der Todesstrafe zunächst einmal aufgeschoben. Der Justizausschuss des Parlaments billigte eine Strafgesetzänderung, wonach die Todesstrafe lediglich eingeschränkt wird. Sie soll weiterhin «in Fällen des Krieges, unmittelbar drohender Kriegs­ gefahr oder terroristischer Straftaten» gelten. Die türkische Verfassung war im vergangenen Herbst entsprechend geändert worden. Die Dehatte um die Todesstrafe wird in der Türkei vor allem vor dem Hintergrund des Schicksals des seit drei Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali einsitzenden kurdischen Separa­ tistenführers Abdullah Öcalan geführt. Die nationalistische Rechte möchte den PKK-Führer hinrichten. Da sich die Koalitionspartner der Regierung von Ministeqiräsident Bülent Ecevit wegen I des Widerstands der Nationalistischen Aktionspartei (MHP) nicht auf eine völ-  t lige Abschaffung der seit 1984 nicht mehr vollstreckten Todesstrafe einigen i konnten, dürfte die Gesetzesändening in | der eingeschränkten Form auch das Ple­ num der türkischen Nationalversamm­ lung passieren. Nach Angaben des Jus- tizausschusses würden 44 von 125 
zum Tode verurteilten Häftlingen, deren Dos­ siers dem Parlament zur Entscheidung vorliegen, von der Gesetzesändening profitieren. Die Änderung sieht eine Umwandlung der Todesstrafe in lebens­ lange Haft vor. Die Akte Öcalan ist dem Parlament, das laut Verfassung die Voll­ streckung von Todesurteilen ausdrück- ; lieh billigen muss, noch nicht vorgelegt j worden. Gestern wurden weitere vier ; Mitglieder der früheren kurdischen Ar­ beiterpartei (PKK) von einem Staats- sicherheitsgerieht in Istanbul zum Tode verurteilt. London protestiert gegen Gedicht LONDON: Die britische Regierung will den saudi-arabischen Botschafter ins Aussenministerium zitieren, um 
offizi-Israel 
kündigt Rückzug an Menschenrechtsorganisationen schockiert über Zustände im Flüchtlingslager nensische Selbstmordattentäter zu pro­ testieren. «Wir betrachten Selbstmord- attentate als form von Terrorismus, und diese Ansicht würden wir dem sau­ dischen Botschafter gerne wissen las­ sen», sagte gestern ein Regierungsspre­ cher in London. Botschafter Ghasi Al- gosaibi hatte in der vergangenen Wo­ che in der in London erscheinenden arabischen Zeitung «AI Hayat» das Ge­ dicht «Die Märtyrer» veröffentlicht, in dem er unter anderem die 18-jährige Palästinenserin rühmte, die bei einem Anschlag auf einen Supermarkt in Je­ rusalem Ende März zwei Israelis getötet und 25 weitere verletzt hatte. «Die Pfor­ ten des Himmels sind fiir sie geöffnet», hiess es in dem Gedicht. Jüdische Grup­ pen hotten scharfe Kritik an dem Ge­ dicht geübt. Der Botschafter, ein be­ kannter Dichter in der arabischen Welt, war am Donnerstag zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. 
JERUSALEM: Die israelische Re­ gierung hat angekündigt, die Armee aus Teilen des Westjor­ danlands abzuziehen. Die UNO und Menschenrechtsorganisa­ tionen zeigten sich nach einem ersten Augenschein schockiert über die Zustände im Flücht­ lingslager Dschenin. Bis'Sonntag werde die israelische Ar­ mee aus Dschenin. Nablus und leilen Ramallahs abziehen, sagte Israels Ver­ teidigungsminister Binjarnin Ben-Mie­ ser gestern im israelischen Radio. Un klar war, ob der Rückzug bereits he gönnen hat. Der israelische Amu'csen der berichtete, dass die Armee gestern Vormittag mit einem leilab/ug aus Dschenin begonnen habe. Palastinen sische (Juellen dementierten dies. I rot/dem begrusste US-Präsident George W. Bush den leilab/ug. Mit den bisherigen Schritten liege Israel innerhalb des Abzugsplans. Schockierende Lage in Dschenin Während der kurzzeitigen Aufhe­ bung der Ausgangssperre konnten Menschen reell iso rganisa Morien das Flüchtlingslager von Dschenin besu­ chen. Sie zeigten sich schockiert über die Lage im Lager. Unklar wt weiterhin die Zahl der Opfer. Das UNO-Ilillswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) ging von I 50 bis 200 Iolen aus. Ande­ re Quellen rechnen mit )00 Opfern. Gemäss einer ersten Inspektion wur­ den 800 der 2000 bis )000 Unterkünf­ te in dem Camp zerstört. Laut Men­ schen reell t sorga nisatio nen werden zwischen 8000 und I J 500 Menschen, die in Dschenin lebten, vermisst. Scharfe Kritik Der UNO-Sondergcsandle Terje Roed-l.arscn kritisierte Israel scharf. Das Lager in Dschenin sei «völlig zer­ stört. als ob es von einem Erdbeben er­ schüttert worden wäre». Es sei «völlig 
Hühl ineder mehr /eil /um Hauchen. Iiis Sminlai/ soll die israelische Armee aus Dschenin. Nahiiis untl leilen Ramallahs (ih/iclieii. /Bilder: kevslunel unannehmbar», dass die israelische Regierung Retlungskralten seil eil la­ gen den /ugang verweigere I in Spre­ cher der IIJ-Kommission m Brüssel lorilcMc. dass «sofort» eine Untersu­ chung der Vorgange in Dschenin ein­ geleitet werde. UNO-Gencralsckrctar Koli Annan hat inzwischen den UNO-Sicherheits­ rat um die Entsendung einer bewaff­ neten multinationalen I riedensiruppe in die l'alastinensergeliiete. Die I nippe müsse lim einem «robusten Mandat» nach Artikel / der UNO-Charta ausgc stallet werden, sagte Annan in einer geschlossenen Sitzung des Gremiums m New York. Die Palästinenser werfen der israelischen Armee vor. in Dschenin Massaker verübt zu haben. 
Israel räumte Verwüstungen ein. de­ mentierte jedoch Massaker an Palästi­ nensern. Treffen abgesagt In Bethlehem /erschlugen sich die Hoffnungen auf eine haldige Losung für die belagerte Geburtskirche Jesu. Paläsiinensische Vertreter sagten ein geplantes .1 reffen mit israelischen Ge­ sprächspartnern ab. vveiJ diese es abge­ lehnt halten, weitere Vermittler zuzu­ lassen. Weiterhin belagert wurde ge­ stern auch der Amtssitz von Palasti- iienscrprasidcni Jassir Aralal in Ra­ mallah. Jordaniens Ausscnmmisicr M.irwan Moaschcr besuchte Arafat in seinem Hauptquartier. In seiner He glciiung befand sich auch ein Ar/1, der 
Arafat eine gute Gesundheit beschei tilgte. Hamas-Mitglied festgenommen Bei einer Offensive in Nablus nahm die israelische Armee llussam Alef Ali Badran. ein führendes Hamas-Mitglied, fest. Dabei wurden zwei seiner Beglei­ ter getötet. Badran sei für «alle tödli­ chen Attentate der Ilamas m Israel in den letzten Jahren» verantwortlich. Die USA wollen ihre Friedensbemühungen fortsetzen. Arn Mittwoch war 
eine Ver nutilurigsreisc von Aussenminisier (<> lin Powell eilulglos zu Frille gegangen. Powell konnte naih Angaben aus Ke- gicrungskrciscn möglicherweise in ein Ins zwei WIK 
heil Wiedel 
in den Nahen Osien zurückkehren. 21 Polizisten getötet Ex-König kehrt zurück Schwerster Angriff tschetschenischer Separatisten Mohammed Sahir Schah wieder in Afghanistan GROSNY: Beim schwersten Angriff islamischer Separatisten seit Mona­ ten sind gestern in der tschetsc heni­ schen Hauptstadt Grosny mindestens 21 Polizisten getötet worden. Wie die prorussischen Behörden weiter mit­ teilten, fuhr der mit Poliz.cibcamtcn besetzte Bus über einen fernge/ün- deten Sprengsatz. Auch ein weiteres Fahrzeug des Kon­ vois sei über eine Mine gefahren. Der Anschlag ereignete sich nur 100 Meter vom Hauptquartier der Polizei ent­ fernt. Nach der Explosion nahmen die Rebellen den Konvoi unter Fcuerbe schuss. Nach dem Anschlag riegelten russische Einheiten die Hauptsirassen 
(iiosn\s ab und suchten aul cinci (iiossiaz/ia Ii,ich den laiern. Medien beruhten /ulolge winden lunl Ver (lacliiige lesigenomiiicri. I IM 
am Mill wnch waien bei zwei Angriffen im Sü­ den Isclieischcniciis elf russische Sol- dalcn gelotet und 1 I weitere verwun­ det winden. Iii dei Kaukasusrcptihlik kämpfen is­ lamische Rebellen seit acht Jahren für die Unabhängigkeit von Moskau. We­ nige Stunden vor dem Anschlag hatte Präsident Wladimir Putin in seiner Re­ de zur Lage der Nation -erklärt, dass «das militärische Stadium des Konflikts als beendet betrachtet werden kann» und dass es nun um den Wiederaufbau Tschetscheniens gehen müsse. Bei einem Attentat in Russland wurden 21 Polizisten getötet. 
KABU'I : Nach fast drei Jahrzehnten im Exil ist der frühere afghanische Konig Mohammed Sahir Schah in seine Heimat zurückgekehrt. Er will im Juni die Volksversammlung Loya Dschirga leilen. Damit soll in Afgha­ nistan der Weg zur Demokratie geeb­ net werden. Begleitet von Ubergangsregicningschef Hamid Karsai wurde der 87-Jährige am Donnerstag am Flughafen in Kabul mit militärischen Ehren empfangen. Ausser dem Kriegsherren Abdul Raschid Oos- tum waren auch zahlreiche afghanische Stammesälteste anwesend. Aus Angst vor Anschlägen waren für die Ankunft von Sahir Schall strenge Sicherheitsvor­ kehrungen getroffen worden. Dutzende Polizisten mit Schusswesten sicherten sein Haus. Karsai war eigens nach Rom gereist, um Sahir Schah auf seinem Flug on Bord einer Maschine der italieni­ schen Luftwaffe zu begleiten. Neue Regierung bestimmen Der frühere König reiste in Beglei­ tung seiner drei Söhne und anderer Familienmitglieder. Seine Frau Homai- ra blieb aus gesundheitlichen Gründen im italienischen Exil. Der 1973 von seinem Cousin Mohammed Daud ge­ stürzte Sahir Schah soll im Juni die grosse Stammesversammlung (Loja Dschirga) eröffnen. Der «Grosse Rat» von rund tausend Vertretern der ver­ schiedenen politischen, religiösen und ethnischen Gruppen Afghanistans soll eine neue Regierung bestimmen. Sahir Schah ist wie Karsai Paschtune. Die Paschtunen sind die grösste Volks­ gruppe in Afghanistan. Die derzeitige 
Regierung wird von ladschiken und Usbeken dominiert. Is galt als be­ zeichnend, dass der ladschikische VIT jeidigungsministcr Mohammed I .iliiin. der als mächtigster Mann in der Regie­ rung gilt, ms Ausland rcisie und daher nicht bei der Ankunli des I \ Königs dabei war. Der schwer berechenbare usbekische Milizenl'ulirer Dosiurn bc- grüsste den 
Ex-König dagegen mit Blumen am Flugzeug. Vier kanadische Soldaten getötet Südlich von Kandahar kam es am Millwochabend zu einem tragischen /.wischenlall. Ein IJS-Pilot tötete irr­ tümlicherweise vier kanadische Solda­ ten, acht weitere wurden zum leil schwer verletzt. Ein Mitarbeiter des llS-Verteidigungsmiriistcriums sagte in Washington, der Pilot des l;-1(>- Kampfflugzeugs habe Schusswechsel während einer Übung am Boden für feindliches Feuer gehalten. Der Vorfall rund 14 Kilometer südlich des Flugha­ fens von Kandahar werde genau un­ tersucht. Nach Angaben des kanadi­ schen Verteidigungsministeriums warf der Pilot eine oder zwei 500 Pfund schwere Bomben auf den Armeetrupp ab. Der kanadische Regierungschef Jean Chretien erklärte, IJS-Präsideiit George W. Bush habe ihm das Beileid des amerikanischen Volks für die An­ gehörigen der getöteten Soldaten übermittelt. Der kanadische General­ stabschef Raymond Henault sprach von einem «fürchterlichen und tragi­ schen Unfall». In der ostafghanischcn Stadt Khost wurden bei einer Bomben­ explosion mindestens drei weitere Menschen getötet.
	        

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