Liechtensteiner VOLKSBLATT
AUSLAND Dienstag, 15. Januar 2002
25 Kaschmir-Konflikt: Trotz leichter Entspannung kein Truppenrückzug NEU-DELHI/ISLAMABAD: Trotz einer leichten Entspannung ste hen sich die Streitla-äfte Indiens und Pakistans in Kaschmir wei ter bis an die Zähne bewaffnet gegenüber. Pakistan weigerte sich am Montag, seine mehrere hunderttausend Mann starke Armee aus dem Grenzgebiet ab zuziehen, wenn Indien nicht das Gleiche
tue. Zuvor hatte Indien ein Ende des «grenzüberschrei tenden Terrors» zur Bedingung für einen Rückzug gemacht. Nach den Worten des indischen Vertei digungsminister George Fernandes hat die indische Armee ihren Aufmarsch in Kaschmir abgeschlossen. Fernandes forderte
- den pakistanischen Militär machthaber Pervez Musharraf erneut auf, der Ankündigung, keine Terrorak te von seinem Territorium aus zu dul den, nun Taten folgen zu lassen. «Wir werden unsere Truppen nicht abzie hen, wenn es nach dem Versprechen von Präsident Musharraf keine Aktio nen gibt», erklärte Fernandes am Mon tag vor seiner Abreise in die USA. Die Regierung in Islamabad reagier te prompt auf die Erklärung des indi schen Ministers. Pakistan sei «gezwun gen, alles zu seiner Verteidigung Not wendige in der Nähe der Grenze zu be halten», so lange Indien an seinem Aufmarsch festhalte, sagte Musharrafs Sprecher Generalmajor Rashid Queres- hi. «Wir erwarten, dass sich die indi schen Truppen auf ihre Stellungen in Friedenszeiten zurückziehen und da mit die Spannungen abbauen.» Der pakistanische Aussenamtsspre- cher Kamran Niaz räumte ein, seine Regierung habe sich eine «herzlichere Antwort» auf Musharrafs Rede erhofft,
Pakistanische Kinder demonstrieren gegen das Vorgehen Indiens.
Die Lage in Kaschmir ist weiterhin
kritisch. bezeichne die indische Reaktion aber auch nicht als negativ. Musharraf hat te
in einer Rede am Samstagabend fünf militante islamische Organisatio nen verboten und ein entschiedeneres Vorgehen gegen den Terrorismus an gekündigt, um damit die Lage zu ent spannen. Die pakistanische Polizei setzte un terdessen ihre Razzien gegen militante Mosleniorganisationen fort und nahm bis Montag mehr als 1500 mutmassli che Extremisten fest. Der Vorsitzende des so genannten Afghanischen Ver teidigungsrates, einem Zusammen- schluss von 35 militanten islamischen
Gruppen, rief die Moslems in Pakistan deswegen zu Demonstrationen gegen Musharrafs Regierung auf. «Der Heili ge Krieg liegt uns,im Blut, und er kann durch das Verbot einiger Gruppen im Land nicht einfach ausgelöscht wer den», sagte Maulana Samiul Haq. Er kündigte für den 27. Januar Massen proteste in Peshawar an.. China und Indien wollen Terror gemeinsam bekämpfen Heute reist US-Aussenminister Colin Powell in die Region, um sich um eirie Entspannung der Krise zu bemühen. Präsident George W. Bush hatte Musharraf
ausdrücklich für sein
Vorgehen gegen islamische Extremisten gelobt. Indien und China einigten sich am Montag darauf, gemeinsam gegen Ter roristen vorzugehen. Ihre Beziehungen seien nicht vom Verhältnis zu Pakistan abhängig, erklärten der chinesische Ministerpräsident Zhu Rongji und der indische Regierungschef Atal Bihari Vajpayee in Neu-Delhi. Zhu ist der erste'chinesische Regierungschef seit mehr als zehn Jahren, der Indien be sucht. China und Pakistan sind langjährige Verbündete, und China ist einer
der Hauptlieferanten von Waffen und Militärtechnologie nach Pakistan. Afghanistan droht Bankrott Internationale Schutztruppe nimmt Arbeit auf - US-Luftwaffe mit weiteren Angriffen KABUL/BERLIN: Afghanistan droht der Bankrott. UNO-Sprecher Ahmed Fawzi bat am Montag in Kabul drin gend um finanzielle Unterstützung fUr das Land. Die Internationale Schutztruppe patrouillierte unterdes sen in der Hauptstadt. Die afghanische Übergangsregierung verfüge zur Zeit nur noch über zehn Millionen Dollar (rund 16,6 Mio. Fran ken). Bis Dienstag brauche sie noch ei nige Millionen Dollar. «Sonst gibt es das Land nicht mehr, wenn das Geld nicht da ist», warnte Fawzi. Innenminister Junis Kanuni warf der
UNO vor, die versprochenen Mittel für die Bezahlung von Polizisten nicht zu zahlen. Im Vorfeld der Geberkonferenz am Wochenende in Tokio bezifferte ein in ternationales Expertenteam die Kosten für
den Wiederaufbau in den ersten zehn Jahren auf mindestens 15 Milli arden Dollar (rund 25 Mrd. Franken). Schutztruppe Knapp eine Woche nach ihrem Auf bruch ist das erste Vorauskommando des deutsch-dänisch-niederländischen Kontingents für die Afghanistan- Schutztruppe komplett. Der Voraustrupp
aus 100 Soldaten begann am Montag in Kabul mit ersten Patrouil len. Schlechtes Wetter und Engpässe am Flughalfen Bagram hatten zu Ver zögerungen geführt. An diesem Diens tag soll der zweite Teil des Vorauskom mandos starten und im Lauf der Wo che in Kabul eintreffen. Damit wären 270 Soldaten vor Ort. Der strategisch wichtige Salang- Tunnel, der Nord- und Südafghanistan miteinander verbindet,- wurde am Montag für Fahrzeuge wieder geöff net. Zuvor waren Tausende Tonnen von Schutt von den Eingängen besei tigt worden, teilte die Minenräumor-ganisation
«The Halo Trust» mit. Dem nach fuhren erste Autos und Lastwa gen durch den 3,2 Kilometer langen Tunnel, obwohl elektrisches Licht erst auf zwei Dritteln der Strecke installiert wurde. Bombardierungen Im Osten des Landes bombardierte die US-Luftwaffe weiter mit grosser Intensität die Höhlensysteme im Shau- ar-Gebiet an der Grenze zu Pakistan, meldete die in Pakistan ansässige af ghanische Nachrichtenagentur AIP am Montag. In den vorangegangenen 40 Stunden habe es keine Pause gegeben. Gewaltspirale in Nahost dreht sich weiter Zwei Palästinenser im Westjordanland getötet - Häuser in Jerusalem zerstört Die israelischen Behörden gabetl filrdie Äbrissaktion der Häuser in Jerusalem die Standarderklärung fehlender Baugenehmigungen an.
JERUSALEM: Die Spirale der Gewalt im Nahen Osten dreht sich unver mindert weiter. Bei zwei verschiede nen Zwischenfällen wurden im West jordanland gestern zwei Palästinen ser getötet, darunter der Führer der militanten El-Aksa-Brigaden'in der. Stadt Tulkarem, Raid Karmi. Gleich zeitig rissen die israelischen Behör den in Ostjeriisalem erneut Häuser von Palästinensern ab. Um der steti gen Eskalation zu begegnen, gründe ten führende Politiker beider Seiten indessen eine Koalition für den Frie den... Karmi kam bei der Explosion eines Sprengsatzes in der Nähe von Tulka rem unis Leben. Palästinensische Si cherheitkreise machten Israel für den Anschlag verantwortlich. Israel nahm zu den Vorwürfen keine Stellung; er klärte aber, Karmi sei am Tod von neun Israelis schuld. Die El-Aksa-Miliz kündigte.neue Anschläge gegen Israel
an. Karmi hatte zugegeben, in mehrere tödliche Anschläge auf Israelis ver wickelt gewesen zu sein. Im vergange nen Jahr überlebte er knapp einen is raelischen Raketenängriff auf sein Au to. Nach Augenzeugenberichten hatte der 27-Jährige am Montag gerade sein Versteck verlassen, als der in einem Baum angebrachte Sprengsatz in die Luft flog. ,. . Ebenfalls in der Nähe von Tulkarem wurde, am Montag auf. einer Strasse ein Israeli erschossen und ein weiterer verletzt. Wie israelische Sicherheits kreise mitteilten, ereignete sich die Tat in der Nähe der jüdischen Siedlung Schavei Schomron. Unter dem Schutz hunderter Soldaten rissen israelische Bulldozer unterdessen in Jerusalem fünf neu erbaute Häuser vpn Palästi nensern ab. Während der ZerstÖrungs-, aktiori im besetzten arabischen Ostteil der Stadt kam es zu einem Handge menge zwischen Bewohnern und isra elischen Soldaten.
UNO starten Check-up der Erde BANGKOK: Der bislang grösste Um- welt-Check der Erde soll am Dienstag offiziell beginnen. Rund 1500
Wissen schaftler werden vier Jahre lang in ei ner weltweiten Umweltstudie der Ver einten Nationen (UNO) den Stand der ökologischen Zerstörung rund um den. Erdball untersuchen. Das Projekt solle eine «Null-Linie» erarbeiten, mit der Forscher künftig weltweit die Veränderungen verglei chen könnten,.sagte der Exekutivdi rektor des UNO-Umweltprogramms UNEP, Klaus Töpfer am Montag in Bangkok. . Das Vorhaben namens «Millennium Ecosystem Assessment» (Millennium- Studie der Ökosysteme) wird die bisher umfangreichste Bestandsaufnahme der Verfassung der Weltmeere, Flüsse, Wälder und landwirtschaftlichen An bauflächen. Es kostet nach UNEP-An- gaben 21 Millionen Dollar (Millionen Franken). Grossbritannien wieder frei von MKS LONDON: Mehr als zehn Monate nach dem Ausbruch der Maul- und Klauen seuche hat die britische Regierung das. Land am Montag für seuchenfrei er klärt. Das Landwirtschaftsministerium erklärte, als letzte Grafschaft gebe es nun auch in Northümberland im Nord osten Englands keinen Fall der an steckenden Tierkrankheit mehr. Seit dem Ausbruch im Februar wurde in Grossbritannien 2030 MKS-Fälle be stätigt, der letzte am 30. September. Mehr als vier Millionen Tiere, darunter 3,3 Millionen Schafe, wurden getötet, um der Epidemie Einhalt zu gebieten. Ein Sprecher des Landwirtschaftsmi- nisteriums sagte, die Arbeit sei jedoch noch nicht beendet. Einige Höfe müss- ten noch gereinigt und desinfiziert werden, ausserdem, stehe die interna tionale Anerkennung des Status' als MKS-freies Land noch aus. Brezel vs. Bush WASHINGTON: Nach einem Husten anfall ist US-Präsident George W. Bush (Bild) im Weissen Haus filr kurze Zeit ohnmächtig geworden. Bush ver schluckte sich am Sonntagnachmittag beim Fernsehen an einer Brezel, wie sein Leibarzt Richard Tubb mitteilte. Daraufhin habe sich die Pulsfrequenz verringert, und der 55-Jährige sei vom Sofa gestürzt. Tubb betonte, die Be- wusstlosigkeit habe offenbar nur we nige Sekunden gedauert. Der Präsident
: habe sich rasch wieder erholt. Trotz des Vorfalls brach Bush am Montag zu einer zweitägigen Reise durch die USA auf. «Mir geht es grössartig», sägte Bush vor. dem Abflug. Er versuchte, dem Vorfall eine komische Note anzuhän gen. «Meine Mutter hat immer gesagt: Wenn Du eine Brezel isst, musst Du gut kauen, bevor du sie schluckst. Man soll eben immer auf seine Mutter hören.»