Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

6 Freitag, 19. April 2002 
LANDTAG Liechtensteiner VOLKSBLATT Bankengesetz wird abgeändert Regierungsrat Hansjörg Lrick sah sich gestern im Landtag mit zahlreichen Lra- •Meine Abneigung gegenüber dem tWR findet hier seine Indische lortsct/iinq>. gen zum Llektrizitdlsmarktgcsct/ konfrontiert. so der Vit-Abgeordnete Walter Hartmann IHildrr: l'aul IrummerI Landtag stand «unter Strom» Strommarkt soll Ende Mai geöffnet werden - Gesetz gestern in erster Lesung im Landtag 
Hintergrund des Traktandenpunkts 23 ist ein Disput um juristische De­ tails, der beinahe zu einem hand­ festen internationalen Streit ausge­ artet wäre. Gestern zog die Regierung die Notbremse und legte dem Land­ tag einen Antrag zur Abänderung ei­ nes umstrittenen Artikels des Ban­ kengesetzes zur ersten Lesung vor. Walfgang Zechne r Das Streitobjekt trägt den etwas sper­ rigen Namen «Artikel 16, Absatz 3, Satz 3 des Liechtensteinischen Ban­ kengesetzes». Darin glaubt die LSA. die EFTA-Überwachungsbehördc, einen Verstoss gegen geltendes EWR-Recht entdeckt zu haben. Unter anderem hatte die LSA bemängelt, dass laut Liechtensteinischem Bankengesetz ei­ ne ausländische Finanzgesellschaft in ihrer Firmenbezeichnung nicht auf ihren liechtensteinischen Charakter hinweisen dürfe. Das, so die ESA. könnte ausländische Institute davon abhalten, eine Niederlassung im Für­ stentum zu gründen, was wiederum ein Verstoss gegen die im EWR-Ver­ trag festgehaltene Kapitalverkehrsfrei­ heit wäre. Klage der ESA droht Nach langem Ihn und Her drohte die F.SA jetzt mit der Klage beim EFTA- Gerichtshof. Eine Klage, die laut nam­ hafter Experten zu einer Verurteilung Liechtensteins führen würde. Um wei­ teren internationalen Schaden zu ver­ meiden. wird der besagte Artikel des Bankengesetzes jetzt abgeändert wer­ den. Gestern wurde die Gesetzesände­ rung in erster Lesung durchgenom­ men. Diskussion gab es keine. Bankenverband fiir Abänderung Eine Abänderung, für die übrigens auch der Liechtensteinische Banken­ verband eintritt. Der Bankenverband führte in einer Stellungnahme an die Regierung vor allem ein Argument ins Feld: Die Streichung von «Artikel 16, Absatz 3, Satz 3» sei eine notwendige Voraussetzung, um eine Verurteilung durch den EFTA-Gerichtshof zu ver­ hindern. Zudem enthalte laut Bankenverband das Bankengesetz auch nach der Strei­ chung noch ausreichende Möglichkei­ ten, gegen Missbrauch im Zusammen­ hang mit Firmenbezeichnungen vor­ zugehen. Die Streichung des Artikels steht übrigens laut Regierung nicht im Wi­ derspruch zu den Verfassungsbestim­ mungen. 
Im Zeichen der Liberalisierung des Strommarktes stand gestern Abend die Landtagsitzung. In erster Lesung wurde das Elekt­ rizitätsmarktgesetz behandelt. Laut Regierung werden die durch die Liberalisierung er­ warteten Ersparnisse für Gross­ abnehmer und für das Gewerbe «erheblich höher» sein als für den Privatkunden. '  Walfgang Z.echne r Ziel der schrittweisen Öffnung des Strommarktes ist es, eine Eflizicnz- erhöhung durch Wettbewerb zu errei­ chen», wie FBP-Abgcordnctcr Alois Beck gestern festhielt. Eine Oflnung, deren «Mutter» zwar die marktwirt­ schaftlichen Überlegungen sind, deren «Vater» aber auf den Namen EWR hört. Bereits seit 1996 existieren nämlich im EWR gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkl. 
Im April 
2000 hatte der Landtag bereits be­ schlossen, dass diese Vorschriften übernommen werden. Bis Ende Mail - also in rund einem Monat - soll die «Liberalisierung» stehen. Dann sind die erforderlichen Rechts- und Verwal­ tungsvorschriften in Kraft zu setzen. Das Gesetz sieht vor, dass zwar der Markt schrittweise liberalisierl wird - 2005 soll der Prozess abgeschlossen sein -, das Netz aber als staatseigenes LKW-Monopol erhallen wird. «Der Zu­ gang zum Netz muss diskriminie­ rungsfrei sichergestellt werden, wobei in Liechtenstein aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und des l and- schafisschutzgcsctzes das Netzmono­ pol weiterhin bestellen soll», so Beck. Regierungsrat stand Rede und Antwort Regierungsrat llansjorg Erick sah sich gestern mit einer Vielzahl an An­ fragen zum l'hema konfrontiert. Vor allem die latsache, dass laut Re­ gierungsvorlage die durch die Libe­ralisierung 
erwirkten Ersparnisse bei den Grossunternehmern und beim tie­ werbe erheblich grosser sein werden als bei den Privatkundert, sorgte für Erklärurigsbedarf l-'rick stellte aber klar, dass das in der Natur der Sache liege: «Wer in grossen Mengen ein­ kauft. bekommt eben bessere Preise. Das ist das Gesetz des Marktes.» Für den Regierungsrai liegt der Vorteil für den Privatkunden in Zukunft eher darin, dass dieser sich für Strom aus erneuerbaren Energieformen entschei­ den kann. Dieser «okologische Strom» soll in Zukunft auch besonders gefördert werden. Umweltfreundliche Stromer­ zeugung werde, so Erick, in Zfikunlt kostenlos übertragen. «Das ist eine starke Forderung, wie ich nieine», lau­ tete 1 ricks l azit. «Ein Kuckucksei» Im Grunde waren sich die Abgeord­ neten einig, dass dieses Gesetz not­ wendig ist. Einzig VU-Abgeordneter 
Waller llartmann betätigte sich ges­ tern als einsamer Mahner. Fr bezeich­ nete das Fk-ktrizii;itsmarktgesetz wort- Iich als «Kuckucksei». «Meine Abnei­ gung gegenüber dein EWR findet hier seine logische Fortsetzung», so sein bitleres Fazit. 
AbeT selbst llartmann meinte fast resignierend, dass «wir das Gesetz annehmen müssen, ob wir wol­ len 
oder nicht». LKW bleiben gelassen Für den bisherigen Monopolisten im Lande, die Liechtensteinischen Kraft­ werke (LKW), bedeutet die Strom­ marktöffnung eine einschneidende Veränderung. Das staatliche Unternehmen, das mit seinem Netz von Hoch- und Nieder­ spannungsleitungen von rund 1400 Kilometern Länge das Land bisher als einziger Anbieter mit Strom versorgt hat, wird sich der ausländischen Kon­ kurrenz stellen müssen. Eine Heraus­ forderung, der die LKW übrigens ge­ lassen entgegensehen. Die öffentliche Landtagssitzung wird diesen Samstag und Sonntag, 20. und 21. April, wiederholt. Die Traktanden der Landtagssitzung sind im Teletext ab Seite 113 aufge­ führt. 
Obergericht wird entlastet Landtag gibt grünes Licht für Schaffung eines 3. Senates beim Obergericht «Obergericht ist in Zukunft personell gut bestellt»: Regierungschef Otmar Hasler. 
Aufgrund massiver Überbelastung der beiden Senate erhält das Oberge­ richt im kommenden Oktober einen dritten Senat. Der Landtag hat die entsprechende Abänderung des Ge­ richtsorganisationsgesetzes gestern mit 20 Stimmen verabschiedet. Martin Frömmelt Im Landtag war die Installierung eines dritten Richterkollegiums grund­ sätzlich unbestritten. Da der Ge­ schäftsanfall beim Obergericht in den letzten Jahren vor allem in Straf- und Strafrechtshilfesachen stark zugenom­ men hat, sind die beiden Senate und insbesondere die beiden Senatsvorsit­ zenden heute in hohem Masse über­ lastet. Zu diesem Schluss kommt auch der Gerichtsinspektionsbericht aus dem Jahre 2000. Zwischen 1996 und 2000 hat die Zahl der neuen Fälle bei beiden Senaten um rund 60 Prozent zugenommen. «Die Übcrbelastung der heutigen Se­ natsvorsitzenden soll durch die Schaf­ fung eines 3. 
Senates abgebaut wer­ den; damit werden wir auf Ebene des 
Obergerichtes personell gut bestellt sein», bekräftigte Regierungschef Has­ ler nochmals. Landtagsvizepräsident Wolff (VU) pflichtete dem bei: «Beide Senate haben effiziente Arbeit geleis­ tet, das war nur durch grossen zeitli­ chen Einsatz dieser Senate möglich.» 
Die von Wolff beantragte Streichung der Gesetzespassage, wonach die Mit­ glieder eines Senates Einzelrichtcr in den beiden änderen Senaten sind, fand mit acht Stimmen keine Mehrheit. Auch der 3. Senat soll mit einem Vollamtlichen Vorsitzenden und einer 
Schriftführerin (Sekretärin) ausgestat­ tet werden. 175 000 Franken Mehrkosten Damit wird andererseits der Dienst­ auftrag von 60 Prozent des Stellvertre­ ters des Vorsitzenden des I. Senates hinfällig. Insgesamt sind somit Mehr­ kosten von 175 000 Franken nötig. Die Pauschale für den Stellvertreter des Vorsitzenden des ). Senates und den juristischen Beisitzer wurden mit 25 000 Franken pro Jahr festgelegt. Im Sinne einer Gleichbehandlung wird zugleich die Pauschale für den stell­ vertretenden Vorsitzenden des 2. Se­ nates per 2002 von bisher 23 000 auf 25 000 Franken pro Jahr erhöht. Damit wird in beiden Fällen die Erledigung von 30 Geschäftsfiillen abgegolten. Über diese Zahl hinausgehende Ge- schäftsfälle werden je nach Schwierig­ keitsgrad mit zwischen 200 und 750 Franken pro Tag entschädigt. Ab 1. Oktober 2002 Die erste Amtsdauer für den 3. Senat des Obergerichtes beginnt am 1. Okto­ ber 2002 
und endet am 31. 
Dezember 2005.
	        

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