Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

36 Donnerstag, 21. März.2002 
AUSLAND Liechtensteiner VOLKSBLATT Jahrelange Spio­ nage für Kuba WASHINGTON: Eine Mitarbeiterin des militärischen Geheimdienstes im US- Verteidigungsministerium hat gestan­ den, 16 Jahre lang geheime Informa­ tionen an Kuba weitergeleitet zu ha­ ben. Nach einer Einigung mit der An­ klage, nach der sie im schlimmsten Fall eine Haftstrafe von 25 Jahren er­ halten könnte, habe sich Ana Belen Montes vor einem US-Gericht schuldig bekannt, sagte ihr Anwalt Plato Ca- cheris am Mittwoch in Washington. Er betonte, Montes 
habe nicht aus finan­ ziellen Motiven gehandelt, sondern weil sie mit der Kuba-Politik der USA nicht einverstanden gewesen sei. Ihre kubanischen Auftraggeber hätten ihr lediglich die anfallenden Reisekosten erstattet. Bin-Laden-Villa durchsucht PARIS: In Frankreich ist ein mutmass­ licher Helfer des Terrornetzwerks El Kaida festgenommen worden. Wie die Justiz am Mittwoch berichtete, ging der 37 Jahre alte Algerier den Fahn­ dern in der vergangenen Woche in ei­ nem Vorort von Paris in Netz. Er wird verdächtigt, El-Kaida-Mitgliedern Un­ terschlupf gewährt zu haben, bevor sie nach Afghanistan gingen. Der 37- Jährige war Ende 2000 bereits einmal in einem Islamistenprozess verurteilt worden. Unterdessen haben Ermittler im südfranzösischen Cannes am Mitt­ woch wegen des Verdachts der Geld­ wäsche eine Villa durchsucht, die ei­ nem Verwandten des mutmasslichen Terroristenfiihrers Osama bin Laden gehört. Das teilten die Pariser Justiz­ behörden mit. Der Untersuchungsrich­ ter Renaud van Ruymbeke ermittelt seit Dezember gegen Unternehmen ei­ ner Gruppe, die vom Halbbruder des gesuchten Islamisten, Yeslam bin La­ den, geleitet wird. Die Familie hat sich von Osama bin Laden distanziert. Friedliches Zusammenleben BERN: 15 Schweizer Parlamentarier haben am Mittwoch Bewohner aus dem Dorf Neve Shalom/Wahat al-Sa- lam getroffen. Dort leben Juden und Palästinenser seit den 70er-Jahren friedlich zusammen. «Wenn Juden und Palästinenser wollen, können sie zu­ sammenleben», sagte Eyas Shbeta, ein Palästinenser aus dem Dorf, das zwi­ schen Jerusalem und Tel Aviv liegt. Rund 40 Familien - je zur Häfte Juden und Palästinenser - leben hier fried­ lich zusammen. Shbeta und seine Frau, Evi Guggenheim-Shbeta, die Jüdin ist und in Zürich aufwuchs, wollten ihre Erfahrungen der grünen Fraktion be­ richten, die zum Treffen eingeladen hatte. Shbeta und seine Frau plädier­ ten ftlr einen Staat, in dem Juden und Palästinenser friedlich zusammenle­ ben. Auch Nationalratspräsidentin Li- liane Maury-Pasquier nahm am Anlass teil. Die Gemeinde hat pädagogische Massnahmen getroffen, um den Frie­ den zu fördern: treffen zwischen Stu­ denten, Politikern und Historikern gehören dazu. Wie Guggenheim-Shbe- ta weiter berichtete, werden in der Pri­ marschule Jüdische und palästinensi­ sche Kinder in Geschichte getrennt un­ terrichtet: «So kann jedes Kind seine eigene Identität bewahren.» Die Initi- anten des Manifests «Für gerechten Frieden in Nahost», das im Februar in der Schweiz lanciert wurde, informier­ ten am Anlass über ihre Anliegen. Mittlerweile haben 400 Personen, Ju­ den und Araber, das Manifest unter­ schrieben, das für eine politische Lö­ sung des Konfliktes plädiert, wie der Journalist Pierre Hazan sagte. REKLAME Wir bringen Sic zur Sprache.' 
Vollbesetzter Bus explodiert Palästinenser reisst in Pendlerbus sieben Israelis mit in den Tod JERUSALEM: Trotz eines erneu­ ten palästinensischen Selbst­ mordanschlags wollen die Kon­ fliktparteien im Nahen Osten an den Bemühungen um eine Waf­ fenruhe festhalten. In einem mit vielen Soldaten besetzten Pendlerbus zündete ein At­ tentäter am Mittwochmorgen einen Sprengsatz und riss sie­ ben Israelis mit in den Tod, wie die Polizei mitteilte. 27 weitere Fahrgäste wurden bei der Explosion nahe der nordisraelischen Stadt Afula verletzt, zehn davon schwer.. Das israelische Sicherheitska­ binett trat unmittelbar nach der Tat zusammen. Der Israelische Rundfunk berichtete unter Berufung auf Kreise um Regierungschef Ariel Scharon, das für den Abend geplante Sicherheits­ treffen werde stattfinden. Dabei sollte über eine Waffenruhe verhandelt wer­ den. Auch aus palästinensischen Krei­ sen verlautete, das Treffen finde vor­ aussichtlich statt. US-Vermittler An­ thony Zinni telefonierte nach dem Anschlag mit Scharon. In Ramallah traf er mit dem palästinensischen Prä­ sidenten Jassir Arafat zusammen. Vergeltungsanschlag Zu dem Anschlag bekannte sich die extremistische Organisation Islami­ scher Dschihad. In einem Anruf bei der Nachrichtenagentur AP identifi­ zierte die Organisation den Attentäter als den 24-jährigen Abu Dijak aus Dschenin (siehe grauer Kasten). Es handele sich um Vergeltung ftlr die Tötung von Dschihad-Mitgliedern bei den jüngsten israelischen Militärope­ rationen. Ein Sprecher der militanten Organisation Hamas, Ismail Abu Schanah, kündigte trotz des Aufrufs der Autonomiebehörde zur Waffenru­ he die Fortsetzung der Anschläge an. «Der Widerstand wird fortgesetzt, 
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einem Anschlag auf einen Bus sind im Norden Israels sieben Menschen getötet und zahlreiche weitere zum Teil schwer verletzt worden. (Bilder: Keystone) lange die Besetzung unseres Landes andauert», sagte er. Israelische Regierungsvertreter ha­ ben Zweifel daran geäussert, dass die Autonomiebehörde von Präsident Jas­ sir Arafat eine Waffenruhe im eigenen Lager durchsetzen kann. In den 18 Monaten der derzeitigen Intifada ha­ ben Hamas und Dschihad enorm an Einfluss gewonnen. Der Gewalt seit September 2000 fielen bislang 1577 Menschen zum Opfer, 1218 Palästi­ nenser und 359 Israelis. Bei dem Selbstmordanschlag im morgendlichen Berufsverkehr stieg der Attentäter in einen vollbesetzten Bus und zündete einen Sprengsatz. Der 
Bus explodierte auf der Durchfahrt­ stfasse des arabischen Dorfes Musmus. Die Detonation riss klaffende Löcher in die Seite des Fahrzeugs. Die Ber­ gung der Verwundeten dauerte mehr als eine Stunde. Bei dem ftlr den Abend angestrebten israelisch-palästinensischen Treffen sollte dem Vernehmen nach die Um­ setzung des von US-Geheimdienstchef George Tenet im vergangenen Jahr ausgearbeiteten Waffenstillstands­ plans diskutiert werden. Das palästi­ nensische Kabinett bekräftigte am Dienstagabend seine Bereitschaft da­ zu. Israel hatte daftir einen Zeitplan vorgelegt. Kreise beider Seiten hielten 
eine Waffenstillstandserklärung nach dem Treffen ftlr möglich. Ägypten und Syrien erörtern Friedensplan Die beiden Staatschefs von Ägypten und Syrien, Husni Mubarak und Baschar Assad, erörterten am Mitt­ woch in Kairo den saudi-arabischen Nahost-Friedensplan. Nach dem Tref­ fen erklärten sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die anderen ara­ bischen Staaten zu einem «einheitli­ chen Standpunkt» zu bringen. Die sau- di-arabische Initiative soll nächste Woche auf dem Gipfel der Arabischen Liga in Beirut diskutiert werden. Wegen Hochverrats angeklagt Simbabwe: Der Oppositionsführer kam gegen Kaution frei 
Attentäter weinte i vor Glück Sptfir h,«u f i*n t hitl 14* zu Onrjin.ilpiriswt, Tel. 0/1 
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HARARE: Unter dem Vorwurf eines Mordkomplotts gegen den simbabwi- schen Präsidenten Robert Mugabe ist Oppositionsführer Morgan Tsvangi- rai am Mittwoch offiziell wegen Hochverrats angeklagt worden. Er wurde am Mittwoch auf eine Poli­ zeiwache in Harare zitiert, wo seine Fingerabdrucke abgenommen wurden. Anschliessend erschien er vor Gericht. Tsvangiral hat die Vorwürfe zurückge­ wiesen und als Verschwörung von Sei­ ten der Regierung bezeichnet. Unter­ dessen fand der Aufruf von Gewerk­ schaften zu einem landesweiten Streik nur mässige Beachtung. Richter Dominic Musavazi setzte Tsvangiral gegen 1,5 Millionen simb- abwische Dollar (rund 30.500 Euro) auf freien Fuss. Darüber hinaus musste er eine doppelt so hohe Sicherheit hin­ terlegen und seinen Reisepass abge­ ben. Ferner-wurde ihm auferlegt, sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden. Der Oppositionspolitiker Welshman Ncube bezeichnete die An­ hörung vor Gericht als Fortsetzung der Unterdrückung der Bewegung ftlr De­ mokratischen Wandel (MDC). Auch Ncube sowie der MDC-Parlamentarier Renson Gasela sind laut Anklage In das Mordkomplott verwickelt. Alle drei müssen am 30. April wieder vor Ge­ richt erscheinen. Die Regierung wirft Tsvangiral vor, sich im vergangenen "Jahr mit Vertre­ tern eines in Kanada .ansässigen Bera­ tungsunternehmens getroffen zu ha­ ben, um die Ermordung Mugabes zu planen. Laut Tsvangiral ging es bei Treffen mit den Kanadiern um Mög­ lichkeiten) im Ausland für die MDC zu 
Oppositionsßhrer Morgan Tsvangirai soll ein Mordkomplott gegen die Regierung geplant haben. Er wurde wegen Hochverrats angeklagt. werben. Unterdessen schlössen sich mehrere Banken und Geschäfte dem von der Gewerkschaft ausgerufenen landesweiten Streik an. Die meisten Regierungsämter und Schulen blieben indes geöffnet. Gewerkschaftsvertreter erwarteten, dass der Streikaufruf ab Donnerstag mehr Beachtung findet. Der Vorsitzende des Gewerkschafts­ dachverbandes, Lovemore Matombo, warf Polizei und Streitkräften vor, Be­ schäftigte durch Einschüchterung zum 
öffnen von Geschäften gezwungen zu haben. Der staatliche Rundfunk be­ zeichnete den Streik als Fehlschlag. Das Commonwealth schloss das süd­ afrikanische Mitgliedsland am Diens­ tag wegen der Gewalt bei der Präsi­ dentenwahl und der anhaltenden Un­ terdrückung der Opposition' ftlr ein Jahr aus. Grundlage für den Beschluss, der sofort in Kraft trat, waren die Er­ gebnisse der Commonwealth-Beob­ achtergruppe. 
DSCHENIN: Als Rafat Abu Dijak er­ fuhr, dass er der nächste Selbstmord- attentäter sein sollte,-! hat; er vor Glück geweint. Das berichtet der' örtlicher Anführer der extremisti­ schen Organisation Islamischer Dschihad, der Dtfak am Mittwoch auf seine mörderische Mission ge- : schickt hat Der Fanatiker sprengte sich In einem israelischen Bus in die Luft und riss sieben Menschen mit in denTod,daruntervier Israelische Soldaten. 
, • . Der Dschihad-Anführer in der 'palästinensischen Stadt Dschenin,; Mahmud Tawalbi; erklärte, er habe 
: «die Ehre», sich zu dem Anschlag zu bekennen. An den Augenblick, als er Abu Dijak seinen Auftrag erteilte,' erinnert Tawalbi sich sehr gut: «Er hat angefangen, vor Glück wie ein Kind ?u weinen. Er küsste mich und sagte;<danke, danke, Dank sei Gott». Er, sagte,"eif; wolle; dass alle Israelis so weinen müssen- wie. die Palästi­ nenser.» Abu Dijak war zuerst Mitglied der grösseren Hamas-Organisation, wechselte dann aber nach Tawalbis- Worten zum Islamischen. Dschihad und bewarf) sich dort als Selbstraord- attentäter,: «Wir überprüften seinen Hintergrund, (seinen i Charakter und dann stimmten wir zu», erzählt Ta­ walbi. Der Anschlag war nach An— gaben des Dschihad-Anführers eine Vergeltung für die jüngste'blutige; israelische Invasion in palästinensi- i sehe Städte und Flüchtlingslager. Tawalbi kündigte an,' auch bei der, eventuellen JErrichtung elöes paläs- 
1 tinenslschen Staates würden die mi- jlitanteni'Palästonehser:ihrenKampf gegen Israel nicht aufgeben. •
	        

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