Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

40 Donnerstag, 7. März 2002 
AUSLAND Liechtensteiner VOLKSBLATT deutsche und drei Soldaten in Kabul Flugabwehrraketen beim Entschärfen vorzeitig detoniert - Rau und Schröder kondolieren - Politiker äussern Betroffenheit BERLIN: Der Afghanistan-Ein­ satz der UN-Friedenstruppe hat erste Todesopfer unter den dort stationierten deutschen Bun­ deswehrsoldaten gefordert: Beim Versuch, zwei Flugab­ wehrraketen zu ehtschärfen, sind am Mittwoch in Kabul zwei deutsche und drei dänische Sol­ daten ums Leben gekommen. Generalinspekteur Harald Kujat gab den «tragischen Unfall» auf einer Pressekonferenz in Berlin bekannt. Bundespräsident Jo­ hannes Rau und Bundeskanzler Gerhard Schröder sprachen den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. Die zur Sprengung vorbereiteten Rake­ ten russischer Bauart detonierten laut Kujat trotz Einhaltung aller Sicher­ heitsvorschriften vorzeitig. Bei der Ex­ plosion wurden drei weitere Soldaten schwer sowie vier leichter verletzt. Sie würden im deutschen Sanitätszentrum sowie im französischen Lazarett in Ka­ bul behandelt, sagte der Generalin­ spekteur. «Erfahrene Spezialisten» Kujat betonte, es habe sich bei den Opfern um erfahrene, gut ausgebildete Spezialisten der Kampfmittelbeseiti­ gung gehandelt. Sie hätten auch über das Material und Gerät verfügt, das filr solche Arbeiten notwendig sei. Alle vorgeschriebenen Verfahren seien eingehalten worden. Kujat er­ klärte auch, der Zwischenfall werde keine Auswirkungen auf den Ge­ samtauftrag der Bundeswehr in Kabul haben. Rau und Schröder sprachen den Fa­ milien und Freunden der fünf Toten ihr Beileid und Mitgefühl aus. «Ich Ausfälle Bossis •fr J, i , nicht ohne Folgen ROM: Italien reagiert auf die Grob­ heiten: Die jüngsten Ausfälle des Lega-Nord-Chefs Umberto Bossi gegen das vereinte Europa haben jetzt den italienischen Staatspräsi­ denten Carlo Azeglio Ciampi auf den Plan gerufen. Das Staatsoberhaupt zitierte am Mittwoch die Mitglieder der Regie­ rung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi in den Quirinalspalast und erklärte danach: «Die grundle­ gende Haltung der Europapolitik Italiens ist bekräftigt worden». Die italienische Regierung betreibe eine strikt proeuropäische Politik. Nicht geladen war. Bossi selbst, der ebenfalls der Regierung an­ gehört. Der für seine oft übertriebe­ nen und provozierenden Aus­ sprüche bekannte Bossi hatte; am Wochenende die Europäische Union als 
«die Sowjetunion des Westens» bezeichnet und von einem «neuen Faschismus und Stalinismus» gere­ det, weil die EU die Volkssoüverä- nität nicht anerkenne. Dies hatte in Brüssel zu heftigen Reaktionen ge­ führt. EU-Sprecher Jonathan Faull sprach von bedauerlichen Äusse­ rungen, die sich hoffentlich nicht wiederholten. Exaussenminlster Renato Ruggie- ro, der wegen der halbherzigen Eu- ropapolitlk einiger Rlgierungsmit- glieder vor zwei Monate zurückge­ treten war, fühlte sich durch Bossis Äusserungen bestätigt «Wenn ich es damals nicht getan hätte* müsste ich es wegen Bossis Monstrositäten jetzt tun», sagte Ruggiero am Montag in einem Zei­ tungsinterview. 
Unser Archivbild zeigt vier deutsche Bundeswehrsoldaten, die in den Strassen Kabuls patrouillieren. Bei einem tragischen Unfall mit einer Flugabwehrrakete sind zwei deutsche und drei dänische Soldaten ums Leben gekommen. . trauere mit den Familien und den Er betonte zugleich, die Entschär- Bundesverteidigungsminister Rudolf Freunden der beiden deutschen Solda- fung der russischen Raketen habe mit Scharping, der sich auf dem Weg zum ten und ihrer drei dänischen Kamera- einer militärischen Auseinanderset- Horn von Afrika befand, kehrte laut den», erklärte Rau. Schröder sprach zung nichts zu tun. Deshalb bestehe Kujat unverzüglich nach Deutschland ebenfalls von einem «tragischen Un- kein Grund, den Einsatz in Frage zu zurück. Der Minister wollte den im fall». stellen. ' Antiterrorkampf eingesetzten Verband 
der deutschen Marine besuchen. Auch CDU-Chefin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle zeigten sich betroffen. Merkel erklärte, die Gedanken der Union seien bei den Familien 
und Angehörigen, die mit dem schweren Schicksalsschlag fertig werden müssen. Vier deutsche Bun­ deswehrsoldaten patrouillieren durch Kabul.Westerwelle sagte, das schwere Unglück mache deutlich, wie gefähr­ lich und notwendig zugleich die Hilfe für das afghanische Volk beim Über­ winden der Kriegsfolgen seien. Der Vorsitzende des Bundeswehrver­ bandes, Bernhard Gertz, bezeichnete es in der «Leipziger Volkszeitung» als «Stück soldatischer Normalität», dass Auslandseinsätze im schlimmsten Fall mit dem Tod von Soldaten enden könnten. Scharping müsse den Bür­ gern vermitteln, dass Einsätze der Bundeswehr objektiv gefährlich seien. Gleichzeitig warnte Gertz davor, den Unfall mit der Debatte um mangelhaf­ te Ausrüstung der Bundeswehr zu ver­ knüpfen. 38 Todesopfer bei Auslandseinsätzen Mit den Toten in Kabul hat die Bun­ deswehr jetzt insgesamt 38 Todesfälle bei Auslandseinsätzen zu beklagen. Bei den meisten Fällen handelte es sich um Opfer von Verkehrsunfällen. In ei­ nigen Fällen war es auch Selbstmord. Als bisher einziges Opfer von Kampf­ handlungen gilt der Bundeswehroffi­ zier, der am 8. Oktober vergangenen Jahres als Beobachter im Rahmen der UNOMIG-Mission in Georgien in ei­ nem Hubschrauber von einer Boden- Luft-Rakete abgeschossen wurde. Ers­ tes Todesopfer im Aüslandseinsatz war ein im Dezember 1993 in Kam­ bodscha von Randalierern erschosse­ ner Sanitäter. Brisante Abtreibungs-Abstimmung in Irland Legalisierung nur bei Todesgefahr für Mutter vorgesehen - Haftstrafen für vergewaltigte Frauen? DUBLIN: Die Iren haben am Mittwoch über eine Änderung ihres strikten Abtreibungsrechts abgestimmt. Die katholische Kirche unterstützte das Referendum der Regierung, wonach Abtreibungen legalisiert werden sol­ len, wenn die Schwangerschaft das. Leben der Mutter gefährdet. Dies soll- entgegen einer Gerichtsentscheidung von 1992 aber nicht für den Fall gel­ ten, dass die Schwangere mit Selbst­ mord droht. Die Oppositionsparteien sprachen sich für ein Nein zu der Vorlage aus. Bislang schliesst die Verfassung des streng katholischen Landes Abtreibun­ gen aus, was jedoch im-Widerspruch zu einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von 1992 steht. Danach können Abtreibungen gewährt wer­ den, wenn das Leben der werdenden Mutter ernsthaft bedroht ist, wobei da- .mals im Falle eines vergewaltigten Mädchens die Suizidgefahr als mögli­ cher Legalisierungsgrund genannt wurde. Mit diesem Widerspruch- be­ steht in Irland seit zehn Jahren ein rechtliches Vakuum, so dass kaum ein Arzt bereit ist, eine Abtreibung vorzu­ nehmen -jährlich reisen deshalb rund 7000 
Frauen zur Abtreibung nach Grossbritannien. Bei der Öffnung der Wahllokale am Mittwoch erklärten einige- Wähler, sie würden gegen die Vorlage stimmen, weil sie selbstmordgefährdeten Frauen keine Abtreibung verweigern wollten. «Ich glaube nicht, dass es richtig ist, eine Frau dazu zu zwingen, das Kind ihres Peinigers auszutragen», sagte die 32-jährige Maura Tiernan. Sie wün­ sche sich kein Recht auf Abtreibung, 
Ein als Affe verkleideter Aktivist hält einen *Nein-Flyer» in der Hand. Die Iren haben am Mittwoch über eine Änderung ihres strikten Abtreibungsrechts abgestimmt. (Bilder: Keystone) aber das Land müsse sich in dieser Frage flexibler zeigen. Andere Wähler wollten jede Änderung des Abtrei- bungsverböts verhindern. «Es sollte gestärkt werden oder unangetastet bleiben», erklärte der 44-jährige Dami- .en Donaghy. «Diese Pfuscherei führt uns nur auf dem Weg zu einer weite­ ren Legalisierung.» Ergebnisse werden heute Donnerstag erwartet. . 
. Für eine Annahme des Referendums ist eine Zustimmungen mehr als 50 Prozent erforderlich. Umfragen zufol­ ge halten sich Befürworter und Gegner der geplanten Änderungen' in etwa die Waage. Daher wird mit .einem äusserst knappen Ausgang des Referendums gerechnet. Bei einer Annahme des Re­ ferendums würden die Personen be­ straft, die in Irland eine medizinisch 
nicht notwendige Abtreibuhg vorneh­ men oder dabei helfen. Als Höchststra­ fe drohen zwölf Jahre Haft. Gegner der Vorlage erklärten, bei ei­ ner Umsetzung könnten Vergewalti­ gungsopfer inhaftiert werden, die sich um eine Abtreibung bemühten. Irland ist das einzige Land in der Europäi­ schen Union, das Abtreibungen ver­ bietet.
	        

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