Liechtensteiner VOLKSBLATT AUSLAND Dienstag, 5. März 2002
25 US-Helikopter in Afghanistan abgeschossen - Schwerster Verlust seit Beginn des Militäreinsatzes GARDES/WASHINGTON: Fünf Monate nach Beginn des Af ghanistan-Kriegs haben US- Truppen im Kampf erstmals ho he Verluste erlitten. Seit Beginn der US-Offensive am Wochen ende kamen neun US-Soldaten ums Leben, sechs davon beim Abschuss eines Helikopters. Die sechs Manner kamen nach Anga ben des Pentagons am Montag ums leben, als ihr Chinook-Hclikopter in der Gegend von Gardes im Osten des Landes beschossen wurde. Die Ma schine vom Typ MH-47 stürzte nach dem Beschuss ah. Dabei wurden fünf weitere US-Soldaten verletzt. Helikopter unter Beschuss Nach Informationen der in Pakistan ansässigen Nachrichtenagentur AIP wurde der Helikopter bei Gardes, der Provinzhauptstadt von Paktia, von El- Kaida-Kiimpfern getroffen. Wenige Stunden zuvor wurde ein Soldat getö- U't,
als ein anderer Helikopter ange griffen wurde. Diese Maschine fing zwar Feuer, konnte aber entkommen. Ks handelt sich um die schwersten IJS-Verlusie seit Beginn des Mi- litärcinsatzes in Afghanistan im Okto ber. US-Priisidcnt George W. Bush er klarte sein «Bedauern» über den Tod der Soldaten. Zugleich betonte er, sie seien für die «Verteidigung der Frei heit» und den Kampf gegen den Terro rismus gefallen. Kritik aus Berlin An der neuen Grossoffensivc in Ostafghanistan gegen El-Kaida- und Taliban-Kämpfer sind nach Pentagon- Angaben rund 1000 Soldaten der US- Truppen, alliierte Soldaten sowie af ghanische Verbündete beteiligt. Seit Beginn der Offensive am Sams tag wurden mit den Helikopter-Ab schüssen insgesamt neun Männer getötet, wie Verteidigungsminister
Do-US-Elitecinheitcn
im Einsatz. Beim Abschuss eines US-Helikopters in Afghanistan kamen sechs Soldaten ums Leben. Seit Beginn der US-OJfcnsive am Wochenende starben neun US-Soldaten. (Bilder: Keystone} nald Rumsfeld erklärte. Etliche weitere wurden verletzt, einige wenige laut Rumsfeld lebensgefährlich. Auf der feindlichen Seite habe es weit mehr Tote gegeben. Die US-Streitkräfte würden den Dnick aufrecht erhalten und die Kämpfe fortsetzen, betonte der Vertei digungsminister. Er gab zu bedenken, dass die aktuellen Gefechte auf einer Höhe von 8000 bis 1 000 Fuss (2400 bis 3300 Meter) nicht nur für die Trup pen schwierig seien. Auch das Fliegen von Helikoptern sei in dieser Höhe nicht einfach. Den Angaben von Rumsfeld zufolge nehmen neben afghanischen Truppen auch Soldaten aus Deutschland, Frankreich, Dänemark, Norwegen, Ka nada und Australien an dem Militäreinsatz
in den Arma-Bergen teil. Das deutsche Verteidigungsministeri um kritisierte die US-Haltung, «Art, Ort und Umfang» von Spezialeinsät- zen bekannt zu geben. US-Verstärkung Nach Informationen des Nachrich- tensenders CNN wollen die USA Ver stärkungen in das Kampfgebiet ent senden. Zugleich sei damit begonnen worden, die Truppen in der Region na he der Stadt Gardes neu zu formieren, um der Luftwaffe mehr Raum zur Bombardierung feindlicher Stellungen zu geben. US-Kampfflugzeuge warfen am Montagnachmittag erneut mindestens drei Bomben über dem Gebiet nahe Gardes ab, in dem das Pentagon mehrere
hundert El-Kaida- und Tali bankämpfer vermutet. Diese leisteten weiterhin erbitterten Widerstand. Nach Angaben ortlicher Komman danten sind bis zu 2300 gegnerische Kämpfer in der Gegend verschanzt. Ein B-52-Bomber und eine unbe mannte Drohne kreisten ebenfalls über dem Gebiet. Offenbar als Vergeltung für Granatenangriffe auf den Flugha fen von Khost flögen US-Kampfflug zeuge zudem Angriffe auf Ziele nahe der ostafghanischen Stadt. Konferenz in Genf Während in Afghanistan die Kämp fe tobten, befasste sich in Genf ein Trcffen'von Geberländern, UNO-Orga- nisationen
und einer afghanischen Delegation mit der humanitären Hilfe. Fünf Kinder und Jugendliche unter den Todesopfern Insgesamt mindestens 14 Palästinenser getötet - Israelische Panzer rücken erneut in Flüchtlingslager ein RAMALLAH: Nach einem blutigen Wochenende ist die Welle der Gewalt im Nahen Osten auch am Montag nicht abgeebbt. Im Zuge der israeli schen Vergeltungsschläge nach zwei verheerenden Attentaten von Isla misten kamen mindestens 14 Paläs tinenser ums Leben, darunter fünf Kinder und Jugendliche. Panzer rückten erneut in zwei Flüchtlings lager im Westjordanland und im Gazastreifen ein. Beim Beschuss des Wagens eines palästinensischen Extremisten starben in
Ramallah dessen Ehefrau und drei Kinder im Alter von acht, 14 und 17 Jahren. In einem zweiten Fahrzeug kamen ei.n vierjähriges Kind und ein 16-Jähriger ums Leben. Nach palästi nensischen Angaben wurde der Wa gen des Hamas-Aktivisten Hussein Abu Kweik von zwei Panzergeschos sen getroffen, die aus der nahe gelege nen jüdischen Siedlung Psagot abge feuert wurden. Das Begleitfahrzeug sei von Splittern getroffen worden. • Panzer im Flüchtlingslager Die israelischen Streitkräfte erklär ten, sie würden den Vorfall untersu chen. Sollte sich herausstellen, dass Soldaten tatsächlich auf Zivilpersonen geschossen hätten, werde man sich umgehend entschuldigen. Abu Kweik, der nicht in dem beschossenen Fahr- zeug gesessen Hatte, schwor Rache. Seine Organisation werde nicht ruhen, bis der letzte israelische Soldat das Land der Palästinenser verlassen habe. Schon am frühen Montagmorgen rückten israelische Panzer von zwei
i'l-r ^ h Fünf Kinder und ein Erwachsener wurden getötet, als ein israelischer Panzer das Feuer auf Autos eröffnete. (Bilder: Keystone) Seiten auf das Flüchtlingslager bei -Dschenin im Westjordanland vor. Bei den folgenden schweren Gefechten wurden sechs Palästinenser getötet und 20 verletzt. • _' Unter - den Todesopfern befand sich nach Angäben des Roten Halb monds auch ein Arzt, der in seinem Rettungswagen Verwundete ins Krankenhaus
bringen wollte. Der Armee zufolge^ war der Krankenwagen zu. schnell.auf einen Kontrollpunkt zuge fahren und beim Beschuss explodiert, • so dass er Sprengstoff geladen haben könnte. Im Flüchtlingslager von Rafah im Gazastreifen zerstörten die israeli schen Truppen bei Razzien drei Gebäude.
Die Soldaten suchten auch nach Tunneln, durch die Waffen aus dem benachbarten Ägypten einge schmuggelt werden könnten. Den Ge fechten fielen zwei bewaffnete Palästi nenser und ein Zivilist zum Opfer. In der Nähe von Nablus im Westjordan land erschossen Soldaten einen Paläs tinenser, der auf einen Kontrollposten zugelaufen war. Scharon schwört schärfere Vergeltung Am Sonntagabend hatte das israeli sche Sicherheitskabinett eine weitere Verschärfung der Vergeltungsmass- nahmen. beschlossen. In einer Mittei lung hiess es, die Minister hätten mi litärische Pläne für weitere Angriffe auf palästinensische Ziele gebilligt. Nach den Worten von Justizminister Meir Scheetrit wurde'in der Kabinettsr Sitzung
allerdings auch deutlich, dass weder die rechte noch die linke Frakti on im Kabinett von Ministerpräsident Ariel Scharon einen Ausweg aus der Gewalt wüssten. Scharon sagte am Montag vor dem Parlament, Israel werde sich dem palästinensischen Ter ror nicht beugen. . Am Wochenende waren bei An schlägen und Schiessereien in Jerusa lem, im Westfordanland und im Ga zastreifen binnen weniger Stunden 21 Israelis und elf Palästinenser getötet und Dutzende weitere verletzt worden. Zu den beiden verheerendsten Angrif fen bekannten sich, die Al-Aksa-Bri- gaden, die von einer Racheaktion für die jüngste israelische Offensive in palästinensischen Flüchtlingslagern sprachen.
Gewalt in Indien NEU DEHLI: Trotz der Unruhen in In dien mit mindestens. 540 Toten halten Hindu-Fundamentalisten am geplan ten Bau eines Tempels i>uf den Trüm mern einer zerstörten Moschee fest •Wir führen .unsere Pläne um jeden Preis fort», sagte ein Vertreter des Bau- komjtees in Neu Dehli. DerBau solleam .15. März beginnen, fügte Paramhans Ramchandra Das hinzu. Experten befurchten dadurch neue Unruhen. Die Pläne für den fempel-BaU hat ten die jüngste Welle der Gewalt im westlichen Bundesstaat Gujarat aus gelöst. Auch am Montag gab es wieder Brandstiftungen und Messerstecherei en. Es kam aber niemand ums Leben. Die Behörden brachten 1400 Men schen aus besonders kritischen Stadt vierteln in Sicherheit. Sechs Tage nach Beginn der Unruhen stieg die Zähl der Toten wegen Berichten über Gräuel in abgelegenen Gebieten, die erst jetzt eintrafen, auf 540 an. Die Gewalt war am Wochenende wegen des Einsatzes der Armee deutlich zurückgegangen. Berufiingsprozess vertagt PARIS: Der Berufungsprozess des früheren französischen Aussenminis- ters Roland Dumas wegen der Elf- Schmicrgeldaffare ist am Montag kurz nach Beginn auf den 13. Mai vertagt worden. Die Anwälte des ebenso wie Dumas wegen Korruption verurteilten ehema ligen Elf-Chefs Loik Le Floch-Prigent hatten eine Verschiebung beantragt, weii ihr Mandant erkrankt sei und nicht vor Gericht auftreten könne. Auch die Staatsanwaltschaft war für die Vertagung, «weil Loik Le Floch- Prigent der Hauptakteur in dieser An gelegenheit war». Der 79-jährige Du mas will in dem Berufungsverfahren um seine Rehabilitierung kämpfen. Er war in dem Korruptionsprozess zu sechs.Monaten Haft verurteilt worden. Dumas hat nach dem Urteil vom Mai 2001 von Millionen-Zahlungen profi tiert, die der damalige staatliche Mine- ralölkonzem Elf Aquitaine Anfang der neunziger Jahre an seine damalige Ge liebte Christine DeviersrJoncour ge- leistet hatte. Die Affare kostete Dumas das Amt als Präsident des Verfas sungsrates. Bombenanschlag der ETA vereitelt BILBAO: Die spanische Polizei hat am Montag in Bilbao einen Bombenan schlag der Untergrundorganisation ETA vereitelt. Eine Polizeisprecherin erklärte, nach telefonischen Warnun gen hätten Beamte etwa 15 Kilogramm Sprengstoff in der Börse der Stadt ent deckt- und entschärft. Die Börse und angrenzende Gebäude seien am Mor gen evakuiert worden, nachdem zwei Zeitungen der Polizei von anonymen Anrufen berichtet hätten. NATO dementiert Warnung BRÜSSEL: NATO-Generalsekretär Geor ge Robertson hat Presseberichte demen tiert, wonach der als Kriegsverbrecher gesuchte frühere bosnische Serbenfuh- rcr Radovan Karadzic seiner Festnahme nur wegen eines Hinweises aus SFOR- Kreisen
entgangen sein soll. Solche Meldungen seien «pure Spekulationen, und uns liegen keine Hinweise vor, die diese erhärten», erklärte Robertson am Montag in Brüssel. Das «Hamburger Abendblatt» hatte in seiner Montagaus gabe berichtet, Karadzic sei einer Opera tion der SFOR-Schutztruppe am ver gangenen Donnerstag in der Ortschaft Celebici nur entgangen, weil ein franzö sischer Hauptmann den Einsatz verraten' habe. Die Zeitung byiefsich dabei auf den amerikanischen Sonderbotschafter für den Balkan, Shaun Byrnes.