Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
INLAND Samstag, 
2. März 
2002 3 Verkehrsinitiative: Verkehrsministerin Rita Kieber-Beck erachtet diese Verfassungsänderung als unnötig Eine Woche vor der Abstim­ mung über die Verkehrsinitiatir ve spricht Verkehrsministerin Rita Kieber-Beck gegenüber dem VOLKSBLATT Klartext: «Dies ist .Verhinderungspolitik, die nun wirklich keinen Sinn macht.». Martin Frömmel t VOLKSBLATT: Die Regierung gibt zur Verkehrsinitiative keine Abstim­ mungsempfehlung ab. Es ist doch eher ungewöhnlich, dass eine Re­ gierung in einer wichtigen Sachfra­ ge ihre Meinung nicht kundtut? Rita Kieber-Beck: Es ist meines Er­ achtens nicht richtig, wenn jemand behauptet, dass die Regierung ihre Meinung nicht kundtut. Es macht für mich einen grossen Unterschied, ob man die eigene Meinung erklärt oder ob man bei einer Volksinitiative den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern empfiehlt, ob sie einem Vorschlag - der nota bene aus dem Volk selber kommt - zustimmen soll oder nicht. Sollte es erwünscht sein, meine per­ sönliche Meinung zur Initiative ken­ nenzulernen, so scheue ich mich nicht davor. Also dann: Wie bitte lautet Ihre per­ sönliche Meinung? Für mich persönlich stellt sich die Frage, ob es nötig ist, die Verfassung mit dieser neuen Formulierung des Verkehrsartikels abzuändern. Zum 
ei- Eine unnötige Verfassungsänderung nen bin ich überzeugt, dass der heuti­ ge Verfassungsartikel eine ausreichen­ de Grundlage für eine behutsame, un­ serem Land angepasste Verkehrspolitik bietet. Der bestehende Verfassungsär- tikel lässt zum Beispiel auch die Pla­ nung und den Einsatz, eines alternati­ ven Verkehrssystems zu. Zum anderen habe ich immer wieder kundgetan, dass ich mich als verantwortliche Ver­ kehrsministerin dem Kriterium der Nachhaltigkeit verschrieben habe. So würde ich nie eine verkehrspolitische Massnahme in Liechtenstein unter­ stützen, welche diesem Prinzip der Nachhaltigkeit zuwiderlaufen könnte. Ein Schritt Richtung Verhinderungspolitik Des Weiteren bin ich sicher, dass der von den Initianten vorgeschlagene Verkehrsartikel einen entscheidenden Schritt in Richtung einer Verhinde­ rungspolitik machen würde. Ob das bestehende Verkehrsproblem durch Verhinderung gelöst werden kann, mag ich zu bezweifeln. Vielmehr sind innovative Ideen gefordert, welche im Sinne der Nachhaltigkeit positive Ver­ änderungen 
mit sich bringen werden und die dann - bei Akzeptanz inner-: halb der Bevölkerung - auch umge­ setzt werden können. Mit der Annah­ me der Volksinitiative wird der Ent- scheidungs- und Entwicklungsspiel­ raum - insbesondere künftiger Gene­ rationen - massgeblich eingeschränkt. Trotz dieser Argumentation werde .ich mich aber nicht dazu hinreissen las­ sen, eine Wahlempfehlung abzugeben. Teilen Sie die Auffassung, dass die REKLAME . 
«Der von den Initianten vorgeschlagene Verkehrsartikel würde, einen entscheidenden Schritt in Richtung einer Verhinderungspolitik machen»: Verkehrsministerin Rita Kieber-Beck eine Woche vor der Volksabstimmung über die Verkehrsinitiative. Lösung des Verkehrsproblems in Liechtenstein allenfalls durch diese Verfassungsänderung verunmög- licht oder zumindest stark behindert wird? Ziel der Initiative ist bekanntlich, dass Menschen, Tiere und Pflanzen in ihren Lebensräumen geschützt wer­ den. Diese Zielvorstellung deckt sich auch mit meiner persönlichen Ansicht. Das besagte Ziel ist zudem inhalts­ deckend mit dem internationalen Ver­ kehrsprotokoll, welches alleine acht Alpenländer und auch die EU unter­ stützen. Liechtenstein ist ebenso ein Teil dieser völkerrechtlichen Vereinba­ rung. Dennoch sollte man dieses Ziel nicht einseitig in der Verfassung ver­ ankern. Unsere Umwelt wird nicht al­ leine durch den Verkehr negativ be­ lastet, es gibt weitere Faktoren, die im Bereich Umwelt spielen. Diese sollte. man nicht ausgrenzen, sondern ver­ nünftig einbinden. Genau dieses Ziel erreicht aber die Initiative meines Er­ achtens nicht. Einem alusgefeilt formu­ lierten Umweltartikel in der Verfas-. sung würde ich nie etwas entgegenset­ zen. ' 
 1 Die Initianten wollen zudem mit ihrem, Vorschlag verhindern, dass Liechtenstein zu einem Transitland wird. Diese Ansicht teile ich gerne, denn sie deckt sich zu 100 Prozent mit der Meinung der Regierung. Aus dem Initiativtext ergibt sich leider das Manko, dass der Begriff der Transits nicht definiert isL In der Initiative wird vom Begriff Transitkapazität gespro­ chen. Dieser kann nicht vernünftig in eine Definition eingehüllt werden/ So könnte - bedingt durch die Annahme des Initiativvorschlages - bei Bedarf der Eisenbahnverkehr zwischen Feld­kirch 
und Buchs nicht mit einem wei­ teren Waggon unterstützt werden, da wir somit Transitkapazität generieren würden. Auch die Errichtung eines al­ ternativen Verkehrssystems wäre durch die Annahme der Initiative zum Scheitern verurteilt. Dies gerade durch die mangelnde Definition des Begriffs Transitkapazität. Dies ist Verhinderungspolitik, die nun wirklich keinen Sinn macht. Es ist von enormer Wichtigkeit, dass in un­ serer Wirtschaftsregion grenzüber­ schreitende verkehrspolitische Mas­ snahmen realisiert werden können, welche auch unsere Bevölkerung spür­ bar entlastet. Unser 'Land muss sich den gesellschaftlichen und 
wirtschaft- Dies macht nun wirklich keinen Sinn liehen Gegebenheiten auch in Zukunft vernünftig anpassen körinen^Betrach- tet man die Entwicklung, so wird klar, dass sowohl die Zahl der Einwohner, als auch die Anzahl an Arbeitsplätzen - im Jahr 2000 waren es ca. 27 000, während es vor 12 Jahren knapp 20 000 waren - gestiegen sind. Unser Land braucht Mechanismen, welche gesellschaftliche und wirtschaftliche. Gegebenheiten berücksichtigen dür­ fen. Es braucht Grundlagen, welche auch Lösungen für die jeweilige Situa­ tion zulassen. Im Wahlprogramm hat Ihre Partei ausgeführt, dass Sie zur Lösung des Ziel- und Quellverkehrs ein moder­ nes bödensparendes Verkehrssys­tem 
anstreben und dabei eine unter­ irdische Verkehrsführung prüfen würden: Wird diese unterirdische .Verkehrslösung bereits Bestandteil des aktuellen Gesamtverkehrskon­ zeptes sein? Es ist richtig, dass unser Land behut­ sam mit den knappen Botfenreserven umgehen muss. Auch dieser Aspekt gehört für mich persönlich zum Begriff der Nachhaltigkeit. Es ist richtig, dass wir derzeit ressortintern abklären, wie wir ein komplementäres öffentliches Verkehrssystem in Liechtenstein etab­ lieren können. Um eine solche 
inno- Unterirdische - Verkehrslösung? vative Idee weiter vorantreiben zu können, sind wir auf das besagte Ge­ samtverkehrskonzept angewiesen. Verkehrssysteme können nicht alleine auf .dem Reissbrett entworfen werden, •sie müssen sich ifls Gesamtgefüge ein-' passen und ganzheitlich betrachtet werden. Daran arbeiten wir mit Hoch­ druck. Aber bitte vergessen Sie nicht: Wir können nicht innerhalb eines Jah­ res sämtliche Versäumnisse der Ver­ kehrspolitik aus den vergangenen Jah­ ren wettmachen. Liechtenstein wird den Feldkircher Letzetunnel nicht verhindern kön­ nen: Wie will Liechtenstein verhin­ dern, dass dieser Tunnel das Tor für eine Transitlawine wird? Auch in diesem Bereich halte ich mich an die Befindlichkeit in-der Be­ völkerung. Ich werde nie einem Pro­jekt 
zustimmen, welches einer Transit­ lawine oder auch einem Mehr an Ver­ kehr Tür und Tor durch Liechtenstein öffnet. Wir werden keinesfalls im Land Strassen ausbauen, um die Möglich­ keit für einen stärkeren Transitverkehr zu öffnen. Die Belastbarkeit unserer Bevölkerung - gerade in den 
betroffe- Es gibt keine Transitspänge! nen Unterländer Gemeinden - ist schon an seine Grenzen gestossen. Diese Grenze werden wir nicht weiter belasten, sondern effiziente Massnah­ men setzen, um die Menschen zu schützen. Sp wiederhole, ich mit aller Deutlichkeit: Es wird keine Transit­ spänge durch das Unterländer Riet ge­ ben, welche Vorarlberg mit der Rheln- talautobahn verbindet. Wird die liechtensteinische Ver­ kehrsministerin mit dem guten Bei­ spiel voran gehen und schon bald mit einem Elektroscooter zur Arbeit fahren? " Erst muss der Landtag zu diesem Projekt seine Zustimmung erteilen. Und bitte nicht verwechseln: Die Sub­ ventionierung von Elektrofahrrädem und -'Scooterri ist nicht als Massnahme zur Reduktion des Verkehre zu verste­ hen, sondern soll unserer Bevölkerung als Ansporn dienen, auch ton Bereich Verkehr an die Umwelt zu denken. Ob ich dann mit einem Elektroscooter zur Arbeit fahre, weiss ich hoch nicht ge­ nau: Vielleicht wird es ja auch ein Elektrofahrrad seih. 
 ; Wir sagen JA zur Verkehrsinitiative J- 1 / 1 
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ativkomitee „Verkehrs-„Ein 
sinnvoller Um­ gang mit unserem Lebensraum und dessen Schutz ist anzustreben." " Helmut Hasler 
„Weil nur eine solide und um- V.' 
: sichtige Planung zur Problemlösung führen känn." Silvia Tiefenthaler 
„Eine gute Idee: der Verkehr muss nachhaltig plan- und lenkbar sein.'' rbara Rheinberger 
\ „Wirtschaftswachs­ tum bedeutet auch Verantwortung zu übernehmen: Für Lebensqualität" Marco Bühler / :
	        

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