Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
SALT LAKE CITY 2002 
099 Samstag, 23. Februar 2002 23 «Ein Olympia-Diplom wäre toll» Markus Ganahl geht bestens vorbereitet in den Olympia-Slalom Der Riesentorlauf war für ihn ein Training unter Wettkampf­ bedingungen. Heute will Mar­ kus Ganahl im olympischen- Slalom zeigen zu was er fähig ist. Ziel des Triesenbergers ist ein Rang unter den besten 15, und dafür hat er hart gearbeitet. Die Favoritenrolle ist schwer auszumachen, denn in der lau­ fenden Weltcupsaison gab es bereits zehn verschiedene Na­ men auf dem Podest. Heinz Zöchaucr aus Salt Lake City Bestens vorbereitet geht. Markus Ga­ nahl ins heutige'Rennen. Bevor der Triesenberger nach Salt Lake City an­ gereist ist, hatte er zusammen mit Michael von Grünigen vom 13. bis zum 17. Februar in Eldora (50 km ne­ ben Denver) abseits des grossen Olym- pia-Troubles intensiv trainiert und fühlt sich in bester Verfassung. «Die Bedingungen waren ausgezeichnet und wir konnten hervorragend arbei­ ten, daher gehe ich mit einem guten Gefühl in den Bewerb», strahlt Ganahl Zuversicht aus. Wichtig waren die Trainingstage vor allem, um sich an den amerikanischen Schnee anzupassen. «Er ist trockener und aggressiver als in Europa und da­ her gewölinungsbedürftig (das Volks­ blatt berichtete). Nun denke ich, dass ich mich ganz gut an die Gegebenhei­ ten akklimatisiert habe.» Unter die besten 15 Obwohl für den Olympia-Debütan- ten klar ist, dass er bei der Medaillen- vcrgabc nichts mitzureden hat, will er das beste Rennen seiner noch jungen Karriere fahren. «Ich werde alles daran setzen, um zwei konstante Läufe ins Ziel zu bringen. Dann werden wir ja sehen, was herauskommt.» Da aber gerade der Slalom eine Dis­ ziplin ist, bei der der kleinste Fehler das Aus bedeuten kann, will sich der , .iih£aanri.,iT lL 
,," *" Russlands Staatspräsident Wladimir Putin verkündete am Freitag in Mos­ kau das Ende der «russischen Revolu­ tion» auf amerikanischem Boden. Er versicherte, die Mannschaft werde die Olympischen 
Spiele in Salt Lake City nicht verlassen: Putin hielt jedoch die russische Kritik betreffend Benachtei­ ligung des eigenen Teams aufrecht und sagte: «Die Nordamerikaner hat­ ten einen klaren Vorteil. Wir werden sehen, wie die Spiele enden. Hoffen. wir, dass die IOC-Führung die Proble­ me und Schwierigkeiten löst» Rückzug des gesamten Teams angedroht Am Vorabend hatte der Präsident des russischen Nationalen Olympi- : .sehen Komitees (NOK), Leonid Tja- gatschow, in Salt Lake City unter ul-1 timativem Druck auf das IOC mit Rückzug aller Rüssen und weiteren i schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Mit Putins Entscheid, den er zunächst Tjagätschow telefonisch mitteilte, ging ein Brief von IOC- ; Präsident Jacques Roigge an den ; russischen Präsidenten einher. In i dem Schreiben gab der Belgier zu verstehen, dass eV sich dem Druck, i der russischen Teamführurig nicht; zu beugen gedenkt. - Die von den I Russen als gravierende Regelverlet- 
;i l.züngen beklagten Entscheide, inter- ^ ; nationaler Sportverbände, bezeich-/ f net? der IOC-Präsident in dem Brief) ; als «korrekt». ' • ,.. -y j ; Trotz der russischen Kehrtwende : ! hat allein die Androhung, eines 1 Rückzugs der Olympia-Mannschaft paus Salt Lake City für einen grossen ] | Eklat bei den Winterspiejen gesorgt. 
Der Triesenberger Markus Ganahl geht den heutigen Slalom-Einsatz locker und optimistisch an. LSV-Läufcr nicht auf ein bestimmtes Wunschresultat festlegen. Einen Platz unter den ersten 15 währe schon O.K., lässt er sich gerade noch entlocken, und auf einen Platz unter den besten 8, was ein Olympia-Diplom bedeuten würde, lächelt er: «Ein Diplom ist natürlich schon eine tolle Sachc.» Dass für "ihn ein Rang unter den ersten 15 durchaus realistisch ist, hat er auch in diesem Winter schon bewie­ sen: In Madonna wurde er 13., in Kranjska Gora 14. und zuletzt in Schladming 15. Allerdings stehen die­ sen achtbaren Ergebnissen fünf Ren­ nen gegenüber, bei denen er sich nicht für den Finallauf qualifizieren konnte und ein Rennen bei dem er ausschied. Kein Resultatdruck Doch einen besonderen Resultat­ druck verspürt er, auch wenn es Win­ terspiele sind, nicht. «Für mich ist es ein Rennen wie jedes andere Weltcup- rennen auch. Ich lass mich da nicht verrückt machen.» Dabei war für ihn 
wichtig, dass er am Donnerstag beim Riesentorlauf am Start.war. «So konn­ te ich mich an die Rennatmosphäre, die hier herrscht, und an den ganzen Ablauf gewöhnen. Wie gesagt, das war ein sehr gutes Training unter Wett­ kampfbedingungen. Aber ich müss zu­ geben, dass ich mir doch ein besseres Resultat erhofft hatte.» Bode Miller will erste Medaille in Gold Michael von Grünigen bestreitet nach seiner Enttäuschung im Rie­ senslalom auch noch den Slalom, aber auch er darf sich wohl' keine grossen Ambitionen machen. 1996 in der Sier­ ra Nevada gewann der Berner Ober­ länder zwar WM-Bronze im Slalom, doch in dieser Saison bestritt er wegen seiner Verletzungen nur gerade die ersten beiden Slaloms der Saisons in Aspen. Dort belegte er die respektablen Ränge 7 und 14. Doch dies war Ende November, und seither blieb er Ohne Ernstkämpfe in seiner zweiten Diszi­plin. 
Die zentrale Frage wird sein, ob es dem Amerikaner Bode Miller ge­ lingt, seinen Olympia-Auftritt zu ei­ nem goldenen Abschluss zu bringen. Zwei Silberne hat er schon, errungen in der Kombination und im Riesensla­ lom. Im Slalom ist er 
der Mann, den es zu schlagen gilt. Der 24-Jährige, mit dem «unmöglichen» Stil begeht zwar sehr oft Fehler, aber wenn er die zu re­ duzieren weiss, ist er kaum zu schla­ gen. Dreimal hat Miller in diesem Winter im Weltcup schon gewonnen, und.zuletzt im zweiten Lauf der Kom­ bination zeigte er gar einen Traum­ lauf. Miller muss sich aber vieler Gegner erwehren. Wohl in keiner anderen Dis­ ziplin sind die Favoriten so zahlreich. Millers härteste Konkurrenten dürften die von Rainer Schönfelder und Kilian Albrecht angeführten Österreicher, der Franzose Jean-Pierre Vidal, der Slowe­ ne Mitja Kunc, der Kroate Ivica Koste- lic und der Italiener Giorgio Rocca sein. 
IBartsch: «Ich wei- geizurucktreten...» Die Tage von pieter Bartsch, Chef­ trainer des MänUer-Teams, sind gezählt. «Ich denke, ich werde am Samstag zurücktreten», sagt Bartsch, der damit die Verantwor­ tung übernimmt für das schwache Abschneiden der Schweizer Mann­ schaft in Salt Lake City. Der Ball kam nach dem Riesensla­ lom der Männer ins Rollen, als das Schweizer TV Bartsch die «Vertrau­ ensfrage» stellte. «Auf die provoka- tive Frage», so Bartseh, «sagte ich, dass es eine Charaktersache sei, nach einer solchen Bilanz den Rück­ tritt 
anzubieten.» Wenn eine Nation wie die Schweiz ohne Medaillen nach Hause zurückkehre, sei es lo­ gisch, dass er als Cheftrainer -zur Verantwortung stehe und ein sol­ ches Angebot unterbreite: «Man kann nicht immer nur von den an­ dern fordern und sich selber den Sessel sichern.» Bartsch hat bereits seine Trainer darüber informiert. «Erstaunen» Nach dieser TV-Äusserung ver­ breitete Swiss-Ski flugs ein CommU- niquö und gab seinem «Erstaunen», darüber Ausdrück. Es sei vor den Olympischen Spielen vereinbart worden, die «Vertragsmodalitäten einer weiteren Zusammenarbeit erst nach Salt Lake City zu regeln.» Des­ halb werde sich Swiss-Ski zu den Rücktrittsäusserungen nicht äus­ sern. Von allfälliger Rückendeckung keine Spur. Bartsch schüttelt über diese Wor­ te den Kopf und sagt sarkastisch: «So hat das Ganze keinen Sinn mehr. Direktor. Mudry muss über, mein Angebot ein Stein vom Her­ zen gefallen sein.» Zwischen den beiden herrschte offenbar in Salt Lake City ziemliche Funkstille. «Ich hatte die ganze Zeit zweimal Kon­ takt mit ihm», sagt Bartsch. «Zu Be­ ginn der Spiele kam er nach Hunts- ville und verbot mir, etwas über die Anzüge zu sagen, und das zweite ltoal v})örte 
ich nach dem Riesensla­ lom nachts um Viertel nach elf von ihm. Ich wusste gar. nicht, dass er am Riesenslalom war.» «Das darf doch nicht wahr sein» Familie und Fanclub von Birgit Heeb-Batliner zitterte gestern mit «Nein, das darf doch nicht wahr sein!», «Heute sollte einfach nicht ihr Tag sein», «Auf diese Leistung kann sie stolz sein, sie hat alles gegeben», klang es gestern im Gemeindesaal Mauren. Glauben wollte und konnte es niemand, was auf der Grosslein­ wand gerade eben Tatsache gewor­ den war; Birgit Heeb war beim Olympia-Riesenslalom im zweiten Durchgang nach einem Traumlauf beim letzten Tor ausgeschieden. Aus der Traum von einer Olympiame­ daille. Vorbei die Chance auf ein olympisches Diplom. Mit einem Mal waren die Anfeuerungsrufe ver­ stummt. Die hoffnungsvollen Ge­ sichter in Ungläubigkeit verwandelt. Enttäuschte Stille löste Zuversicht und Optimismus ab. Cornelia Hofe r Dabei hatte das Olympiarennen so gut begonnen - in Park City für die Ath­ letin Birgit Heeb-Batliner und in Mau­ ren für ihre Familie und den Fanclub. Liebevoll und mit viel Herzblut war der Maurer Gemeindesaal in ein Olympiastadion verwandelt worden. Auf der Grossleinwand wurde die ein­ drückliche Atmosphäre aus Utah nach Mauren hereingeholt. Familie und Fanclub war zahlreich versammelt, um «ihrer» Birgit die Daumen zu drücken. Sonja Nefs Schneetaucher mit der Nummer 1 schreckte die Fans in Mauren schon einmal auf, niemand zweifelte aber daran, dass Birgit Heeb- Batliner diese Tücke des ersten Laufes gut überwinden werde. 
Der Birgit-Heeb-Fanclub schaute den Olympia-Riesenslalom der Damen zusam­ men mit Birgits Familie im Gemeindesaal von Mauren auf einer Grossleinwand an. Besonders fieberte Birgits Vater, Joni Heeb, mit der Tochter mit. (Bild: P.T.) Janica Kostclic setzte sich mit der Nummer 18 an die Klassementsspitze und in Mauren wusste man, dass man an der Kroatin derzeit nicht Mass neh­ men musste, aber ab Rang 2 war alles möglich für Birgit Heeb-Batliner. Und dann endlich kam sie, die zierliche Unterjänder Skirennfahrerin. «Go, Bir­ git, gol» war aus allen Ecken und En­ den des Maurer Gemeindesaals zu 
hören. «Super, Birgit», lobte Vorsteher Johannes Kaiser und Mutter Marlies hielt es nach beeindruckenden Zwi­ schenzeiten ihrer, Tochter nicht mehr aus auf dem Stuhl. Immer wieder sprang sie auf und rief: «Hopp, Birgit, hopp.» . Das verflixte rote Tor «Das hat sie genial gemacht», sagte 
Bruder Marcel, nachdem seine Schwes­ ter den ersten Lauf auf Platz 10 been­ det hatte. Zufrieden war auch Vater Toni: «Birgit hat sich eine gute Aus­ gangslage geschaffen. Da liegt noch einiges drin.» Fürs erste War die An­ spannung zwar weg, doch jetzt be­ gann das lange Warten im Maurer Ge- meindesaal. Der Fanclub von Birgit Heeb-Batli­ ner hatte sich aber auch für diesen Fall etwas einfallen 
lassen und stärkte Fa­ milie und Fans mit herrlicher Pasta und wunderbarem Dessert. LSV-Vize- präsident und Fanclub-Präsident Ste­ fan Dürr informierte dann auch noch live aus Park City und überbrachte te­ lefonische Griisse von der Rennfahre- rin. Es waren lange Stünden bis um 21 Uhr, doch jetzt isollte die Entscheidung nahen und die Spannung nahm auch in Mauren wieder zu. Ehemann Ale­ xander Batliner hielt es nicht mehr aus und verabschiedete sich. «Ich muss das Rennen allein anschauen. Ich bin viel zu nervös», sagte er. «Was würden die nächsteh zehn Mi­ nuten bringen?» hatte sich zu Beginn der Übertragung wohl manch einer gefragt. «Birgit weiss genau, was sie machen muss», hatte Bruder Frank im Vorfeld zum zweiten Lauf gesagt. Und er sollte recht behalten. Was seine Schwester zeigte, war eindrücklich. Und grossartig. Bis zUm letzten Tor. Und. dann wurde es still im Maurer Gemeindgsaal. Das Rennen ging wei­ ter. Sonja Nefs Leistung erhielt Ap­ plaus. Auch Ahja Pärson wurde be­ klatscht; Und Janica: Kostelic neidlos bewundert. ,
	        

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