Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
AUSLAND Freitag, 22. Februar 20Ö2 
.21 r Friedensprozess ist in Kolumbien um Jahre zurückgeworfen worden BOGOTA: Nach dem Scheitern des Friedensprozesses in Ko­ lumbien hat Präsident Andres Pastrana seine Drohung wahr gemacht: Die Armee startete ei­ ne Militäraktion gegen die linksgerichtete FARC-Guerilla. Kampfflugzeuge bombardierten nach Armeeangaben 85 strategisch wichtige Ziele in der Rcbellenzone im Süden des Landes. Die Luftwaffe sei insge­ samt 200 Einsätze; mit Kampfflugzeu­ gen und Black-Hawk-Helikoptern ge­ flogen, sagte ein Armeevertreter dem Radiosender RCN. Zwei Phasen Gemäss Armeeangaben sollte die Einnahme der Sicherheitszone in zwei Phasen erfolgen: In einer ersten Phase solle die Sicherheit des Gebiets aus der Luft sichergestellt werden. In der zwei­ ten Phase würden Bodentruppen den Einsatz von Eliteeinheiten vorbereiten. Kolumbianische Spezialeinheiten wer­ den seit Jahren von der US-Armee im Kampf gegen die Guerilla trainiert. Rund 5000 Soldaten warteten am Donnerstag auf den Befehl zur Ein­ nahme der Sichcrheitszone. Die Regie­ rung hatte den marxistischen Rebellen im November 1998 ein Gebiet von der Grösse der Schweiz im Süden des Lan­ des als «Friedenslabor» überlassen. Sie 
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''*> wMLS Nach der Beendigung des Friedensprozesses durch Präsident Andres Pastrana bereiteten sich die Streitkräfte Kolumbiens gestern auf die Wiederaufnahme des Krieges gegen die linksgerichteten Rebellen vor. (Bilder: Keystonej wollte so dtn festgefahrenen Friedens­ prozess wieder ankurbeln. Auslöser für den Abbruch der Friedensverhandlun­ gen war die Entführung einer Passa- giermaschinc am Mittwoch: Vier mut­ massliche FARC-Rcbellen hatten die Maschine der kolumbianischen Airline 
Aires mit dem oppositionellen Senator Jorge Eduardo Gechen an Bord in ihre Gewalt gebracht. In einer Femsehan- sprache stimmte Pastrana die Kolum­ bianer auf Krieg ein. Zugleich vertei­ digte er den Abbruch der Friedensge­ spräche. Er habe «alles unternommen, 
um Frieden zu erreichen». Aber die Ge­ duld des kolumbianischen Volkes sei erschöpft. Durch die ständigen 
Angrif­ fe gegen die Zivilbevölkerung hätten die Guerilleros bewiesen, dass sie eine «terroristische» Organisation seien, die keinen Frieden wolle. JU i " " • q I P 'II wq Milosevic-Prozess riiülHirtffWt ii DEN HAAG: Die UNO-Ankläger im Prozess gegen den jugoslawischen .Ex-Prä$identcn Slobodan Milosevic, haben erneut einen Rückschlag hin­ nehmen müssen: Der erste Zeuge, der als Opfer aussagen sollte, ver­ weigerte am Donnerstag die Fortset­ zung eines Verhörs 
durch Milosevic. Der 49-jährige Bauer Agim Sekiri aus dem Kosovo nannte gesundheit­ liche Gründe für seine Weigerung -. darunter ein Nierenleiden. Er fühle sich nicht gut. Der Zeuge hatte die Richter nachdrücklich gebeten, ihn zur Dialyse gehen zu lassen.Darauf- hin entbqnd ihn der Vorsitzende Richter Richard May von der Aussa­ ge. Der Kosovo-Albaner hatte am Mittwoch ausgesagt, serbische Sol­ daten hätten ihn im Jahr 1999 so stark misshandelt, dass er bleibende . Schäden davongetragen habe. Sekiri hatte als erster Tatzeuge für die An­ klage ausgesagt und anschliessend ein Kreuzverhör durch den früheren Präsidenten Jugoslawiens über sich ergehen lassen. Milosevic, der sich in. dem Prozess selbst verteidigt, sollte dies am Donnerstag fortsetzen,. ; 
Sharon will totalen Krieg vermeiden In Ansprache ordnet er Einrichtung von «Pufferzonen» an JERUSALEM: Der israelische Minis­ terpräsident Ariel Scharon hat die israelische Armee angewiesen, «Puf­ ferzonen» zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten zu er­ richten. In seiner mit Spannung erwarteten Ansprache in Jerusalem betonte Scha­ ron am Donnerstagabend, Israel werde «nicht ruhen, bevor die Infrastruktur des Terrors» in den Palästinensergebie­ ten zerschlagen sei. Scharon rief das israelische Volk zu Zuversicht und Einheit auf. «Der Staat Israel ist nicht am Zusammenbrechen und wird auch nicht zusammenbre­ chen.» Friedensgespräche mit den Paläs­ tinensern seien erst nach einer voll­ ständigen Waffenruhe möglich. «Ich werde weiterhin palästinensische Re­ präsentanten treffen und alles tun, um eine Eskalation und einen umfassen­ den Krieg zu verhindern», sagte er. Er biete den Palästinensern ein Stufenab­ kommen auf der Basis einer Waffenru­ he und Entmilitarjsierung an. Scharon 
Ein toter Palästinenser liegt in der Nähe der Grenze zum Westjordanland. Erst­ mals seit Beginn des Aufstands vor knapp 17 Monaten rückten israelische Bo­ dentruppen gestern mit Panzern auch in die Stadt Gaza ein. wandte sich .während seiner Ansprache leicht ist, ein Palästinenser zu sein.» Er direkt an das palästinensische Volk forderte moderate Palästinenser dazu und sagte: «Ich weiss, dass es nicht auf, nicht den Extremisten zu folgen. Peking und Washington bauen auf Alltagskontakte Das Misstrauen sitzt tief, aber die Zusammenarbeit wächst PEKING: Täusende junger Chinesen studieren an amerikanischen Univer­ sitäten, beim Bau des Drei-Schluch^ ten-Damms setzt Peking auf die; Hil­ fe der USA, in Verwaltung und Wirt­ schaft wächst der Austausch. Die politischen Spannungen zwischen den USA und China werden damit nicht aufgehoben, aber sie treten immer wie­ der in den Hintergrund. Beim Besuch des US-Präsidenten George.W. Bush in Peking betonten beide Seiten am Don­ nerstag Geschlossenheit, bei denen die politischen Misstöne nur leise durch­ rangen. Diese wurden höchstens hinter geschlossenen Türen lauter. Taiwan- Frage, Menschenrechte und Religions­ freiheit wurden zwar angesprochen, verlautete nach einem Treffen Bushs mit dem chinesischen Staatschef Jiahg Zemin. Doch in ihrer gemeinsamen Pressekonferenz dominierte das Lob über die zunehmende Annäherung seit 
Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin hat US-Präsident George; W.'Bush vor einem Krieg gegen Irakgewarnt und zur Geduld aufgerufen. 
dem historischen Besuch des damaligen Präsidenten Richard Nixon vor genau 30 Jahren. Er rechne für, die Zukunft mit noch engeren Beziehungen, sagte Bush und dankte Jiang für die Solida­ rität im Kampf gegen den Terror. «Es ist ganz normal, dass China und die Verei­ nigten Staaten bei .einigen Themen nicht die gleiche . Meinung vertreten», erklärte Jiang. Aber gegenseitiger Respekt und die Suche nach Gemein­ samkeiten könnten zur Verringerung der noch bestehenden Differenzen führen, hob er hervor. US-Atomexperten beraten die chi­ nesischen Aufsichtsbehörden für' Kernkraftwerke. Amerikanische Juris­ ten arbeiten mit Pekinger Kollegen an einer Reform des Gerichtswesens und des Patentrechts. Im Januar unter­ zeichnete die Harvard-Universität ei­ nen Vertrag.mit der chinesischen Re­ gierung zur Aus- und Fortbildung von Bürgermeistern und Top-Beamten. 
Lebenslänglich für SS-Mann KARLSRUHE: Der frühere deutsche SS-Mann Anton Malloth bleibt in Haft. Der deutsche Bundesgerichtshof verwarf am Donnerstag die Revision des 90-Jährigen und bestätigte damit eine vom Landgericht München ver­ hängte lebenslange Freiheitsstrafe we­ gen Mordes. Das Landgericht hatte den früheren Aufseher des Gestapo-Ge­ fängnisses Kleine Festung Theresien- stadt bei Leitmeritz im heutigen Tsche­ chien wegen Ermordung eines ..Häft­ lings verurteilt. Ein zweiter Fair wurde mangels Beweisen nur als Mordver­ such gewertet. Nach Erkenntnis des Landgerichts München schlug und trat Malloth 
einen jüdischen Gefangenen tot, der sich nicht zum Appell gemel­ det hatte. Ein Jahr zuvor schlug er ei­ nen anderen Häftling und schoss auf ihn, weil dieser sich bei einem Ernte- Einsatz einen Blumenkohl unter die Jacke gesteckt hatte. Der Aufseher ha­ be aus Rassenhass gehandelt. Der Bun­ desgerichtshof liess die Einwände von Malloths Anwälten nicht gelten, der krebskranke Greis sei weder.verhand- lungs- noch haftfahig, und wegen sehr lange zurückliegender Taten 
Verstösse das Verfahren gegen die Europäische Menschenrechts-Konvention. Schweiz besorgt über Eskalation BERN; Der Botschafter Israels in der Schweiz, Ygal Antebi, ist am Donners­ tag ins EDA zitiert worden. Staats­ sekretär Franz von Däniken zeigte sich tief besorgt über die Eskalation im Nahost-Konfiikt und bedauerte die Vergeltungsschläge. Von Däniken er­ suchte den israelischen Botschafter nach Angaben des Eidg. Departements für' auswärtige Angelegenheiten (EDA), seiner Regierung den Wunsch der Schweiz zu übermitteln, dass die israelische Regierung alles in ihrer Macht stehende unternimmt, um der gegenwärtigen Eskalation ein Ende zu setzen. Die Schweiz rief Israel dazu auf, seine militärischen Operationen in den Städten Gaza und Ramallah sofort einzustellen. Die israelischen und die palästinensischen Behörden, wurden aufgerufen, den Teufelskreis der Ge­ walt zu durchbrechen und die Bedin­ gungen für die Wiederaufnahme des Dialogs zu schaffen. Regierung und Re­ bellen verhandeln C0L0MB0: Die Regierung Sri Lankas und die tamilischen Rebellen haben sich am Donnerstag grundsätzlich da­ rauf verständigt, ihre Feindseligkeiten dauerhaft einzustellen. Sie bereiteten damit den Weg für die Aufnahme von Friedensverhandlungen. Eine formelle Vereinbarung über den Waffenstill­ stand könne in den kommenden zwei Tagen unterschrieben werden, sagte Regierungssprecher G. L. Peiris. Minis­ terpräsident Ranil Wickremesinghe habe einem.entsprechenden Vorschlag von norwegischen Vermittlern zuge-; stimmt. Die Einzelheiten würden Frei­ tag oder Siamstag bekannt gegeben. Wickremesinghe wolle heute Freitag in den Norden des Landes reisen. «Wir hoffen,"dass das historische Ereignis in den kommenden Tagen stattfindet», sagte Peiris unter Bezug auf das Waf­ fenstillstandsabkommen. Leidenschaft ge­ gen Verlässlichkeit PARIS: Sie könnten unterschiedlicher kaum sein. 
Als «Kandidat der Leiden­ schaft» empfiehlt sich der französische Staatspräsident Jacques Chirac zur Wiederwahl. Sein sozialistischer Rivale Lionel Jospin will die Franzosen mit «Verantwortlichkeit» und Verlässlich­ keit überzeugen. Zwei Monate vor der, Entscheidung haben sich' der nüchtern- steife Premierminister und der sich jo- vial-bürgernah gebende Präsident aus dem Korsett der fünf Jahre währenden, politischen Zwangsehe befreit.
	        

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