Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

20 Dienstag, 19.-Februar 2002 
EXTRA Liechtensteiner VOLKSBLATT If i'M — 
Neuer Schwarzenegger-Film Tom Tykwers neuer Streich Film-Hitparade räumt Der Ausdruck «Kollateralscha­ den» gehört seit den Kriegen am Golf und in Jugoslawien zu den zynischen Unwörtern, hinter denen Tod und Leid verborgen bleiben sqllen. Früher-hiess das volkstümlicher' «Wo gehobelt wird, da fallen Späne». % Und wenn das im Kino der Fall ist. kann HoiryvVoods bekanntester Steier- märker Arnold Schwarzenegger nicht weit sein. Da dieser bekanntlich weit reichende politische Ambitionen hegt, kann es. nicht verwundern, dass der Titel seines neuen Films mit dem Reiz­ wort versehen «Collateral Damagc - Zeit der Vergeltung» lautet. «Kollateralschaden» • Schwarzenegger spielt darin den braven Feuerwehrmann Oordv in Los Angelfs, der Frau und Kind bei einem Bombenanschlag auf die kolumbiani­ sche- Gesandtschaft verliert. Für die Täter wie für die Ermittlungsbehörden sin^die beiden Toten lediglich ein. be­ dauerlicher «Kollateralschaden», doch für Gordy wird das zum Anlass eines einsamen Rachefeldzufis. der ihn bald ins Wütige Chaos dtfs vom Bürgerkrieg zerrütteten Landes führt. Natürlich kommt der tapfere Amerikaner zwi­ schen alle Fronten. Aber ein Idol wie Schwarzenegger setzt sich halt überall durch, auch wenn er die ohnehin schön beängstigende Todesrate in Ko­ lumbien in weitere Höhen treibt. Andrew Davis, der sich als Regisseur von erfolgreichen Action-Filmen wie «Auf der Flucht» in Hollywood einen 
in Kolumbien auf Neuer Schwarzenegger-Film «Collateral Damage - Zeit der Vergeltung» ^fiTTHT A//es 
wie gehabt: Arnold Schwarzenegger greift auch in 
seinem neuen Film 'Collateral Damage» gnadenlos durch. (Bilder: Keystone) 
guten Namen gemacht hat. ist mit sei­ nen Drehbuchautoren auf der Hut, sich umstandslos auf eine der Seiten im kolumbianischen Verwirrspiel zu schlagen. Auch die CIA-Aktivitäten werden durchaus kritisch betrachtet. Aber es ist doch unvcr/cihlich, wie dreist und raffinierl der Begriff «Kollateralscha­ den» in diesem Film eine ganz neue Bedeutung erhält und auch noch als Rechtfertigung für amerikanische Selbstjustiz in einem fremden Lande herhalten nniss. Die Handlung ist sehr simpel gestrickt. Alles ist ohnehin nur ein Vorwand, um den Helden in immer neue Gefahrensituationen zu ver­ stricken, aus denen er sich selbstre­ dend auch immer wieder rettet. Volte Kassen? Das ist Topcorn-Kino in Reinkultur, einzig mit dem 7.iel voller Kassen pro­ duziert. Schwarzenegger, inzwischen auch schon S4 Jahre alt. wirkt manch­ mal bereits wie seine eigene Karikatur, besonders Wenn er in Nahaufnahmen den Zornigen mimt. In schlechten Filmen wie diesem wird klar, wie bescheiden die mimischen Qualitäten des früheren Muskelprotzes sind. Einen Oscar wird er damit gewiss nie gewinnen, aber fiirdie Politik könn­ te es reichen. Nach «Cojlateral Damage» könnte der Wunsch aufkommen, Arnie möge künftig seine Energien und seinen Ehrgeiz allein in diese Richtung hin konzentrieren. Aber was wird dann aus dem ohnehin schon so brüchigen Welt­ frieden? Denn der Steiermärker war schon auf der Leinwand für jede Menge «Kollateralschaden» gut. FILMHITPARADE Der Schweizerische Kino-Verband er­ mittelt jeden Freitag die Liste der 20 mcistbesuchten filme der vergange­ nen Wochc'iri den Kinos der deutschen Schwciz. Die repräsentativen Angaben stammen aus B5 Kino'betrieben in al" len wichtigen Städten der deutschen Schweiz. Die fcilmhitparade nennt den Rang dieser Woche, den Vorwochen- r rang (in Klammer), den Filmtitel sowiq den Regisseur des Fjlms. «Neu» heisst neu auf der Liste, «cm» heisst erneut . auf der Ljstc. 1 (5) MONSTERS INC. P. Docter/D. Silverman 2 (neu) RUSH H0ÜR2 Brett Ratner 3(1) OCEAN'S ELEVEN Steven Soderbergh 4 (2) VANILLA SKY Camcron Crowe 5 (3) THE LOFfD OF THE RINGS Peter Jackson 6 (neu) ITALIAN FOR BEGINNERS ' Löne Seherfig . 7 (6) MONSOON WEDDING . Mira Näir 8 (4) THE MAN WHO WASNT THERE Joel Coen-Brothers 
9 (8) MULHOLLAND DRIVE David Lynch 10 (7) L'ULTIMO BACIO Gabriele Muccino 11 (12) LE/PEUPLE MIGRATEUR- - Jacques Perrin 12 (11) WAS TUN WENN'S BRENNT Gregor Schnitzler 13 (9) 0 Tim Blake Nelson 14 (10) THE OTHERS Alejandro Amenäbar 15.(13) HARRY POTTER Chris Columbus . 16(16) AMELIE DE . MONTMARTRE J.-P. Jeunet 17 (neu) THE HEIST David Mamet 18 (neu). BARAN Majid Majidi 19 (15) BEHIND ENEMY LINES John Moore 20 (14) DONT SAY A WORD Garry Fieder 
Liebesmacht erlöst aus allen Nöten Tom Tykwers Berlinale-Eröffnungsfilm kommt in die Kinos Philippa will Rache nehmen. Deshalb entschliesst sich die in Turin lebende englische Lehrerin dazu, jenen Dro-. genhändfer mit einer Bombe ins Jeri- seits zu befördern, den sie für den Tod ihres Mannes und einiger ihrer Schüler verantwortlich hält. Doch die Explosion des selbst gebas­ telten Sprengkörpers reisst nicht den Bösewicht, sondern einen Vater mit zwei Kindern und eine Putzfrau ins Verderben. Als Philippa nach ihrer Verhaftung von der entsetzlicheTi Wen­ dung erfährt, bricht sie zusammen. Das ist die tragische Situation, die Toni Tykwers am 21. Februar in die Ki­ nos kommender Film «Heaven» schil­ dert. In italienischer und englischer . Sprache gedreht und international be­ setzt, war «Heaven» der Eröffnungs­ film der diesjährigen Internationalen Filmfestspiele in Berlin. Das Drehbuch stammt aus dem Nachlass des berühmten, im März 1996 überra­ schend verstorbenen polnischen Fil­ memachers Krzystof Kiestowski, der es zusammen mit Krzystof Piesicwicz verfasste. Eine amerikanische Produk- tionsfirma hatte die .Rechte daran er­ worben und bot es 
Tykwer nach des­ sen Erfolg mit «Lola rennt» an. Fragwürdig Der begabte Berliner Filmemacher hat .daraus ein teilweise dichtes und bilderstarkes, letztlich aber auch frag^ 
*Heaven» heisst der neue Tykwer-Film. würdiges Kinoerlebnis gestaltet, das bei der Berlinale unterschiedliche Re­ aktionen hervorrief. Da Tykwer sich nach eigenem Bekunden/strikt an das Drehbuch gehalten haben will, müssen die Schwächen von «Heaven» in die­ sem zu suchen sein. Das ist natürlich überraschend bei einem Autor vom Rang Kieslowskis. Aber der zweite Teil 'defnims steckt voller Behauptungen, die akzeptiert werden können oder 
auch nicht. Davon hängt ab, ob man «Heaven» mögen wird oder aber mit zunehmender Skepsis bis zum Ende folgt. Die grosse Liebe bleibt eine Behauptung Tykwer. hat seine bislang schwierigs­ te Aufgabe durchaus' gut gemeistert. Immerhin drehte er mit ungewohnt grossem Etat, in fremden Sprachen und mit internationalen Stars wie Ca- te Blanchett und Giovanni Ribisi. Manche Bilder und Szenen wirken je­ doch allzu stilisiert, bedeutungsschwer und ausgetüftelt. Der Regisseur will zeigen, was er kann, und er kann eini­ ges. Aber auch Tykwer schafft es nicht, dem Betrachter die Liebe zwi­ schen Philippa und dem fast noch kindlichen Polizisten Filippo glaub­ haft zu machen. Dieser Filippo, gespielt vom Italo- Amerikaner Ribisi, hat sich nämlich bei den Verhören in die Engländerin verliebt, befreit sie aus der Haft und flüchtet mit ihr in die Toskana. Dort Wird der fatale moralische Konflikt der Engländerin einfach mit der .überwäl­ tigenden Macht der Leidenschaft zweier im tiefsten Grunde reinen See­ len weggezaubert. Entsprechend mär-" chenhaft fällt (las Finale aus. Es gibt noch mehr in der Handlung, was konstruiert wirkt und damit wirkungs- mintdernd ist. Aber das wird und muss nicht jeden stören.
	        

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