Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Freitag, 7. Januar 2000 31 
Nachrichten 
Baby-Baisse in der EU 
LUXEMBURG: Noch nie seit Kriegsende sind 
so wenige Babys in den Ländern der Europäi 
schen Union auf die Welt gekommen wie 1999. 
Im letzten Jahr ging die Zahl der Neugeborenen 
um 0,5 Prozent auf rund vier Millionen zurück. 
Das geht aus Erhebungen von Eurostat, dem 
Statistischen Amt der EU, hervor, die am Don 
nerstag veröffentlicht wurden. Insgesamt leben 
in den 15 Mitgliedsländern zum Beginn des neu 
en Jahrtausends 376,4 Millionen Menschen, 
knapp eine Million mehr als ein Jahr zuvor. Das 
so genannte natürliche Bevölkerungswachstum 
(Lebendgeburten minus Sterbefälle) lag im ver 
gangenen Jahr bei 266000. Die restlichen etwa 
drei Viertel des gesamten Zuwachses gehen nach 
den Erkenntnissen auf das Konto internationaler 
Wanderungen. Insgesamt wanderten im letzten 
Jahr 717 000 Menschen in die EU ein. Rund 70 
Prozent davon entfielen auf die drei Länder 
Deutschland, Italien und Grossbritannien. 
Clinton will Gespräche 
selbst vorantreiben 
SHEPHERDSTOWN: Mit Verhandlungen 
Uber eine Normalisierung der Beziehungen und 
Sicherheitsfragen haben Israel und Syrien ihre 
ersten direkten Friedensgespräche seit fast vier 
Jahren fortgesetzt. Am Donnerstag wollte US- 
Präsident Bill Clinton wieder selbst an den Ge 
sprächen am Konferenzort Shepherdstown im 
US-Staat West Virginia teilnehmen, wie Aussen- 
amtssprecher James Rubin sagte. In mehreren 
Arbeitsgruppen diskutierten die Delegationen 
am Mittwoch erstmals substanzielle Fragen, wie 
aus Delegationskreisen verlautete. Die Aufgabe 
beider Seiten bestehe nun darin, die noch 
schleppenden Verhandlungen schnell voran zu 
treiben, sagte Rubin. 
Flugzeugentführung: 
Vier Helfer verhaftet 
NEU-DELHI: Indische Behörden haben vier 
Helfer der Entführer des indischen Airbusses 
verhaftet. Bei den Verhafteten handelt es sich 
nach offiziellen Angaben um zwei Pakistanis, 
einen Nepalesen und einen Inder. Innenmini 
ster Lal Krishna Advani sagte gestern vor Jour- 
n a 
listen in Neu-Delhi, die vier gehörten der mili 
tanten Gruppe Harkat-ul-Ansar an, die die 
Flugzeugentführung an Heiligabend unterstützt 
habe. Mit den Verhaftungen sei bewiesen, dass 
Pakistan in die Flugzeugentführung verwickelt 
sei, sagte Advani. Pakistan hatte diesen Vorwurf 
der indischen Regierung zurückgewiesen. Die 
Verhöre der Verhafteten hätten bestätigt, dass 
die fünf Flugzeugentführer aus Pakistan stamm 
ten, und dass es eine pakistanische Operation 
gewesen sei, die mit Unterstützung der Harka- 
tul-Ansar ausgeführt worden sei, sagte Advani. 
Streiks in Peru gegen 
Kandidatur Fujimoris 
LIMA: Protestaktionen und Streiks gegen die 
erneute Kandidatur von Präsident Alberto Fu- 
jimori haben am Donnerstag das öffentliche Le 
ben in peruanischen Amazonasstädten lahmge 
legt. «Nieder mit der Diktatur» und «Nein zur 
Wiederwahl», riefen Demonstranten in der 
Stadt Iquitos. Fast alle Geschäfte blieben in 
Iquitos und Madre de Dios geschlossen, öffent 
liche Transportmittel verkehrten nicht, wie die 
Polizei mitteilte. Demonstranten errichteten 
Strassenblockaden und steckten Autoreifen in 
Brand. 
Neun Bewerber um das 
Präsidentenamt 
ZAGREB: Zu den Wahlen um den Nachfolger 
des kroatischen Präsidenten Franjo TUdjman 
am 24. Januar wollen neun Bewerber antreten. 
Das teilte die Wahlkommission gestern mit. 
Putin unterzeichnet 
Sicherheitskonzept 
MOSKAU: Russland will zur Verteidigung der 
nationalen Sicherheit künftig verstärkt den Ter 
rorismus und die organisierte Kriminalität 
bekämpfen. Dies geht einer Meldung der Nach 
richtenagentur Interfax zufolge aus einem neu 
en nationalen Sicherheitskonzept hervor/ Das 
Konzept wurde den Angaben zufolge am Don 
nerstag vom amtierenden Präsidenten Wladi 
mir Putin verabschiedet. Nach einem Treffen 
mit Putin bezeichnete der Sekretär des Sicher 
heitsrates des Präsidenten, Sergej Iwanow, die 
Änderungen als radikal. Das strategische Kon 
zept lege fest, wie Russlands Interessen ge- 
CDU-Klausur ohne Kohl 
Deutschland: Union und FDP sehen Landtagswahlen optimistisch entgegen 
STUTTGART: In Deutsch 
land haben sich Union und 
FDP zum Jahresbeginn opti 
mistisch hinsichtlich der anste 
henden Landtagpvahlen prä 
sentiert und die Ökosteuer der 
Bundesregierung attackiert. 
An der heute beginnenden 
CDU-Klausurtagung wird der 
Ehrenvorsitzende Helmut 
Kohl nicht teilnehmen. 
Der FDP-Vorsitzende Wolfgang 
Gerhardt sagte beim Dreikönigs 
treffen seiner Partei am Donnerstag 
in Stuttgart, die Liberalen würden 
sich bei den Wahlen behaupten. Auf 
der Klausur der CSU-Landesgrup 
pe in Wildbad Kreuth betonte Par 
teichef Edmund Stoiber, die Spit 
zenkandidaten der CDU in Schles 
wig-Holstein und Nordrhein-West 
falen, Volker Rühe und Jürgen 
Rüttgers, könnten die Union aus 
dem Tief führen. 
«Rasende Melkkühe» 
Gerhardt sagte, die FDP werde 
«es aber nur schaffen, wenn wir in 
unseren politischen Zielen klar 
und überzeugend sind und in der 
politischen Diskussion klar Flagge 
zeigen und kein Blatt vor den 
Mund nehmen.» Kritik an der 
Ökosteuer übte Generalsekretär 
Guido Westerwelle. Für Rot-Grün 
seien die Autofahrer nur rasende 
Melkkühe. Die in der geplanten 
Steuerreform vorgesehenen Entla 
stungen seien weder vom Tempo 
noch vom Volumen her ausrei 
chend, um zu Gunsten neuer Ar 
beitsplätze in grösserem Umfang 
CDU-Generalsekretärin Angela Merkel: Kohl nimmt an Klausur nicht teil. 
neue Investitionen nach Deutsch 
land zu holen. Stoiber sagte, die 
Ökosteuer schwäche den Wirt 
schaftsstandort Deutschland und 
treffe vor allem den kleinen Mann. 
Der bayerische Ministerpräsident 
räumte ein, dass sich die Union in 
einem «kleinen Stimmungsloch» 
befinde. Die Lösungskompetenz 
der Union sei aber weit höher als 
die der rot-grünen Koalition, Aus 
serdem wisse die CDU, dass die 
CSU fest an ihrer Seite stehe. Aller 
dings warf Stoiber der CDU auch 
Masochismus vor. Er könne nichts 
damit anfangen, dass sich Teile der 
Partei geradezu masochistisch nur 
mit einem Thema beschäftigten. 
CDU-Klausur ohne Kohl 
Die CDU-Führung will die Par 
teispendenaffäre mit einer pro 
grammatischen Offensive in den 
Hintergrund drängen und für 
die Landtagswahlkämpfe sachpoli 
tische Schwerpunkte setzen. Wie 
Generalsekretärin Angela Merkel 
in Berlin ankündigte, soll die Affäre 
bei der heute Freitag in Norderstedt 
bei Hamburg beginnenden zweitä 
gigen Klausurtagung der Partei 
spitze allenfalls im allgemeinpoliti 
schen Auftaktbericht von CDU- 
Chef Wolfgang Schäuble und in der 
anschliessenden Aussprache eine 
Rolle spielen. 
Der CDU-Ehrenvorsitzende 
Helmut Kohl wird laut Merkel an 
der Klausurtagung nicht teilneh 
men. Merkel vertrat die Ansicht, 
dass die CDU in den Wahlkämpfen 
in Schleswig-Holstein und Nord- 
rhein-Westfalen «beste Chancen» 
habe, ihre Ziele durchzusetzen. In 
beiden Ländern sei ein Wechsel 
dringend notwendig. Die CDU in 
Schleswig-Holstein will auf Wahl 
kampfhilfe von Kohl verzichten. 
Ein Einsatz Kohls sei nicht hilfreich, 
sagte Landes-Generalsekretär Jo 
hann Wadephul dem NDR. 
Zuversichtliche SPD 
SPD-Generalsekretär Franz 
Müntefering nannte Rühe einen der 
treuen Gesellen Kohls. Es sei kein 
Wunder, dass der CDU-Spitzenkan 
didat nicht auf der Seite der Aufklä 
rer stehe. Die rot-grüne Koalition 
auf Bundesebene habe gezeigt, dass 
sie handlungsfähig sei. Deshalb sei 
er auch für die Wahl Ende Februar 
in Schleswig-Holstein sehr zuver 
sichtlich. Der stellvertretende SPD- 
Vorsitzende und Bundesverteidi 
gungsminister Rudolf Scharping 
wertete die aktuellen Arbeitsmarkt 
zahlen als einen Erfolg der Regie 
rung. Auf dem Dreikönigstreffen 
der Münchner SPD sagte er, die Ar 
beitslosigkeit habe im Dezember 
den geringsten Anstieg seit fünf Jah 
ren aufgewiesen. Insgesamt gehe 
die Zahl stetig zurück. 

Erbittertelf Widerstand der Rebellen 
Russischer Vormarsch in tschetschenischer Hauptstadt Grosny stockt 
MOSKAU: Erbitterter Widerstand 
tschetschenischer Rebellen hat den 
russischen Vormarsch in der Haupt 
stadt Grosny ins Stocken gebracht. 
Wegen Nebels erhielten die russi 
schen Bodentruppen kaum Unter 
stützung aus der Luft. Die russische 
Luftwaffe habe in 24 Stunden nur 41 
Einsätze geflogen, meldete die 
Nachrichtenagentur Interfax am 
Donnerstag. 
Wegen des Stockens der russischen 
Offensive wurden die Abschnitts 
kommandanten zu einer ausseror 
dentlichen Lagebesprechung ins 
Hauptquartier der Truppen in Mos- 
dok befohlen. Dabei sollte die weite 
re Strategie erörtert werden, melde 
te die Nachrichtenagentur Itar-Tass. 
Blutige Häuserkämpfe 
Der Fernsehsender NTW berich 
tete derweil, russische Verbände grif 
fen Rebellenpositionen in Grosny 
von Norden und Osten her an. Be 
sonders blutige Häuserkämpfe gab 
es um den Hauptbahnhof im Süden 
der Stadt. Rund 350 Elitesoldaten 
des Innenministeriums hätten den 
Bahnhof erobert, berichteten russi 
sche Soldaten bei ihrer Rückkehr 
vom Einsatz, Dabei wurden nach 
russischen fvlilitärangaben fast 150 
Rebellen getötet. Ausserdem sei ein 
Ausbruchsversuch von Kämpfern in 
Richtung der südlichen Vororte 
zurückgeschlagen worden, verlaute 
te aus dem russischen Hauptquartier 
in Mosdok. Dabei seien mehr als 40 
Rebellen ums Leben gekommen, 
hiess es. Unabhängige Berichte aus 
dem Kampfgebiet gab es nicht. 
«Maximale Verluste» 
Der tschetschenische Komman 
dant in Grosny, Issa Munajew, sagte 
dagegen, seine Einheiten seien je 
derzeit in der Lage, den russischen 
Blockadering zu durchbrechen. Ziel 
sei aber, die Soldaten in die Stadt zu 
ziehen, um ihnen dort «maximale 
Verluste» zuzufügen. Ein russischer 
Geheimdienstoffizier bezifferte die 
Zahl der bewaffneten Verteidiger 
Grosnys auf tausend. Der tschet 
schenische Präsident Aslan Ma 
schadow und Bassajew hielten sich 
nicht mehr in der Stadt auf. 
In den Gebirgsregionen im Süden 
Tschetscheniens kämpften sich rus 
sische Fallschirmjäger laut eigenen 
Angaben an den Ortsrand der Re 
bellen-Hochburg Wedeno heran. 
Dabei seien sieben Soldaten getötet 
worden, sagte Fallschirmjäger- 
Kommandant Georgi Schpak. Bei 
einem russischen Luftangriff auf die 
Ortschaft Machketi im Südosten 
wurden nach Angaben der tschet 
schenischen Führung am Mittwoch 
abend mindestens 24 Zivilisten 
getötet und 90 verletzt. In Machketi 
hielten sich rund 8000 bis 9000 Men 
schen aut ein Grossteil von ihnen 
Flüchtlinge, hiess es. 
Erstmals hat das russische Militär 
am Donnerstag eingeräumt, dass 
die harten Gefechte der letzten Zeit 
den eigenen Reihen hohe Verluste 
gebracht hätten. In den vergange 
nen zehn Tagen seien 84 russische 
Soldaten getötet und 180 verletzt 
worden. Zum Abtransport der vie 
len Verwundeten seien Transport 
flugzeuge nach Mosdok beordert 
worden, hiess es. Insgesamt sind seit 
Beginn der Offensive im September 
nach offiziellen Angaben 585 An 
gehörige der Sicherheitskräfte getö 
tet und rund 1900 verwundet wor 
den. Beobachter vermuten, dass die 
Verlustzahlen von der russischen 
Führung beschönigt werden, um in 
der Bevölkerung den Rückhalt für 
den Feldzug nicht zu verlieren. 
Hoher Orden 
für Boris Jelzin 
JERUSALEM: Am zweiten Tag sei 
ner Pilgerreise nach Israel hat der 
ehemalige nissische Präsident Boris 
Jelzin eine der höchsten Ehrungen 
der orthodoxen Kirche erhallen. 
Gemeinsam mit sechs weiteren ost 
europäischen Politikern wurde ihm 
am Donnerstag in Jerusalem der 
Ritterorden vom Heiligen Grabe 
verliehen. «Im Jahr 2000 der Chris 
tenheit finde ich mich zum ersten 
Mal im Heiligen Land wieder», sag 
te der vor sechs Tagen zurückgetre 
tene Jelzin. «Ich bin froh, dass sich 
unser Einfluss hier bemerkbar ge 
macht hat.» Anschliessend kam er 
mit dem israelischen Ministerpräsi 
denten Eser Weizman zusammen. 
Beim Mittagessen äusserte Jelzin 
Zuversicht, dass die neue Demokra 
tie in Russland den Antisemitismus 
dauerhaft besiegt habe. 
■4 

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