Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Samstag, 12. Februar 2000 35 
Nachrichten 
Kroatien ändert 
politischen Kurs 
SARAJEVO: Der neue kroatischen Aussenmi- 
nister Tonino Picula hat bei seinem ersten Aus 
landsbesuch in Sarajevo einen Kurswechsel sei 
nes Landes gegenüber Bosnien eingeleitet. «Es 
gibt ein enormes Interesse beider Seiten, die 
Beziehungen zu verbessern», sagte er am Frei 
tag in der bosnischen Hauptstadt nach Ge 
sprächen mit ranghohen Politikern und Diplo 
maten. «Wir werden eine Politik verfolgen, die 
Vorbehalte gegenüber Bosnien und seinen Lan 
desteilen abstellen soll», sagte der Sozialdemo 
krat Picula. Kroatien werde das Friedensab 
kommen von Dayton voll unterstützen. Mit der 
Verbesserung der Beziehungen wolle sein Land 
auch ein Signal der Bereitschaft für Gespräche 
mit der EU setzen. Der Aussenminister von 
Bosnien-Herzegowina, Jadranko Prlic, sagte, 
sein Land und Kroatien hätten mit einer eu 
ropäischen Integration das gleiche Ziel und 
wollten dies gemeinsam verfolgen. Kroatien 
und Bosnien wollten in diesem Jahr mehrere 
Abkommen über eine wirtschaftliche Zusam 
menarbeit sowie über doppelte Staatsbürger 
schaft unterzeichnen. Die Beziehungen zwi 
schen Sarajevo und Zagreb waren auch nach 
dem Friedensschluss angespannt. Die inzwi 
schen abgewählte Regierung des ehemaligen 
Präsidenten Franjo Tudjman hatte kontinuier 
lich die illegalen staatlichen Strukturen der 
kroatischen Volksgruppe in der Herzegowina 
gestützt. 
Pannenserie im 
Atomreaktor hält an 
KIEW: In der Ukraine ist der letzte aktive 
Tschernobyl- Reaktor nach einem Defekt an ei 
nem Sicherheitsventil am Freitag zum vierten 
Mal innerhalb weniger Monate vom Netz ge 
nommen worden. Die Reparaturarbeiten wer 
den knapp eine Woche dauern, meldete die 
Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung 
auf die Betreibergesellschaft Energoatom. Ra 
dioaktivität sei bei der Panne nicht ausgetreten. 
Ein undichtes Ventil musste zuletzt Ende Januar 
in jenem baugleichen Nachbarreaktor des 1986 
explodierten Katastrophenreaktors ausge 
tauscht werden. Trotz internationaler Proteste 
beharrt die Ukraine auf dem Weiterbetrieb des 
störanfälligen Tschernobyl-Reaktors, um den 
Strommangel im Land zu verringern. Die frühe 
re Sowjetrepublik ist bereit, ihren Problemreak 
tor noch in diesem Jahr endgültig abzuschalten. 
Bedingung ist die vom Westen versprochene 
Auszahlung von Krediten für Ersatzreaktoren. 
Besuch von Robertson 
wird verschoben 
MOSKAU: Der für kommende Woche geplante 
Besuch des NATO- Generalsekretärs George 
Robertson in Moskau wird nach Angaben des 
russischen Generalstabs vom Freitag verschoben. 
Die Verschiebung hatte sich bereits abgezeichnet, 
weil es bei der Vorbereitung Unstimmigkeiten 
zwischen der NATO und Russland gab. Der stell 
vertretende russische Generalstabschef Waleri 
Manilow sagte der Agentur Itar-Tass: «Der Be 
such findet wahrscheinlich zu einem späteren 
Zeitpunkt statt.» Robertson wollte bei den Ge 
sprächen die Zusammenarbeit mit Russland wie 
derbeleben, die seit dem Kosovo- Krieg auf Eis 
liegt. Generaloberst Manilow betonte, Russland 
sei weiter zur Kooperation mit dem westlichen 
Bündnis bereit. Vorbedingung sei aber, dass Mos 
kau «als gleichberechtigter Partner» bei der Bei 
legung von Krisen behandelt werde. 
Tudjman-Sohn legt Ge 
heimdienstamt nieder 
ZAGREB: Miroslav Tudjman, der Sohn des vor 
zwei Monaten verstorbenen Präsidenten Franjo 
1\idjman, ist aus Protest gegen eine Äusserung 
des neuen kroatischen Staatschefs, Stipe Mesic, 
von der Leitung des Geheimdiensts MIS zurück 
getreten. In einer am Freitag von der Nachrich 
tenagentur Hina veröffentlichten Erklärung des 
bisherigen Geheimdienstchefs heisst es, indem 
Mesic Franjo TUdjman mit dem jugoslawischen 
Präsidenten Slobodan Milosevic gleichsetzte, 
habe er gegen «alle politischen und moralischen 
Normen eines annehmbaren Verhaltens Verstös 
sen». In einem Interview mit der französischen 
Zeitung «Le Monde» (Mittwochsausgabe) hatte 
Mesic folgenden Vergleich zwischen den beiden 
Politikern gezogen: «Der eine ist in seinem Land 
begraben, der andere kann sein Land nicht mehr 
verlassen.» Gegenüber der kroatischen Presse 
hatte Mesic später erklärt, den Scherz habe er in 
dem Glauben erzählt, das Interview sei bereits 
beendet gewesen. 

Rechtshilfe-Akten angefordert 
Schweizer Behörde prüft Rechtshilfegesuch 
BERN: Der Untersuchungs- 
ausschuss des deutschen Bun 
destages will für Ermittlungen 
in den CDU-Spendenaffaren 
Akten der Schweizer Rechts 
hilfe verwenden, die im Zu 
sammenhang mit der Elf/Leu 
na- und der Panzeraffäre an 
die Augsburger Staatsanwalt 
schaft weitergeleitet wurden. 
Allerdings muss Bern noch ab 
klären, ob Akten, die im Rahmen ei 
nes Rechtshilfegesuches bei einem 
Strafverfahren übermittelt wurden, 
in einem Untersuchungsausschuss 
verwendet werden dürfen. Laut eu 
ropäischen Übereinkommen dürfe 
Rechtshilfe nur zwischen Justiz 
behörden geleistet werden, was der 
Untersuchungsausschuss nicht sei, 
verlautete am Freitag aus deutschen 
Behördenkreisen. Denn es sei ein 
Unterschied, ob Akten von einer 
verdeckt ermittelnden Staatsan 
waltschaft oder einem Untersu 
chungsausschuss verwendet wür 
den, der öffentlich tagt. Dadurch 
könnten Untersuchungsergebnisse 
bekannt und Ermittlungen gestört 
werden, hiess es. 
Ermittlungen gegen Schreiber 
Bei der Rechtshilfe geht es um 
vermutete Schmiergeldzahlungen 
im Zusammenhang mit dem Ver 
kauf von deutschen Panzern an Sau 
di- Arabien. Der Rüstungslobbyist 
Karlheinz Schreiber fädelte 1991 of 
fenbar den Verkauf der 36 «Fuchs»- 
Spürpanzer ein. Die Staatsanwalt 
schaft Augsburg wirft Schreiber vor, 
in diesem Zusammenhang den 
früheren Staatssekretär im deut 
schen Verteidigungsministerium, 
Ludwig-Holger Pfahls, bestochen zu 
haben. Der inzwischen unterge 
tauchte Pfahls steht im Verdacht, 
mehrere Millionen Mark Provision 
Roland Koch stellt sich auf dem Weg zu einem CDU-Parteitreffen der Presse. 
eingesteckt zu haben. Durch die Er 
mittlungen flog die CDU-Spenden 
affäre auf. Am 2. und 3. Februar 
stellte das deutsche Justizministeri 
um Anfragen an das Eidgenössi 
schen Justiz- und Polizeideparte 
ment (EJPD) und das Bundesamt 
für Polizeiwesen (BAP) um abzu 
klären, ob die Weitergabe von Ak 
ten aus der .Schweiz an den Unter 
suchungsausschuss durch das 
schweizerisch-deutsche Rechtshil 
feabkommen von 1959 gedeckt sei. 
Weil dies noch nicht geklärt sei, 
habe der Untersuchungsausschuss 
selber noch kein Rechtshilfegesuch 
an ausländische Behörden gestellt, 
hiess es aus Berlin. Man warte vor 
erst auf die Freigabe der Akten. 
Gegenwärtig werde die Anfrage 
geprüft, sagte BAP-Sprecher JUrg 
Pulver auf Anfrage der Nachrichte 
nagentur sda. Dabei seien formal 
rechtliche Fragen bezüglich des Un 
tersuchungsausschusses aufge 
taucht, weshalb man in Berlin um 
ergänzende Unterlagen gebeten ha 
be. Diese seien vor kurzem auf den 
Weg gebracht worden, sagte der 
Sprecher im Berliner Justizministe 
rium,Thomas Weber. 
Rechtshilfe an Deutschland 
blockiert 
Zur Zeit ist die Schweizer Rechts 
hilfe durch Beschwerden blockiert. 
Zwar sind die meisten Rechtshilfe 
gesuche mittlerweile erledigt. We 
gen der Einsprachen kann der 
Staatsanwaltschaft Augsburg jedoch 
kein zusätzliches Material weiterge 
leitet werden. In der vergangen Wo 
che hatte das Obergericht Nidwal- 
den zwei Beschwerden gegen Verfü 
gungen des Verhöramts teilweise 
gutgeheissen. Damit wurden diese 
Verfügungen des Verhöramtes auf 
gehoben. Es muss die Gesuche der 
Beschwerdeführer um Aktenein 
sicht prüfen, beurteilen und neu ver 
fügen. Einen konkreten Termin 
dafür gebe es noch nicht, sagte Ver 
hörrichter Alois Bissig. Aber in eini 
gen Wochen sollte man «einen 
Schritt weiter sein.» Gegen diese 
Verfügungen könnten allerdings 
wieder Rekurse eingelegt werden. 
Israel lässt Treffen platzen 
Erneut israelischer Soldat bei Hisbollah-Anschlag getötet 
BEIRUT: Nach einem neuen His 
bollah-Angriffin Südlibanon hat Is 
rael am FVeitag ein Treffen der Li 
banon- Beobachtergruppe platzen 
lassen. Israels Luftwaffe beschoss 
erneut mutmassliche Hisbollah- 
Stellungen in Südlibanon. 
Auf dem UNO-Stützpunkt in der 
südlibanesischen Küstenstadt Na- 
kura sollte am Freitag die so ge 
nannte Libanon-Beobachtergruppe 
über die jüngste Eskalation der Ge 
walt in der Region beraten. Die 
USA hatten auf das Treffen ge 
drängt, um die zunehmende Gewalt 
zwischen Israel und der Hisbollah in 
Südlibanon zu stoppen. 
Das Treffen der Militärbeobach 
ter Israels, Libanons, Syriens sowie 
der Garantiemächte Frankreich 
und USA kam jedoch nicht zustan 
de, da Israels Ministerpräsident 
Ehud Barak die israelische Delega- 
Immer wieder kommt es in Israel zu schweren Zwischenfällen. 
tion anwies, den Tagungsort zu ver 
lassen. Bei den Beratungen sollte 
es unter anderem darum gehen, ei 
ne informelle Vereinbarung zwi 
schen den Konfliktparteien aus 
dem Jahr 1996 zu retten, die An 
griffe auf zivile Ziele des Gegners 
und Militäroperationen aus zivilen 
Gebieten heraus untersagt. Nach 
einem Angriff der radikal-islami 
schen Hisbollah im Südlibanon 
flog Israel am Freitag nach Augen 
zeugenberichten wieder Angriffe 
auf Hisbollah-Stellungen. Bei dem 
Angriff von Kämpfern der His 
bollah wurden nach Angaben pro 
israelischer Milizkreise im Südliba 
non am Freitag mindestens ein is 
raelischer Soldat getötet und zwei 
weitere verletzt. Damit sind seit Ja 
nuar im Südlibanon sieben israeli 
sche Soldaten getötet worden. Die 
Hisbollah bekannte sich zu den 
Angriffen. Sie kämpft seit Jahren 
gegen die israelische Besetzung des 
Südlibanon. Auf die verstärkten 
Angriffe der Hisbollah hatte Israel 
mit wiederholten Luftangriffen 
reagiert. Dabei wurden Anfang 
Woche drei libanesische Kraftwer 
ke zerstört und 20 Zivilisten ver 
letzt. 
IWF forscht nach Verbleib von Krediten 
Mit gefälschten Bilanzen Kreditzusagen erschlichen 
LONDON/KIEW: Die National 
bank der Ukraine soll sich in den 
vergangenen Jahren durch gefälsch 
te Bilanzen die Erteilung von Kredi 
ten des Internationalen Währungs 
fonds (IWF) erschlichen haben. 
Zudem seien IWF-Gelder gegen die 
Anweisung des Währungsfonds in 
Risikoanleihen gesteckt worden, 
berichtete die in London erschei 
nende Zeitung «Financial Times» 
am Freitag. Der IWF hat seine Er 
mittlungen über den Verbleib von 
Ukraine-Krediten ausgeweitet. 
In mindestens einem Fall habe 
die Nationalbank ISO Millionen 
US- Dollar über mehrere Konten 
laufen lassen, um dem IWF eine 
doppelt so hohe Geldsumme als 
Eigenreserve zu präsentieren. Min 
destens 600 Millionen US-Dollar 
seien zudem im Jahr 1997 und An 
fang 1998 an eine Schweizer Bank 
überwiesen worden, schreibt die 
Finanzzeitung. Die jüngsten Vor 
würfe dürften nach Ansicht von 
Beobachtern die bevorstehenden 
Verhandlungen der neugebildeten 
ukrainischen Reformerregierung 
mit dem IWF erschweren. Regie 
rungschef Viktor Juschtschenko, 
bis Ende 1999 Direktor der Natio 
nalbank, hatte einen Missbrauch 
von IWF-Krediten bislang katego 
risch bestritten. Ein Vorgänger 
Juschtschenkos, der in die USA 
geflohene Ex- Premier Pawel Lasa- 
renko, warf Präsident Leonid Kut 
schma vor, mit IWF-Geldern seine 
Wiederwahl im Herbst 1999 finan 
ziert zu haben. 
Eine IWF-Delegation wird am 
kommenden Montag in Kiew er 
wartet. Am gleichen Tag will 
Juschtschenko in London Privat 
gläubigern sein Konzept zur 
Umstrukturierung überfälliger An 
leihen präsentieren. Die Finanz 
schwache Ukraine steht nach 
eigenen Angaben kurz vor dem 
Bankrott. 
»Iftitirin i
	        

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