Liechtensteiner VOLKSBLATT
AUSLAMU
Donnerstag, 28. Dezember 2000 25
Nahost-Gipfel soll Einigung bringen
Palästinenser sehen noch Klärungsbedarf - Israelisches Kabinett debattiert über Clintons Vorschläge
JERUSALEM: Die Ent
scheidung über ein Nah-
ost- Friedensabkommen
soll erst nach einem israe
lisch-palästinensischen
Gipfeltreffen fallen. Die
ses soll heute im ägypti
schen Badeort Scharm el
Scheich stattfinden.
Bei dem Treffen von Israels Mi
nisterpräsident Ehud Barak und
Palästinenserpräsident Jassir
Arafat soll es um den jüngsten
US- Friedensplan gehen, wie
beide Seiten am Mittwoch be
kannt gaben. Vermitteln soll
der ägyptische Präsident Husni
Mubarak. Die Annahme der
US-Initiative blieb auch nach
eingehenden Beratungen im is
raelischen und palästinensi
schen Lager ungewiss. In Israel
trat Baraks Sicherheitskabinett
zu einer Sitzung hinter ver
schlossenen Türen zusammen.
Nach einer Unterbrechung
wollte das Gremium kurz vor
Mitternacht erneut zusammen
kommen und eine Antwort auf
die vorgelegten Pläne formulie
ren.
Auch die palästinensische
Führung beriet weiter über die
Vorschläge des scheidenden
US-Präsidenten Bill Clinton.
Ein Palästinenservertreter sagte
sogar, die Palästinenser hätten
gegenüber den USA die Pläne
Heute wollen sieh der israelische Ministerpräsident Ehud Barak und der palästinensische Präsident
Jassir Arafat (kleines Bild) zu Friedensgesprächen im Badeort Scharm-el-Seheich treffen.
als inakzeptabel bezeichnet
und Klärungsbedarf angemel
det. Die US-Vorschläge seien
keine geeignete Basis für eine
Beilegung des Konflikts mit Is
rael.
Aus Kreisen des US-Aussen-
ministeriums in Washington
verlautete am gestrigen Abend
(MEZ), bislang sei keine Ant
wort auf die Friedensvorschlä
ge eingegangen. Clinton hatte
Israeli und Palästinensern eine
Frist bis Mittwochabend ge
setzt, um auf die Vorschläge zu
reagieren.
Bei dem Gipfel in Scharm el
Scheich werde es hauptsächlich
darum gehen, einen Rahmen
für weitere Friedensverhand
lungen festzulegen, verlautete
aus dem ägyptischen Aussen-
ministerium. Arafat und Barak
kämen nicht nach Ägypten, um
ein Abkommen zu unterzeich
nen.
Prinzipien-Erklärung
Die Wiederaufnahme von
VorbereitungstrefFen könnten
jedoch möglicherweise zu ei
nem Gipfeltreffen in Washing
ton führen. Clinton soll eine
Prinzipien-Erklärung vorge
schlagen haben, der weitere
Verhandlungen über die Umset
zung folgen müssten. Der US-
Plan sieht nach Medienberich
ten vor, dass die Palästinenser
künftig die Kontrolle über den
Tempelberg mit der El- Aksa-
Moschee und dem Felsendom,
der drittheiligsten Stätte des Is
lam, erhalten. Der untere Teil
des Tempelberges und die dort
gelegene Klagemauer blieben
jedoch unter israelischer Ho
heit. Die Palästinenser sollten
auf die Forderung nach einem
Rückkehrrecht für ihre Flücht
linge vereichten.
Mehrere hundert jüdische Ul
tranationalisten demonstrierten
gestern in der Jerusalemer Alt
stadt gegen den US-Friedens
plan. Die Polizei hinderte meh
rere Dutzend Extremisten da
ran, von der Klagemauer auf
den Tempelberg zu gelangen,
mehrere Menschen wurden
festgenommen.
Falsch etikettierte Rinderwurst
BERLIN: In Bayernund Sach
sen-Anhalt sind nach Behör
denangaben Wurstwaren aus
Rindfleisch aufgetaucht Auf
den Etiketten war dies nicht.
signalisiert.
In vier von Pünf Würsten hät-
ten die Kontrolleure Rind
fleisch gefunden, obwohl dies
auf der Beschriftung
nachträglich ausgeschlossen
worden war, teilte das bayri
sehe Gesundheitsministerium
gestern in München mit. >
Die Wurst-Proben stammlen
demnach aus Supermärkten in
Augsburg sowie den Landkrei
sen Starnberg und Fürsten
feldbruck. Bei, den Waren sei
bei der Inhaltsangabe das'
Wort Rindfleisch nachträglich'
durchgestrichen worden. Das
Ministerium erklärte weiter,:
einzelne Ergebnisse der Pro- ;
ben müssten noch überprüft ;
werden. Denn bei dem ange
wandten Schnelltest könnten
auch andere Bestandteile wie
zum Beispiel Käse positive Er
gebnisse liefern. .
In Sachsen-Anhalt berichte
te das Gesundheitsmimsten
um in Magdeburg, in etwa 20
Prozent von 65 geprüften Par
tien sei Rindfleisch gefunden
worden, obwohl ein entspre-,
chender Hinweis fehle. Eine;
Sprecherin sagte, die unvoll
ständige Ausweisung der;
Wurstwaren erfülle keinen
Straftatbestand. Es handle sich\
lediglich um Irreführung und
Täuschung des Verbrauchers, j
Europaweite Ausländerdatei
EU-Vergleichssystem für Fingerabdrücke von Asylbewerbern
BERLIN: Fingerabdrücke von
Asylbewerbern und illegal
eingereisten Ausländern sol
len künftig EU-weit vergli
chen werden. Nach Angaben
des deutschen Innenministeri
um trat eine entsprechende
Verordnung in Kraft. Die
Schweiz ist nicht an das Sy
stem angeschlossen.
Wie gestern aus Berlin verlau
tete, gilt die Verordnung in al
len Mitgliedsstaaten der Eu
ropäischen Union (EU). Das Sy
stem soll in zwei Jahren ein
satzbereit sein. Die Fingerab
drücke werden in einer zentra
len Datenbank in Luxemburg
gespeichert.
Missbäuche verhindern
Mit einem EU-weiten Ver
gleich kann damit festgestellt
werden, ob ein Asylbewerber
schon in einem anderen Staat
einen Antrag gestellt hat und
in welches EU-Land er mögli
cherweise illegal eingereist ist.
Zudem kann verhindert wer
den, dass Asylsuchende unter
verschiedenen Identitäten in
mehreren EU-Staaten Asylver
fahren betreiben. Die Schweiz
Wirbel beim tschechischen Fernsehen
Präsident Havel stellt sich auf die Seite rebellierender TV-Joürnalisten
PRAG: Im Konflikt um die
neue Spitze des öffentlich-
rechtlichen Fernsehens in
Tschechien hat sich Präsident
Vaclav Havel gestern hinter
die rebellierenden Journalis
ten gestellt.
Havel sagte mehreren Medien,
die Wahl des neuen Intendan
ten Jiri Hodac durch den Ver
waltungsrat sei zwar «vielleicht
konform mit dem Buchstaben
des Gesetzes», sie widerspreche
aber dem Sinn und Geist der
Gesetze. Der Präsident bezeich
nete die Lage als «sehr gefähr
lich».
Havel sagte dem betroffenen
Sender Ceska Televize (CT) und
anderen Medien, die kommunis
tische Diktatur in der früheren
Tschechoslowakei sei 1948
ebenfalls auf legalem Wege zu
stande gekommen. Aber sie ha
be trotzdem dem Geist der Ver
fassung widersprochen.
Die Protestbewegung hatte
vergangenen Mittwoch nach
der Ernennung von Hodac
durch den Verwaltungsrat des
CT begonnen. Die Journalisten
fordern sowohl die Absetzung
des Intendanten als auch des
Verwaltungsrates.
Sie werfen der neuen CT-
Führung mangelnde Unabhän
gigkeit und zu grosse Nähe zur
Demokratischen Bürgerpartei
(ODS) von Parlamentspräsident
Vaclav Klaus vor.
Frühstückssendung un
terbrochen
Hodac unterbrach am Mitt
woch eine Frühstückssendung,
welche die rund zwanzig am
Dienstag offiziell entlassenen
Redaktoren vorbereitet hatten.
Nach Informationen der
Nachrichtenagentur CTK sollte
es in der Sendung mit dem Titel
«Guten Morgen mit CT» um den
Streit im Sender gehen. Auf
Anweisung Hodacs sei stattdes
sen das Programm von CT 2
ausgestrahlt worden, sagte ein
Tontechniker.
KT,
Staatspräsident Vaclav Havel stellte sich öffentlich auf die Seite
der aufständischen Journalisten. (Bilder: Keystone)
Eigene Produktionen
Seit Sonntag hatte die neue
Leitung wiederholt Nachrich
tensendungen der Journalisten
unterbrochen und durch eigene
Produktionen ersetzt. Ausser
dem zeigte Hodac die Journalis
ten laut CTK an. Diese schlös
sen sich zu einem Krisenkomi
tee zusammen und nahmen am
Dienstag die von der neuen
Nachrichtenchefin, Jana Bobo-
sikova, ausgesprochenen Kün
digungen nicht an.
ist an das System vorderhand
nicht angeschlossen. Wie Do
minique Boillat vom Bundes
amt für Flüchtlinge (BFF) auf
Anfrage sagte, ist die Vereinba
rung Bestandteil des Dubliner
Abkommens.
Die Schweiz hätte zwar gerne
schon jetzt mitgemacht. Eine
allfällige Mitarbeit soll nach
dem Willen der EU aber erst im
Rahmen der neuen bilateralen
Verhandlungen ein Thema sein.
Rein technisch wäre ein An-
schluss der Schweiz an die EU-
Datenbank möglich, wie Boillat
weiter sagte.
DOS-Sieg offi
ziell bestätigt
BELGRAD;.Parteien-^
bündnis DOS/ist nun auch)
offiziell.. Sieger der' Paria-';
mentswahlen.in Sertrfenjvomj
vergapgepen; Samstag. ,.Das;
gab d|ev Wahlkommission ■
"gester^ Abend, in Belgrad S
nachAwertungder ,Unter-'
J^en . aus .über; 99; Prozent j
der Wahllokale bekannt .
Die Demokratische Opposi- j
'tion' Serbiens DOS hat".denk!
nach- 64,08 Prozent der Stlm-.1
men erh<eri^DIes sichert, ihr]
176, der 250; Sitze Im Parlä~ ; j
ment DieSözialistische Parr?
tel(SPS)7 des-, abgewählten^
Präsidenten Slobodan, JMilo- i
sevfc.'ist mit 13,76 Prozent I
. taktjioit'.uod, ffWÜttj^.Man-l
date/Dle e^m-natiönali- j
; stjsch'el Seibfcche^Radikale.f
lPartefJ(S^S)errang 8 t 59 ; Pro-K
zfcnt- .^»{1^23 r Mandate. 1 : Die!
! ^ht^rifüqpallstjsche PairteL
deriSerbi^chenEinheit (SSJ) ]
bek^jf^^u.prozent'} der';
S«^e%Ätomiti;l44b-'|
NACHRICHTEN
David de Pury
gestorben
ZÜRICH: Der ehemalige Di
plomat und ABB-Co-Präsi-
dent David de Pury ist am
Dienstagabend in Zürich im
Alter von 57 Jahren an den
Folgen eines Krebsleidens
gestorben. De Pury war
Mitautor des 1995 erschie
nenen «Weissbuchs» zur
Wirtschaft. Der ehemalige
Diplomat war laut einer
Sprecherin seiner Finanzge-
sellschaft vor rund zehn Ta
gen ins Spital eingeliefert
worden. Dort entdeckten die
Ärzte den Krebs. Politik und
Wirtschaft zeigten sich ge
schockt über den Tod de
Purys. Bundesrat Pascal
Couchepin entbot am Mitt
wochabend in einem Nach
ruf de Puiys Angehörigen
seine tief empfundene An
teilnahme. Er würdigte de
Pury als Brückenbauer zwi
schen Wirtschaft und Poli
tik. Er sei ein Mann mit
Überzeugungen und Sinn
für Freundschaft, kultiviert,
innovativ, intelligent und
herzlich gewesen. De Pury
sei einer der wenigen Wirt
schaftsführer gewesen, der
auch Gespür für gesell
schaftliche Belange gehabt
habe, sagte alt Staatsse
kretär Edouard Brunner.
23. Europäisches
Treffen von Taize
BARCELONA/BERN: Rund
80 000 Jugendliche werden
sich ab heute in Barcelona
zum 23. Europäischen Tref
fen der ökumenischen Ge
meinschaft von Taiz£ ein
finden. 150 Schweizer wer
den an dieser Versammlung
dabei sein, die am Montag
zu Ende geht.
In Barcelona und Umge
bung werden die Jugendli
chen in über 300 Pfarreien
aufgenommen, wie die Ge
meinschaft gestern in einer
Medienmitteilung verlauten
Hess. Von den 80 000 Teil
nehmern des ökumenischen
Treffens kommen rund
35 000 aus Osteuropa.
Mitterrands Sohn
bleibt in Haft
PARIS: Der älteste Sohn des
früheren französischen Prä
sidenten Francis Mitter
rand bleibt wegen mögli
cher Verwicklungen in Waf
fengeschäfte weiter in Haft.
Das Berufungsgericht in Pa
ris verwarf gestern einen
Antrag von Jean-Christophe
Mitterrand auf Haftverscho
nung. Ein neuer Antrag auf
Haftverschonung werde in
zehn bis 20 Tagen geprüft,
hiess es nach Gerichtsanga
ben. Der 54-Jährige war am
Donnerstag verhaftet wor
den und musste Weihnach
ten hinter Gittern verbrin
gen. Er soll unter anderem
für die Vermittlung von
Warengeschäften nach
Angola zwischen 1993 und
1994 etwa 1,8 Millionen
Dollar auf ein Schweizer
Konto erhalten haben.