Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

1 6 Mittwoch, 27. Dezember 2000 
MAGAZIN 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
Warum versanken antike Städte im Nildelta? 
Spektakuläre Ergebnisse einer durch die Hilti Foundation geförderten Studie 
Warum versanken die an 
tiken Städte im Nildelta? 
Beim Jahreskongress der 
American Geophysical 
Union präsentiere ein in 
terdisziplinäres Team von 
Archäologen, Geologen 
und Geophysikern die 
spektakulären Ergebnisse 
ihrer Zusammenarbeit. 
Bei dem Weltkongress der 
American Geophysical Union, 
einer der weltweit renommier 
testen wissenschaftlichen Ge 
sellschaften, wurde erstmalig 
die Arbeit einer ungewöhnli 
chen Kooperation präsentiert. 
Unterwasserarchäologe Franck 
Goddio, der Geophysiker Dr. 
Arnos Nur und der Meeresgeo 
loge Dr. Daniel Stanley doku 
mentierten den Untergang der 
antiken Städte in der Bucht von 
Aboukir und im Hafenbecken 
von Alexandria vor einigen 
1000 Wissenschaftlern aus aller 
Welt. 
Zahlreiche antike Quellen be 
richten von der Existenz und 
Bedeutung dieser Region und 
der Städte, unter anderen Ho 
mer, Herodot und Strabon. Die 
ser Küstenabschnitt ist aus bis 
her ungeklärten Ursachen vor 
mehr als 1000 Jahren in den 
Fluten des Mittelmeeres ver 
sunken. 
Der französische Unterwas 
serarchäoioge Franck Goddio 
präsentierte die Entdeckung der 
antiken Städte im Sommer 
2000 in Zusammenarbeit mit 
dem Obersten Rat für ägypti 
sche Altertümer. Die beiden 
Wissenschaftler Dr. Arnos Nur 
von der Stanford University, 
Kalifornien, führender Experte 
für Erdbeben in der Antike, und 
Dr. David Stanley vom Smitho- 
nian Institute in Washington, 
Spezialist für das gesamte Nil 
delta und seine geologischen 
Veränderungen, haben sich 
Goddios Team angeschlossen. 
Gemeinsam erforschen sie die 
Ursachen, die möglicherweise 
zum Untergang der Region in 
Aboukir geführt haben. 
Die Forschungsarbeiten wur 
den mit neuesten Technologien 
durchgeführt, wie beispielswei 
se geophysischer 2-D- und 3- 
D-Vermessungstechnik, Tiefen- 
Echolot, nukleare Resonanz- 
Mit einem speziell für Unterwassereinsätze entwickelten GPS-Markierungssystem hält ein Taucher die exakte Position der entdeckten 
Sphinxfest. 
magnetometer, Seiten-Sonar- 
gerät sowie Messgeräte, die 
auch Unregelmässigkeiten 
mehrere Meter unterhalb der 
Sedimentschicht orten können. 
Diese akribischen Untersu 
chungen führten zu überra 
schenden neuen Erkenntnissen 
über die Ursachen der Katastro 
phen in der Antike. So wurden 
unter den Ruinen Risse im 
Meeresboden entdeckt, die auf 
eine bis heute unbekannte 
strukturelle Instabilität der Erd 
platten hinweisen könnten. 
Darüber hinaus lassen die wie 
Dominosteine in eine Richtung 
umgefallenen Säulen der Rui 
nen sowie die grosse Anzahl an 
Artefakten auf ein starkes Erd 
beben schliessen. Ein plötzli 
cher Anstieg des Meeresspie 
gels, verursacht durch Flutwel 
len, Absenkung oder Verflüssi 
gung des Meeresbodens, sowie 
die Versandung des kanopi- 
schen Nilarms sind weitere In 
dikatoren, die auf eine verhee 
rende Naturkatastrophe in die 
ser Region hindeuten. 
Diese Erkenntnisse doku 
mentieren die Naturkatastro 
phen, mit denen die Menschen 
vor über 1000 Jahren konfron 
tiert wurden. Sie sind auch für 
die heutige Zeit überaus wert 
voll, da Bodenabsenkungen, 
Erdverflüssigung und Erdbe 
ben mehrere dicht bevölkerte 
Küstenregionen dieser Erde 
bedrohen. Ein besseres Ver 
ständnis dieser Ereignisse im 
antiken Aiexandria können 
dazu beitragen, Rückschlüsse 
auf mögliche zukünftige Na 
turkatastrophen in anderen 
Regionen dieser Erde zu zie 
hen. 
Die erfolgreichen Forschun 
gen wurde von der Hilti Foun 
dation, Liechtenstein, ermög 
licht, die die Arbeit von Franck 
Goddio seit Jahren unterstützt. 
Das Projekt wurde ausserdem 
von der amerikanischen Gould 
Foundation mitgetragen. Der 
Discovery Channel, Bethesda, 
der Franck Goddios Arbeit 
ebenfalls finanziell unterstützt, 
hat einen populär-wissen 
schaftlichen Film über die ver 
sunkenen Städte in der Bucht 
von Aboukir produziert, der am 
29.1.2001 erstmalig in den USA 
und danach weltweit ausge 
strahlt wird. 
Teil des berühmten »Naos der Dekaden», welcher in der Nähe der Innenstadt von Canopus gefunden wurde. Es diente den alten Ägyptern 
als Hilfe zur Kalendererstellung. Gesponsert wurde die Such-Aktion durch die Hilti Foundation. ' 
Stundenlang kein Funkkontakt zur Raumstation «Mir» 
20 Stunden unkontrolliert Erde umkreist - Sorgen um Sicherheit des altersschwachen Orbitalkomplexes 
MOSKAU:. Ein zeitweise abge 
rissener Funkkontakt zur rus 
sischen Raumstation «Mir» hat 
am Dienstag grosse Besorgnis 
Uber die Sicherheit des alters 
schwachen, 140 Tonnen 
schweren Orbitalkomplexes 
ausgelöst. Erst nach 20 Stun 
den gelang es dem Moskauer 
Kontrollzentrum am Dienstag 
im zweiten Anlauf, die Ver 
bindung zu der unbemannten 
Raumstation wieder herzu 
stellen. Die Ursache der neu 
erlichen Panne in der fast 15 
Jahre alten «Mir» war 
zunächst unbekannt. Ohne 
Funkkontakt besteht die Ge 
fahr eines unkontrollierten 
Absturzes der fast 15 Jahre 
alten Station. 
Im ersten Anlauf gelang es 
Technikern, für gut sieben Mi 
nuten Verbindung zur Raum 
station herzustellen, wie ein 
Sprecher des Kontrollzentrums, 
Waleri Lyndin, mitteilte. Lyn- 
v 
din sagte in einem Gespräch 
mit der Nachrichtenagentur AP, 
die kurze Verbindung habe ge 
zeigt, dass die Raumstation kei 
nen Druck verloren habe. Dies 
dämpfe Befürchtungen, die 
Raumstation könne ausser 
Kontrolle auf die Erde stürzen. 
Im zweiten Versuch wurde vol 
ler Kontakt für 17 Minuten her 
gestellt, sagte eine weitere 
Sprecherin, Vera Medwedkowa. 
Normalerweise besteht bei jeder 
rund zweistündigen Umlauf 
bahn der «Mir» für 15 bis 20 
Minuten Funkkontakt zum 
Kontrollzentrum. Meist werden 
Kommunikationsfehler von 
Pannen des Bordcomputers 
ausgelöst. 
Der Leiter des staatlichen 
Raumfahrtunternehmens Ener- 
gija, Juri Semjonow, bezeich 
nete den kurzen Funkkontakt 
am Dienstag als hoffnungsvol 
les Zeichen. «Wir werden jetzt 
versuchen, herauszufinden, 
was passiert ist», fügte er hinzu. 
Möglicherweise müsse eine 
Notcrew zur «Mir» geschickt 
werden, verlautete aus Raum 
fahrtkreisen. Nach monatelan- 
i 
gern Zögern hatte sich die rus 
sische Regierung im November 
entschieden, die «Mir» Anfang 
kommenden Jahres kontrolliert 
abstürzen zu lassen, da ihre 
Flugsicherheit nicht länger ge 
währleistet sei. Der Chef der 
Raumfahrtbehörde Juri Koptew 
bezeichnete den Weiterbetrieb 
der «Mir» damals als «russisches 
Roulette». 
Seit der Beinahe-Katastrophe 
von 1997, als ein Raumtrans 
porter mit der «Mir» kollidierte, 
gab es eine Reihe von Compu 
terpannen. In diesem Jahr ar 
beitete eine Besatzung 73 Tage 
fast ohne Zwischenfall in der 
140 Tonnen schweren Station, 
die am 19. Februar 1986 ins All 
gestartet war. 
Die «Mir» besteht inzwischen 
aus sechs Modulen. An dem 
Komplex sind mehrere Sonnen 
segel und grosse Antennen an 
gebracht. Die unerwartet lange 
Lebensdauer liess sowjetische 
und dann russische Kosmonau 
ten wichtige Erfahrungen über 
den Dauereinsatz in der Schwe 
relosigkeit sammeln, von der 
nun die internationale Raum 
station ISS profitieren soll. Die 
US-Raumfahrtbehörde NASA 
hatte an Russland appelliert, 
«Mir» aufzugeben, um seine 
knappen finanziellen Ressour 
cen auf das neue Projekt kon 
zentrieren zu können. In der 
«Mir» arbeiteten auch die deut 
schen Wissenschaftler und 
Raumfahrer Klaus-Dietrich Fla- 
de, Ulf Merbold, Thomas Reiter 
und Reinhold Ewald. 
Bereits im Jahr 1978 war ein 
sowjetischer Satellit statt in 
den Pazifik in die nordkanadi 
sche Wildnis gestürzt und hatte 
dort radioaktive Trümmerteile 
verstreut. Menschen wurden 
damals nicht verletzt. Auch die 
Aufgabe der amerikanischen 
Raumstation «Skylab» geriet 
1979 ausser Kontrolle; Trüm 
mer stürzten auf Westaustra 
lien. 
Die russische Raumstation «Mir» umkreiste während rund 20 
Stunden die Erde unkontrolliert. (Archivbild)
	        

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