Liechtensteiner Volksblatt
R EQIO N
Freitag, 7. Januar 2000 23
Nachrichten
Rund 6800 Hirsche und
Rehe erlegt
CHUR: Rund 6800 Hirsche und Rehe sind in
der abgelaufenen Jagdsaison im Kanton
Graublinden erlegt worden. Bei der Hochjagd
gingen 5550 Jägerinnen und Jäger auf die
Pirsch. An der Sonderjagd im Herbst beteiligten
sich 1340 Jäger, so viele wie noch nie. Mit der
Zahl erlegter Tiere sei das Ziel, mit ausgegli
chenen Beständen in den Winter und ins Jahr
2000 zu gehen, weitgehend erreicht worden,
teilte das Jagd- und Fischereiinspektorat
Graubünden mit. Auf der Hochjagd fielen - die
Abschüsse der Wildhüter eingerechnet - 2850
Hirsche und auf der Sonderjagd 1279. Damit
wurde der Abschussplan zu 95 Prozent erfüllt.
Bei den Rehen wurden auf der Hochjagd 2346
Tiere erlegt und auf der Sonderjagd 330. Hier
wurde der Abschussplan zu 98 Prozent erfüllt.
Besonders zur Sonderjagd zieht das Jagdin-
spektorat ein positives Fazit. Sie stelle ein ge
eignetes Mittel dar, die je nach Region grösse
ren oder kleineren Differenzen zum Abschuss
plan nach der Hochjagd auszugleichen, heisst es
in der Mitteilung. Die Jäger seien sich in zuneh
mendem Masse der Aufgabe der Sonderjagd be-
wusst und bestrebt, das Richtige zu tun: ihre
Beute als einen Bestandteil der notwendigen
Entnahme zu betrachten, um einen wider
standsfähigen, den harten Winterbedingungen
trotzenden Bestand herzustellen. Seit der Ein
führung der Sonderjagd auf Hirschwild sei kein
Wintersterben mehr zu verzeichnen.
Ausstellungen gehen
weiter
ST. GALLEN: Noch bis Ende Januar ist in der
Galerie im 2. Stock der Migros Klubschule St.
Gallen die Jahreausstellung des Fotoklubs zu
sehen. Das Thema heisst «kugelrund». Gross ist
das Interesse an der Grafik-Edition der AIDS-
Hilfe St. Gallen-Appenzell, die zur Zeit in der
Galerie im 1. Stock ausgestellt ist. Die sieben
Blätter sind von Josef Felix Müller, Walter Bur
ger, Hans Thomann, Lucie Schenker, Barbara
H6e, Roman Signer und Toni Calzaferri. Diese
Ausstellung wird deshalb bis Ende Januar ver
längert. Die zwei Ausstellungen sind täglich of
fen: Montag bis Freitag 8 bis 22 Uhr;
Samstag/Sonntag, 9 bis 14 Uhr. (Eing.j
Schriften zu Brigantium
und Kauffmann
BREGENZ: Vom Vorarlberger Landesmuse
um wird erstmals eine umfassende Auswertung
der Ausgrabungen des römischen Hafenviertels
von Bregenz in Buchform vorgelegt. Eine zwei
te Publikation bringt ein Manuskript des
Schwagers der Malerin Angelika Kauffmann.
Die Handschrift «Memorie istoriche» von Gui
seppe Carlo Zucchi aus dem Jahr 1788 befindet
sich im Besitz des Landesmuseums. Auf ihr ba
siert die gesamte Angelika Kauffmann-For-
schung. Mit dem vom Museumsdirektor Helmut
Swozilek erarbeiteten Band soll die wachsende
Nachfrage von Wissenschaftern befriedigt wer
den. «Nach den grossen Kauffmann-Ausstellun
gen im Voijahr ist das Interesse noch weiter ge
stiegen», erklärte die für die Öffentlichkeitsar
beit des Museums zuständige Museumspädago-
gin Martina Heise.
Elf Personen nach
Hausbrand obdachlos
BREGENZ: Sechs Erwachsene und fünf Kin
der sind nach einem Brand eines Wohnhauses in
Götzis obdachlos geworden. Das Feuer war am
frühen Mittwochabend ausgebrochen. Zu die
sem Zeitpunkt befanden sich keine Personen
im Haus. Das Haus wurde schwer beschädigt.
Alkoholisierte
beleidigte Polizei
LINDAU/BREGENZ: Ein harmloser Auffahr
unfall in Lindau hat mit einem Eklat geendet.
Eine 45 Jahre alte Vorarlbergerin muss nun mit
einer saftigen Geldbusse rechnen. Eigentlich
war beim Unfall am Mittwochabend kaum
Sachschaden entstanden, so die Polizei von Lin
dau. Doch «während der Unfallaufnahme belei
digte die Lenkerin ihren Unfallgegner und auch
die Streifenbeamten mit derbsten Ausdrücken».
Der durchgeführte Alkoholtest ergab bei der
Vorarlbergerin nicht wehiger als 2,18 Promille.
Der Mundgeruch und das Verhalten der Unfall-
Lenkerin hatten die Polizisten dazu veranlasst,
die Frau ins Röhrchen blasen zu lassen. Danach
musste sie sich auch einer Blutabnahme unter
ziehen. Sie wird nun wegen Trunkenheit am
Steuer und Beamtenbeleidigung angezeigt.
Stadt nimmt Gewalt- und
Ausländerprobleme ernster
Bilanz ein Jahr nach dem Mord am St. Galler Reallehrer Paul Spirig
ST. GALLEN: Der Mord am
St. Galler Reallehrer Paul Spi
rig durch den kosovo-albani-
schen Vater einer Schülerin hat
bewirkt, dass Gewalt- und Aus
länderprobleme in der Stadt
ernster genommen werden.
Ein Jahr nach der Tat zogen die
Schulbehörden Bilanz.
«Vieles ist nach dem 11. Januar 1999
aufgebrochen», blickte Schulvor
stand Liana Ruckstuhl am Mitt
woch an einer Pressekonferenz
zurück. Die Ausländerintegration
sei stärker ins Bewusstsein von Öf
fentlichkeit und Politik gerückt.
«Die Schulen sind nicht mehr allein
damit», sagte Ruckstuhl.
Konkret wurde die Zusammenar
beit zwischen Schulen, Polizei, Ju
gendanwaltschaft und Vormund
schaftsamt verstärkt. Lehrerinnen
und Lehrer seien heute eher bereit,
Gewaltvorfälle anzuzeigen und Hil
fe von aussen zu beanspruchen. Die
städtischen Realschulen erhielten -
als Sofortmassnahme nach dem
Lehrermord - eine Sozialberatung.
In Arbeit, aber noch nicht reali
siert ist ein städtisches Integrations
konzept. Auch kantonal wurde eine
breit abgestützte Arbeitsgruppe ak
tiv: Ihr Bericht, der einen Katalog
von rund 50 Massnahmen und For
derungen enthält, liegt seit Ende
Jahr beim Regierungsrat.
Noch nicht verarbeitet
Die Schulen hätten zwar zum All
tag zurück gefunden. Das Verbre
chen sei aber noch nicht verarbeitet,
erklärte die Stadträtin. Geplant sei
en Konfliktlösungskurse für Schüle-
Der Abschiedstisch, den die Schülerinnen und Schüler filr ihren ermordeten
Lehrer Paul Spirig eingerichtet hatten. (Bild: Keystone)
rinnen und Schüler. Am 11. Januar
findet im Engelwies-Schulhaus
abends eine stille Gedenkstunde
zur Erinnerung an Paul Spirig statt.
Für Rosmarie Mühlbacher, Sozi
alberaterin der Realschulen St. Gal-
len-Ost, ist die Schule ein Spiegel
der Gesellschaft. «Gewalt ist allge
genwärtig», meinte sie. Schülerin
nen und Schüler lebten damit, er
lebten sie am Fernsehen und bräch
ten sie auch in die Schule.
Die Schule leiste grosse Integrati
onsarbeit, zeigte sich Mühlbacher
überzeugt. Gewalt sei «eine nonver
bale Sprache und ein Ausdruck von
Hilflosigkeit». Es gehe darum, je
nen, welche zur Gewalt neigten, ei
ne Sprache zu geben, damit sie ihre
Probleme und Anliegen zum Aus
druck bringen könnten.
Der 36-jährige Paul Spirig war am
11. Januar 1999 in einem Bespre
chungszimmer seines Schulhauses
durch mehrere Schüsse getötet wor
den. Der mutmassliche Mörder,
Ded Gecaj, soll zuvor die eigene,
damals 14-jährige Tochter jahrelang
sexuell missbraucht und misshan
delt haben. Spirig wollte dem
Mädchen helfen.
Gecaj wurde nach siebenwöchi-
ger Flucht in seiner Heimat Kosovo
verhaftet. Er sitzt in einem serbi
schen Gefängnis Er gestand das Tö
tungsdelikt, streitet die Vergehen an
seiner Tochter aber ab. Eine Auslie
ferung Gecajs an die Schweiz ist un
wahrscheinlich.
Ehefrau mitschuldig
Ehefrau Roze Gecaj wurde Mitte
Dezember vom Bezirksgericht St.
Gallen zu zweieinhalb Jahren Ge
fängnis verurteilt. Sie soll für die
schwere Misshandlung der Tochter
mitverantwortlich sein. Ihre Vertei
digerin will das Urteil ans Kantons
gericht weiterziehen.
Die Frau wurde im vergangenen
März festgenommen und sitzt seit
her in der Schweiz in Haft. Das Bun
desgericht lehnte Ende Jahr ein Ge
such um Haftentlassung ab. Es be
stehe Fluchtgefahr, lautete die Be
gründung dafür.
Die Tochter Gecaj lebt auf An
ordnung der Vormundschafts
behörde zu ihrem eigenen Schutz
an einem geheim gehaltenen Ort.
Sie lehne jeden Kontakt mit ihrer
Familie ab, hiess es. Vor dem Mord
hatte das Mädchen einen Suizidver
such gemacht. Das Bezirksgericht
sprach ihr mit dem Urteil gegen
Roze Gecaj 30 000 Franken Genug
tuung zu.
«Working poor» ein ernstes Problem
Kanton St. Gallen: Regierung will Gegenmassnahmen ergreifen
ST. GALLEN: «Working poor» -
Erwerbstätige, die unter der Ar
mutsschwelle leben - sind im Kan
ton St. Gallen ein ernstes Problem.
Zu diesem Schluss kommt die Re
gierung in einem Bericht an den
Grossen Rat. Nun sollen Gegen
massnahmen ergriffen werden.
Vor allem Haushalte mit Kindern
seien als «working poor» betroffen,
heisst es in einer Mitteilung vom
Donnerstag. Die Regierung sieht
Handlungsbedarf bei Lohnpolitik,
Weiterbildung, familienergänzen
der Kinderbetreuung, einkommens
abhängigen Finanztransfers sowie
dem statistischen Monitoring.
Tiefe Löhne und - damit in Zu
sammenhang stehend - ein tiefes
Ausbildungsniveau seien wichtige
Risikofaktoren für «working poor»,
heisst es. Fehlende Kinderbetreu
ungsangebote könnten dazu führen,
dass Paare ihre Einkommensmög
lichkeiten nur ungenügend aus
schöpften. Die Folgen von «working
poor» seien bisher schlecht er
forscht. Es sei aber davon auszuge
hen, dass Betroffene häufig auch
von Problemen in den Bereichen
Wohnen, Bildung, Gesundheit,
emotionale Stabilität und soziale
Integration betroffen seien. Weitere
Folgen lägen in der Verschuldung
von «working poor»-Haushalten.
Nur ein kleiner Teil der Betroffe
nen - die Tendenz ist allerdings stei
gend - meldet sich bei den Gemein
debehörden. Die Betroffenen wer
den im Rahmen der Sozialhilfe un
terstützt.
Als bestehende Instrumente zur
Vorbeugung nennt der Bericht ge
samtarbeitsvertraglich festgelegte
Mindestlöhne, die Berücksichtigung
von orts- und branchenüblichen Mi
nimallöhnen, die Reform des Be
rufsbildungswesens, Weiterbil
dungsangebote für Schlechtqualifi
zierte sowie die familienergänzende
Kinderbetreuung.
Auch Liechtensteiner Glückspilze dabei
Gute Stimmung im SSV-Jugendskilager an der Lenk
«Ihr seid hier, um in der einzigarti
gen Atmosphäre dieses Lagers
Sport zu treiben, Ski oder Snow-
board zu fahren. Ich wünsche euch
eine tolle, erlebnisreiche Woche mit
viel Schnee und Sonnenschein»,
hatte Bundespräsident Adolf Ogi
den 600 Teilnehmern bei der Eröff
nung des 59. Jugendskilagers des
Schweizerischen Skiverbands an
der Lenk gewünscht. Und dieser
Wunsch ist zumindest in den ersten
Tagen in Erfüllung gegangen. Für
die Jugendlichen aus aller Welt im
Alter von 13 und 14 Jahren bildete
die Eröffnungsfeier den Auftakt zu
einer freudvollen Sport- und Feri
enwoche bei sonnigem Wetter und
ausgezeichneten Schneeverhältnis
sen.
Unter den 600 Glückspilzen, die in
den Genuss einer Woche Gratisferi
en kommen, befinden sich auch 11
aus dem Fürstentum Liechtenstein.
Auf Einladung des Internationalen
Olympischen Komitees (IOC)-sind
in diesem Lager erstmals auch rund
50 jugendliche Teilnehmer aus nicht
weniger als 23 Nationen mit von der
Partie. Und dabei kommt es zu in
teressanten und wertvollen Kontak
ten Uber die Landesgrenzen hinaus.
«Vergesst nicht: Ihr seid die
Brückenbauer der Solidarität von
morgen», hat der Bundespräsident
den Jugendlichen denn auch zuge
rufen.
Die Glückspilze aus dem Fürstentum Liechtenstein im Juskila. (Bild: SSV)
Neben dem Skifahren und Snö-
ben kommen bei den Teilnehmern,
die im Kurs- und Sportzentrum aus
gezeichnet aufgehoben sind, auch
Spass und Kameradschaft nicht zu
kurz. Am Abend stehen Spiele in
der Hirnhalle und Filmvorführun
gen auf dem Programm, und selbst
eine Disco fehlt nicht.
Seit jeher ist das SSV-Jugendski-
lager absolut gratis, lautet das Mot
to doch: Kein Kind bezahlt - kein
Mitarbeiter wird bezahlt. Das ist
nur möglich dank der Grosszügig-
keit vieler Gönner und Sponsoren
sowie der Einsatzbereitschaft der
rund 150 ehrenamtlichen Helfer.
Unter den Sponsoren figurieren
so namhafte Firmen wie der Migros-
Genossenschaftsbund,der seit mehr
als zehn Jahren für alle Teilnehmer
die Reisespesen vom Wohnort ins
Berner Oberland finanziert, was ei
nem Betrag von über 30 000 Fran
ken entspricht, oder Caran d'Ache,
und diesmal figuriert auch das IOC
als Pate unter den Gönnern. (SSV)