Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
EXTRA 
Samstag, 16. Dezember 2000 33 
umweit 
Weniger Dohlen und Birkhüner 
Chancen für zweiten Nationalpark 
Schärfere Abgasvorschriften 
Tiermehlverbot befristet 
Abklärungen für zweiten 
Nationalpark laufen 
Pro Natura sieht Realisierungschancen in drei Regionen 
In der Schweiz soll es einen zweiten Nationalpark geben. Pro Natura präsentierte diese Woche rund ein Dutzend weitere Vorschläge. 
Pro Natura will das Pro 
jekt für einen zweiten 
Schweizer Nationalpark 
auch nach dem Scheitern 
der Erweiterung der be 
stehenden Zone im En- 
gadin vorantreiben. Dabei 
stehen drei Gebiete im 
Vordergrund. Die betrof 
fene Bevölkerung reagiert 
zum Teil mit Skepsis. 
Für die Verwirklichung eines 
zweiten Nationalparks hatte 
Pro Natura im August eine Mil 
lion Franken Starthilfe in Aus 
sicht gestellt. 90 Gemeinden 
reagierten auf diese Offerte. Als 
«hochkarätig» stufte Pro Natura 
diese Woche in Bern die Regio 
nen Val de Bagnes VS, Rhein 
waldhorn/Adula GR/TI und 
Vallemaggia n ein. Pro Natura 
will in den kommenden Mona 
ten die Machbarkeit dieser drei 
Projekte von unabhängigen 
Fachleuten abklären lassen. 
Dabei geht es nicht nur um den 
«Wert» der Natur, sondern auch 
um mögliche und zum Teil 
schon ausgebrochene Interes 
senkonflikte mit Jagd, Land- 
und Forstwirtschaft oder Tou 
rismus. 
Die Gemeinde- und Regio 
nalbehörden dieser drei Gebiete 
wollen ebenfalls wissen, ob 
sich ihre Landschaften für die 
Schaffung eines Nationalparks 
eignen. Gemäss Pro Natura 
braucht es ein mindestens 100 
Quadratkilometer grosses Ge 
biet. Zwei Drittel davon müssen 
als Kernzone ganz der Natur 
überlassen werden. 
Pro Natura ist sich bewusst, 
dass jedes Nationalpark-Pro 
jekt der Zustimmung der loka 
len Bevölkerung bedarf. Dies 
zeigte sich Anfang Monat, als 
die Gemeindeversammlung 
von Zernez nichts von einer 
Umgebungszone für den beste 
henden Nationalpark wissen 
wollte. Für die Bündner Regie 
rung sind die Erweiterungsplä 
ne damit vorläufig gescheitert. 
Konflikte mit 
Bevölkerung 
Die Vorschläge der Natur 
schutzorganisation Pro Natura 
für einen zweiten Schweizer 
Nationalpark sind in den be 
troffenen Regionen teilweise 
mit Skepsis aufgenommen 
worden. Befürchtet werden vor 
allem Konflikte mit der regio 
nalen Bevölkerung. 
In Vals sei das Projekt im Ge 
meinderat auf ein positives 
Echo gestossen, sagte der Val- 
ser Gemeindepräsident Alfons 
Jörger. Für die Tessiner Regie 
rung kommt ein Naturpark im 
Maggiatal mit rigiden Vor 
schriften wie im Engadin nicht 
in Betracht. Im Walliser Val de 
Bagnes wurde die Idee eher 
zurückhaltend aufgenommen. 
Weitere Projekte 
Pro Natura präsentierte diese 
Woche rund ein Dutzend weite 
re Vorschläge. Einer davon - 
im Urner Maderandertal - hat 
im Kanton Uri grosse Diskus 
sionen ausgelöst. Der Urner Re 
gierungsrat wägt derzeit die 
Vor- und Nachteile ab, 
während die Korporation Uri 
dagegen ist. 
Als weitere mögliche Stand 
orte im Gespräch sind das Ber 
ner Oberland, Grenchen/Weis- 
senstein, Schamserberg GR, 
Fully VS, Muotatha! SZ oder 
der Parc jurassien vaudois. Ne 
ben Nationalparks stehen 
gemäss Pro Natura auch «ande 
re Formen grosser Schutzgebie 
te zur Diskussion». 
Als grosse Hürde auf dem 
Weg zu einem oder mehreren 
weiteren Nationalparks sieht 
"Pro Natura die fehlende Geset 
zesgrundlage. Zentralsekretär 
Otto Sieber forderte den Bund 
auf, ein Rahmengesetz für 
grosse Schutzgebiete zu schaf 
fen. Pro Natura schweben acht 
Nationalparks vor, welche die 
Landschaftstypen der Schweiz 
repräsentieren. 
Immer weniger Dohlen und Birkhühner 
Vorarlberg: BirdLife Vorarlberg untersuchte Vogelbestand 
BREGENZ: Dohlen und Birk 
hühner sind in Vorarlberg im 
mer seltener anzutreffen. Dies 
zeigt eine Studie der Gesell 
schaft für Vogelkunde Bird 
Life. 
Skifahrer und Snowboarder ab 
seits der Pisten, Liftseile, aber 
auch zunehmender Sommer 
tourismus sowie lange, schnee 
reiche Winter und nasskaltes 
Juliwetter sind nach Beobach 
tungen von BirdLife Gefähr 
dungsfaktoren für die Birkhuhn 
population. 
Seit 1998 untersucht BirdLife 
Vorarlberg ^ den Bestand auf 
dem Hochtannberg. Als wichtig 
bezeichnet die Obfrau von 
BirdLife Vorarlberg, Rita Kilzer, 
die simultane Zählung balzen 
der Birkhähne im Frühjahr. 
1998 wurden auf einem 280 
Hektar grossen Gebiet vier bis 
fünf Hähne gezählt, ebenso 
viele waren es 1999. Im Früh 
jahr 2000 beobachtete BirdLife 
höchstens drei bis vier Hähne. 
In diesem Jahr stellt sich für 
BirdLife auch die Frage, wo 
sich die Hühner im Winter zur 
Zeit des Massentourismus auf 
hielten. Vor allem Zirbelkiefer- 
und Fichtengruppen abseits der 
Skipisten böten Schutz und Er 
satznahrung. 
Tags und in der Nacht graben 
sie im lockeren Schnee unter 
Bäumen und an Steilhängen 
Schneeschlafhöhlen und 
schlitzten sich so vor der Kälte, 
berichtete Rita Kilzer. 
Ersatznahrung im Winter bil 
deten vor allem Tannennadeln, 
ab Ende April bis Anfang Juni 
ernährten sich die Birkhühner 
vorwiegend von Lärchenknos 
pen. Dies sei qualitativ hoch 
wertige eiweissreicbe Nahrung, 
die auch leicht verdaulich sei, 
so Kilzer. Im Pommer und 
Herbst seien Heidelbeeren und 
Rauschbeeren die wichtigsten 
Nahrungsmittel. Zur Zeit des 
Sommertourismus hielten sich 
die Birkhühner an Felsrändern 
auf, die mit Fichten und Zirbel 
kiefer bestockt seien und auch 
in schwer begehbaren Karstfel 
dern seien Spuren gefunden 
worden, so der Bericht von 
BirdLife. Eine Arbeitsgruppe 
von BirdLife Vorarlberg befass- 
te sich mit der Bestandsent 
wicklung der Dohle in Vorarl 
berg am Beispiel der Ruine 
Neumontfort in Götzis, einer 
der wichtigsten |j)ohlen-Brut- 
plätze in Vorarlberg. In den 
vergangenen 20 Jahren wurde 
ein kontinuierlicher Rückgang 
des Dohlen-Bestandes festge 
stellt. Die Ursache dieser Ent 
wicklung führt BirdLife in ers 
ter Linie auf die Verkleinerung 
der Nahrungsflächen, auf 
Störungen am Brutplatz und 
auf ungünstige Witterungsver 
hältnisse zurück. 
Manuel Hotz von BirdLife 
Vorarlberg schliesst nicht aus, 
dass die Dohlen auf Grund die 
ser Faktoren möglicherweise zu 
günstigeren Brutplätzen abge 
wandert sind. 
NACHRICHTEN 
Verschärfte Ab- 
gasvorschrfften 
BERN: Ab Anfang 2001 gel 
ten in der Schweiz für Per 
sonenwagen verschärfte 
Abgasvorschriften. Die von 
der EU übernommenen «Eu 
ro 3»-Normen bewirken eine 
weitere Absenkung der aus- 
gestossenen Schadstoffkom 
ponenten zwischen 20 und 
65 Prozent. Die geltenden 
Abgasvorschriften stimmen 
laut UVEK seit 1995 mit 
denjenigen in der EU über- 
. ein. Allfallige Verschärfun 
gen werden zeitgleich nach 
vollzogen. Die Stufe «Euro 
3» wird deshalb in der 
Schweiz verbindlich für 
Personenwagen bis 2.500 
Kilogramm Gesamtgewicht 
und für Lieferwagen mit ei 
nem Leergewicht bis 1280 
Kilogramm, die ab 1. Januar 
2001 eingeführt werden. Für 
PW und Lieferwagen mit 
höherem Gesamt- respekti 
ve Leergewicht gilt die Ver 
schärfung ab Anfang 2002, 
wie das Eidgenössische De 
partement für Umwelt, Ver 
kehr, Energie und Kommu 
nikation (UVEK) weiter mit 
teilte. Massgebend für die 
Anwendung der Vorschrif 
ten ist wie bisher das Datum 
der Einfuhr in die Schweiz 
oder der erstmaligen Zulas 
sung im Ausland. Die stren 
geren Grenzwerte und der 
geänderte Prüfzyklus, der 
die tatsächlichen Emissio 
nen nach einem Kaltstart 
besser berücksichtigt, be 
wirken laut UVEK eine Ab 
senkung der ausgestossenen 
SchadstofTkomponenten 
zwischen 20 bis 65 Prozent. 
Fahrzeuge mit Benzinmoto 
ren müssen auserdem mit 
einem On-Board-Diagnose- 
system (OBD) ausgerüstet 
sein, welches Fehlfunktio- 
nen der Ausrüstung anzeigt. 
Tiermehlverbot 
bleibt befristet 
BRÜSSEL: Deutsche Forde 
rungen nach einem unbefris 
teten Tiermehlverbot stos- 
sen in der EU weiterhin auf 
taube Ohren. Bundesge 
sundheitsministerin Andrea 
Fischer setzte sich am Don 
nerstag im EU-Gesundheits 
rat dafür ein, die Sechsmo 
natsfrist aufzuheben, ernte 
te aber nach eigenen Anga 
ben wenig Resonanz. Die 
EU-Gesundheitsminister 
forderten in Fragen des Um 
gangs mit der Rinderseuche 
BSE, die bislang von den 
Landwirtschaftsministem 
entschieden werden, mehr 
Mitsprache. Sie verlangen 
mehr Forschung über den 
Ursprung und die Übertra 
gung von BSE sowie die 
Entwicklung besserer Diag- 
nosemöglichkeiten. «Ein 
bisschen Ausstieg aus der ' 
Tiermehlverfütterung ist 
Unsinn», sagte Fischer. Zum 
einen bräuchten die Land 
wirte Planungssicherheit für 
den Anbau von eiweisshal- 
tigen Futterpflanzen, die 
das Tiermehl in der Mast er 
setzen können. .
	        

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