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Liechtensteiner VOLKSBLATT
LANDTAG
Samstag, 16. Dezember 2000 5
«Spitzerbericht»:
Geheimniskrämerei
Paul Vogt (FL): Wie soll «Spitzerbericht» gehandhabt werden?
Paul Vogt befragte die Re
gierung zum sogenannten
«Spitzer-Bericht», der von
einigen verschiedenen
Abgeordneten eingesehen
werden durfte. Der FL-
Parlamentarier wollte
wissen, inwieweit noch
Handlungsbedarf im Ge
setzgebungsbereich beste
he und inwieweit die im
Bericht offensichtlich kri
tisierten Staatsorgane in
Kenntnis gesetzt wurden.
«Die Aussage, wonach unter
sagt worden sei, Kopien des
Spitzerberichts anzufertigen
oder Notizen anzufertigen, ist
in dieser Form nicht richtig.
Auf die entsprechende Anfrage
wurde darauf hingewiesen,
dass keine Namen aus dem Be
richt heraus notiert werden
dürfen», erklärte Regierungs
chef Mario Frick. Ebenso liege
es nahe, dass der detaillierte
Bericht, in welchen die GPK
Einsicht nehmen konnte, nicht
kopiert werden sollte. «Die Da
ten des Berichts sind nicht für
die Öffentlichkeit bestimmt,
insbesondere weil Einzelheiten
von laufenden Verfahren inklu
sive Namen darin enthalten
sind».
Maulwürfe vermeiden
Ohne jemanden in irgend ei
ner Weise in ein schlechtes
Licht rücken zu wollen, sei
grundsätzlich davon auszuge
hen, so der Regierungschef,
dass durch Tätigkeiten, wie Ko
pieren oder das Notieren von
sensiblen Daten die latente Ge
fahr steige, dass die entspre
chenden Informationen an die
Öffentlichkeit gelangen kön
nen, sei dies auch nur aus Ver
sehen. «Dies gilt es zu vermei
den».
Mehrere Personen im
Bericht erwähnt
Des Weiteren sei die Aussage
von Paul Vogt nicht richtig,
dass nur der Name von einer
privaten Person im Bericht ent
halten sei. «Es sind mehrere
Personen genannt. Die gegen
die genannten Behörden erho
benen Vorwürfe sind öffentlich
bekannt. Dies aufgrund des zu-
sammengefassten Abschlussbe
richts von Dr. Spitzer, welcher
anlässlich einer Pressekonfe
renz vom 31. August 2000 der
Öffentlichkeit zugänglich ge
macht wurde. Die betroffenen
Behörden konnten darauf ent
sprechend reagieren, was zum
Teil auch geschehen ist».
Handlungsbedarf
überprüft
Der gesetzliche Handlungs
bedarf werde entsprechend den
Ausführungen von Dr. Spitzer
überprüft. «In Bezug auf die
Kompetenzen und die Stellung
der Staatsanwaltschaft spielt
insbesondere die Strafprozess
ordnung eine Rolle. Ebenso
werden allfällige Gesetzesände
rungen in Bezug auf die Reor
ganisation der Gerichte basie
rend auf dem Revisionsbericht
von Dr. Colledani geprüft. Die
Anregungen werden auch im
Zusammenhang mit der lau
fenden Revision der Gerichts
organisationsgesetzes disku
tiert».
Aus dem Abschlussbericht von Dr. Kurt Spitzer dürfen keine Namen aufgeschrieben werden.
Polizei muss
informieren
Christian Brunhart informierte sich über Pressemitteilungen
Die kleine Anfrage des
FBP-Abgeordneten Chris
tian Brunhart bezog sich
auf die Pressemitteilung
der Landespolizei betref
fend der Schlägerei bei
der Bushaltestelle am al
ten Friedhof in Balzers.
Obwohl mehrere Insassen
des anhaltenden Postau
tos die Schlägerei an der
Haltestelle beobachten
konnten, wurde von der
Landespolizei kein Zeu
genaufruf gestartet. Chris
tian Brunhart wollte von
der Regierung wissen,
welche Weisungen die
Landespolizei in Bezug
3uf das Aussenden von
Pressemitteilungen habe.
«Die Landespolizei informiert
die Medien über polizeilich re
levante Ereignisse, wie dies in
der Verordnung über den
Dienstbetrieb und die Organi
sation der Landespolizei vorge
schrieben ist. Dabei hat die
Landespolizei insbesondere den
Schutz von betroffenen Perso
nen und taktisches Vorgehen in
der Sachverhaltsermittlung zu
berücksichtigen. Die Bevölke
rung soll durch die Medienar
beit der Polizei realistisch über
die 1 polizeilichen Ereignisse in-
fortiiierf werden», so Regie-
rurijgschefstellvertreter und Po
lizeiminister Michael Ritter.
In der Regel informiere die
Polizei die Bevölkerung Uber
sämtliche Tatbestände nach
Strafgesetzbuch und dem
Stmssenverkehrsgesetz sowie
anderer Gesetze in der exekuti
ven: Zuständigkeit der Landes-
fiofizei. «Familienstreitigkeiten,
Suizide und andere Tatbestän
de, 1 die einen erhöhten Persön
lichkeitsschutz bedingen, den
Schutz der Privatsphäre zum
Ziel haben oder nicht von öf-
feiitlichem Interesse sind, wer
den nicht publiziert».
Ober Körperverletzungen
werde in der Regel durch die
Christian Brunhart informierte sich bei der Regierung über die
Aufklärungspflicht der Landespolizei. (Archivbild)
Landespolizei berichtet. «Aller
dings ist es bei Ermittlungen
nach Strafgesetzbuch im Ge
gensatz zu Verkehrsunfällen
naturgemäss oft nicht möglich,
den genauen Sachverhalt so
gleich zu verbreiten, da dieser
noch gar nicht feststeht und
widersprüchliche Aussagen zu
erst überprüft werden müssen.
Eine vorzeitige Veröffentli
chung eines noch nicht ausrei
chend ermittelten Sachverhal
tes ist somit in diesen Fällen
nicht zielführend.
Zu späte Meldung
«Zum vorliegenden Fall ist zu
berichten, dass die Meldung
über den Vorfall erst am Folge
tag nach Mittag bei der Landes
polizei eingetroffen ist. Die Be
amten der. Lamjespolizei fuhr r .
ten noch gleichentags Einver
nahmen mit Geschädigten und
Zeugen durch, am Mittwoch
der Folgewoche erfolgte die
letzte Befragung zur Sache. Ein
Zeugenaufruf wurde nicht ver
breitet, da durch die Ermittlun
gen der Landespolizei ausrei
chend Hinweise eingegangen
waren. Am Sonntagabend wa
ren die Befragungen nicht ab
geschlossen und die Erkennt
nisse für eine Medienmitteilung
waren noch zu gering. Am
Mittwoch nach Abschluss der
Befragungen war nach Ansicht
der Landespolizei die Aktua
litätsphase für die Öffentlich
keit nicht mehr gegeben».
MMk,