Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

4 Samstag, 16. Dezember 2000 
LANDTAG 
Liechtensteiner VOLKSBUTT 
Ethikgutachten 
eingetroffen 
Eine Anfrage des Abgeordneten 
Paul Vogt bezog sich auf ein 
Ethikgutachten, welches bei ei 
ner Universität in Auftrag gege 
ben wurde. Regierungschef Ma 
rio Frick wolle dieses Gutachten 
als «Geheimbericht» behandeln, 
habe aber versprochen, den 
Landtag über Kernpunkte zu in 
formieren. Paul Vogt gelangte 
mit der konkreten Frage an die 
Regierung, ob das Gutachten be 
reits eingetroffen sei. «Die Re 
gierung hat im Frühsommer 
dieses Jahres ein schweizeri 
sches Institut der Universität St. 
Gallen damit beauftragt, die 
liechtensteinische Steuerpolitik, 
welche in ihren Grundfesten 
seit dem Jahre 1923 praktisch 
unverändert ist, aus wirt 
schaftsethischer Sicht zu durch 
leuchten», erklärte Mario Frick. 
Die Studie mit dem Titel «Die 
liechtensteinische Steuerpolitik 
- Ein wirtschaftsethisches Ar- 
gumentarium» sei vor kuizem 
bei der Regierung eingetroffen. 
Die Regierung habe sogleich 
den Auftrag gegeben, die Stu 
die zu evaluieren und zu analy 
sieren. «Die Auswertung wird 
Zeit in Anspruch nehmen, da 
die wirtschaftsethische Ge 
samtbeurteilung der Steuerpo 
litik eines Landes sicherlich 
ambitiös ist, dementsprechend 
sorgfältig und vorsichtig ange 
gangen werden muss», so Ma 
rio Frick. In jedem Falle sei ein 
erläuterndes Gespräch mit den 
Verfassern zu führen. Die Re 
gierung werde den Landtag 
Uber die Ergebnisse unterrich 
ten. 
Gamanderhof: 
Wie weiter? 
Aufgrund eines Beschlusses des 
Schaaner Gemeinderates habe, 
so der VU-Abgeordnete Volker 
Rheinberger im letzten Landtag, 
eine private Handänderung des 
Anwesens Gamander nicht statt 
gefunden. Damit biete sich für 
das Land erneut die Gelegenheit, 
den historisch wertvollen Ga 
manderhof allenfalls doch noch 
zu erwerben. Dazu Regierungs- 
rätin Andrea Willi: «Das Anwe 
sen Gamander in Schaan steht 
unter Denkmalschutz. Seine Er 
haltung ist von nationaler Be 
deutung. Auf Dauer lässt sich 
ein geschütztes Objekt nur dann 
erhalten, wenn eine objektent- 
sprechende Nutzung gefunden 
wird. Die Denkmalschutz-Kom- 
mission hat das private Projekt 
der Fritz Kaiser AG daher voll 
unterstützt Leider ist dieses Pro 
jekt vor wenigen Tagen geschei 
tert. 
Die Denkmalschutz-Kommis- 
sion wird zusammen mit der Ge 
meinde Schaan in den nächsten 
Wochen nach Alternativen su 
chen und der Regierung unter 
breiten. Die Regierung kann da 
her zum gegebenen Zeitpunkt 
noch keine näheren Angaben 
machen. Sobald und sofern die 
geplanten Gespräche und detail 
lierten Abklärungen zu Ergeb 
nissen führen, wird die Regie 
rung den Landtag informieren.» 
WTO-Länderexamen: 
Beschreibung des Ist-Zustandes 
Alois Beck informierte sich über einen eventuellen Handlungsbedarf der liechtensteinischen Handelspolitik 
Alois Beck (FBP) führte 
bei seiner kleinen Anfrage 
an die Regierung an, dass 
erstmals in der Geschichte 
ein Länderexamen der 
Welthandelsorganisation 
(WT0) zur Handelspolitik 
Liechtensteins durchge 
führt wurde. Er wollte 
von der Regierung wissen, 
ob nun gemäss dem Be 
richt der WTO Hand 
lungsbedarf fiir Liechten 
stein bestehe. 
Dazu Regierungschefstellver 
treter Michael Ritter im Wort 
laut: «Grundsätzlich ist festzu 
halten, dass das WTO-Länder- 
examen nur eine Beschreibung 
des Ist-Zustandes der Wirt 
schaften der zu untersuchenden 
Länder darstellt. Die Wirtschaft 
wird hauptsächlich anhand des 
Rasters des bestehenden WTO- 
Regelwerks beschrieben. Die Li 
beralisierungsforderungen, die 
im Zuge des Länderexamens 
geäussert werden, haben keine 
direkt verpflichtende Wirkung. 
Allerdings verwenden die 
WTO-Mitgliedstaaten Mankos, 
die sie während des Länder 
examens eines Landes ent 
decken, im Zuge der offiziellen 
Verhandlungsrunden zu ver 
schiedensten Themen. Das Län 
derexamen bildet also eine sehr 
informative Grundlage, um bei 
einem anderen Land zusätz 
lichen Liberalisierungsbedarf 
aufzudecken und diese Liberali- 
Der FBP-Abgeordnete Alois Beck informierte sich bei der Regie 
rung über die Bedeutung des WTO-Länderexamens. (Bild: B.R.) 
sierungen dann während den 
offiziellen Verhandlungsrunden 
einzufordern. 
Die Schlussfolgerungen des 
WTO-Länderexamens für die 
Schweiz und Liechtenstein 
können wie folgt zusammenge- 
fasst werden: 
• Die WTO-Mitgliedstaaten 
begrüssten die gute wirtschaft 
liche Entwicklung der beiden 
Länder, die sie einer gesunden 
makroökonomischen Politik 
sowie neueren Strukturrefof-,, 
men zuschrieben. Positiv her 
vorgehoben wurden u.a. die Li 
beralisierungen im Bereich der 
Telekommunikation und beim 
öffentlichen Beschaffungswe- 
sen. Die Offenheit und die Aus 
führlichkeit der Beantwortung 
der über 100 Fragen, die an die 
Schweiz und Liechtenstein ge 
stellt wurden, wurde allgemein 
sehr geschätzt. 
• Das Interesse der Schweiz 
und Liechtensteins an offenen 
Märkten wurde zur Kenntnis 
genommen. Beide Länder sind 
selbst überdurchschnittlich ex 
portorientiert. Viele Länder be 
grüssten den Wunsch Liechten 
steins und der Schweiz nach ei 
ner umfassenden neuen WTO- 
Verhandlungsrunde. 
• Beide Länder wurden aufge 
fordert, mit Reformen auf einer 
unilateralen Basis fortzufahren, 
insbesondere in den speziell 
geschützten Märkten der Land 
wirtschaft sowie im Gas- und 
Elektrizitätsbereich. 
• Da Liechtenstein und die 
Schweiz in den vergangenen 
Jahren ihre präferentiellen 
Handelsabkommen u.a. im 
Rahmen der EFTA ständig aus 
bauten, betonten viele der 
WTO-Mitgliedstaaten die unbe 
dingte Notwendigkeit der Kom 
patibilität dieser Freihandels 
abkommen der EFTA-Staaten 
mit den Regeln der WTO. Es sei 
zu verhindern, dass diese Ab 
kommen zu künstlichen Ver 
zerrungen der Güterströme 
führen könnten. 
• Mit grossem Interesse nah 
men die Mitgliedstaaten die 
Funktionsweise des Zollver 
trags sowie des aufgrund 
der liechtensteinischen EWR- 
Mitgliedschaft eingerichteten 
Marktüberwachungssystems zur 
Kenntnis. 
• Die wichtigsten Kritikpunkte 
betrafen Themen, für die auf 
grund des Zollvertrags aus 
schliesslich die Schweiz die Rah 
menbedingungen festlegt. Zu 
nennen sind hier u.a. Standards 
und technische Regulierungen, 
sanitäre und phytosanitäre 
Vorschriften, zu hohe und zum 
Teil zu komplizierte Abgaben 
bei Importen (insbesondere das 
System des Gewichtszolls). 
• Bemängelt wurde auch der 
zu beschränkte Marktzugang 
für Produkte aus den am we 
nigsten entwickelten Ländern. 
• Einen wichtigen Kritikpunkt 
betraf die Landwirtschaftspoli 
tik. Kritisiert wurden die über 
durchschnittlich hohen Markt 
zugangsschranken (Agrar-Spit- 
zenzölle) sowie die verschiede 
nen Exportsubventionen. 
Liechtenstein gewährt zwar 
selbst keine Exportsubventio 
nen für Landwirtschaftsgüter, 
ist jedoch bei den Marktzu 
trittsschranken im schweizeri 
schen System eingebunden. 
Auch wurde von einigen Staa 
ten die Politik der Multifunk- 
tionalität der Landwirtschaft 
und damit zusammenhängend 
die Direktzahlungen als markt- 
verzerrend dargestellt. 
• Spezifisch für Liechtenstein 
wurde u.a. das Fehlen makroö 
konomischer Daten bemängelt. 
Auch wurde die Liberalisierung 
des Direktinvestitionsregimes 
sowie der Wohnsitzerfordernis 
für die Berufsausübung ge 
wünscht. Weitere strukturelle 
Reformen im Dienstleistungs 
sektor, inklusive der freien Be 
rufe würden willkommen ge- 
heissen. Diese Forderungen 
könnten sich im Rahmen der 
laufenden GATTS-Verhandlun- 
gen konkretisieren. 
Die einzelnen Kritikpunkte 
werden von der Regierung ein 
gehend geprüft und gegebe 
nenfalls Massnahmen ergrif 
fen». 
Elementarversicherungen: Kaum Änderungen 
Paul Vogt erkundigte sich über die Deckung aus der wegfallenden Poolversicherung 
Versicherungen haben gemäss 
der kleinen Anfrage ihre Mit 
gliedschaft im Pool für unver- 
sicherbare Elementarschäden 
gekündigt, welcher im Kata 
strophenfall fUr die entstan 
denen Schäden aufgekommen 
war, die sonst ungedeckt ge 
blieben wären. Paul Vogt 
wollte von der Regierung wis 
sen, ob eine Gefahr bestehe, 
dass verschiedene Schäden 
nicht mehr abgedeckt sind. 
«In der Vergangenheit hatten 
schweizerische Versicherungs 
unternehmen, die in Liechten 
stein die obligatorische Gebäu 
deversicherung (Feuer und Ele 
mentarschäden) durchführten, 
die liechtensteinischen Risiken 
im schweizerischen Elementar 
schaden-Pool (ES-Pool) rück 
versichert», erklärte Regierungs 
chefstellvertreter Michael Rit 
ter. Dabei war, so Ritter, bei der 
Prämienberechnung ein be 
stimmter Betrag pro Versiche 
rungssumme als Pool-Abgabe 
zu entrichten. 
«Seit dem EWR-Beitritt sind 
nunmehr auch liechtensteini 
sche Versicherungsunterneh 
men und solche aus einzelnen 
EWR-Ländern in diesem Versi 
cherungszweig tätig, welche 
keine Pool-Abgabe entrichten 
müssen. Die Regierung hat d?- 
her eine Gesetzesrevision in die 
Vernehmlassung geschickt, um 
- unter Beibehaltung des heut - 
gen Obligatoriums und Vers - 
cherungsschutzes - gleich lai - 
ge Spiesse für alle Versiche 
rungsgesellschaften zu schaf 
fen. 
Kaum Änderungen 
Mit dem Ausschluss dfer 
liechtensteinischen Risiken aipsf 
dem schweizerischen ES-Po )lf 
sollten sich nach Auskunft vdn f 
Michael Ritter in Bezug auf dieJi 
Einhaltung des Obligatoriums« 
und des Versicherungsschutzes« 
kaum etwas ändern. «Sollten 
sogenannte notleidenden RisM 
ken entstehen, so werden diese * 
weiterhin über den bestehen- 
den Durchführungsverträg 
Elementarschäden sollen auch in Zukunft gedeckt sein. 
durch die geschäftsführende 
Gesellschaft abgedeckt. Die 
schweizerischen Versiche- 
rungsunternehmen werden 
nunmehr die liechtensteini 
schen Risiken auf dem freien 
Markt oder konzernintem 
rückversichern, sodass eine sol 
che Absicherung auch in Zu 
kunft gegeben ist. Mit dem 
(Archivbild) 
Wegfall der Pool-Abgabe wer 
den die schweizerischen Versi 
cherungsunternehmen bei der 
Prämienkalkulation konkur 
renzfähiger». 
REKLAME 
: I 
clbfe 
AMTf 
Auto -Motorrad Tou rinyclub 
Fürstentum Liechtenstein e.V. 
Hilf Unfälle irerhüten fahr mit Lieh 
Am schrägen Weg 2 • FL-9490 • Fon 00423 232 31 43 
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