Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

36 Freitag, 15. Dezember 2000 
AUSLAND 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
NACHRICHTEN 
TschernobyMteak- 
tor ein letztes 
Mal In Betrieb 
KIEW: Nur einen Tag vor 
der endgültigen Stilllegung 
ist im Atomkraftwerk 
Tschernobyl in der Ukraine 
der letzte aktive Reaktor am 
Donnerstag noch einmal 
ans Netz gegangen. Der Re 
aktorblock Nummer drei, 
der in der vergangenen Wo 
che nach einem Defekt au 
tomatisch heruntergefahren 
worden war, erreicht in den 
Stunden bis zur Abschal 
tung allerdings nur ein Mi 
nimum seiner vollen Leis 
tung. 
Bauern demons 
trieren für Refor 
men In Italien 
ROM: Mit Traktor-Blocka 
den und Kundgebungen ha 
ben gestern Zehntausende 
Bauern in Italien für Refor 
men demonstriert. Das itali 
enische Femsehen berichte 
te, durch die Traktor- Ko 
lonnen sei es insbesondere 
in Rom, Florenz und Neapel 
zu erheblichen Verkehrsbe- 
hinderungen gekommen. 
Die Landwirte forderten ei 
nen besseren Schutz für ita 
lienische Agrarprodukte, 
Steuererleichterungen und 
eine rasche Umsetzung von 
Reformprojekten. 
Tabak-Werbung 
verboten 
BRASILIA: Das Parlament 
hat in Brasilien ein Verbot 
von Tabak-Werbung gebil 
ligt. Das Gesetz werde nach 
der Verkündung durch 
Staatspräsident Fernando 
Henrique Cardoso schon in 
den nächsten Tagen in Kraft 
treten. Tabakwerbung wird 
in Brasilien künftig nur 
noch «in geschlossenen Ver 
kaufsstellen» gestattet sein; 
im Fernsehen, Radio, Zei 
tungen, Internet oder auf 
offener Strasse ist sie dage 
gen strikt untersagt. 
Putin begnadigt 
US-Spion 
> 

MOSKAU: Der russische 
Präsident Wladimir Putin 
hat den wegen Spionage zu 
20 Jahren Gefängnis verur 
teilten US-Geschäftsmann 
Edmond Pope begnadigt. Er 
folgte damit einer Empfeh 
lung des Gnadenausschus 
ses, zog humanitäre Gründe 
wie den schlechten Gesund 
heitszustand des krebskran- 
ken Häftlings und das Inter 
esse an weiterhin guten Be 
ziehungen zu den USA und 
Betracht 
t 
Kein Grund zum Feiern 
50 Jahre UNHCR - Ogata zieht ernüchternde Bilanz 
GENF: Zum 50jährigen Be 
stehen des UNO-Flticht- 
lingshilfswerks (UNHCR) 
hat Hochkommissarin Sa- 
dako Ogata am Donners 
tag die Leistung von 
Flüchtlingen in den Auf 
nahmeländern hervorge 
hoben. Ogata zog insge 
samt eine ernüchternde 
Bilanz über ihr zehnjähri 
ges Mandat. 
«Das Jubiläum ist kein Grund 
zum Feiern», sagte Ogata am 
Donnerstag in Genf bei ihrem 
letzten öffentlichen Auftritt als 
Hochkommissarin. Die Tatsa 
che, dass das UNHCR schon so 
lange bestehe, beweise, dass es 
die internationale Gemein 
schaft nicht geschafft habe, ge 
gen Vorurteile, Verfolgung, Ar 
mut und andere Ursachen für 
Konflikte und Vertreibung vor 
zugehen. Das UNHCR lancierte 
am Donnerstag eine Kampagne 
unter dem Motto «Respekt», mit 
der für mehr Achtung vor 
Flüchtlingen geworben werben 
soll. Ziel der Kampagne sei es 
vor allem, «das stereotype Bild 
vom Flüchtling als Last» zu 
durchbrechen, betonte Ogata. 
In einem einminütigen TV- 
Spot, der für die Kampagne 
produziert wurde, treten ehe 
malige, prominente Flüchtlinge 
zur Musik von Aretha 
Franklins Lied «Respect» auf. 
Zu sehen ist unter anderem die 
aus der Tschechoslowakei 
stammende US-Aussenministe- 
rin Madeleine Albright sowie 
die chilenische Autorin Isabel 
Allende, die heute in den USA 
lebt. 
Angebot der Schweiz 
In Genf, dem Sitz der Organi 
sation, schwammen am Abend 
Tausende brennende Teelichter 
auf der Rhöne und der «Jet 
d'eau» erstrahlte im UNO-blau- 
en Licht. Bundesrätin Ruth 
Metzler erklärte an der offiziel 
len Feier zum 50. Jahrestag des 
Die 73-jährige Japanerin Ogata wird als UNO-Hochkommissarirt 
ßir Flüchtlinge im Januar von dem 61-jährigen Niederländer Ruud 
Lubbers abgelöst. 
UNHCR, die Schweiz wolle im 
kommenden Jahr eine Konfe 
renz zur Flüchtlingskonvention 
von 1951 organisieren. 
Die Flüchtlingskonvention 
von 1951 werde von den ein 
zelnen Regierungen unter 
schiedlich interpretiert, sagte 
Ogata. Das UNHCR werde des 
halb in den kommenden zwei 
Jahren Beratungen mit Exper 
ten und Regierungsvertretern 
organisieren, um alle strittigen 
Fragen zu klären. Die Unter 
scheidung zwischen Asylbe 
werbern und Arbeitsmigranten 
sei heute ein brisantes politi 
sches Thema. 
Das UNHCR lancierte aus 
Anlass seines 50-jährigen Beste 
hens zudem eine spezielle Stif 
tung, die die Ausbildung junger 
Flüchtlinge in Entwicklungs 
ländern nach der Primarschule 
fördern will. In den meisten 
Entwicklungsländern setzen 
nur rund 18 Prozent aller Kin 
der nach der Primarschule ihre 
Ausbildung fort. 
Spanischer Stadtrat bei 
Bombenanschlag getötet 
Aznar macht ETA verantwortlich 
MADRID: Ein von den Behör 
den der baskischen Separati 
stenorganisation ETA zuge 
schriebener Anschlag hat am 
Donnerstag das Leben eines 
katatonischen Kommunalpoli 
tikers gefordert. 
Der 45-jährige Francisco Cano 
wurde bei der Detonation 
schwer verwundet und starb 
drei Stunden nach der Einliefe- 
rung in einem Krankenhaus. 
Der Sprengsatz war unter dem 
Auto Canos angebracht und ex 
plodierte auf dem Weg von Vil- 
ladecavalls und Terrassa. Der 
Vater von zwei Töchtern war 
für die Volkspartei von Mini 
sterpräsident Jose Maria Aznar 
Stadtrat von Villadecavalls. 
Aznar und andere Politiker 
machten umgehend die ETA für 
den Anschlag verantwortlich. 
Aznar sagte, er werde den 
Kampf gegen die Separatisten 
organisation kompromisslos 
fortsetzen. Die ETA wird in die 
sem Jahr für 22 politische Mor 
de verantwortlich gemacht, zu 
20 Anschlägen hat sie sich be 
kannt. Sie kämpft seit 1968 für 
einen unabhängigen baskischen > 
Staat. Sie wird seitdem für den 
Tod von 800 Menschen verant 
wortlich gemacht. Zuletzt fiel 
am 21. November der sozialisti 
sche Politiker und ehemalige Ge 
sundheitsminister Emest Lluch 
einem Anschlag der Untergrund 
organisation zum Opfer. 

mmdSmbtr' 

Gestern hat die ETA in Spanien erneut zugeschlagen: Opfer ist ein 45-jähriger Komunalpolitiker. 
Öcalan will 
aussagen 
ISTANBUL: Der in der Türkei 
wegen Hoch- und Landesver 
rats zum Tode verurteilte kur 
dische Rebellenführer Abdul 
lah Öcalan will vor dem Eu 
ropäischen Gerichtshof für 
Menschenrechte als Zeuge aus 
sagen, wenn dieser seine Beru 
fung zulässt. Das teilten die 
Anwälte des Chefs der verbo 
tenen Kurdischen Arbeiterpar 
tei (PKK) am Donnerstag in 
Istanbul mit. 
Es wird erwartet, dass der 
Strassburger Gerichtshof noch 
diese Woche über die Zulas 
sung des Verfahrens entschei 
det. Ein Anwalt, Irfan Dündar, 
sagte am Donnerstag, Öcalan 
sei bereit, entweder in Strass- 
burg oder in seinem Gefäng 
nis auf der Insel Imrali im 
Marmarameer den Richtern 
Rede und Antwort zu stehen. 
Öcalan hat gegen das im letz 
ten Jahr gegen ihn ausgespro 
chene Todesurteil in Strassburg 
Berufung eingelegt. 
Dündar sagte ebenfalls, man 
wolle den früheren italieni 
schen Ministerpräsidenten 
Massirao D'Alema als Zeugen 
benennen. 
Verschärfung der Warnungen auf 
Zigarettenschachteln verzögert sich 
Streit zwischen EU-Gesundheitsministern und Europaparlament 
BRÜSSEL: Der Streit innerhalb 
der Europäischen Union um 
die Vergrösserung der Ge- 
sundheitswarnungen auf Zi 
garettenschachteln und die 
Verschärfung der Grenzwerte 
für Teer und Nikotin geht wei 
ter. 
Die EU-Gesundheitsminister 
lehnten am Donnerstag Ände 
rungen an der geplanten Richt 
linie ab, für die das Europapar 
lament am Mittwoch gestimmt 
hatte. Teils verschärfen die Än 
derungen die Richtlinie, teils 
lockern sie sie. Zwischen Euro 
paparlament und Gesundheits 
ministerrat wird nun ein Ver 
mittlungsverfahren eingeleitet. 
EU-Verbraücherkommissar Da 
vid Byrne kündigte eine abge 
speckte Neuauflage des vom 
EuGH gekippten Tabakwerbe 
verbots an. «Die Mitglieder des 
Rates waren in unterschiedli 
chen Erregungsstufen erbost», 
berichtete Bundesgesundheits 
ministerin Andrea Fischer über 
die Reaktionen auf die Ände 
rungswünsche des Europapar 
laments. Die Richtlinie soll 
2004 in Kraft treten. Wenn es 
im Frühjahr zu einem Kompro- 
miss kommt, will sich die Bun 
desregierung Fischer zufolge 
enthalten. 
Hintergrund ist ein Streit 
auch innerhalb der Bundesre 
gierung über die geplanten 
Massnahmen gegen den blauen 
Dunst. Während das Gesund 
heitsministerium für die Ver 
schärfung der Warnhinweise 
und der Begrenzung des Teer 
und Nikotingehalts ist, plädiert 
das Wirtschaftsministerium da 
gegen. Das Wirtschaftsministe 
rium behalte sich auch weitere 
Initiativen wie eine Klage vor 
dem Europäischen Gerichtshof 
in Luxemburg (EuGH) vor, sag 
te Fischer. Juristische Mehr 
heitsmeinung sei indes, dass ei 
ne solche Klage keinen Bestand 
habe. Die Bundesregierung hat 
te erfolgreich vor dem EuGH 
gegen das Tabakwerbeverbot 
geklagt, das ab Juni kommen 
den Jahres in Kraft treten soll 
te. 
Byrne zufolge sind von den 
32 Änderungswünschen des 
Europaparlaments 20 akzepta 
bel; der Rest allerdings müsse 
geprüft werden. Im einzelnen 
fordern die Abgeordneten, dass 
künftig 30 bis 40 Prozent der 
Zigarettenschachtel mit Warn 
hinweisen wie «Rauchen tötet» 
bedruckt werden müssen. Der 
Rat sieht 25 Prozent vor. Er 
lehnt auch die vom Europapar 
lament geforderten Illustratio 
nen von Raucherlungen oder 
gelben Zähnen ab. Andererseits 
befürwortet das Europaparla 
ment eine dreijährige Ausnah 
me von den Grenzwerten für 
Teer und Nikotin bei Rauchwa 
ren, die für den Export be 
stimmt sind; Schliesslich sollen 
die Bezeichnungen «leicht» und 
«mild», die der Rat als Irre 
führung der Verbraucher an 
sieht und deshalb von den 
Packungen verbannen will, 
nach dem Willen des Europa 
parlaments dann erlaubt sein, 
wenn sie Teil des Markenna 
mens sind. Die Abgeordneten 
berufen sich auf ein Urteil des 
EuGH, das ein solches Verbot 
von Markennamen unrecht 
mässig sei. 
Byrne kündigte an, dass er an 
einem neuen Konzept für ein 
Verbot von Tabakwerbung und 
Sponsoring arbeite. Es müssten 
genau die Bereiche identifiziert 
werden, bei denen der EuGH 
keine Bedenken gehabt habe, 
sagte der Kommissar. «Es gibt 
da eine Menge Möglichkeiten», 
fügte er hinzu.
	        

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