Liechtensteiner VOLKSBLATT
RELIGION
Samstag, 9. Dezember 2000 43
Es war einmal ein Dekanat...
Die Chronik des Dekanates Liechtenstein von 1970 bis 1997 wird am Sonntag in Mauren vorgestellt
Der Dekanatstag am 2. und 3. September 1995 war einer der letzten grossen Veranstaltungen des Dekanates Liechtenstein. Schellenberg war ein Ort der Begegnungen für
Jung und Alt. Es gab Gottesdienste ebenso, wie Seminare und Vorträge. (Bild: Volksblatt-Archiv)
Was über viele Jahrhun
derte gewachsen und ge
diehen ist, wurde am 2.
Dezember 1997 innert
Kürze zerstört. Nachdem
der Vatikan das Erzbistum
Vaduz ausgerufen hatte,
gehörte plötzlich unser
Land nicht mehr zum Bis
tum Chur, gleichzeitig
hörte das Dekanat Liech
tenstein auf zu existieren.
Mit Klaus Biedermann
sprach Mario Heeb
Am 9. Dezember 1970 ernannte
der Churer Bischof unser Land
zum Dekanat Liechtenstein. Der
erste Dekan war Pfarrer Engel
bert Bucher aus Triesenberg.
Heute, dreissig Jahre später, ist
vom ehemaligen Dekanat nicht
mehr viel übrig geblieben. Da
mit aber die vielen wichtigen
Ereignisse und Tätigkeiten rund
um diese Institution nicht in
Vergessenheit geraten, hat
Der Chronik-Verfasser Klaus
Biedermann studierte an der
Uni Bern Geschichte und Ang
listik.
Klaus Biedermann das Zeitdo
kument «Dekanat Liechtenstein
1970 bis 1997» verfasst.
Volksblatt: Zum Anfang viel
leicht eine etwas provokative
Frage: Warum sollte Ich das
Buch «Das Dekanat Liechten
stein von 1970 bis 1997»
kaufen?
Klaus Biedermann: Das
Buch informiert über die Ge
schichte des Dekanates Liech
tenstein, das bekanntlich am 2.
Dezember 1997 durch die Er
richtung des Erzbistums aufge
hoben wurde. Es ist eine inte
ressante Dokumentation des
kirchlichen Lebens der letzten
dreissig Jahre entstanden. Bei
der Lektüre dieses Buches er
fährt man, dass die katholische
Kirche in unserem Land nicht
nur aus Pfaijern und Kaplänen
bestanden hat, sondern dass
auch das Kirchenvolk dazu
gehört hat und dass sehr viele
Laien in den zahlreichen Gre
mien und Arbeitsstellen des
Dekanates mitgearbeitet haben.
Wie ist das Buch Inhaltlich
aufgebaut?
Es gliedert sich in 14 Kapitel
plus Anhang. Anfangs wird der
Weg zum Dekanat beschrieben,
es folgt das Hauptkapitel mit
dem Aufbau des Dekanats, in
dem die einzelnen Arbeitsstel
len beschrieben werden. Zur
Sprache kommen der Religi
onsunterricht, die Hilfswerke
des Dekanates, wie zum Bei
spiel das Fastenopfer, dann das
traurige Kapitel der Entstehung
des Erzbistums und die damit
verbundene Auflösung des De
kanates, die im einzelnen aus
führlich beschrieben ist. Die
Dokumentation im Anhang be
inhaltet einen Überblick aller
Spenden, die das Dekanat im
Laufe der Jahre erhalten hat.
Dazu möchte ich noch anfügen,
dass das Dekanat zwar Beiträge
vom Staat, von den Gemeinden
und den Pfarreien erhalten hat,
dass einzelne Institutionen des
Dekanates aber dennoch auf
Privatspenden angewiesen wa
ren.
Warum wurde das Dekanat
gegründet?
Dies hat eine längere Vorge
schichte. Der Churer Bischof
hat um 1850 die liechtensteini
sche Priesterschaft aufgefordert
sich zu einer Organisation, dem
sogenannten Priesterkapitel,
zusammen zu schliessen. Das
war wohl der Anfang für einen
liechtensteinischen Eigenweg
innerhalb des Bistums Chur. Im
Zuge der kirchlichen Reform
bewegung, anschliessend an
das Zweite Vatikanische Konzil
(1962 bis 1965), wurde das
Priesterkapitel in ein Dekanat
umgewandelt. Wichtig im neu
en Dekanat war, dass auch Lai
en aktiv in der Kirche mitwir
ken und mitentscheiden durf
ten.
Das Buch wurde umfangrei
cher als ursprünglich ge
plant, warum?
Es stand die Absicht dahin
ter, dass das Dekanat Liechten
stein und seine wichtigen Ar
beiten in möglichst umfassen
den Sinne festzuhalten und zu
dokumentieren ist. Ein zentrales
Anliegen war es auch, dass die
Tätigkeiten des Dekanates nicht
in Vergessenheit geraten sollen.
Sie hatten auch verschiedene
Mitarbeiter.
Ja, denn sonst wäre das Buch
in dieser Form nicht denkbar
gewesen. Unterstützt wurde ich
durch die Redaktionskommissi
on, der Robert Allgäuer, Leo
Büchel, Ida Hasler-Beck, Anna
lies Jehle, Franz Näscher und
Rösle Frick angehörten. Sie
halfen bei der Sichtung und
Aufbearbeitung des Archivma
terials. Das Buch erscheint im
Vaduzer «Schalun Verlag», der
von Robert Allgäuer als Verle
ger geleitet wird. Robert All
gäuer hat hier also eine Dop
pelfunktion. Seine Ideen und
Impulse sind dem Buch sehr
zugute gekommen.
Was hat Sie bei Ihrer Arbeit
am Buch am meisten faszi
niert?
Eine wichtige Erkenntnis
war, dass alles irgendwie wach
sen durfte. Es ist nicht alles von
heute auf morgen entstanden.
Der Erzbischof respektiert das
Gewachsene nicht. Er will ei
nerseits alles neu erfinden, an
dererseits dreht er das Rad auch
wieder zurück. Das Buch soll
vielen Menschen bewusst ma
chen, was das Dekanat alles ge
schaffen hat, beispielsweise in
der Erwachsenenbildung.
Drehen wir nochmals das Rad
zurück. Wann kam unser
Land Ins Bistum Chur und
was war der Grund dazu?
Seit der Christianisierung hat
unser Land zum Bistum Chur
gehört, also seit rund 1600 Jah
ren. Auch der südliche Teil Vor
arlbergs und ein Teil von Tirol
gehörten bis 1816 zum Bistum
Chur. Als im 19. Jahrhundert
die modernen Nationalstaaten
entstanden, da gab es auch eine
starke Tendenz, nationale
Buch
präsentation
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1970, bis 1997» - EineChro-
nllc. des kirchlichen Lebens
(BDd) wird am Sonntage 10.
Dezember um 17 Uhr im'Ge-
l^desaal Mauren der, Öf
fentlichkeit /^vorgestellt.' Das,
Seiten umfassende ,
B 5 t(cli>k6stet 35 Franken. Er-.!
tyUtlich Ist die Lektüre, die im.
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Sonntag bei der Buch-j
11
Grenzen und Bistumsgrenzen
aufeinander abzustimmen.
Landesgrenzen und Bistums
grenzen sollten folglich über
einstimmen. Deshalb durfte
das Vorarlberg nicht mehr zum
Bistum Chur gehören. Dieser
Gedanke spielte bei der Schaf
fung des Erzbistums Vaduz
(Liechtenstein) 1997 sicher
auch eine Rolle. Grundsätzlich
ist diese «nationalistische»
Ideologie aber in Frage zu stel
len, weil die katholische Kirche
als «supranationale» Organisa
tion nicht an Landesgrenzen
halt machen darf und ein
grenzüberschreitendes Bistum
durchaus im Sinne von Völker
verständigung und gelebtem
Christentum wäre.
Was war für Sie persönlich
am eindrücklichsten in der
Zeitspanne von 1970, dem
Jahr der Dekanatsgründung,
und 1997, dem Jahr der De
kanatsauflösung?
Das ist eine schwierige Frage.
Die Landes-Pilgerfahrt im Ok
tober 1983 nach Rom habe ich
in guter Erinnerung. Damals
spürte ich, dass die Zugehörig
keit funktionierte und unsere
kirchliche Welt noch irgendwie
in Ordnung war. Auch der De
kanatstag in Schellenberg im
September 1995 war für mich
sehr eindrücklich. Auch hier
war der Gemeinschaftssinn
spürbar.
Wie sehen Sie heute den Un
terschied zwischen Erzbis
tum und Dekanat?
Die Verantwortlichen des
Erzbistums erwecken den Ein
druck, dass sie auf die Mitarbeit
von Laien, insbesondere von
Frauen, in der Kirche verzich
ten wollen. Die Frau ist inso
fern willkommen, als sie zum
Beten und Dienen benötigt
wird, aber keinesfalls soll sie
eine verantwortungsvolle Posi
tion wahrnehmen. Generell ha
be ich das Gefühl, dass das Erz
bistum auf die aktive Mitwir
kung des Kirchenvolkes ver
zichtet!
IM BLICKPUNKT
«Gott und das
Nichts»
Vor zwanzig Jahren erschien
Bernhard Weltes Schrift
«Das Licht des Nichts» zum
ersten Mal. Der Freiburger
Religionsphilosoph stellte
damals die Gottesfrage -
beeinflusst von Husserl und
Heidegger - unüberbietbar
radikal: Nichts, was in ei
nem gegenständlichen fass-
baren Sinne existiert, kann
Gott aussagen. Gott ist
buchstäblich nicht auf den
Begriff zu bringen. Erst im
Übersteigen alles Gegen
ständlichen in das «Nichts»
hinein, nur auf dem Wege
einer solch negativen Philo
sophie und Theologie tritt
sein wahres Wesen ins Licht
der Erkenntnis.
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das nichts
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«Gott und das Nichts» - Ent
deckungen an den Grenzen
des Denkens (Bild) ist im
Knecht-Verlag für 29,80
Franken erschienen.
Braucht Gott
Werbung?
Die geplante Plakatkampag
ne mit dem Slogan «Selber
denken. Die Reformierten»
hat in der Deutschschweiz
für heftige Auseinanderset
zungen gesorgt. Im Grunde
geht es bei dem Streit um
die Frage, ob die Botschaft
des Evangeliums für sich
selber spricht oder ob die
Kirche wie eine weltliche
Institution für sich werben
soll. Und wenn ja, wie?
Der Werbefachmann Marc
Ebersbach und die Theologin
Susanne Heine diskutieren
mit Brigitta Rotach in der
Sendung Stemstunde Religi
on auf SF DRS 1 am Sonn
tag, 10. Dezember um 10 Uhr.
Veranstaltungen
«Männer tun
Männern gut»
Fünf Abende unter Män
nern. Jeder Abend steht un
ter einem anderen Thema.
Es wird dabei erwartet, dass
die Teilnehmer sich auch
selbst einbringen.
Ab Montag, 8. Januar um
20 Uhr im Haus Gutenberg,
Balzers, Leitung: P. Ludwig
Zink.
«Heilung aus dem
Ursprung»
Ein Wochenende der Atem-
und Leibarbeit. Die Arbeit
am Atem erfasst den Men
schen in seiner Totalität. Die
Verbesserung des natürli
chen Atems ist ein erprobter
Weg für die Bewältigung
von funktionellen und psy
chosomatischen Störungen.
Freitag, 19. Januar, 18
Uhr bis Sonntag, 21. Januar,
16 Uhr im Haus Gutenberg,
Balzers, Leitung: Christoph
Mächler, Erwachsenenbild
ner und Therapeut.
Moment mall
«Vergesst nicht, gastfreund
lich zu sein. Manche haben
schon, ohne es zu wissen,
Engel beherbergt*.
(Hebräer 13,2)