Liechtensteiner VOLKSBLATT
EXTRA
Mittwoch, 6. Dezember 2000 23
jugend
Die Spiee Girls auf Erfolgskurs
Kinotipp: «Billy Elliot - 1 will dance»
Buchtipp: «Spiegelgrund»
Konzerte, Klatsch und Radio L «Top 10»
Edelpop der besonderen Art
Die Spiee Girls verwalten mit entschärftem Mainstream ihren Erfolg - Drittes Album «Forever»
Viereinhalb Jahre sind
vergangen, seit die Spiee
Girls mit «Wannabe» rotz
frech die Charts stürmten
und mit ihrer gar nicht
mädchenhaften, heraus
fordernden Art die eta
blierte Pop-Welt erschüt
terten. Jetzt gehören sie
selbst zum Establishment,
und ihr Credo könnte «Für
immer Edelpop» lauten -
hübsch anzusehen wie ex
klusive Designermode.
Psychologisch ausgeklügelter
Pop als Erfolgsmanagement: In
diese Richtung zielt ihr drittes
Album «Forevcr». Die erste
Single aus dem neuen Album
heisst «Holler» und brachte die
vier verbliebenen Spiee Girls
als neunte Nummer eins in den
britischen Single-Charts ein
weiteres Stück voran auf dem
Weg in. den Pop-Olymp: «Die
Spiee Girls rücken in der Liga
der Nummer eins vor und ha
ben jetzt sogar mehr Nummer-
Eins-Hits als die Rolling Sto-
nes», jubelt die offizielle Inter
netseite (http://www.spicegirls-
forever.co.uk). «Nur die Beatles
(17), Elvis Presley (17), und
Cliff Richard (14) sind noch zu
übertreffen!»
Anschlag auf die männli
chen Sinne
«Hollen» ist ein raffinierter
Anschlag auf die (männlichen)
Sinne: Ein erregter Herzschlag-
Rhythmus wird mit sanften Gi
tarren, schmeichelndem Chor
gesang und einem herausfor
dernden Lead-Vocal als moder
ner amerikanischer R8tB arran
giert. Partnerwahl wird zur
Frauensache, und das Album
insgesamt variiert wieder die
von Mädchen in aller Welt ak-
Die Spiee Girls rücken in der Liga der Nummer eins vor und haben jetzt sogar mehr Nummer-Eins-Hits als die Rolling Stones.
zeptierten Lehrsätze: Signale
aussenden, und ihn dann den
ersten Schritt machen lassen.
Verführerische, selbstbewusste
Versprechungen' machen: «1*11
be your fantasy.»
Die Beziehung analysieren
und Schlüsse ziehen: Es ist Zeit
verschwendung («Wasting my
time»), eine Wochenendafiare
(»Weekend Love»), ein flüchtiger
Spass (»If you want to have so-
me fun») oder vielleicht doch die
ganz grosse Liebe (»Time goes
by», «Let love lead the way»,
«Oxygen»). «Wisst ihr, dass es
drei Jahre und zwei Tage, zwei
Babys, zwei Hochzeiten, drei
Solo-Nummer-Eins-Erfolge,
zwei Solo-Alben her ist, dass
wir unsere letzte Spice-Girls-CD
veröffentlichten?» fragen Victo
ria Beckham, Melanie Brown,
Melanie Chisholm und Emma
Bunton kokett auf der Web-Sei-
te. Aus den Mädels sind gestan
dene Frauen geworden, die sich
jetzt schon richtig Mühe geben
müssen, im Videoclip sich so
mädchenhaft wie ehedem zu ge
ben. Aus Schärfe ist ein Gesäu-
sel geworden, das auf hohem
professionellen Niveau musika
lisch berechnend ist wie das De
sign der Haute Couture - exklu
siv und doch überflüssig. Pop
als Party-Beiwerk, harmlos ero
tisierend, aber nicht (mehr)
wirklich aufregend.
Fraglos eine kommerzielle
Sensation und ein Medienereig
nis, lebt «Forever» vom Erfolg
bis hierhin 35 Millionen ver
kaufter Spice-Girls-Alben zu
züglich 25 Millionen umgesetz
ter Singles weltweit. So viele
Fans, das ist seit Elvis Gesetz,
können nicht irren. Für den Au
genblick ist die «Spiceworld» in
Ordnung, das Quartett gibt so
gar im Booklet freimütig interne
Streitereien zu. «Wir halten zu
sammen, was immer auch
kommen mag», versichern sie
im nächsten Atemzug. «Time
goes by and we stand still» heis
st es in Victoria Beckhams Lieb
lingslied des Albums. Aber das
hat in dieser Welt noch nie
funktioniert.
In den Fängen des NS-Regimes
Jugendbuchtipp: Spiegelgrund - NS-Erziehungsanstalten
«Spiegelgrund» erzählt eine
wahre Geschichte. Johann
Gross erinnert sich daran, wie
er 1940 als 10-Jähriger in die.
Fänge der NS-Erziehungsan
stalten geriet und am Wiener
«Spiegelgrund» seinem ge-
fürchteten Namensvetter be
gegnete - dem NS-Arzt Dr.
Heinrich Gross.
Der 10-jährige Johann Gross
REKLAME
www.mauren.li
Forum, die
DiskuSsionsplattform
der Gemeinde Mauren
Johann Gross
Spiegelgrund
l- Leben in
f. NS-Erziehungsanstalten
Eine wahre Geschichte...
sammelt in der Pimpfuniform
des Deutschen Jungvolks für
die NS-Spendenaktion «Win
terhilfswerk». Seine Mutter ist
unbekannten Aufenthalts, sein
Vater ist Alkoholiker. Plötzlich
überkommt den Jungen die
Sehnsucht nach seiner gelieb
ten Hedi-Tante, bei der er zu
letzt in Pflege war. Mit dem
Geld aus der Sammelbüchse
fährt er zu ihr. Doch die Kripo
greift ihn auf und steckt ihn in
eine Erziehungsanstalt. Nach
drei Fluchtversuchen kommt er
in die berüchtigte Anstalt am
«Spiegelgrund»: Dort wird die
vom NS-Regime angeordnete
Tötung missgebildeter Kinder
durchgeführt. Gross gehört zur
Gruppe der «Schwererziehbaren
und Asozialen». Für jeden
Fluchtversuch verpasst Dr.
Heinrich Gross dem jungen
Gross Injektionen, die tagelan
ge Übelkeit hervorrufen. Die
Schmerzen sind kaum zu ertra
gen, doch Johann Gross ist
nicht zu brechen.
Ohne Sentimentalität oder
Selbstmitleid schildert Johann
Gross, was er erlebt, erlitten
und beobachtet hat, berichtet
von der Grausamkeit der Ärzte,
aber auch von der Menschlich
keit, die er unter Kameraden
und anderen «Outlaws» erfah
ren hat.
Johann Gross: Spiegelgrund -
Leben in NS- Erziehungsanstal
ten. Verlag Carl Ueberreuter,
Wien 2000. ISBN 3-8000-
3769-6.
Tanzen ist alles
Kino: Billy Elliot - I will dance
Wenn Billy (Jamie Bell) zu tanzen beginnt, steht er unter Strom.
Tanzen ist für ihn «Elektrizität» und eine Flucht raus aus der Welt
der Perspektivlosigkeit. Wir befinden uns im industriellen Nord
england 1984. Die Zechen sterben, Billys Mutter auch. Die Lehre
rin fördert heimlich sein Talent und möchte, dass er die königliche
Ballettschule besucht. Doch in dem Arbeiterklassenkosmos des Va
ters (Gary Lewis) ist für solche Träumereien kein Platz: Er schickt
den Sohn zum Boxtraining. Das melodramatische Spielfilmdebüt
von Stephen Daldry bettet gekonnt die bittersüsse Story in einen
harten, aber herzlichen Realismus.
NACHRICHTEN
Konzerte
SKUNK-SILVESTERPARTY
So 31. Dezember 2000
Gemeindesaal, Triesen
ROBBIE WILLIAMS
So 11. März 2001
Hallenstadion Zürich
TOM JONES
Fr 23. Mäiz 2001
Hallenstadion, Zürich
ELVIS - THE CONCERT
So 1. April 2001
Hallenstadion, Zürich
Ende der
Schlammschlacht
Robbie Williams hat seinem
Erzrivalen Liam Gallagher
die Hand gereicht. «Wir ha
ben unsere Differenzen aus
geräumt», sagte Williams.
Letzter Höhepunkt der
Schlammschlacht zwischen
den beiden war eine Preis
verleihung im November in
London, als «Oasis»-Sänger
Gallagher seinen Kontra
henten beschuldigte, ho
mosexuell zu sein.
U2-Album
verboten
Das neue U2-Album darf in
Burma nicht mehr verkauft
werden. Einem Bericht des
Online-Dienstes «Wall of so-
und» zufolge ist das Album
«All that you can leave be-
hind» wegen des Liedes
«Walk on» verboten worden.
Das Stück hatten U2 Aung
San Yuu Kyi gewidmet, der
Führerin der demokratischen
Bewegung in Burma. Jedem,
der trotz des Verbotes U2-
Alben ins Land bringt, dro
hen nun 20 Jahre Haft
Radio L «Top 10>
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