Liechtensteiner VOLKSBLATT WIRTSCHAFT Freitag, 1. Dezember 2000 21
Casino
Academy
RHEINFELDEN: Die Swiss
Casinos gründet eine Ausbil
dungsstätte fiir neue casi-
nospezißsche Berufe. Die SC
Academy soll im kommenden
Jahr in Zürich eröffnet wer
den, wie Swiss Casinos am
Donnerstag mitteilte.Mit der
Konzessionierung der ersten
neurechtlichen Casinos würden
in der Schweiz Hunderte von
neuen Arbeitsplätzen in einer
ganzen Reihe neuer Berufe ge
schaffen. Croupier, Casino
Host und Slot Techniker sowie
Security oder Surveillance Mit
arbeiter sollen deshalb in Zu
kunft am neuen Ausbildungs
institut professionell aus- und
weitergebildet werden. Die SC
Academy wurde von Swiss Ca
sinos, die Ende September
zwölf Casino-Projekte lanciert
hat, und Casino Austria Inter
national ins Leben gerufen.
Kündigungswelle bei Schweizer
Geldwäscherei-Kontrollstelle
Ausser dem Leiter haben alle juristischen Mitarbeitergekündigt
BERN: Die Kündigungswelle
bei der Geldwäscherei-Kon-
trollstelle des Bundes setzt
sich fort. Der letzte verbliebe
ne Jurist neben dem Leiter der
Kontrollstelle wird aus Verun
sicherung, Frustration und
mangelnder beruflicher Her
ausforderung den Dienst quit
tieren, wie er am Donnerstag
auf Anfrage der Nachrichte
nagentur AP sagte.
«Ich werde meine Kündigung
noch heute einreichen», sagte
Raoul Sidler, juristischer Mitar
beiter der Kontrollstelle in der
Eidgenössischen Finanzverwal
tung. Auf die Gründe ange
sprochen, verwies er auf die
Motive seiner Kollegen, die in
den vergangenen Wochen
gekündigt hatten. Zum einen
sei nach den Entscheiden der
Rekursinstanz über Anzeigen
der Kontrollstelle eine Verunsi
cherung über die künftige Aus
legung des Geldwäschereige
setzes da. Hinzu komme eine
gewisse Frustration über den
hohen Pendenzenberg, der sich
wegen der personellen Unter
dotierung der Kontrollstelle
aufgebaut habe. Der Arbeitsin
halt stimme für ihn nicht mehr,
sagte Sidler und fügte hinzu:
«Ich habe den Eindruck, dass
sich meine Arbeit zunehmend
auf eine administrative Tätig
keit beschränkt.» Auf die am
Vortag vom Direktor der Fi
nanzverwaltung, Peter Siegent
haler, bekannt gegebenen
Massnahmen zur Stärkung der
Kontrollstelle angesprochen,
sagte der Jurist, er glaube zwar,
dass diese Schritte eine Wir
kung zeigen würden. Für ihn
habe sich aber die Frage ge
stellt, ob er weitere zwölf Mo
nate warten wolle. Als relativ
junger Jurist mit 29 Jahren ha
be er sich entschieden, beruf
lich einen Schritt weiterzuge
hen, sagte Sidler.
Dieter Leutwyler, Sprecher
des Eidgenössischen Finanzde
partements (EFD), sagte auf
Anfrage, man habe gewusst,
dass sich Sidler nach einer an
deren Stelle umschaue. Weil die
Kündigung noch nicht einge
reicht gewesen sei, habe man
am (gestrigen) Mittwoch aber
noch nicht informieren kön
nen.
Mit Ausnahme des Leiters
Nikiaus Huber haben damit alle
juristischen Mitarbeiter der
Kontrollstelle gekündigt. Trotz
der am Mittwoch bekannt ge
gebenen Massnahmen dürfte
^jpTder Vollzugsnotstand in
'den, ersten Monaten des nächs
ten'' Jahres damit zunächst
weiter zuspitzen. Die Finanz
verwaltung führt zurzeit zwar
Gespräche mit rund 20 Bewer
berinnen und Bewerbern. Die
Besoldungsordnung des Bun
des setzt den Möglichkeiten,
ausgewiesene Fachleute zu fin
den, aber Grenzen. Eine bessere
Position auf dem Arbeitsmarkt
erhofft sich die Finanzverwal
tung von der hierarchischen
Aufwertung der Kontrollstelle
von einer Sektion in eine Ab
teilung. Der Pendenzenberg
von 550 unerledigten Gesuchen
um Direktunterstellung soll zu
dem von einer Task Force mit
Temporärangestellten abgetra
gen werden. Dabei erwägt man
auch den Einsatz von Studie
renden. Dies dürfte aber zu
mindest in der Anfangsphase
eine intensive Betreuung nötig
machen und die Kontrollstelle
eher zusätzlich belasten.
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Beispiellose Panne
Teuerungsraten im Herbst massiv zu hoch ausgewiesen
BERN/ZÜRICH: Dem Bundes
amt für Statistik ist bei der
Teuerungsberechnung ein bei
spielloser Fehler unterlaufen.
Die Teuerungsraten der letzten
fünf Monate mussten um bis
zu 0,9 Prozentpunkte nach
unten revidiert werden. Die
Panne löste scharfe Kritik und
eine Kontroverse über die Fol
gen aus.
«Es war wirklich ein Unfall»,
beteuerte der Direktor des Bun
desamts für Statistik (BFS),
Carlo Malaguerra, am Donners
tag vor den Medien im Bundes
haus. Bei der Revision des Lan
desindex' der Konsumenten
preise hatten die Statistiker
vergessen, die mengenmässige
Gewichtung des Heizöls und
der Elektrizität im Warenkorb
auch in kostenmässige Ausga
ben für die Haushalte umzu
rechnen.
Folge davon war, dass das
Heizöl mehr als doppelt so
hoch gewichtet wurde, wie es
sich auf Grund der statistischen
Grundlagen gerechtfertigt hät
te.
Die gleichzeitige Unterge-
wichtung des Stroms führte
dank stabiler Preise im Ender
gebnis zu keinen nennenswer
ten Folgen. Beim Heizöl wirkte
sich der Fehler im Zuge des ra
santen Preisanstiegs im Herbst
aber fatal aus. Statt einer Jah
resteuerungsrate von 1,4 Pro
zent wies das BFS im Septem
ber eine Inflation von 2,3 Pro
zent aus. Im Oktober wurde ei
ne Teuerung von 1,9 Prozent
statt 1,3 Prozent angekündigt.
Und wäre der Fehler nicht kor
rigiert worden, hätte die Teue
rung im November 2,6 statt 1,9
Prozent ausgemacht.
Malaguerra sprach von
menschlichem Versagen eines
Mitarbeiters, musste aber ein
räumen, dass auch die Kon
trollmechanismen versagten.
Denn das Amt hatte trotz ge
wisser Zweifel über die eigenen
Teuerungszahlen den Fehler
nicht selber entdeckt, sondern
musste nach einem vergangene
Woche veröffentlichten Beitrag
eines KOF/ETH-Mitarbeiters in
der Wirtschaftszeitung «Cash»
in aller Eile über die Bücher.
Hatte das BFS damals noch
verlauten lassen, Aktionismus
sei fehl am Platz, korrigierte
es nun alle fünf Teuerungsra
ten, die seit der Revision des
Index' veröffentlicht worden
waren.
Der Zeitpunkt der Korrektur
ist von doppelter Brisanz: Ei
nerseits sind die Herbstteue
rungsraten die Grundlage für
die Lohnverhandlungen und
die Berechnung von adminis
trierten Preisen und Geldleis
tungen.
Anderseits ist die Schweizeri
sche Nationalbank als Hüterin
der Preisstabilität mitten in der
Ausarbeitung ihrer geldpoliti
schen Marschroute für das
nächste Jahr. Entsprechend
hart fiel die Kritik am BFS aus.
Sie machen deutlich, dass die
Glaubwürdigkeit des BFS er
heblichen Schaden genommen
hat - trotz den Beteuerungen
Malaguerras, die methodischen
Grundlagen des Teuerungsin
dex seien «fundiert und stabil».
Über die volkswirtschaftli
chen Schäden des Fehlers wa
ren sich die Experten nicht ei
nig.
Während Arbeitgeber-Direk-
tor Peter Hasler erklärte, Ver
zerrungen von gegen einem In
dexpunkt könnten Kosten von
Hunderten von Millionen Fran
ken zur Folge haben, wurden
die Auswirkungen bei den
Behörden und von einzelnen
Experten als gering bezeichnet.
Eine Kontroverse entbrannte
über die Frage, ob und inwie
weit bereits abgeschlossene
Lohnpakete wieder aufzu
schnüren seien.
Der Mieterverband sah an
derseits einen Bedarf nach
Überprüfung der Mietzinser
höhungen der vergangenen
Monate. Die Finanzökonomen
waren mehrheitlich der Auffas
sung, die tieferen Teuerungsra
ten änderten nichts am Hand
lungsbedarf der Nationalbank
für eine Leitzinserhöhung.
Denn massgebend sei die
Kerninflation unter Ausschluss
der Heizölpreise, die mit 0,9
Prozent im November erheblich
angezogen habe.
NACHRICHTEN
ABB eröffnet
IT-Zentrum in
Singapur
ZÜRICH: Der Technologie
konzern ABB hat in Sin
gapur ein neues Zentrum
für industrielle Informati-
ons- und Automatisierungs
technik eröffnet. Das Zen
trum erlaubt ABB eine effi
zientere Bearbeitung des
asiatischen Marktes. Das
Zentrum im Wert von 9
Mio. Dollar werde voraus
sichtlich bis Ende 2001 fer
tiggestellt sein, teilte ABB
gestern mit.
Schweizer Post
bank wird 2002
ihre Tore öffnen
BERN: Die Postbank wird ab
2002 ihre Schalter öffnen.
Derzeit laufen die Vorberei
tungen für die Gründung
einer lOOprozentigen Toch
ter der Post, die als Retail-
bank auf den Markt tritt,
wie die Post-Spitze am
Donnerstag in Bern bekannt
gab. Als Türöffner soll den
Poststellen eine tragende
Rolle zukommen. In beste
henden Poststellen sollen
deshalb gelbe Beratungszo
nen eingerichtet werden.
Für kleine und mittlere Un
ternehmen stehen die sieben
Verkaufsregionen als Bera-
tungs- udn Verkaufsstellen
zur Verfügung.
j Renault ruft
i 265 OOO Kangoos
zurück
PARIS: Wegen möglicher
Probleme mit Gurtstraffern
und Airbags ruft Renault
knapp 265 000 Wagen vom
Typ Kangoo in die Werk
stätten zurück. Es habe be
reits rund 60 Fälle gegeben,
in denen die Rückhaltesys
teme von einem defekten
Steuergerät ungewollt aus
gelöst worden seien, teilte
Renault in Paris mit. In der
Schweiz sind vom Rückruf
rund 2800 Wagen betroffen,
wie Christoph Rusch, Spre
cher bei Renault Schweiz, in
einem Bericht von «Radio
Z» sagte. Die Besitzer wür
den alle angeschrieben und
aufgefordert, mit ihrem Ga-
ragisten einen Termin zu
vereinbaren.
Private Internet-
Nutzung sprung
haft gestiegen
BRÜSSEL: Die private Inter
net-Nutzung in der Eu
ropäischen Union hat einer
Studie zufolge sprunghaft
zugenommen. Ende Oktober
nutzten demnach rund 28
Prozent aller EU-Haushalte
das Internet, verglichen mit
18 Prozent sechs Monate
zuvor, berichtete die EU-
Kommission am Donnerstag
in Brüssel. Sie sprach von
einem erfreulichen Ergebnis
vielfaltiger Internet- Initia
tiven, mahnte aber zugleich
mehr Sicherheit im Netz an.
Die Studie wurde für den
bevorstehenden EU-Gipfel
in Nizza erstellt.