Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

-3ST. 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
LAND UND LEUTE 
Freitag, 1. Dezember 2000 1 3 
Wohnen in grosszügigen Räumen 
Volksblatt-Serie: «alte Häuser und ihre Bewohner: Werner und Marlene Niedhart, Bahnhofgebäude, Schaan 
Seit 1977 leben Werner 
und Marlene Niedhart im 
Schaaner Bahnhofsgebäu 
de. Die Räume wurden 
durch die Mieter selbst re 
noviert und für die eige 
nen Bedürfhisse einge 
richtet. Der pensionierte 
Bahnangestellte und seine 
Ehefrau investieren viel 
Zeit in den Unterhalt und 
die Pflege der grosszügi 
gen Räumen. 
Adi Lippuner 
Wer das Ehepaar Werner und 
Marlene Niedhart besucht, er 
hält schon im Treppenaufgang 
einen Vorgeschmack von der 
besonderen Wohnsituation. Ei 
ne aus Lärchenholz gefertigte 
Bogentreppe führt vom Erdge- 
schoss in den ersten Stock. Die 
Holzstufen wirken gepflegt, 
sind aber durch den jahrzehn 
telangen Gebrauch stark ausge 
treten. Deshalb die Warnung 
des Hausherren: «Bitte vorsich 
tig gehen, die Treppe ist ge 
wöhnungsbedürftig.» 
3.50 Meter hoch 
Im Wohnbereich fallen die 
hohen Räume als erstes auf. 
Angesprochen darauf, lachen 
sowohl Werner wie auch Mar 
lene Niedhart und weisen dar 
auf hin, dass die Wohnräume 
ursprünglich noch wesentlich 
höher waren. «Wir haben eine 
Zwischendecke eingezogen, die 
ursprüngliche Raumhöhe war 
auf 3.50 Metern», wird der 
staunenden Besucherin erklärt. 
Doch das Heizen der Räume 
sei bei der ursprünglichen Höhe 
nicht einfach gewesen. «Zudem 
standen die Räume im Erdge- 
schoss lange leer, dadurch hat 
ten wir Probleme, während den 
Wintermonaten eine einiger- 
massen angenehme Temperatur 
zu erreichen.» Werner und Mar 
lene Niedhart leben in der 
Wohnung, die früher für den 
BahnhofVorstand reserviert 
war. Doch nachdem die Dienst 
wohnung seit 1977 nicht mehr 
benötigt wird, erhielt der ehe 
malige Stellwärter die Perso 
nalwohnung. «So konnten wir 
uns nach und nach gemütlich 
einrichten, haben alles was 
nötig ist selbst renoviert und 
auch eine Holzzentralheizung 
eingebaut.» 
Das Bahnhofgebäude ist im 
Besitz der österreichischen 
Bundesbahn (ÖBB), das Ehe 
paar Niedhart bezahlt seine 
Wohnungsmiete nach Vorarl 
berg. Es gebe Bestrebungen, 
das Gebäude zu veräussern, die 
ÖBB wolle aber nur entweder 
an das Land oder die Gemeinde 
verkaufen, war im Verlaufe des 
Gesprächs zu erfahren. 
Grosse Veränderungen 
In den letzten Jahrzehnten 
hat sich bei der Bahnstrecke 
zwischen Feldkirch und Buchs 
so einiges verändert. Werner 
Niedhart erinnert sich, dass 
früher zwischen BO und 90 Per 
sonen bei der ÖBB beschäftigt 
warenr. «Allein für das Krampen 
der Geleise war ständig eine 
Truppe von rund 60 Mann im 
Einsatz. Heute wird die gleiche 
Arbeit innerhalb von zwei 
Nächten mit einer Maschine er 
ledigt.» 
Auch die Zeit der Stell- und 
Schrankenwärter gehört der 
Vergangenheit an. Die Strecke 
wird von Nendeln aus über 
wacht, die wenigen, noch vor 
handenen Bahnschranken wer 
den automatisch bedient und 
Das Schaaner Bahnhofgebäude wurde als Bestandteil der Eisenbahnverbindung Feldkirch - Buchs 
Kaiserlich-Königlich privilegierte Vorarlberger Bahn (VB) errichtet. 
in den Jahren 1871/72 durch die 
(Bilder: adi) 
die einzelnen Bahnhöfe werden 
nicht mehr vor Ort betreut. 
Wände verschmiert 
Im ehemaligen Bahnbüro, 
dieses stand von 1988 bis 1999 
leer, hat sich das Jugendinforr 
mationszentrum aha eingemie 
tet. «Damit ist wieder Leben in 
die unteren Räume zurückge 
kehrt», freuen sich die Mieter 
der Personalwohnung. Doch 
wo Licht ist, da gibt es auch 
Schatten, wie ein Augenschein 
rund um das Gebäude zeigte. 
Schmierereien an den Wänden 
und leere Bierflaschen zwi 
schen den Blumen zeigen, dass 
die Umgebung des Bahnhofge 
bäudes leider nicht nur von 
sorgfältigen Zeitgenossen 
heimgesucht wird. 
Bahnhofgebäude: Ein Zeuge der 
österreichischen Monarchie 
Werner und Marlene Niedhart leben seit 1977 in der ehemaligen Bahnlwßvorstandswohnung in Schaan. 
Seit 1872 ist die Bahnstrecke 
zwischen Feldkirch und Buchs 
in Betrieb. Dank der Errichtung 
der Eisenbahnlinie durch Liech 
tenstein wurde das Land mit 
den grossen Wirtschaftsräumen 
der Donaumonarchie verbun 
den. Ursprünglich war der Bau 
der Linie auf dem kürzesten 
Weg zwischen FeldkJrch und 
der Schweiz vorgesehen, ohne 
Liechtenstein zu berühren. 
Lange vor dem Bau der Ei? 
senbahnlinien in Vorarlberg 
hatte die Schweizer Eisenbahn 
den Betrieb zwischen Rorschach 
und Chur aufgenommen 
(1857/58). Erste Projekte, wel 
che eine, Schienenverbindung 
für Vorarlberg vorsahen, . ent 
standen um 1845. vDoch das 
Kaiserlich Königliche (k.k) Han 
delsministerium in Wien sprach 
sich gegen den Bau der Aribeig- 
linie aus. • 
Nachdem die bayrische Süd- 
Nord-Magistrale und die 
Schweizer Rheintalbahn. -ver-' 
' wirklicht wdren, war es dann 
naheliegend, dass die beiden 
Bahnlinien'entlang dem öster 
reichischen Bodenseeufer ver 
bunden' wurden. Mit deren 
Konzessionserteilung war die 
Bedingung verbunden, einen 
Anschluss nach Fddkirch und 
von dort zur Schweizer Rhein- 
7 talbahn zu bauen. Nach langen 
Verhandlungen wurde dann die 
heute noch genutzteUahnlinie 
realisiert. . - 
Auch das Bahnhofgebäude In 
Schaan wurde wählend dieser 
••. Zeit eibaut Der schlichte 
Rechteckbau steht unter einem 
. Kreuzgiebeldach. Pützqüader, - 
bänder uiid -lisenen gliedern 
die Fassadeund heben die Fen- 
* ster hervor. Nach aussen ver- 
. mittdt das Gebäude den Cha- 
' rakter der staatlichen Bauten 
der ehemaligen ; österreichi 
schen Monarchie. . Bahnhöfe i 
dieses Bautyps sind auch heute 
noch in den einstigen habsbur- 
! gischen Kronländem verstreut. 
Das Gebäude verdient, speziell 
- wegen seinem Beispiel filr die 
• liechtensteinische Eisettbahn- 
" geschichte, Beachtung. - 

Hochwasser 
25.Sepl.1927 

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HANF 
1925 war auch das Bahnhofareal vom Hochwasser betroffen. Eine 
Tafel am Gebäude erinnert an den damaligen Wasserstand. 
Schmierereien und Zeichnungen an den Wänden zeigen, dass nicht 
alle Besucher fremdes Eigentum respektieren. 
Der Treppenaufgang zur Personalwohnung im Bahnhofgebäude 
hat eine ganz spezielle Ausstrahlung.
	        

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