Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
KULTUR 
Donnerstag, 30. November 2000 1 1 
Kontrast von Licht und Dunkelheit 
Ein Gespräch mit dem Dirigenten des Tonhalle Orchesters Zürich, David Zinman 
REKLAME 
Das Tonhalle Orchester 
Zürich" gibt am Freitag, 1. 
Dezember um 20 Uhr im 
Vaduzer Saal unter der 
Leitung von David Zin 
man ein Konzert. Auf dem 
Programm stehen Mozarts 
Klavierkonzert C-Dur mit 
dem Solisten Rudolf 
Buchbinder und die 9. 
Sinfonie von Gustav 
Mahler. 
Mit David Zinman sprach 
Gerolf Hauser 
David Zinman, geboren 1936 
in New York, studierte Violine 
und Musiktheorie und bei Pier 
re Monteux Orchesterleitung. 
Bei ihm war er von 1958 bis 62 
Assistent. Er leitete das Nieder 
ländische Kammerorchester, 
das Philharmonische Orchester 
von Rochester, die Rotterdamer 
Philharmoniker und das Sym- 
phonie-Orchester von Baltimo 
re. 1995 wurde er Chefdirigent 
des Tonhalle-Orchesters in 
Zürich. Als Gastdirigent arbei 
tet er mit allen namhaften Or 
chestern in Europa und den 
USA zusammen. 
Gibt es für Sie eine besonde 
re Verbindung zwischen Mo 
zart und Mahler? 
David Zinman: Für mich hat 
Mozart eine fast göttliche Qua 
lität. Mahler hat sich immer 
darum bemüht, aber die Erde 
dabei nicht verloren. Der Kon 
trast zwischen den beiden ist 
wie bei einem guten Essen: Zu 
erst gibt es eine fantastische 
und himmlisch-leichte Vorspei 
se, dann mit Mahler der schwe 
re Hauptgang. Ich liebe den 
Kontrast von Licht und Dunkel 
heit. 
Mahler hat einmal gesagt: 
Meine Zelt wird gekommen. 
Ist sie da? 
Seine Werke sind heute 
selbstverständlicher Bestandteil 
des Repertoires. Zu seiner Zeit 
war das Publikum überfordert, 
erklärte ihn für verrückt. Jetzt 
sehen wir seine Qualitäten bes 
ser. Nachdem Bernstein alle 
Mahler-Werke auf CD einspiel 
te und damit das Publikum er 
reichte, haben wir eine richtige 
David Zinman dirigiert morgen Freitag im Vaduzer Saal das Tonhalle Orchester Zürich. (Bild: G.HJ 
Mahler-Renaissance. Mahler 
selbst hat seine 9. Sinfonie 
selbst nie gehört. So wissen wir 
nicht, was er vielleicht noch 
daran geändert hätte, denn er 
war nie zufrieden mit seinen 
Kompositionen, hat immer wie 
der Überarbeitungen gemacht. 
Für mich hat die Neunte etwas 
Futuristisches. Da gibt es zwei 
grosse langsame Sätze und 
zwei kürzere, die man vielleicht 
als leicht bezeichnen kann. Da 
gibt es die Idee des Sterbens am 
Ende, die so grossartig, so 
schön geschrieben ist, dass es 
fast nicht zu realisieren ist. Es 
ist die Idee eines idealisierten 
Todes, der Kampf darum, und 
das sich hinein begeben. Was 
mich an Mahler auch fasziniert, 
ist das simultane Auftauchen 
verschiedener Ideen, wie sie 
sich ergänzen, wie er Elemente 
aus früheren Arbeiten aufgreift, 
verwandelt und einverwebt in 
das Ganze. Ich denke, die 
Neunte ist ein Werk, in dem es 
noch viel zu entdecken gibt. Sie 
zeigt das ganze menschliche 
Dasein mit all seinen Verrückt 
heiten, Schönheiten und all 
dem Schrecklichen, stärker als 
vermutlich in all seinen ande 
ren Kompositionen. Dazu 
gehören auch verschiedene Le 
bensformen. In der Neunten 
reicht das vom herrlichen Le 
ben auf dem Land bis zum 
krankmachenden Leben in der 
Stadt, und eben schliesslich) im 
letzten Satz das Gegenüberstel 
len der Schönheit des Lebens 
mit dem Tod. 
in Mahlers Sinfonien gibt es 
langsame Sätze mit Melodi 
en, die als «unendlich» be 
zeichnet werden? Was sucht 
Mahler hier? 
Das Adagio der Neunten ist 
sein persönliches Requiem. Ich 
sage zu den Musikern, sie sol 
len hier an die Bedeutung des 
Todes und an jemanden aus 
ihrem eigenen Leben denken, 
der verstorben ist. Es ist für 
mich immer wieder schwierig, 
das zu dirigieren. Manchmal 
bewegt mich das so, dass mir 
Tränen in die Augen steigen. 
Ich spüre dann diesen gegen 
alle Widerstände unermüdlich 
ankämpfenden Mahler. Als er 
die Neunte schrieb, liess sein 
Erfolg als Operndirektor nach, 
seine Kompositionen wurden 
nicht verstanden, er wurde von 
Musikern und Kritikern ver 
spottet als komponierender Ka 
pellmeister, seine Tochter war 
gestorben, es gab grosse Prob 
leme mit seiner jungen Frau, 
Sfein Besuch in Amerika, von 
dem er viel erhofft hatte, war 
erfolglos, er wurde krank - und 
doch sah er die Schönheiten 
des Lebens, aber auch des To- 
. des. Ein Buch, das Mahlers letz 
ten drei Jahre beschreibt, heisst 
«Triumph und Untergang». Und 
diese neunte Sinfonie zeigt das, 
sie ist eine autobiografische 
Komposition. 
Mahler war sehr auf Raum 
klänge bedacht und meinte, 
Dirigenten dürften deshalb, je 
nach Akustik des Konzert 
saales, die Partitur verän 
dern. Verändern Sie etwas? 
Ich verändere die Töne in der 
Partitur nicht, dafür, je nach 
Saal, die Dynamik- und Tem 
poanweisungen. Ich denke, in 
grossen Sälen kann man am 
besten verstehen, was in der 
Musik Mahlers geschieht. Es 
braucht einen gewissen Ab 
stand, um die verschiedenen 
Rhythmen und Klänge, die ver 
schiedenen simultan ablaufen 
den Ideen verstehen zu können. 
Als Dirigent muss ich darauf 
achten, was in der Musik lebt, 
mit wem und wo ich spiele. 
Natürlich kann kein Komponist 
haargenau aufschreiben, was er 
meint. Er gibt Einladungen 
zum Verständnis seiner Inten 
tionen. Dazu kommen dann je 
ne der Ausübenden. Bei kaum 
einem anderen Komponisten ist 
das so vielfältig, wie bei Mah 
ler. Er gibt Millionen verschie 
dener Sichtweisen - jetzt noch. 
Vielleicht wird es in 100 Jahren 
so sein wie jetzt mit Beethoven: 
Man hat eine mehr oder weni 
ger feststehende Interpretati 
onssicht. 
Zwischen Bruno Walters und 
Bernsteins Mahler-Interpreta 
tionen liegen Welten: Walter 
ist der Strenge, Bernstein der 
breit Geniessende. 
Bernstein spielte am Ende 
seines Lebens praktisch alle 
Werke halb so schnell wie zu 
Beginn seiner Karriere. Ähnli 
ches gilt für andere Dirigenten. 
Sind Walters Interpretationen 
authentisch, weil er so eng mit 
Mahler zusammen gearbeitet 
hatte? Vielleicht. Aber Mengel 
berg, auch ein Zeitgenosse 
Mahlers, interpretierte völlig 
anders als Walter. In Amster 
dam gab es eine Aufführung, 
bei der Mahler zuerst seine 4. 
Sinfonie selbst dirigierte, 
anschliessend dirigierte Men 
gelberg. Das waren zwei ver 
schiedene Aufführungen eines 
Werkes. Ich denke, die Fantasie, 
aufgebaut auf dem gründlichen 
technischen Erarbeiten, ist das 
Wichtigste. Ich kann niemand 
anderes sein, als ich selbst; ich 
interpretiere meine Vorstellun 
gen. Es ist eine Frage der Ein 
verleibung der Musik. Wenn sie 
wieder herauskommt, hat sie 
etwas Persönliches. Diesen per 
sönlichen Blickpunkt gilt es 
den Musikern zu vermitteln 
und dann dem Publikum. Für 
mich ist das keine abgeschlos 
sene Sache, sondern immer ein 
sich wandelnder Prozess. 
Schon allein deshalb, weil ich 
selten ganz zufrieden bin mit 
mir. 
November 2000 
Cecilia Bartoli und «II 
[Giardiho Armonico» i 
Uitung: Ciovannl Antonini , j 
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