Liechtensteiner VOLKSBLATT
INLAND
Mittwoch, 29. November 2000 3
Stiftungsrecht: «Man kann den Kuchen
nicht gleichzeitig essen und besitzen»
Vortrag von Dr. Harald Bosch zur liechtensteinischen Stiftung im Rechtsvergleich
In einer Vorlesung zu ak
tuellen Fragen des liech
tensteinischen Stiftungs
rechtes am Liechtenstein-
Institut informierte der
Referent, Dr. Harald
Bosch, Rechtsanwalt aus
Bregenz, vor allem über
Gemeinsamkeiten und
Unterschiede zu anderen
Rechtsräumen. Klar wur
de im Anschluss an das
Referat, dass heimische
Stiftungen wesentlich li
beraler ausgestaltet sind,
als in unseren Nachbar
staaten.
Peter Kindle
Das Licchtenstein-Institut star
tete gestern Abend zu einer
zweiteiligen Vortragsreihe zum
Stiftungsrccht. Fachrcfercnt Dr.
Harald Bosch, Rechtsanwalt
aus Bregenz und Forschungs-
beauftragter am Licchtenstein-
Institut wartete mit einem sehr
ambitiösen Programm für den
ersten Abend auf. Es galt, Ge
meinsamkeiten und Unter
schiede der liechtensteinischen
Stiftungen in den Vergleich zu
unseren Nachbarländern zu
stellen. Resultat der Vergleiche
war, dass Liechtenstein über ei
ne sehr liberale Form der Stif
tungen verfügt.
Attraktivität bleibt
ungebrochen
Das Interesse der Besucher
an den Ausführungen von Dr.
Harald Bosch war nicht nur aus
dem Grund heraus sehr gross,
dass die Diskussionen um den
liechtensteinischen Finanzplatz
in letzter Zeit sehr weitreichend
waren, sondern auch die At
traktivität unserer Stiftungen.
Heimische Stiftungen sind
bei ausländischen Kapitalanlc-
gern nach wie vor ungebrochen
gross. Dies belegen auch die
Zahlen. Während es in
Deutschland anzahlmässig nur
sehr wenig Stiftungen zu ver
zeichnen gibt, in Österreich le
diglich 1400 Privatstiftungen
existieren und in der Schweiz
die 23 000 cintragepflichtigen
Stiftungen zum Grossteil Per
sonalfürsorgestiftungen sind,
sieht es in Liechtenstein anders
aus: Allein im Jahr 1999 wur
den 5500 Stiftungen neu hin
terlegt. Die separat eingetra
genen Stiftungen wurden bei
dieser Zahl nicht berücksich
tigt.
«In Liechtenstein sind mehr
als 80 000 Gesellschaften und
Stiftungen existent», betonte
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Dr. Harald Bosch bei seinen
Ausführungen, «dennoch ist die
genaue Zahl der Stiftungen an
sich unbekannt». Aus Gründen
der Verschwiegenheit bei der
Steuerverwaltung konnte der
Referent die genauen Zahlen
nicht in Erfahrung bringen.
Liberal, aber mit Risiken
verbunden
In seiner rechtsvergleichen
den Einordnung stellte Dr.
Harald Bosch fest, dass die
liechtensteinische Stiftung,
welche strukturell dem schwei
zerischen Modell nachempfun
den wurde, wesentlich liberaler
sei und in wesentlichen Punk
ten vom rechtlichen Modell der
Schweiz abweiche. Die Libera
lität der liechtensteinischen
Stiftung, die ihrerseits wieder
als Modell der österreichischen
Gesetzgebung im Jahre 1990
diente, erkläre auch den massi
ven Anfangserfolg für Stiftun
gen, welche in Österreich seit
Einführung der neuen Gesetz
gebung einen kleinen Boom er
lebte.
Dennoch müsse man sich der
Risiken der Liberalität bewusst
sein: «Man kann den Kuchen
nicht gleichzeitig essen und be
sitzen», so der Referent. Emst
zu nehmen seien auch die vor
handenen Kontrollprobleme im
liechtensteinischen Stiftungs
recht.
„Gemeinsam
die Heimat
mitgestalten."
Wendelin Lampert. Triesenberg
FBP-Kandiaai für die Landtaaswahien 2001
Dr. Harald Bosch stellte Reehtsvergleiehe zwischen Liechtenstein,
der Schweiz, Österreich und Deutschland an.
Interessierte Besucher verfolgten den Vortrag zum Stißungsrecht am Liechtenstein-Institut. Unter ih
nen auch der FBP-Landtagsabgeordnete Rudolf Lampert (Mitte). (Bilder: bak)
Wirtschaftspolitik: Platz für 100 000 Arbeitsplätze?
Regierung beantwortet FBP-Interpellation für eine nachhaltige Volkswirtschaft - Zehn-Punkte-Programm vorgestellt
Die Regierung nutzte das gest
rige Mediengespräch, um die
Beantwortung einer FBP-
Interpellation für eine nach
haltige Volkswirtschaft zu
präsentieren. Wirtschafts
minister Michael Ritter liess
sich die Gelegenheit nicht
nehmen, die Definition mit
zehn Zielen für die Entwick
lung der liechtensteinischen
Volkswirtschaft an den Mann
zu bringen.
Peter Kindle
Michael Ritter betonte am ges
trigen Mediengespräch, dass
die Regierung in ihren Zielvor
stellungen zu einer nachhalti
gen Entwicklung der Volks
wirtschaft vor allem auf die Be
dürfnisse der Bevölkerung ab
stellen wolle. Weitere Faktoren,
welche in die Wirtschaftspolitik
miteinbezogen werden müssen,
seien die Merkmale unseres
Wirtschaftsraumes und «die
heutige Situation».
Wirtschaft: Weichen für
Zukunft seien gestellt
Um Ziele für eine Entwick
lung der wirtschaftlichen Ent
wicklung definieren zu können,
sei es wichtig, die Ist-Situation
genau zu betrachten, betonte
Regierungschef-Stellvertreter
Michael Ritter. Genau dies woll
te auch die FBP-Fraktion, wel
che die Interpellation an die Re
gierung richtete. «Unserer Wirt
schaft geht es gut», stellte Mi
chael Ritter fest, «sie ist gesund
und vielfältig». Mit diesen Wor
ten versuchte Wirtschaftsminis
ter Michael Ritter aufzuzeigen,
dass die Weichen für eine nach
haltige Zukunft der liechten
steinischen Wirtschaft gestellt
seien. ««Wir verfügen über eine
gesunde Struktur und über eine
Krisenresistenz».
Umfangreiches Papier mit
Zielvorstellungen
Regierungsrat Michael Ritter
betonte, als er sein ambitiöses
Zehn-Punkte-Programm prä
sentierte, dass die Nachhaltig
keit der Wirtschaft vor allem
vom Einbezug von Ökonomie,
Ökologie und Sozialem lebe.
Obwohl es «etwas abgegrif
fen klingen mag», so Michael
Ritter, sei es auch in Zukunft
nötig, die positiven Standort
bestimmungen aufrecht zu er
halten und Sorge dazu zu tra
gen. Politische Stabilität, sozia
ler Friede, niedrige Besteue
rung, Rechtssicherheit, eine
gute Ausbildung und hohe
Arbeitsmoral seien die
wichtigsten Rahmenbedingun
gen, um die Aufrechterhaltung
des Standortes zu gewährleis
ten.
Ein weiterer Faktor für eine
rosige wirtschaftliche Zukunft
sei auch eine Weiterführung
der Diversifikation innerhalb
der Volkswirtschaft. «Daran
müssen wir weiter arbeiten»,
so Ritter. Als aktuellstes Ziel
bezeichnete der Wirtschafts
minister die Aufgabe, die
Glaubwürdigkeit Liechtensteins
als Wirtschaftsstandort zu stär
ken. Als Wirtschafts- und
Finanzplatz brauche sich unser
Land nicht zu verstecken.
In diesem Ziel sei - gemäss
den Ausführungen des Regie
rungschef-Stellvertreters - in-
kludiert, dass die Dienstleistun
gen, welche Liechtenstein an
biete, auf einem qualitativ ho
hen Niveau stattfinden sollen.
Grosses Chancenpotenzial sah
Michael Ritter auch in der Ent
wicklung der «digitalen Zukunft
unseres Landes», so zum Bei
spiel auch der «e-commerce».
Platz für 100 000
Einwohner?
Ein weiteres Ziel für eine
nachhaltige Wirtschaftspolitik
sei auch die Vorstellung, das
Wachstum der Arbeitsplätze
mit dem Bevölkerungswachs
tum in Einklag zu bringen.
Des Weiteren werde es nötig
sein, der Zersiedelung Einhalt
zu gebieten. «Das Ziel ist es, die
bestehenden Siedlungen zu ver
dichten, um eine weitere Zersie
delung des Landschaftsraumes
zu vermeiden. Die Zonenflächc
beträgt heute rund 21 Quadrat
kilometer, was theoretisch für
etwa 80 000 bis 100000 Ein
wohner einschliesslich zu
gehöriger Arbeitsplätze ausrei
chen würde», propagiert die Re
gierung in ihrem Zehn-Punkte-
Programm. Ob alle Ziele reali
stisch seien, wusste auch Micha
el Ritter nicht. Es gebe bestimmt
ein Konfliktpotenzial bei den
einzelnen Vorstellungen.
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