Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
AUSLAND 
Dienstag, 28. November 2000 25 
Bush gewinnt Florida - Gore gibt 
sich noch nicht geschlagen 
Bush mit 537 Stimmen Vorsprung zum Wahlsieger erklärt - Einspruch von Gore 
TALLAHASSEE: Der 
Kampf um die US-Präsi 
dentschaft geht ungeach 
tet des vorläufigen Wahl 
siegs des republikani 
schen Kandidaten George 
W. Bush im alles entschei 
denden Staat Florida wei 
ter. Der demokratische 
Bewerber AI Gore legte 
am Montag Einspruch ge 
gen das Wahlergebnis ein. 
Zuvor war Bush von der Innen 
minister^ Floridas zum Sieger 
der Wahl in ihrem Staat erklärt 
worden. Ohne weitere juristi 
sche Schritte gingen die Tür den 
Gesamtausgang entscheiden 
den 25 Wahlniännerstinimen 
an Bush und würden diesen 
zum 43. Präsidenten der Verei 
nigten Staaten machen. Gore 
begründete seinen Einspruch 
damit, dass tausende von Stim 
men überhaupt nicht berück 
sichtigt worden seien. Das 
Wahlsystem in den USA beruhe 
aber darauf, dass jede Stimme 
gezählt werde, sagte Gore vor 
führenden Kongrcssmitgliedem 
seiner Partei in Washington. 
Gores Anwälte fochten vor ei 
nem Bezirksgericht in Tallahas- 
see die Wahl in den Bezirken 
Palm Beach, Miami Dade und 
Nassau an. Die Demokraten 
hoffen, mit Handauszählungen 
in diesen Kreisen noch an Bush 
vorbeiziehen zu können, der 
mit 537 Stimmen Vorsprung 
von seiner Parteifreundin Ka- 
therine Harris zum Sieger er 
klärt worden war. 
George W. Bush wurde gestern als Wahlsieger in Florida ausgerufen. Damit wäre er der neue Präsi 
dent Amerikas. Schlussendlich werden wohl die Gerichte darüber entscheiden, da Gore Einspruch ge 
gen dieses Resultat von Florida erheben wird. (Bilder: Keystone) 
Der Einspruch wurde von 
Gores Anwalt Dexter Douglass 
eingelegt. Zugleich wurde eine 
Klage gegen den so genannten 
«Schmetterlings-Stimmzettel» in 
Palm Beach vor dem Obersten 
Gerichtshof Floridas vorberei 
tet. Die Gestaltung des Stimm 
zettels war von Demokraten 
und zahlreichen Stimmberech 
tigten als verwirrend kritisiert 
worden. Vor dem Obersten US- 
Gerichtshof in Washington fin 
det am kommenden Freitag 
ausserdem eine Anhörung zu 
einer Klage von Bush statt. Die 
se wendet sich gegen die vom 
Obersten Gericht in Florida 
verfugte Fristverlängerung für 
die Verkündung des amtlichen 
Endergebnisses. Kurz nach der 
von Harris am Sonntagabend 
verkündeten Entscheidung er 
klärte sich Bush zum Sieger der 
Präsidentenwahl vom 7. No 
vember. Er rief Vizepräsident 
Gore auf, endlich seine Nieder 
lage einzugestehen und das Er 
gebnis anzuerkennen. Laut 
Harris entfielen bei Ablauf der 
für.die Nachzählung gesetzten 
Frist in Florida auf Bush 
2.912.790 Stimmen und auf 
Gore 2.912.253 Stimmen. Den 
Nettozuwachs von 180 Stim 
men, den Gore bei der manuel 
len Nachzählung im Bezirk 
Palm Beach erzielte, berück 
sichtigte Harris nicht, weil die 
Zählung dort bei Ablauf der 
Frist nicht abgeschlossen war. 
Bush kündigte in seiner Siege 
serklärung in Austin in seinem 
Heimatstaat Texas an, mit dem 
scheidenden Präsidenten Bill 
Clinton zusammenarbeiten zu 
wollen, um eine möglichst rei 
bungslose Übergabe der Regie 
rungsgeschäfte zu erreichen. 
Zugleich nannte Bush die Eck 
punkte seiner künftigen Politik: 
Steuerermässigungen, Bildung, 
Rente und Gesundheit. Er wolle 
mit allen Politikern des Kon 
gresses über Parteigrenzen hin 
weg zusammenarbeiten, sagte 
er. 
keine Bundesmittel für 
Amtsübernahme 
Als seinen künftigen Stabs 
chef im Weissen Haus benann 
te er den ehemaligen Verkehrs 
minister Andy Card. Dieser 
traf am Montag in Austin mit 
Bush zu zusammen, um die 
Vorbreitungen zur Amtsüber 
nahme zu erörtern. Angesichts 
des noch offenen Rechtsstreits 
um die Nachfolge Clintons 
lehnt die Regierung in Wa 
shington vorläufig noch eine 
Zusammenarbeit mit Bush ab. 
Die Bundeshaushaltsbehörde 
kündigte an, die für die Amts 
vorbereitung des künftigen 
Präsidenten vorgesehenen 5,3 
Millionen Dollar (rund 12,3 
Millionen Mark) erst dann be 
reitzustellen, wenn der Sieger 
endgültig feststehe. 
OSZE-Aussenministertreffen in 
Wien - Andrea Willi dabei 
Jugoslawien wieder Mitglied - Warnung vor Gewalt im Kosovo 
WIEN: Acht Jahre nach seiner 
Suspendierung wegen der 
Verwicklung in die Balkan- 
Kriege ist Jugoslawien wieder 
Mitglied der Organisation für 
Sicherheit und Zusammenar 
beit in Europa (OSZE). 
Der jugoslawische Präsident 
Vojislav Kostunica unterzeich 
nete am Montag in Wien in 
Anwesenheit der Aussenminis- 
ter aller 55 OSZE- Staaten, dar 
unter Bundesrat Joseph Deiss, 
die drei wichtigsten Dokumente 
dieser Staatengemeinschaft. 
Durch seine Unterschrift unter 
die Abkommen von Helsinki 
(1975), Paris (1990) und Istan 
bul (1999) wurde sein Land 
wieder gleichberechtigtes Mit 
glied. Kostunica warnte in Wi 
en wiederholt vor der neuen 
Gewalt im Kosovo, die auf den 
Süden der Republik Serbien 
übergreife. «Die albanischen 
Terroristen demütigen Serben 
und Albaner», sagte das Staats 
oberhaupt. 
Demgegenüber setzte er sich 
dafür ein, dass «Kosovo eine 
multiethnische Gemeinschaft 
bleiben muss». Als Grund für 
den neuen Gewaltausbruch be 
zeichnete Kostunica die weit 
gehende Entmilitarisierung der 
fünf Kilometer breiten Zone 
zwischen der Provinz Kosovo 
und Südserbien. Da die serbi 
schen Polizisten dort nur leich 
te Waffen benutzen dürften, 
könnten sie das Eindringen 
EUrFinanzminister einigen sich auf 
Zinsbesteuerung 
i- 
^ . A 
Liechtensteins Ausseitininisterin Andrea Willi (links) nahm eben 
falls am OSZE-Treffen in Wien teil. Sie traf unter anderem Öster 
reichs Aussenministerin Benita Ferrero-Waldner. 
«militanter Albaner» nicht ver 
hindern. Wegen der gewaltsa 
men Auseinandersetzungen 
hatte Kostunica seinen Wien- 
Besuch verkürzt. Sein Treffen 
mit dem österreichischen Kanz 
ler Wolfgang Schüssel wurde 
abgesagt, weil der jugoslawi 
sche Gast vorzeitig nach Bel 
grad zurückflog. Er werde 
früher als geplant das Krisen 
gebiet besuchen, begründete 
Kostunica seinen Entschluss, 
Daher könne auch kein Treffen 
mit der US-Aussenministerin 
Madeleine Albright Zustande 
kommen, um das diese ihn ge 
beten habe. 
BRÜSSEL: Die EU-Finanzmi- 
nister haben sich im jahrelan 
gen Streit um die Zinsbe- 
steuerung geeinigt. Allerdings 
stehen nun noch Verhandlun 
gen mit Drittstaaten wie der 
Schweiz bevor: Namentlich 
Luxemburg will nur mitspie 
len, wenn auch diese mitzie 
hen. 
Die Regelung zur Besteuerung 
von Zinserträgen von Auslän 
dem soll die Steuerflucht zwi 
schen EU-Staaten eindämmen. 
Geschehen soll dies durch eine 
Meldepflicht an die Steueräm 
ter der Herkunftsländer der 
Sparer. Während einer sieben 
jährigen Übergangszeit dürfen 
einzelne Länder aber auch eine 
Quellensteuer erheben. Strittig 
waren indes noch die Moda 
litäten gewesen. 
15 Prozent Quellensteuer 
Die Einigung sieht nun vor, 
dass für die Quellensteuer wäh— 
rend der ersten drei Jahre ein 
Satz von 15 Prozent und da 
nach von 20 Prozent gelten 
soll. Von den Einnahmen sol 
len 75 Prozent an den Her 
kunftsstaat des Besteuerten ge 
hen und 25 Prozent beim Staat 
bleiben, wo das Geld investiert 
ist; Eine Quellensteuer erheben 
wollen bis 2010 Luxemburg, 
Österreich und Belgien. Festge 
legt wurde von den.Finanzmi 
nistern zudem nun auch der 
Geltungsbereich bezüglich der 
Investmefitsfonds, wo sich Lu 
xemburg ebenfalls schwer ge 
tan hatte: Grundsätzlich einbe 
zogen werden sollen nun Zin 
sen oder Dividenden, wenn sie 
weitgehend . aufgrund von 
Zinserträgen ausbezahlt wer- • 
■ den. v. 
Veto Luxemburgs weiter 
möglich 
Namenüich Luxemburg hat-; 
te aus Sorge üm seinen Fi 
nanzplatz bis zuletzt Vorbe 
halte an den Detailregelungen: 
angebracht, sich dann aber 
beweglich gezeigt. Indes er 
reichte das Grossherzögtum, 
dass die Minister nun erneut 
festhielten, dass «gleichwerti-; 
ge» Massnahmen wie in der 
EU auch in Drittstaaten er 
reicht werden sollen. Die EU- 
Staaten hatten schon am Gip-; 
fei in Feira vom Juni be 
schlossen, dass über das In 
krafttreten der Steuer-Direkti 
ve erst dann beschlossen wer 
den soll, wenn mit Drittstaa 
ten - so nainentlich der 
Schweiz, Liechtenstein oder 
den USA - über Zusicherun 
gen zur Einführung solcher 
Massnahmen verhandelt wor 
den ist. Der Beschluss soll aber 
spätestens Ende 2002 fallen. 
Nötig ist dabei jedoch Ein 
stimmigkeit. Luxemburg hatte 
indes bisher deutlich gemacht, 
dass es einer Meldepflicht in 
der EU und damit einer Auf 
weichung des Bankgeheimnis 
ses nur dann zustimmen wol 
le, wenn es zu gleichen Mass 
nahmen In den Drittstyaten 
kommt. ■> 
NACHRICHTEN 
BSE: Deutschland 
tötet 160 Rinder 
KIEL: Nach dem BSE-Fall 
auf einem Bauernhof in 
Hörsten (Schleswig-Hol 
stein) sind am Montag alle 
160 Rinder des betroffenen 
Bauern in Neumünster 
getötet worden. Den Tieren 
wurde das Stammhirn ent 
nommen, wie ein Sprecher 
des Landwirtschaftsministe 
riums in Kiel erklärte. Nun 
werde untersucht, ob die 
Tiere auch an BSE erkrankt 
waren. Mit dem Ergebnis sei 
in den nächsten Tagen zu 
rechnen. 
Frankreichs Star 
koch setzt Rind 
fleisch auf Index 
PARIS: Hummer statt Rind 
werden die Gäste des jüngs 
ten Restaurants von Frank 
reichs Starkoch Alain Du- 
casse, das diese Woche in 
Paris seine Pforten öffnen 
wird, auf ihren Tellern fin 
den. Das «59 Poincare» wird 
wegen der BSE-Krise von 
Beginn an auf Rindfleisch- 
Gerichte verzichten. Nach 
Angaben des Restaurants 
vom Montag wird stattdes 
sen eine Küche geboten, die 
auf Gemüse, Hummer und 
Lamm basiert. 
EU-Erweiterung 
verändert Förder- 
j Programme 
{ VALENCIA: Europas Regio- 
j nen müssen sich im Zuge 
der EU-Erweiterung auf tief 
greifende Veränderungen 
bei der Regionalförderung 
einstellen. Dies sei der Preis 
für Stabilität und Wohl 
stand in einem erweiterten 
Europa, sagte der Präsident 
des EU-Ausschusses der Re 
gionen (AdR), Jos Chabert, 
am Montag im spanischen 
Valencia. Nach einer Erwei 
terung der EU nach Osten 
würden viele Regionen 
nicht mehr als Hauptförder 
gebiete anerkannt, erklärte 
Chabert bei der Eröffnung 
einer Konferenz zur Zukunft 
der EU-Regionalpolitik. Mit 
glieder des AdR und Wis 
senschaftler beraten bis 
Dienstag in Valencia über 
Möglichkeiten für eine 
künftige Regionalpolitik. 
Vier Polizisten in 
Algerien getötet 
ALGIER: Vermutlich 
islamistische Extremisten 
haben in Algerien vier Poli 
zisten getötet. Die Polizisten 
waren am Sonntag in den 
Bergen nahe der Stadt Ksar 
El Boukhari, 150 Kilometer 
südlich von Algier, in einen 
Schusswechsel mit einer be 
waffneten Gruppe ver 
wickelt worden. Die algeri 
sche Tageszeitung «Sawt al 
Ahrar» berichtete am Mon 
tag weiter, bei der Gruppe 
habe es sich vermutlich um 
islamistische Extremisten 
gehandelt. 
»
	        

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