24 Dienstag, 28. November 2000
AUSLAND
Liechtensteiner VOLKSBLATT
NACHRICHTEN
Japanischer
Offizier spionierte
für Russland
TOKIO: Ein ehemaliger Offi
zier der japanischen Marine
hat sich am Montag vor Ge
richt schuldig bekannt, für
Russland spioniert zu ha
ben. Der 38-Jährige war im
Juni verhaftet worden,
nachdem er in einem Res
taurant in Tokio einem
russischen Botschaftsan
gehörigen Geheimunterla
gen über Ausbildung und
ein geplantes militärisches
Kommunikationssystem
übergeben hatte. Der Ange
klagte soll sich mehrmals
mit dem Russen getroffen
und dabei jedes Mal rund
2.000 Mark erhalten haben.
Bei einer Verurteilung dro
hen ihm bis zu einem Jahr
Haft oder eine Geldstrafe.
41 Flüchtlinge
in Griechenland
aufgegriffen
ATHEN: Die griechische Po
lizei hat am Fluss Evros in
der Grenzregion zur Türkei
41 Flüchtlinge und zwei
Schlepper festgenommen.
Wie das griechische Radio
am Montag berichtete, hat
ten die beiden Schlepper,
ein Grieche und ein Alba
ner, die illegalen Einwande
rer mit einem gestohlenen
Lastwagen auf der griechi
schen Seite der Grenze ab
geholt. Es kam es zu einer
Verfolgungsjagd, bei der die
Polizei Warnschüsse abfeu
erte. Die meisten der
Flüchtlinge kämen aus
Staaten des Nahen Ostens.
Italienischer
Präsident auf Be
such in Russland
MOSKAU: Der italienische
Präsident Carlo Azeglio
Ciampi ist bei seinem
Staatsbesuch in Russland
am Montag mit dem russi
schen Staatschef Wladimir
Putin zusammengetroffen.
Putin würdigte bei der Be-
grüssung die «sehr guten,
warmen und produktiven
Beziehungen» zu Italien.
Ciampi traf am Montag
auch mit Ministerpräsident
Michail Kasjanow und dem
Vorsitzenden des Föderati
onsrates im russischen Par
lament, Jegor Strojew, zu
sammen. Ausserdem be
suchte er eine grosse Aus
stellung italienischer Kunst
im Puschkin-Museum.
Rebellen bieten
Friedensverhand
lungen an
COLOMBO: Die tamilischen
Rebellen auf Sri Lanka ha
ben der Regierung Friedens
gespräche ohne Vorbedin
gungen angeboten und eine
Waffenruhe vorgeschlagen.
Der Führer der Befreiungsti
ger von Tamil Eelam sagte
am Montag, er prüfe einen
entsprechenden norwegi
schen Vorschlag ernsthaft
und werde auf eine Initiati
ve der Regierung positiv
reagieren. Zur Vorbereitung
der Verhandlungen sollten
beide Seiten zunächst alle
Feindseligkeiten einstellen.
Dies sei jedoch keine Bedin
gung, betonte er. Am Sams
tag hatte bereits die srilan
kische Präsidentin Chandri-
ka Kumaratunga ihre Be
reitschaft erklärt, mit den
Rebellen zu sprechen.
Peter Hess ist für ein Jahr der
«höchste Schweizer»
Peter Hess präsidiert den Nationalrat Liliane Maury Pasquier und Yves Christen Vize
BERN: Peter Hess ist für
ein Jahr der «höchste
Schweizer». Der National
rat hat den 52-jährigen
Zuger CVP-Vertreter am
Montag zum Präsidenten
gewählt. Liliane Maury
Pasquier (SP/GE) ist erste
Vizepräsidentin, Yves
Christen (FDP/VD) zweiter
Vizepräsident.
Von den 175 ausgeteilten Zet
teln für die Präsidentenwahl
kamen 7 leer zurück. Bei 168
gültigen Stimmen und einem
absoluten Mehr von 85 kam
Hess auf 155 Stimmen. 13
Zettel lauteten auf andere Na
men.
Ein Fast-Bundesrat
Der Wirtschaftsanwalt Peter
Hess, im abgelaufenen Parla
mentsjahr Vizepräsident, über
nahm in der grossen Kammer
das Zepter vom Berner SVP-
Vertreter Hanspeter Seiler. Er
kann sich mit dem hohen Amt
darüber hinwegtrösten, dass er
bei der Bundesratswahl im März
1999 im sechsten Wahlgang um
eine Stimme dem offiziellen
CVP-Bewerber Joseph Deiss un
terlag. Der 1983 ins Parlament
gewählte Hess ist nach Klemens
Streit wegen
Klimakonferenz
PARIS: Nach der gescheiter
ten Klimaschutzkonferenz
von Den Haag haben sich die
Umweltminister von Frank
reich und Grossbritannien
gegenseitig für den Misser
folg verantwortlich gemacht.
Der britische Minister John
Prescott, der einen Kompro-
miss zwischen der EU und
den USA ausgehandelt hatte,
sagte am Sonntag, seine
französische Kollegin Domi
nique Voynet sei am Ende
des Verhandlungsmarathons
schwach, erschöpft und am
Ende ihrer Weisheit gewesen.
Daraufhin nannte Voynet
Prescott am Montag einen
ausgewiesenen Macho. «Sie
bekam kalte Füsse und sagte,
sie sei erschöpft und könne
die Einzelheiten nicht verste
hen, und lehnte dann ab»,
kritisierte Prescott im Sender
BBC.
Dagegen machte die Vor
sitzende der französischen
Grünen die USA für das
Scheitern verantwortlich.
«Nichts wäre akzeptabel, das
dem Hauptluftverschmutzer
USA erlaubt hätte, sich nicht
auf eine Senkung der Emis
sionen zu verpflichten», sagte
Voynet dem Rundfunksender
France-Inter. Prescott warf
sie yor, den USA zu weit ent- :
gegen gekommen zu sein.
Das französische Aussen mi-
nisterium teilte mit, die EU
habe bei der Konferenz durch
die Umweltministerin mit ei
ner Stimme gesprochen.
Frankreich hält derzeit den
EU-Ratsvorsitz.
Per dänische Umweltmini
ster Svend Auken unterstütz
te den Standpunkt Voynets
und erklärte, er sei erstaunt
über die Kritik Prescotts. «Er
muss unter starkem Stress
stehen», sagte Auken.
Der Zuger CVP-Nationalrat Peter Hess (rechtsj, wurde gestern zum höchsten Schweizer, dem Natio-
nalratspräsidenten, gewählt. Er empfing gestern in Bern zum Auftakt der Wintersession der Räte die
Gratulationen der zu wählenden Ständeratspräsidentin Francoise Saudan, FDP-GE.
Iten (1902) erst der zweite Zuger
an der Spitze des Nationalrates
und der Vereinigten Bundesver
sammlung. Iten regierte zudem
nur ein knappes halbes Jahr,
nachdem der Präsident wegen
Schwerhörigkeit abgetreten war.
Die CVP hingegen konnte vor
Hess bereits rund zwei Dutzend
Nationalratspräsidenten stellen.
Die letzte Ratsvorsitzende aus
ihren Reihen war 1996/97 die
Luzernerin Judith Stamm.
In einem Jahr wieder
eine Frau
Mit 138 von 166 gültigen
Stimmen rückte die bisherige
zweite Vizepräsidentin, die 44-
jährige Genfer Sozialdemokra
tin Liliane Maury Pasquier, um
einen Rang vor. Der ersten Vi
zepräsidentin winkt nun die
Aussicht, in einem Jahr als
sechste Frau ins höchste Amt
aufzusteigen. Zum zweiten Vi
zepräsidentin kürte der Natio
nalrat mit 112 von 158 gültigen
Stimmen den 59-jährigen
Waadtländer Freisinnigen Yves
Christen. Die freisinnige Frakti
on hatte dem Romand vor
Deutschschweizer Bewerbern
den Vorzug gegeben. 26 Stim
men erhielt Karl Tschuppert
(FDP/LU), deren 14 Ulrich Fi
scher (FDP/AG).
Helmut Kohl kommt wegen Spendenaffäre
erneut unter Druck
Hat der Ex-Kanzler 265 000 DM aus der Parteikasse entwendet?
BONN: Die Bonner Staatsan
waltschaft hat ein zweites
Ermittlungsverfahren gegen
Altbundeskanzler Helmut
Kohl wegen des Verdachts der
Untreue eingeleitet. Der Spre
cher der Bonner Staatsan
waltschaft, Bernd König, teilte
am Montag mit, es bestehe der
Verdacht, dass Kohl Parteigel
der in Höhe von rund 265 000
Mark ohne die notwendige
Zustimmung der CDU-Gremi
en nach eigenem Ermessen
ausgegeben habe.
Kohls Anwälte betonten in ei
ner ersten Stellungnahme, es
handele sich «um einen be
kannten Sachverhalt». Eine
mögliche Einstellung des Ver
fahrens gegen Zahlung einer
Geldbusse nach Paragraf 153 a
Strafprozessordnung würde
nach ihren Angaben beide
Verfahren umfassen. Die Ein
leitung eines zweiten Verfah
rens gegen Kohl war laut
Staatsanwaltschaft deshalb
notwendig, weil der neue Vor
wurf von der vorangegange
nen Aufhebung der Immunität
Kohls bislang nicht erfasst ge
wesen sei. Die Staatsanwalt
schaft habe deshalb bereits in
der vergangenen Woche den
Bundestagspräsidenten infor
miert.
Juristische Formalität
Die Anwälte betonten, es
handele sich um eine «juristi
sche Formalie», die bereits Ge
genstand der Gespräche zwi
schen Staatsanwaltschaft und
Verteidigern gewesen sei. Kö
nig berichtete, bei den 265 000
Mark handele sich um einen
Teilbetrag der insgesamt 1,1
Millionen Mark, die die Bun
destagsfraktion der CDU Mitte
der 90er Jahre an die Partei
übergeben habe. Im nächsten
Schritt des Verfahrens würden
nun Kohls Rechtsanwälte Ein
sicht in die Akten und die Ge
legenheit zu einer Stellung
nahme erhalten. Die Staatsan
wälte hoffen, beide Verfahren
zeitgleich beenden zu können.
Die Bonner Staatsanwaltschaft
hatte am 3. Januar gegen den
früheren CDU-Vorsitzenden
und Bundeskanzler wegen des
Verdachts der Untreue zum
Nachteil seiner Partei Ermitt
lungen aufgenommen. Kohl
hatte öffentlich zugegeben,
zwischen 1993 und 1998 rund
zwei Millionen Mark an Spen
den für die CDU angenommen
zu haben. Die Gelder wurden
aber nicht ordnungsgemäss im
Rechenwerk der Partei ver
bucht. Die Namen der Spender
Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl bei der Präsentation seines
neuen Tagebuches. Jetzt kommt er erneut wegen der Finanzafflire
unter Druck. (Bilder: Keystone)
will Kohl mit Hinweis auf ein
Ehrenwort bis heute nicht
preisgeben.
Kohls Tagebuch
ist ein Renner
MÜNCHEN: Das Tagebuch'
von Altbundeskanzler Hei-, i
mut Kohl hat nach Verlags- I
angaben am ersten Verkaufs
tag regen Absatz gefunden. ?
Bundesweit seien am Montag j
170.000 Exemplare,von «Hei- >
mut Kohl; Mein Tagebuch
1998 - 2000» in den Geschäf
ten ausgelegt worden, sagte
Claus Carlsberg vom Droe-
mer-Verlag in München, j
Zwar konnte er keine genau
en Verkaufszahlen nennen,
jedoch sagte er, sie seien
durchwegs zufrieden stel
lend. Schon bevor der Ver-
• kauf überhaupt begann, hatte
der Verlag eine vierte Aufla
ge drucken lassen, um den
Handel bereits in den ersten ;
Wochen mit insgesamt
240.000 Exemplaren belle-.
fern zu können. Mit der Her- >,
Stellung sind zwei Druckerei
en beschäftigt. Der frühere
Bundeskanzler und r CDU-
Chef Kohl präsentiert in dem
Buch seine Sicht vom CDU- ,
Spendenskandal und kriti
siert das Verhalten seiner
Nachfolger im Parteivorsitz, i
Wolfgang Schäuble und An-: j
gela Merkel, in der Affäre.,;
' Die Berichterstattung ,]überJ
seinen Umgang mit Spenden^
wird von Kohl als i«Öflentli- j
che Hinrichtung» angesehen« -j
»'DjliäääSßj»!*',■"«