AUSLAND Freitag, 24. November 2000 41
Arafat wendet sich gegen «Terror»
Israel schliesst Verbindungsbüros - Barak will sich nicht in «überflüssigen Krieg» ziehen lassen
Der palästinensische Präsident Jassir Arafat reist heute zu Ge
sprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über die
Lage im Nahen Osten nach Moskau. (Bild: Keystone)
Liechtensteiner VOLKSBLATT
JERUSALEM: Israel hat
gestern die faktische
Schliessung der zehn ge
meinsamen Verbindungs
büros mit den Palästinen
sern angeordnet. Die dort
tätigen Palästinenser
wurden angewiesen, die
Büros im Westjordanland
und im Gazastreifen zu
verlassen. Die Regierung
zog damit die Konsequen
zen aus dem Anschlag auf
ein Verbindungsbüro im
Gazastreifen, bei dem
gestern ein israelischer
Vertreter ums Leben kam.
Bei der Explosion des Spreng
satzes wurde der Raum zerstört,
in dem israelische und palästi
nensische Unterhändler zu
Fachgesprächen zusammenka
men. Damit hätten die Palästi
nenser die letzten Reste dieser
Zusammenarbeit wegge
sprengt, sagte ein israelischer
Armeesprecher. Die Palästinen
ser erklärten, sie wollten die
Büros nicht verlassen. Die isra
elische Entscheidung sei ge
fährlich, weil damit die letzten
Verbindungen zwischen beiden
Seiten durchtrennt würden,
sagte der palästinensische Lei
ter der Verbindungsbüros im
Westerjordanland, Ribhi Ara
fat. Im Westjordanland wurde
am Donnerstag ein Aktivist der
militanten Hamas-Bewegung
bei der Explosion seines Autos
getötet. Ibrahim Bani Odeh war
zwei Jahre lang in palästinensi
scher Haft, weil er Bomben für
die Hamas gebaut haben soll.
Nach israelischen Luftangriffen
auf das Westjordanland war er
Mitte Oktober freigelassen, spä
ter aber wieder verhaftet wor
den. Zum Zeitpunkt der Explo
sion in der Stadt Nablus hatte
WASHINGTON: Der Streit um
den Ausgang der US-Präsi
dentenwahl beschäftigt jetzt
das Oberste Gericht der Verei
nigten Staaten in Washington.
Die Anwälte des Republika
ners George W. Bush wollen
mit einer höchstrichterlichen
Entscheidung die Nachzäh
lung von Stimmen in Florida
stoppen.
Das Oberste Gericht in Florida
wies unterdessen den Antrag
der Demokraten zurück, die die
Fortsetzung der manuellen
Nachzählung im Bezirk Miami-
Dade erreichen wollten. Beob
achter sprachen von zuneh
mend bizarren Auswüchsen ei
nes bisher beispiellosen Vor
gangs in der Geschichte des
er einen viertägigen Haftur
laub. Der palästinensische Gou
verneur von Nablus, Machmud
Alul, sagte, Israel habe die
Bombe mit Hilfe eines palästi
nensischen Kollaborateurs un
ter dem Auto angebracht. Bani
Odeh habe das Fahrzeug kurz
zuvor von einem Verwandten
erhalten, der nun verschwun
den sei. Die israelischen Streit
kräfte wiesen eine Verwicklung
in den Anschlag zurück.
In der Nähe des Grenzüber
gangs Eres zwischen dem Ga
zastreifen und Israel eröffneten
Palästinenser das Feuer auf ei
ne israelische Patrouille. Dabei
wurde nach Angaben der
Streitkräfte ein israelischer Sol
dat getötet. Bei zwei Feuerge
fechten im Gazastreifen wur
den 14 Palästinenser verletzt.
Nach Angaben der Armee wur
de auch ein Palästinenser getö
tet, was aber vor Ort nicht be
stätigt wurde.
Acht Wochen nach Beginn
des palästinensischen Auf
stands wächst offenbar der öf
fentliche Druck auf die israeli
sche Regierung, die Unruhen
mit einer Militäroffensive' nie-
Landes. Mit dem Gang vor den
Supreme Court fechten die Re
publikaner das Urteil des Obers
ten Gerichts von Florida an,
wonach die Ergebnisse manuel
ler Kontrollzählungen in drei
Wahlbezirken in das amtliche
Endergebnisses des US-Staates
einfliessen müssen. Dieses ent
scheidet über das Gesamtergeb
nis der Wahl vom 7. November,
weil weder Bush noch der de
mokratische Kandidat AI Gore
bei der Auszählung in den an
deren Staaten der USA eine
Mehrheit der Wahlmännerstim-
men erringen konnten.
In der Begründung ihrer Be-
nifung vor dem Obersten Ge
richt in Washington sprachen
die Anwälte Bushs von einer
drohenden Verfassungskrise
derzuschlagen. Zehntausende
Israelis demonstrierten am
Mittwochabend in Jerusalem
für eine militärische Offensive
in den palästinensischen Ge
bieten. Ein ranghoher Militär
kommandeur sagte, die Streit
kräfte könnten die Autonomie
gebiete wie einen feindlichen
Staat angreifen. Ministerpräsi
dent Ehud Barak kündigte am
Donnerstag eine «angemessene
Antwort» auf den Bombenan
schlag vom Vortag an, bei dem
in der Stadt Hadera zwei Men
schen getötet wurden. Zugleich
erklärte er aber, Israel wolle
sich nicht in einen «überflüssi
gen Krieg» hineinziehen lassen.
Der palästinensische Präsident
Jassir Arafat verurteilte den
Anschlag als einen terroristi
schen Akt, mit der die Autono
miebehörde nichts zu tun habe.
Arafat wird am Freitag zu
Gesprächen mit dem russischen
Präsidenten Wladimir Putin in
Moskau zusammenkommen.
Russland ist neben den USA
Vermittler im Nahost-Friedens-
prozess, hat aber nie eine so
aktive Rolle gespielt wie die
Vereinigten Staaten.
der Schweiz etwa die Volks
rechte eine zentrale Frage in
der Debatte um einen EU-Bei
tritt. Im Zusammenhang mit
der Respektierung von Minder
heiten wies Deiss auf das Zwei-
Kammer-System und die Erfah
rungen der Schweiz mit der
doppelten Mehrheit hin.
Vor Schweizer Medienvertre
tern hielt Deiss danach fest, es
sei nicht an der Schweiz, der
EU Lehren zu erteilen. Das Bei
spiel der Schweiz sei zudem
nicht einfach auf ein viel grös
seres Gebilde wie die EU über
tragbar. Doch die Schweiz ver
füge seit über 150 Jahren über
ein System, das funktioniere
und das die EU inspirieren kön
ne. Deiss erinnerte im weiteren
an den Wunsch des Bundesra
tes, in der Legislatur 2003 bis
2007 EU-Beitrittsverhandlun
gen aufzunehmen. Er hpfTe,
dass die Schweiz bis 2010 der
EU angehöre. Nach dem Treffen
wurde Deiss entgegen dem ur
sprünglichen Programm zur
Teilnahme an einem öffentli
chen Podiumsgespräch gela
den, wo er seine Überlegungen
erneut vertrat.
und der Gefahr, dass ein Präsi
dent mit zweifelhafter Legiti
mität ins Weisse Haus einzie
hen könnte. Zudem reichte
Bush auch in Florida eine Klage
ein: Gefordert wird die Nach
zählung der Briefwahlstimmen
in 13 Wahlbezirken, wo hun
derte Stimmen für ungültig er
klärt wurden.
Die Wahlkommission im Be
zirk Miami-Dade hatte die Aus
zählung am Mittwoch gestoppt,
weil sie der Ansicht war, dass
sie die Zählung nicht innerhalb
der vom Obersten Gericht Flo
ridas genannten Frist hätte zu
Ende führen können. Die Rich
ter des Obersten Gerichts berie
ten während einer Telefonkon
ferenz den Antrag der Demo
kraten, die Frist zu verlängern.
Kritik an
Regierung
, BARCELONA: Tausende
I Spanier haben gestern mit
' Schweigeminuten des er-
; mordeten früheren spani-
■ sehen Gesundheitsministers
Ernest Lluch gedacht. Der-
, weil übten Spaniens Sozia-
; listen heftige Kritik an der
konservativen Regierung
von Ministerpräsident Jose
Maria Aznar. Vor den Rat-
■ häusern und Behörden in
; ganz Spanien standen die
1 Angestellten einige Minuten
zu Ehren des Ermordeten in
stillem Gedenken. Der so
zialistische Politiker war ein
Kritiker der ETA, befürwor-
; tete aber immer einen Dia
log zur Lösung des Kon
flikts mit den Basken. Auf
die Ermordung Lluchs rea
gierten sowohl Politiker des
rechten wie des linken La
gers schockiert.
; 59 Prozent der
i Tschechen für
i EU-Beitritt
i
| PRAG: In Tschechien ist die
Zahl der Befürworter eines
EU-Beitritts nach einer re
präsentativen Umfrage wei
ter gestiegen. Derzeit seien
59 Prozent der Bevölkerung
für eine Mitgliedschaft, teil
te die Agentur IWM ges
tern in Prag mit. Seit März
1996, als sich lediglich 42
Prozent für einen Beitritt
aussprachen, sei die Zahl
kontinuierlich gewachsen,
hiess es. Bei der jüngsten
Erhebung, an der sich etwa
1100 Personen beteiligten,
hätten sich 24 Prozent der
Befragten gegen eine EU-
Mitgliedschaft entschieden.
Mirko neuer Prä
sident der bosni
schen Serben
SARAJEVO: Der Nationalist
Mirko Sarovic ist zum neu
en Präsidenten der bosni
schen Serben gewählt wor
den. Er erhielt 50,1 Prozent
der Stimmen, wie die Orga
nisaton für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) gestern mitteilte. Sa
rovic war bei dem Urnen-
gang am 11. November für
die Serbische Demokrati
sche Partei (SDS) angetre
ten. In Bosnien-Herzegowi-
na waren an diesem Tag die
dritten allgemeinen Wahlen
nach Ende des Krieges 1995
abgehalten worden.
USA drohen
Russland mit
Sanktionen
: WASHINGTON/MOSKAU:
Die USA haben Russland
Wirtschaftssanktionen an
gedroht, falls Moskau wie-
, der Waffen an Iran liefert.
; Damit reagierte Washington
- nach Medienberichten vom
; Donnerstag auf die Ankün-
; digung Russlands, aus ei-
I nem Geheimabkommen mit
; den USA auszusteigen. Da-
; rin hatte Moskau 1995 die
■ Einstellung der Waffenliefe
rungen an Iran zugesagt
' und war dafür von Sanktio
nen der USA ausgenommen
worden. Bedingung der Ver-
1 einbarung zwischen Vize-
■ präsident AI Gore und dem
damaligen russischen
; Ministerpräsidenten Viktor
•i Tschernomyrdin war, dass
sie vertraulich bliejj.
Rugova-Berater Mustafa ermordet
PRISTINA: Unbekannte haben
den Chefberater, Xhemail
Mustafa, des gemässigten Al-
banerfilhrers Ibrahim Rugova
in der Kosovo-Hauptstadt Pri
stina erschossen. Die Polizei in
Pristina sei über Telefon über
den Mordanschläg'lrübfiniöft"" 1
REKLAME
worden. In der Nähe des Tat
ortes sagten ortsansässige Al
baner zu Journalisten, sie sei
en Augenzeugen der Tat ge
worden. Mustafa sei mit drei
Schüssen in den Kopf getrof
fen worden. Zwei Täter seien
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Schweiz als Modell für Europa
Bundesrat Deiss an Europa-Konferenz in Sochaux
SOCHAUX: Die Schweiz könn- ■■Mü|u||m|»u||i|i T-"'j
te auch Modell für das ktinfti- v §
ge Europa sein: Bundesrat Jo
seph Deiss hat an der Europäi
schen Konferenz in SochauJf i,
den Vertretern von EU und
Beitrittskandidaten das fö
deralistische System der
Schweiz nähergebracht.
Die Erweiterung der Europäi
schen Union (EU) und die dazu
nötigen Reformen der EU-Insti-
tutionen waren Hauptthema
der Europa-Konferenz vom
Donnerstag in Sochaux. An
dem Treffen unweit der
Schweizer Grenze nahmen die
Europa-Staatssekretäre der 15
EU-Staaten und die Aussenmi-
nister der 13 EU-Beitrittkandi
daten sowie der Schweiz teil.
Erfahrungen der Schweiz
Bundesrat Deiss sagte dabei,
als Vertreter eines föderalisti
schen Staates freue es ihn, dass
in den Debatten über die Zu
kunft der EU auch die Idee ei
ner europäischen Föderation
diskutiert werde. Er nutzte in
der Folge die Gespräche, um
das Funktionieren des Schwei-
Bundesrat Joseph Deiss erläu
terte das Schweizer Modell.
zer Modells zu erläutern. Der
Schweizer Aussenminister wies
dabei auf die Kompetenzab
grenzung hin, die nach dem
Subsidiaritätsprinzip von unten
nach oben erfolge. Die Erfah
rungen in der Schweiz zeigten
auch, dass das Bestehen eines
Bundes nicht das Verschwinden
der föderalen Einheiten bedeu
te.
Inspiration für die EU
Weiter betonte Deiss die Be
deutung der demokratischen
Abstützung im Volk; so seien in
USA: Bizarre Auswüchse
Oberstes Gericht weist Antrag der Demokraten zurück