Liechtensteiner VOLKSBLATT
LANDTAG
Freitag, 24. November 2000 9
Justiz: Erneut Rückstände und
Pendenzen aufgetaucht
Ein ergänzender Justizpflegebericht brachte weitere Missstände in der Justiz zum Vorschein
Nachdem der Landtag
schon vor einiger Zeit ei
nen Justizpflegebericht
für das Jahr 1999 zur
Kenntnis nehmen musste,
welcher gravierende
Missstände und Mängel
offenbarte, folgte anläss
lich der gestrigen Land
tagssitzung noch das
berühmte Pünktchen auf
dem «i». Ein ergänzender
Bericht brachte zu Tage,
dass in der ursprüngli
chen Fassung des Justiz
pflegeberichtes zahlreiche
Pendenzen nicht erfasst
wurden.
Peter Kiitdle
Vor wenigen Wochen deckte
der Justizpflegebericht Miss
stände und zahlreiche Penden
zen in einigen Abteilungen des
Landgerichtes auf. Gestern de
battierte der Landtag nun über
einen ergänzenden Bericht,
welcher offenlegte, dass die bis
anhin bekannten Mängel nicht
die einzigen sind. Weitere Pen
denzen wurden erst im Nach
hinein entdeckt und nun in ei
nem ergänzenden Bericht auf
gezeigt. Regierungschef Mario
Sorgen/alten auf der Stirn des Regierungschefs. Der ergänzende
Bericht zur Justizpßege brachte erneut Mängel zum Vorschein.
Frick betonte noch bei der Be
handlung des ursprünglichen
Berichtes, dass es «viel Licht,
aber auch Schatten» gebe. Nach
Bekanngabe des gestrigen Be-
Vpn Interesse war für den
Abgeordneten der Bürgerpartei
auch die Frage, ob durch das
plötzliche Auftauchen dieser
pendenten Fälle auch Bürger zu
Schaden gekommen seien, weil
die Fälle trotz Fristenregelung
noch immer pendent sind. «Es
ergeben sich Fragen über Fra
gen», so Alois Beck. Es sei nun
die Zeit gekommen, dass die
Regierung die Dinge aufhelle.
Begründungen fehlen
FBP-Fraktionssprecher Mar
co Ospelt stellte fest, dass der
Landtag «völlig in der Luft
steht». Begründungen betref
fend der Pendenzen fehlen, so
wie auch die Auflistung von
Schlussfolgerungen, die man
ziehen müsste. «Es geschieht
einfach nichts», so der FBP-
Fraktionssprecher. Paul Vogt,
Abgeordneter der Freien Liste,
schloss sich den Einwänden an
und bemängelte analog der an
deren Votanten die Missstände.
«Für das Landgericht ist es pein
lich, dass die Aufsicht nicht
funktioniert hat», so Paul Vogt.
Landtagspräsident Peter Wollf betonte, da
bösen Willen unterstellen wolle." -
>s erden Richtern keinen
FBP-Fraktionssprecher Marco Ospelt errreichte mit seinem Antrag
Aufklärung der Missstände beim Landgericht. (Bilder: bakj
richtes wird das Licht nun
schwächer, der Schatten be
kommt allmählich Überhand.
Schaden für Bürger?
«Wie kann es passieren, dass
Fälle, die nicht registriert wur
den, auftauchen?», fragte der
FBP-Abgeordnete Alois Beck.
FBP-Antrag schafft
Abhilfe
Marco Ospelt stellte am Ende
der Debatte um den Justizpfle
gebericht den Antrag, dass die
Regierung den Obergerichts-
prasidenten, welchem die Auf
sicht über das Landgericht ob
liegt, auffordert, seine Meinung
zu den aufgedeckten Un
zulänglichkeiten kundzutun
und Vorschläge zu unterbrei
ten, wie die offenbarten Miss
stände behoben werden kön
nen. Diesem Antrag folgte das
Parlament mit 16 Stimmen.
Als grösstes Manko machte
der FBP-Fraktionssprecher aus,
dass dem Landtag als Instituti
on nur die Aufgabe zufalle, die
entsprechenden Berichte zur
Kenntnis zu nehmen, ohne aber
über Kompetenzen zum Ein
schreiten zu verfügen. Die ein
zige Möglichkeit sei, die Regie
rung als Bote einzusetzen, wel
che sich über Missstände auf
klären lassen kann.
Landtagspräsident Peter
Wolff stellte zum vorliegenden
ergänzenden Justizpflegebe
richt fest, dass er den Richtern
keine böse Absieht unterstellen
möchte. Die Pendenzen seien
«vergessen» worden, in den ers
ten Justizpflegebericht einzu
tragen. Es handle sich bei den
nun zum Vorschein gekomme
nen Pendenzen keinesfalls um
nicht registrierte oder falsch re
gistrierte Akten. «Alle Akten
vor Gericht sind registriert, al
les bekommt eine Geschäfts
zahl».
Kontrolle möglich
Auch Regierungschef Mario
Frick betonte, dass die Kontrol
le der einzelnen Akten jederzeit
mittels der eingeführten EDV
möglich sei.
Gesetze zur
Justiz beraten
Der Landtag befasste sich
zum Schluss seiner Novem
bersession mit zwei weiteren
Gesetzesanpassungen im Be
reich der Justiz. So wurden in
erster Lesung die Abände
rung des Gerichtsorganisati
onsgesetzes mit Bezug auf
das Kriminalgericht sowie
auch eine Abänderung des
§ 124 des Strafgesetzbuches
beraten. Bei beiden 1. Lesun
gen wurde die Diskussions
möglichkeit nicht genutzt.
Harmonisierung
EU-Richtlinie angepasst
Der Landtag ist auf die Vorla
ge betreffend die Abänderung
des Gesetzes über die Pro
duktehaftpflicht in der ersten
Lesung eingegangen. In der
gleich anschliessend durchge
führten zweiten Lesung wurde
das Gesetz mit einhelliger Zu
stimmung verabschiedet.
Janine Köpfli
Die Produktesicherheit und der
Ersatz der durch fehlerhafte
Produkte verursachten Schä
den (Produkthaftung) sind
zwingende gesellschaftliche
Erfordernisse, die im Binnen
markt sichergestellt sein müs
sen.
Die europäische Wirtschafts
gemeinschaft hat diesen Erfor
dernissen mit zwei Richtlinien
entsprochen. Die Richtlinie
über die Haftung für fehlerhaf
te Produkte hat eine gerechte
Verteilung der Risiken, die ei
ner modernen, hochtechnisier
ten Gesellschaft innewohnen,
bewirkt. In der Regelung sind
jedoch unverarbeitete land
wirtschaftliche Erzeugnisse
ausgenommen, was nach An
sicht der EU zu keiner vollstän
digen Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mit
gliedstaaten geführt hat. Die
Richtlinie muss aus diesem
Grund geändert werden.
Mit der Änderung soll der
Einbezug landwirtschaftlicher
Grunderzeugnisse (z.B. Fleisch,
Getreide, Obst, Gemüse) in den
Anwendungsbereich der Richt
linie erfolgen, was zur Wieder
herstellung des Vertrauens der
Verbraucher in die Sicherheit
der landwirtschaftlichen Erzeu
gung beitragen soll, wie es in
der Regierungsvorlage heisst.
Insbesondere soll dem Aspekt
des Verbraucherschutzes Rech
nung getragen werden und der
Ersatz von durch fehlerhafte
landwirtschaftliche Erzeugnisse
verursachten Gesundheitsschä
den erleichtert werden.
Rechte dem EU-Stand angepasst
Abänderung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches
Der Landtag ist auf die Vorla
ge betreffend die Abänderung
des allgemeinen deutschen
Handelsgesetzbuches (AD-
HGB) in der ersten Lesung
eingetreten. Die Vorlage sieht
die Umsetzung des deutschen
Handelsvertreterrechtes ins
liechtensteinische Recht vor,
sowie eine Regelung des Mäk
lervertrages.
Janine Köpßi
Gegenstand der Regierungs
vorlage ist die Umsetzung der
EU-Richtlinie zur Koordinie
rung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten betreffend die
selbstständigen Handelsvertre
ter. Als Vorbild für das EWR-
Handelsvertreterrecht in Liech
tenstein wurde das deutsche
Handelsvertreterrecht herange
zogen. Handelsvertreter, auch
Agenten genannt, sind selbst
ständige Vertreter, die im Na
men eines oder mehrerer Un
ternehmer Geschäfte vermitteln
oder abschliessen. Sie unter
scheiden sich klar von bei
spielsweise Handelsreisenden
oder Hausierern. Neben der
Umsetzung der Handelsvertre
ter-Richtlinien wurde auch die
Gelegenheit wahrgenommen,
den Typus des Mäklervertrages
zu regeln. Bis heute gibt es im
liechtensteinischen Recht keine
genauen Bestimmungen zum
Maklerrecht. Ein entsprechen
des Bedürfnis ergebe sich je
doch aufgrund der starken Ver
breitung des Maklergewerbes
sowie in rechtlicher Hinsicht
wegen der zunehmenden Be
deutung des Versicherungsge
werbes, das sich beim Vertrieb
seiner Dienstleistungen sehr
stark der vermittelnden Tätig
keiten von Handelsvertretern
und Mäklern bediene, wie es in
der Regierungsvorlage heisst.
Der FBP-Abgeordnete Gabriel Marxer brachte Anregungen zu Ar
tikeln des Gesetzes ein. (Bild: bak)
NACHRICHTEN
Advent, Advent,
ein Lichtlein
brennt
VADUZ: Entzünden Sie
doch dieses Jahr einmal
Kerzen an ihrem selbst ge
steckten Adventskranz
oder Adventsgesteck. Unter
kundiger Leitung von Mo
nika Hemmerle organisiert
der Frauentreff Vaduz auch
dieses Jahr wieder die be
liebten «Kranznen»-Aben-
de. Mit Erwachsenen
kranznen wir am Dienstag,
den 28. November und am
Mittwoch, den 29. Novem
ber jeweils um 19.30 Uhr
im Betagtenwohnheim Va
duz.
Für Kinder ab 8 Jahren
steht Monika Hemmerle am
Mittwochnachmittag, um
13.30 Uhr zur Verfügung.
Anmeldungen bitte bis
Freitag, den 24. November
2000 an Elisabeth Negele,
Telefon 232 68 02. Die Ko
sten betragen 10.- Franken
| für Erwachsene und 5.-
Franken für Kinder.
Frauentreff Vaduz
Gemeinde
Balzers verkauft
GA-Netz
Nach den anderen Ober
länder Gemeinden, hat nun
auch Balzers das gemein
deeigene Fersehkabelnetz
verkauft. Die «liecomtel»
offerierte ursprünglich ei
nen Betrag von 1,44 Mil
lionen Franken für das
Netz.
Die Gemeindeverant
wortlichen entschlossen
sich aber letztes Jahr, ihr
GA-Netz auf den neuesten
Stand (606 MHz) auszu
bauen. Nach Abschluss
dieser Qualitätsverbesse
rung und den Kauf des
Netzes durch die «liecom
tel», fliessen nun 2,56 Mil
lionen Franken in die Balz-
ner Gemeindekasse.
I Von Männern für
j Männer
i SCHAAN: Die Aids-Hilfe
j Liechtenstein nimmt das
Motto des diesjährigen
Welt-Aidstages zum An-
lass, einen Beitrag zur Re
flexion der Stellung des
Mannes in unserer Gesell
schaft zu leisten. Zu die
sem Thema veranstaltet die
Aids-Hilfe Liechtenstein
am Freitag, den 24. No
vember um 20.00 Uhr in
der Arbeitsstelle für Er
wachsenenbildung in der
Stein-Egerta in Schaan ei
nen Vortrag nur für Män
ner mit dem Referent Lu
Decurtins, Leiter manne-
büro Zürich.
Dieser Abend soll
Fragen aufwerfen, Ge
spräche unter Männern er
möglichen und Anregun
gen geben rund um uns
und unsere Rolle als Mann
in der heutigen Gesell
schaft. Eintritt frei.
Aids-Hilfe Liechtenstein
Mauren: Der
Nikolaus kommt!
MAUREN: Der Nikolaus der
Jugendgruppe Mauren
kommt am 4., 5. oder
6. Dezember zu Ihnen nach
Hause. Anmeldungen
nehmen wir gerne täglich
zwischen 18.00 und
20.00 Uhr unter der Tele
fonnummer 373 47 54 ent
gegen. (Eing.)