AUSLAND
Donnerstag, 23. November 2000 37
Gewaltspirale dreht sich weiter
Israel: Tote nach Schüssen im Gazastreifen und Bombenanschlag in Zentralisrael
Der Sprengsatz wurde gestern in der nordisraelisehen Stadt Hadera im abendlichen Berufsverkehr ge
zündet. Dabei kamen mindestens zwei Menschen »ins Leben.
NACHRICHTEN
Liechtensteiner VOLKSBLATT
GAZA: Israelische Solda
ten haben am Mittwoch
im Gazastreifen vier
Palästinenser erschossen.
Gleichentags wurden am
Abend bei einem Bom
benanschlag auf einen
israelischen Bus in Zent
ralisrael mindestens zwei
Menschen getötet.
Nach inoffiziellen Angaben
wurden in der zentralisraeli
schen Stadt Hadera 31 Men
schen verletzt, darunter drei
schwer. Ursprünglich war von
vier Toten und 21 zum Teil le
bensgefährlich Verletzten die
Rede gewesen.
Gegen 16.30 Uhr (MEZ) ex
plodierte in unmittelbarer Nähe
des Busses der staatlichen Ge
sellschaft Egged auf einer be
lebten Hauptstrasse der Stadt
ein mit Sprengstoff bcladener
Personenwagen. Die Wucht der
Detonation riss den Wagen in
Stücke und hob den nicht voll
besetzten Bus ein Stück in die
Luft.
Anschuldigung
Die Polizei vermutet die isla
mistische palästinensische Ha
mas-Organisation hinter dem
Anschlag. Der israelische Mi
nisterpräsident Ehud Barak
sprach von einem «barabari-
schen Akt», für den die palästi-
Spanischer Ex-
Minister getötet
BARCELONA: Spaniens
früherer Gesundheitsminis
ter Ernest Lluch ist am
Dienstagabend in Barcelona
erschossen worden. Das der
ETA angelastete Attentat
Uberschattete die Feiern
zum 25. Jahrestag der In
thronisierung von König
Juan Carlos.
Dem 63-jährigen sozialisti
schen Politiker Lluch sei in
seiner Garage zweimal in den
Hinterkopf geschossen wor
den, teilte die Polizei mit. Die
Täter sprengten unmittelbar
nach dem Anschlag ihren
Fluchtwagen in die Luft,
möglicherweise um Spuren
zu verwischen. Sollte die
baskische Untergrundorgani
sation ETA hinter dem An
schlag stehen, wäre Lluch der
bekannteste Politiker, der in
den letzten Jahren bei einem
Attentat der ETA getötet
wurde.
Lluch war bis 1996 Ge
sundheitsminister im Kabi
nett des sozialistischen Minis
terpräsidenten Felipe Gonza
les. Der Sprecher der spani
schen Regierung, Pio Caba-.
nillas, bezeichnete das Atten
tat auf Lluch im Radio als
«schrecklich und absolut
schockierend». Lluch sei ein
grossartiger Mann und Poli
tiker gewesen.
Das Attentat am Vorabend
der Feiern zum 25. Jahrestag
der Thronbesteigung von Kö
nig Juan Carlos, der für die
ETA ein Symbol des von ihr
bekämpften spanischen Staa
tes ist.
König Juan Carlos sagte
vor dem Parlament, die terro
ristische Gewalt werde kei
nen Erfolg haben und Spani
en nicht dazu bringen, Frei
heit, Demokratie und Gesetze
aufzugeben, die Lluch piit In
telligenz und Kraft verteidigt
habe.
nensische Autonomiebehördc
die Verantwortung trage. Noch
für Mittwochabend wurde eine
Sondersitzung des Sicherheits-
kabinetts einberufen. Die Auto
nomiebehördc ist nach eigenen
Angaben nicht in den Bom
benanschlag in Nordisrael ver
wickelt. Aus Kreisen der Auto-
nomie-Regierung hiess es, die-
M1AMI: Der demokratische
Kandidat für die US-Präsi
dentschaft, AI Gore, hat im
Kampf um das Weisse Haus
einen unerwarteten Rück
schlag erlitten. Der als demo
kratische Hochburg geltende
Bezirk Miami-Dade stellte die
Handauszählung ein.
Einen Tag nachdem der Oberste
Gerichtshof von Florida die
Einbeziehung der Handauszäh
lung in das Wahlergebnis ver
fügt und damit das Gore-Lager
gestärkt hatte, stellte der ein
wohnerreichste Wahlbezirk
Miami-Dade gestern die Aus
zählung ein.
Zu wenig Zeit
Die Zeit reiche nicht aus, um
alle Stimmen erneut von Hand
auszuzählen, hiess es zur Be
gründung. Es sei technisch un
möglich, die Stimmen bis zu
der vom Obersten Gerichtshof
PRISTINA: Eine Welle der Ge
walt in Kosovo und in Südser
bien hat den Konflikt um die
von der UNO verwaltete Pro
vinz erneut verschärft. Am
Mittwoch wurden in dem Ge
biet mindestens vier Men
schen getötet.
Der UNO-Verwalter in Kosovo,
Bernard Kouchner, und der
Kommandant der Friedenstrup
pe KFOR, General Carlo Cabi-
giosu, sprachen am Mittwoch
von «Terror». Die Welle der Ge
walt sei eine Warnung an die
UNO-Verwaltung und über die
UNO-Verwaltung an die inter
nationale Gemeinschaft. Die
Extremisten seien nun bereit,
ihre Angriffe auf die serbischen
se weise die entsprechende An
schuldigung von Barak zurück.
Barak mache die Autonomie
behörde immer wieder für der
artige Vorfälle verantwortlich,
obwohl sie nichts damit zu tun
habe. So wolle er das gewaltsa
me Vorgehen der israelischen
Armee gegen die Palästinenser
rechtfertigen.
gesetzter. Frist am Sonntag
17.00 Uhr (23.00 Uhr MEZ) per
Hand vollständig neu auszu
zählen, erklärte die Wahlkom
mission von Miami-Dade. Da
am Sonntag nicht gearbeitet
werde, hätten die Wahlbezirke
zur Meldung der Stimmen ef
fektiv noch Zeit bis Montag
morgen 09.00 Uhr Ortszeit
(15.00 Uhr MEZ), sagte ein Ge
richtssprecher.
Selbst die 10 750 nicht klar
markierten Stimmzettel, auf de
ren ausschliessliche Auszäh
lung sich die Kommission von
Miami-Dade zunächst geeinigt
hatte, könnten vermutlich bis
zum Fristablauf nicht mehr
durchgesehen werden. Mit der
Entscheidung bleibt das bishe
rige offizielle Ergebnis der
Wahl in dem Bezirk mit seinen
650 000 abgegebenen Stimmen
bestehen.
Gores Wahlkampfmanager
William Daley erklärte, Gores
Kommunen zu verstärken. «Die
düsteren Zeiten kehren
zurück», sagte Kouchner.
Anschlag auf Belgrads
Repräsentant
in der Kosovo-Hauptstadt
Pristina zündeten Unbekannte
vor dem Haus des Belgrader
Regierungsvertreters Stanimir
Vukicevic eine Bombe, die ei
nen serbischen Mitarbeiter tö
tete und sechs weitere Men
schen verletzte, wie die Frie
denstruppe KFOR mitteile.
Vukicevic wurde nicht verletzt.
Bei einem Angriff nahe der
administrativen Grenzen zu
Kosovo in Konculj bei Presevo
wurden nach unterschiedlichen
Berichten drei oder vier serbi-
Vier tote Palästinenser
Palästinensische Politiker
hatten noch am Mittwochmor
gen mögliche Anschläge inner
halb Israels angedroht, nach
dem israelische Soldaten im
südlichen Gazastreifen Maschi-
nengcwehrsalven auf zwei voll
besetzte palästinensische Autos
gefeuert und vier Palästinenser
Team werde sofort gegen die
Entscheidung vorgehen: «Wir
wollen eine Anordnung er
kämpfen, damit die Wahlhelfer
in Dade County die Auszählung
fortsetzen müssen», betonte er
in Washington. Nach bisheri
gen Ergebnissen liegt der
Republikaner Bush in Florida
930 Stimmen vor dem Vizeprä
sidenten.
Das Oberste Gericht in Flori
da hatte am Dienstagabend ent
schieden, dass die Ergebnisse
der Handauszählungen in drei
Wahlbezirken - Miami-Dade,
Palm Beach und Broward -
im Endergebnis berücksichtigt
werden müssen. Gleichzeitig
setzte es die Frist, bis zu der die
Auszählung abgeschlossen
werden muss.
Bis gestern ergaben die
Handauszählungen nach Me
dienberichten nur geringe
Stimmenzugewinne für Gore.
Entscheidend könnten deshalb
sehe Polizisten getötet, meldete
der Belgrader Sender B-92. Ser
bische Behörden beschuldigten
die albanische Befreiungsarmee
von Presevo, Medvedja und
Bujanovac (UCPMB) der Blut
tat. In den vergangenen zwölf
Monaten seien bei Angriffen in
diesem Gebiet mehrere Dutzend
Polizisten, Zivilisten und ko-
sovo-albanisehe Kämpfer ums
Leben gekommen. Beim Grana-
tenbeschuss auf serbische Stel
lungen nahe Konculj seien
auch 13 Polizisten verletzt wor
den, drei von ihnen schwer. Das
meldete die Belgrader Nach
richtenagentur Beta unter Be
rufung auf den Spitzenpolitiker
der Demokratischen Opposition
SeHjiens (DOS), Zoran Djindjic.
getötet hatten. Der palästinen
sische Sicherheitschef im Ga
zastreifen, Mohammed Dach-
lan, nannte die Militäraktion
eine «Kriegserklärung». Nach
palästinensischer Darstellung
handelte es sich bei den Getöte
ten um unbewaffnete Zivilis
ten, unter ihnen eine 23-jähri
ge Frau und ein Taxifahrer.
Rechtfertigung
Ein israelischer Armeespre
cher rechtfertigte die Aktion in
der Nähe einer jüdischen Sied
lung mit der Jagd auf einen
führenden Fatah-Aktivisten. Is
rael wollte den 30-jährigen Fa
tah-Aktivisten Dschamal Has
san Rasek fassen, der an einem
Überfall auf zwei israelische
Soldaten in der Nähe der israe
lischen Grenze beteiligt gewe
sen sei. Die Gruppe von Palästi
nensern habe angeblich vorge
habt, in die nahe gelegene jüdi
sche Siedlung Morag bei Raf-
fah im Süden des Gazastreifens
einzudringen. Um das Auto zu
stoppen, sei eine Strassensperre
errichtet worden, die das Auto
Raseks angeblich zu durchbre
chen versuchte. Dabei soll Ra
sek getötet worden sein.
Der Zwischenfall überschat
tete den Besuch von US-Vertei
digungsminister William Co
hen in Jerusalem, der zum Ab-
schluss seiner Nahostreise Ba
rak traf.
die mehreren tausend halbge
lochten Stimmzettel sein, die
die Wahlhelfer bisher aussor
tierten. Das Gericht empfahl in
seinem Urteil, auch diese
Stimmzettel anzuerkennen,
wenn der Wählerwille deutlich
erkennbar ist.
Die Republikaner wollen nun
das höchste Gericht der USA
einschalten. Wie es hiess, will
das Bush-Team argumentieren,
dass die höchste staatliche In
stanz ihre Kompetenzen über
schritt, als sie die Fortsetzung
der Handauszählungen in drei
Bezirken unterstützte und die
Einbeziehung der Ergebnisse
anordnete.
Die US-Bundesstaaten müs
sen die Endergebnisse spätes
tens am 12. Dezember weiter
leiten. Am 18. Dezember tritt
dann das Wahlmännerkollegi-
um zusammen, das formal
den nächsten US-Präsidenten
wählt.
Fujimori
abgesetzt
LIMA: Das peruanische Par
lament hat den Rücktritt von
Präsident Alberto Fujimori
abgelehnt und ihn stattdes
sen ^ nach zehn Amtsjahren
«wegen moralischer Unfähig-'
keit» abgesetzt. Nun über
nimmt Pari amentspräsident
Valetta Paniagua die Amts
geschäfte. " Nach einer von
den Medien als «historisch»
.gefeierten zwSIfstündigen <■
Sitzung in Lima fiel das Ur-
teil der Abgeordneten über
•FitftmorT mit 62^zu neun
. Stimmen deutlich aus. Neun
^Parlamentarier enthielten sich
der Stimme. Als nächsten
Schritt ernannte der Kongress;
am Mittwoch Paniagua zum <
Interims-Staatschef. •
UNO will Gefange
nenaustausch
, NEW YORK: Der UNO-Si-
1 cherheitsrat drängt die Re
gierungen von Äthiopien
und Eritrea, ihre Kriegsge
fangenen auszutauschen.
: Sie würden damit einen
wichtigen Beitrag zur Ver
trauensbildung leisten und
: die Friedensverhandlungen
erleichtern. Ausserdem hofft
der Sicherheitsrat, dass bei
de Ländereine Karte mit
Angaben über die im
Grenzgebiet ausgelegten
Anti-Personen-Minen er
stellen, hiess es gestern bei
der UNO in New York. Die
UNO unterstützt die
Annäherung zwischen
Äthiopien und Eritrea mit
einer Friedensmission von
4200 Blauhelmen. Sie sollen
bis Anfang 2001 an der
rund tausend Kilometer lan
gen Grenze stationiert sein.
Radioaktives Ma
terial aus Fabrik
ausgetreten
SEOUL: Aus dem Testzent-
j rum einer Firma in der süd
koreanischen Stadt Ulsan ist
gestern radioaktives Materi
al ausgetreten. Dabei wurde
nach offiziellen Angaben
ein Mitarbeiter verstrahlt.
Der Unfall sei auf «nachläs
siges Verhalten» des Mitar
beiters zurückzuführen. Das
Strahlenopfer wurde in ein
Spital eingeliefert, über sei
nen Zustand war vorerst
' nichts bekannt. Für die Ge
sundheit des Mannes und
der Anwohner bestehe keine
Gefahr, sagte ein Sprecher
des Ministeriums. Der Un
glücksort sei abgeriegelt und
entgiftet worden. Der Unfall
habe sich mit einem Gerät
| zur Untersuchung von
| Schweissnähten in Metall-
2 konstruktionen ereignet.
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