Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
LANDTAG 
Donnerstag, 23. November 2000 9 
Telekommunikation: Wurde der 
VU-Fraktion ein Maulkorb verpasst? 
Vieljahresbericht der Regierung zur Telekommunikation: FBP und FL mit heftiger Kritik - VU ohne Wortmeldung 
Eigenartig, was sich ges 
tern im Landtag bei der 
Debatte zum Vieljahres 
bericht der Regierung be 
treffend Telekommunika 
tion ereignete. Während 
die FBP und die FL heftige 
Kritik an der Regierung 
übten, gaben die 13 VU- 
Abgeordneten zu diesem 
fast wichtigsten Themen 
bereich der letzten zwei 
Jahre keinen Laut von 
sich. Es stellt sich die Fra 
ge: Wurde der VU-Frakti 
on ein Maulkorb verpasst, 
weil es in diesem Bereich 
wirklich nichts Positives 
zu sagen gibt? 
Alexander Batliner 
Die Debatte des Landtages, oder 
besser knapp der Hälfte des 
Landtages, zum Vierjahresbe 
richt bezüglich Telekommuni*. 
kation war gekennzeichnet von 
heftiger Kritik an der Telefonie- 
politik der Regierung. Für die 
Bürgerpartei ergriffen die Ab 
geordneten Johannes Matt und 
Marco Ospelt das Wort. Für die 
FL liess Adolf Ritter kein gutes 
Haar an der Regierung. 
Realität verlassen 
Heftig mit der Regierung ins 
Gericht ging der FBP-Abgeord- 
nete Johannes Matt. Für ihn hat 
sowohl die Regierung als auch 
das Amt für Kommunikation 
den Boden der Realität verlas 
sen. Er könne nicht verstehen, 
weshalb die Regierung zur Hek 
tik und Überhitzung im Tele- 
kommunikationsmarkt selber 
noch beitragen wolle. «Wäre es 
Johannes Matt: *Mir scheint, sowohl die Regierung als auch das Amt fiir Kommunikation haben ein 
Kommunikationsproblem. Sie haben den Boden der Realität verlassen und denken mehr oder weniger 
schon im Äther. Sie sind eindeutig zu hoch auf die Masten geklettert. (Bild: bak) 
nicht angebracht, eher beruhi 
gend und bremsend einzuwir 
ken? Es ist nicht Aufgabe der 
Regierung, die Marktentwick 
lung anzuheizen. Ziel der Re 
gierung müsste es vielmehr sein, 
die Interessen der Bevölkerung 
wahrzunehmen», so Johannes 
Matt. Die Interessen der Bevöl 
kerung sieht der FBP-Abgeord- 
nete in verschiedener Hinsicht 
so gut wie gar nicht vertreten. 
So unter anderem in Bezug auf 
die Erreichbarkeit aus dem Aus 
land. «Der Unmut darüber ist 
gross, dass die Erreichbarkeit 
vom Ausland nach wie vor 
nicht befriedigend funktio 
niert.» Des Weiteren sieht Jo 
hannes Matt die Interessen der 
Bevölkerung auch bezüglich 
des Gesundheitsgedankens 
nicht erfüllt. Er betonte: «Wenn 
es um die Gesundheit geht, so 
sind keine Kompromisse mög 
lich. Hier gibt es doch eindeuti 
ge Prioritäten! Es müssen Lö 
sungen gefunden werden, die 
mit Sicherheit nicht gesund 
heitsschädlich sind. Nicht der 
schnellste Weg ist hier gefragt, 
sondern der beste.» In Bezug 
auf die gesundheitsschädlichen 
Ängste der Bevölkerung sieht, 
Johannes Matt die Ziele der. Retv 
gierung falsch gelagert. «Zu den 
Ängsten der Bevölkerung sagt 
die Regierung, dass es ihr und 
den Netzbetreibern noch nicht 
gelungen sei, diese gänzlich zu 
beseitigen . . . Ängste sind 
ernstzunehmen, nicht zu besei 
tigen» so der Abgeordnete Matt. 
Auch bezüglich des Netzbetrei- 
bers LTN, der so gut wie kon- 
kurs ist, machte Johannes Matt 
einige Ausführungen. Er be 
tonte: «Die 1998 gegründete 
TeleNet AG hat die Folgen die 
ser überstürzten Politik auszu- 
baden. Die politische Verant 
wortung fiir die Fehlentscheide 
darf in keinem Fall der TeleNet 
AG zugeschoben werden. Die 
Regierung trägt die Verantwor 
tung.»' 
, •. t 
Werbebroschüre 
Für FBP-Fraktionssprecher 
Marco Ospelt ist der Vieljahres 
bericht der Regierung eine un 
kritische Werbebroschüre. Man 
habe sich jedoch nichts anderes 
erwarten dürfen. Marco Ospelt 
machte im Folgenden auf die 
Gesundheitsrisiken aufmerk 
sam. «Ich glaube, die Regierung 
vertritt den Gesundheitsschutz 
der Regierung nicht glaubwür 
dig», so Marco Ospelt. Hierbei 
betonte er, dass die Regierung 
immer wieder sage, dass Liech 
tenstein die weltweit tiefsten 
Grenzwerte habe. «Diese Be 
hauptung wird durch ihre stän 
dige Wiederholung in keiner Art 
und Weise wahrer.» Liechten 
stein habe die WHO-Grenzwerte 
und die Anlagegrenzwerte. 
Letztere würden bei Orten gel 
ten, bei welchen sich Personen 
dauernd für lange Zeit aufhal 
ten, wie Kindergärten und Ar 
beitsstätten. Dort seien die 
Grenzwerte um den Faktor 10 
tiefer als die WHO-Werte. «Aber 
auch bei diesen Anlagegrenz- 
werten wird auch festgestellt, 
dass sie nur dann gelten, wenn 
sie technisch machbar und wirt 
schaftlich vertretbar sind.» Es 
würden also die WHO-Grenz- 
werte und nicht die weltweit 
tiefsten Grenzwerte gelten, so 
der FBP-Fraktionssprecher. Des 
Weiteren machte er auf das 
Gefährdungspotenzial aufmerk 
sam. «Die Grenzwerte markieren 
eben nicht die Schwelle der Ge 
fährdung, sondern sie markie 
ren die Schwelle des Gerichts 
saales. Die Grenzwerte stützen 
sich nur auf die gesicherten 
Werte. Hingegen die ungesi 
cherten Erkenntnisse werden 
nicht berücksichtigt. Das Prob 
lem ist, dass für diese vermute 
ten Gefährdungen die Betroffe 
nen die Beweislast tragen.» 
Enttäuscht vom Bericht 
Der FL-Abgeordnete Adolf 
Ritter zeigte sich ebenfalls ent 
täuscht vom Bericht der Regie 
rung. Er führte aus: «Bei mir 
entstehen mehr Fragen als Ant 
worten. Ich hätte mir ge 
wünscht, dass die Regierung 
nach all den negativen Erfah 
rungen beim Aufbau des Mo 
bilfunks in diesem Land mit 
den Sorgen der Bevölkerung in 
Zukunft sensibler und verant 
wortungsvoller umgeht. Doch 
davon ist nichts zu erkennen.» 
Diesbezüglich nennt er auch 
konkrete Beispiele. Adolf Ritter 
betont: «Auch bei einer mode 
raten und gedämpften Kri 
tikhaltung kommt man beim 
Lesen des Berichtes zum 
Schluss, dass es vor allem um 
Kunden und Betreiber geht, 
diese wie Könige behandelt 
werden und alles zu ihrer Zu 
friedenheit getan wird ... Im 
Gegensatz dazu werden die 
Sorgen der Bevölkerung kaum 
angesprochen. Ganze 1 '/* Sei 
ten befasst sich der 50-seitige 
Bericht mit dem gesundheitli 
chen Aspekt.» 
Fehler eingestanden 
Regierungschef Mario Frick 
gestand in seinen Ausführun 
gen Fehler ein. So unter ande 
rem bezüglich der TeleNet AG, 
welche eine Korrektur brauche. 
Das Problem sei, dass die LTN 
keinen Kundenzugang habe 
und das Netz zu klein sei. Die 
Regierung arbeite zur Zeit an 
Unterlagen, welche die Ent 
wicklung der LTN regeln sollen, 
so Mario Frick. In seinen weite 
ren Ausführungen verwies der 
Regierungschef auf die welt 
weit niedrigsten Grenzwerte, 
welche in Liechtenstein gelten 
würden. 
21,5 neue Stellen bewilligt 
Jetzt insgesamt 630,5 ständige Stellen in der Landesverwaltung 
Die von der Regierung bean 
tragte Schaffung von 21,5 
neuen Stellen in der Landes 
verwaltung ist gestern int 
Landtag von 15 Abgeordneten 
befürwortet worden. Gleich 
zeitig wurden auch 1,8 neue 
Ausgleichsstellen genehmigt. 
Manfred Öhri 
Mit dem gestrigen Beschluss 
und den bereits früher bewillig 
ten Stellen weist der neue Stel 
lenplan per 1. Januar 2001 ei 
nen Gesamtbestand von 630,5 
ständigen Stellen bei der Regie 
rung, der Landesverwaltung, 
den Gerichten und dem Land 
tagssekretariat aus. Gegenüber 
dem letzten Stellenplan ent 
spricht dies einem- Zuwachs 
von fast 52 Stellen. Hinzu kom 
men die nunmehr 18,8 Aus 
gleichsstellen. 
Auf den ersten Blick scheine 
diese grosse Steigerung des Per 
sonalbedarfs schwer verständ 
lich, bemerkte der VU-Abgeord- 
nete Lorenz Heeb gestern im 
Landtag. Bei genauerer Betrach 
tung, vor allem aber beim Lesen 
der Begründungen, sei dieser 
Zuwachs jedoch nachvollzieh 
bar. In den letzten Jahren hätten 
die Aufgaben des Staates im 
mens zugenommen. Personal 
einsparungen wären seines Er 
achtens daher nur möglich, 
wenn man auch den Aufgaben- 
Werner Ospelt: Kein Vertrauen 
in die derzeitige Personalpolitik 
der Regierung. 
umfang reduzieren würde, was 
wiederum Einbussen bei der 
Qualität der Dienstleistungen 
zur Folge hätte. Ausserdem ha 
be die rasante Entwicklung im 
EDV-Bereich Auswirkungen auf 
die Anzahl der Stellen, hielt Lo 
renz Heeb weiter fest. Für ihn 
wiege besonders schwer, dass in 
der Verwaltung eigenes Fach 
wissen aufgebaut werde und 
auch dort verbleiben müsse. 
Zuwenig glaubwürdig 
Nach den Worten des stv. 
FBP-Abgeordneten Werner Os 
pelt nimmt der Staat mit weit 
über tausend Angestellten in 
der Landesverwaltung und an 
den öffentlichen Schulen eine 
grosse Verantwortung für die 
finanzielle; Sicherheit und das 
Wohlergehen eines grossen 
Teils der Bevölkerung wahr - 
eine Aufgabe, die für das 
zukünftige Wohl unseres Lan 
des nicht hoch genug einge 
schätzt werden könne. Deshalb 
sei dieser Entwicklung auch 
grosse Beachtung zu schenken. 
Die Regierung hält in ihrem 
Bericht fest, «dass die in den 
letzten Jahren praktizierte 
zurückhaltende Stellenplanung 
nicht auf Dauer haltbar ist». In 
der Tat hätten sich, so Werner 
Ospelt, der EWR-Beitritt und die 
jüngsten Ereignisse rund um 
den Finanzplatz drastisch auf 
den Stellenplan ausgewirkt. Er 
vermisse aber eine «langfristige, 
nachhaltige, konsequente und 
verlässliche Personalpolitik, die 
sich an den Erfordernissen der 
jetzigen und zukünftigen Ent 
wicklung Liechtensteins orien 
tiert.» In die derzeitige Personal 
politik habe er kein Vertrauen, 
da sie zuwenig glaubwürdig sei. 
Zurückhaltung habe man 
dort geübt, bemerkte Regie 
rungschef Mario Frick, wo be 
stehende Aufgaben vorhanden 
seien. Dort sei auch das Wachs-! 
tum einigermassen planbar. Bei 
neuen, nicht absehbaren Auf 
gaben sei dies nicht möglich. > 
Ein Antrag des FL-Abgeord- 
neten Paul Vogt, die heutige 
80-Prozent-Stelle beim Gleich 
stellungsbüro auf 100 Prozent 
auszudehnen, erhielt keine 
Mehrheit. 
Sicht auf nächste zehn Jahre 
Hochbautenbericht zustimmend zur Kenntnis genommen 
Die Regierung beabsichtigt, die 
Landesverwaltung in einem 
zentralen Verwaltungsgebäude 
westlich des Giessen zusam 
menzufassen. Der Hochbau 
ten-Bericht wird von Regie 
rungschef Mario Frick als rol 
lende Planung fiir die nächs 
ten zehn Jahre bezeichnet. 
Adi Lippuner 
Die nun dem Landtag vorgeleg 
te Fassung des Hochbauten-Be- 
richts zeigt die Weiterentwick 
lung gegenüber den letzten 
Fassungen. Nach Abschluss 
verschiedener Projekte sieht der 
heutige Investitionsplan für die 
nächsten zehn Jahre Aufwen 
dungen von rund 297 Millio 
nen Franken vor. Allein im Bil 
dungsbericht sollen es gegen 
150 Millionen Franken sein. Im 
Gegensatz zum letztjährigen 
^Hochbauten-Bericht habe sich 
jgezeigt, dass das Mehrzweck 
gebäude «Mölihölzle» (Werkhof 
und Verwaltungsgebäude) 
nicht mehr in der vorgesehenen 
Form realisiert werden solle. 
Zentrales Verwaltungs 
gebäude 
Vielmehr beabsichtige die 
Regierung eine weitgehende 
Zusammenfassung der Landes 
verwaltung in einem zentralen 
Verwaltungsgebäude westlich 
des Giessens. Dieser Bau soll in 
den nächsten Jahren sukzessive 
realisiert werden, ist im Bericht 
zu lesen. In diesem Gebäude 
könnten etwa 500 bis 600 Ar 
beitsplätze realisiert werden, 
wobei dem Neubau des Land 
gerichts erste Priorität einge 
räumt werde, betonte Regie 
rungschef Mario Frick. Er be 
zeichnete den dem Landtag 
vorgelegten Bericht als «rollen 
de Planung für die nächsten 
zehn Jahre». 
Kritische Stimmen wegen 
Ausgaben für Mieten 
Grundsätzlich wurde der 
aktualisierte Bericht von 
den Landtagsabgeordneten be- 
grüsst. Es gab aber auch kriti 
sche Stimmen, wie beispiels 
weise die von Volker Rheinber 
ger (VU). Er stellte fest, dass 
alljährlich 3,5 Millionen Fran 
ken für die Einmietung von 
Verwaltungsabteilungen in an 
deren Gebäuden aufgewendet 
werden. Mit diesem Betrag wä 
re es möglich, ein Verwaltungs 
gebäude von 70 Millionen 
Franken zu bauen. 
Kritisch beleuchtet wurden 
von Rheinberger auch die von 
der Regierung angekündigten 
Folgekosten von rund sieben 
Prozent der Bausumme. Zudem 
wollte der VU-Abgeordnete 
wissen, ob bei der Ankündi 
gung von 500 bis 600 Arbeits 
plätzen im neuen Verwaltungs 
gebäude eine gewaltige Steige 
rung im Personalbereich zu er 
warten sei. 
Die Regierung habe die Op 
tionen, selbst bauen oder mie 
ten eingehend geprüft, sagte 
Mario Frick. Tendenziell sei 
mieten etwas preisgünstiger, 
allerdings stehe dann den ein 
zelnen Abteilungen keine 
massgeschneiderte Lösung zur 
Verfügungen Zukunft setze die 
Regierung auf wenige, aber 
grosse Gebäude, wie das vorge 
sehene Verwaltungsgebäude 
Giessen. Zudem sei es durchaus 
möglich, auch ein Verwal 
tungszentrum fiir Abteilungen, 
die nicht zwingend in Vaduz 
sein müssen, im Unterland zu 
realisieren. Dies solle aber als 
Zukunftsvision verstanden 
werden, so der Regierungschef. 
Der FBP-Abgeordnete Rudolf 
Lampert wollte wissen, was mit 
dem «Engländergebäude» pas 
sieren soll, nachdem die dort 
untergebrachten Kunstsamm 
lungen nun Platz im Kunstmu 
seum gefunden haben. Gemäss 
Mario Frick Ist im Bericht fest 
gehalten, dass im Obergeschoss 
Räume für ein zeitgemässes 
Briefmarkenmuseum eingerich 
tet werden sollen. Im Erdge- 
schoss ist vorgesehen, dass 
Platz für die Verwaltung der 
Fremdenverkehrszentrale ge 
schaffen wird.
	        

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