Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
LAND UND LEUTE 
Mittwoch, 15. November 2000 5 
«Aussen dick - innen dünn» 
Edith Maier, Gesundheitsberaterin: Serie «Tag fiir Tag» von Dagmar Oehri 
Als meine Tochter fünf Jahre 
alt war, bekam sie Asthma 
und Bronchitis. Ich begann 
darüber nachzudenken, was ich 
konkret als Mutter dagegen 
machen könnte. Mein Interesse 
galt damals gezielt der 
Ernährung; bald kam die Frage 
auf, welcher Weg zu einer fach 
lichen Ausbildung führen 
könnte. Da der Beruf der 
Ernährungsberaterin ein Jahr 
Spitalküche beinhaltet, war da 
mals diese Richtung der Fami 
lie wegen nicht möglich. 
Im Ausland fand ich eine be 
rufsbegleitende Möglichkeit: 
Fünf Grundlehrgänge, jeweils 
mit einer Prüfung abgeschlos 
sen, beim DVG, dem Deutschen 
Verein für Gesundheitspflege, 
in der Nähe von Stuttgart. Da 
nach konnte man zum Weiter 
machen Spezialgebiete aussu 
chen. Meine Wahl fiel auf «Ge 
wichtsreduktion» und «Anti- 
Stress», beides sind Themen un 
serer Zeit, beide sind meist ver 
knüpft. Nach zweieinhalb Jah 
ren schloss ich mit dem Diplom 
der Gesundheitsberaterin ab. 
Vor neun Jahren hat mich 
als Hauptanliegen das ein 
geholt, was mir schon seit mei 
ner Kindheit anhaftete: die Sa 
che mit dem Gewicht. Als im 
mer etwas dickliches Kind hat 
te ich schon früh Berührungen 
mit «Essen» oder «nicht Essen». 
Unschöne Erlebnisse von da 
mals lassen mich heute in den 
Gewichtsreduktions-Kursen 
viele Ängste und Frustrationen 
von Menschen spüren und mit 
empfinden. Ich kann nach 
fühlen, wenn sich jemand nicht 
raus traut, nicht gesehen wer 
den, sich am liebsten verkrie 
chen will. Ich sehe auch immer 
wieder, dass diese Menschen 
meist ein dünnes, zerbrechli 
ches Innenleben haben, das 
nach aussen durch die Fett 
schicht verdeckt ist: Aussen 
dick - innen dünn. 
Sich annehmen, dann abneh 
men, ist meine Devise auf 
dem frustlosen Weg zum Wohl 
fühlgewicht. Vielleicht gelingt 
uns das nur über die Dankbar 
keit. Dankbar dafür zu sein, 
dass viel mehr als Gewicht vor 
handen ist - Beine, Arme, Au 
gen usw. 
Da meine Kurse meist am 
Abend stattfinden, die 
Nachbetreuungen aber schon 
am Nachmittag anfangen, ste 
he ich um neun Uhr auf, esse 
mein Frühstück und gehe dann 
in mein kleines Büro zum Vor 
bereiten. Mir ist es sehr wichtig 
aufzuzeigen, dass die Harmonie 
des Körpers gefragt ist und kein 
blosser Schlankheitswahn. Dies 
sehe ich als Gegenpol zur Wer 
bung, die uns vorgaukelt, 
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Edith Maier, 47, begleitet die Menschen in ihren Kursen mit Feingefühl und Verständnis auf ihrem 
Weg zum Wohlfühlgewicht - und zu mehr Gelassenheit... (Bild: Ingrid) 
schlank, jung und fit sei das 
einzige erstrebenswerte Ziel, 
um akzeptiert, erfolgreich und 
beliebt zu sein. In dieser Hin 
sicht möchte ich einen Appell 
an die gewichtsregulierenden 
Mütter richten: Sie sollten ihr 
eigenes Abnehmen nicht zu 
sehr ins Blickfeld der Töchter 
rücken und damit das Schlank 
sein überbetonen. 
Ich erinnere mich an ein schö 
nes Erlebnis mit einer Frau, 
die sich anfangs vor sich selbst 
ekelte, Mühe hatte, sich selbst 
anzufassen. «Mein Körper und 
ich», waren ihre Worte, als ob 
es sich um zwei Einzelteile 
handelt. Am letzten Kursabend 
sagte sie dann vor allen, dass 
sie gelernt habe, von einem 
Ganzen zu sprechen. Ein 
Ganzes, das sich lohnt, zu pfle 
gen. Wir haben nur diesen ei 
nen Körper, der so wunderbar 
gemacht ist. Mir ist es wichtig 
zu vermitteln, dass man das 
'Gewicht zwar im äusseren 
Blickfeld haben darf, es sich 
aber nicht ständig vor Augen 
halten soll. In einer Skala von 0 
bis 10 in der Wichtigkeit hat 
das Gewicht bei vielen Men 
schen einen viel zu hohen Stel 
lenrang. 
I 
ch arbeite meist über die Er 
wachsenenbildung und imm^r* 
in Gruppen. Die Gruppe erachte 
ich als sehr sinnvoll: Sie stärkt, 
motiviert und man kann sich in 
ihr auch mal zurückziehen. Der 
Inhalt des Kurses baut ganz auf 
die Ratschläge auf, die wir aus 
Gesundheitsreports schon ken 
nen. Es gibt keine speziellen 
Menues, keine Nahrungsersatz 
mittel oder sonst was «Neues». 
Wir fangen nur an, die Richtli 
nien der Schweizerischen Ge 
sellschaft für Ernährung nach 
und nach in die Praxis umzuset 
zen, eingeschlossen das Trinken 
und die Bewegung. 
Die Leute sollen selbst he 
rausfinden, warum sie es 
sen, wenn sie keinen Hunger 
haben. Vielleicht ist der Grund 
Langeweile, Stress, Trauer, Wut 
usw. Essen steht immer zur 
Verfügung, ist gesellschaftlich 
nicht verpönt, kann für vieles 
als Ersatz herhalten. Essen ist 
etwas Wunderschönes, hat ei 
nen sozialen Aspekt, sollte aber 
nicht als bester Freund heran 
gezogen werden, wenn etwas 
apreres gemeint ist. 
Ubergewicht entsteht lang 
sam und schleichend. Ich 
versuche, den Menschen die 
Geduld mitzugeben, das Ge 
wicht auch langsam wieder zu 
reduzieren. Alle einseitigen 
Crash-Diäten ändern das Ess 
verhalten nicht. Natürlich 
gibt's auch ausgewogene Diä 
ten, z.B. die Brigitte-Diät, die 
Weight-Watchers oder die 
Trennkost. Pulver oder Geträn 
ke würde ich nicht proklamie 
ren, da diese die Eigenverant 
wortung, die Bewegung und 
vieles mehr nicht einbeziehen. 
Und dann gibt es noch die ganz 
«Blödsinnigen» wie Pflaster auf 
der Hüfte oder Schuhsohlen 
zum Rumlaufen mit dem Ver 
sprechen, abzunehmen ohne 
weiteres Dazutun. 
Gesundes Abnehmen 
braucht seine Zeit. So ein 
Kurs geht über zehn Wochen, 
jede Woche einmal zu zweiein 
halb Stunden. Jeweils am An 
fang des Abends wird gewo 
gen, leise, etwas im Hinter 
grund, nur mit mir allein. Die 
Leute schenken mir ihr Vertrau 
en. Dies ist eine ungeheure Ver 
antwortung, die ich ernst neh 
me. Ins Plenum, zur gegenseiti 
gen Motivation, soll daher auch 
nur, was jeder bereit ist weiter 
zugeben. Ein Blossstellen oder 
sogar laut gepriesene Ge 
wichtsdaten gibt es nicht. Bei 
mir bekommt jeder Teilnehmer 
seinen eigenen Decknamen, der 
nur dem Betreffenden und mir 
bekannt ist. 
Die Nachbetreuung ist wich 
tig. Wer will, kann sich 
auch nach den Kursen bei mir 
wiegen lassen. Viele von uns 
brauchen hie und da eine Kon 
trolle, vielleicht als Aufmunte 
rung, vielleicht als Anstoss, 
oder einfach als Bestätigung. 
Ein Stück Erfolg liegt sicherlich 
in diesen Kontrollen. So haben 
einige langsam 20 Kilos und 
mehr abgenommen. Dranblei- 
ben ist gefragt; die Zeit spielt 
dabei keine tragende Rolle. 
Wie ich mich selbst ernäh 
re? Ich esse das, was ich 
selbst vermittle, schaue auf das 
Grundsätzliche, auf die Zusam 
mensetzung, auf das Alltägli 
che. Das erlaubt auch immer 
wieder Ausnahmen. Es gibt da 
bei keinen Fanatismus. Und 
wenn etwas zwar gesund, aber 
«grausig» ist, suche ich eine an 
dere Variante. 
Ich möchte präventiv arbei 
ten. In mehr Menschen das 
Interesse am Gesundsein 
wecken, bevor sie krank sind. 
Es freut mich, dass vermehrt 
Firmen im Land Ernährungsse 
minare für ihre Mitarbeiter an 
bieten. Auch die Vernetzung 
mit den Ärzten, den Therapeu 
ten, all den Gremien im Ge 
sundheitswesen oder sonstigen 
Anbietern, die im Dienst des 
gesunden Menschen stehen, ist 
mir ein grosses Anliegen. Men 
schen mit Ess-Störungen wie 
Magersucht, Ess-Brechsucht 
usw. leite ich weiter in thera 
peutische Hände. 
Meist komme ich nach ei 
nem Kursabend gegen 
22.30 Uhr nach Hause, ordne 
meine Unterlagen, schaue in 
meinen virtuellen Briefkasten, 
beantworte oder stelle Fragen, 
erledige meine Post. Ich bin ein 
Nachtmensch und ein Nacht- 
Entwickler. Auf meinem Nacht 
kästchen liegt immer ein Block 
mit Bleistift, um meine vielen 
Ideen zu notieren. Erst dann 
kann ich ruhig einschlafen. 
Zukunftspläne? Ich würde 
gerne in den Gemeinden 
Gruppen bilden, die sich selbst 
ständig treffen, um ihr Gewicht 
zu kontrollieren. Hie und da 
könnte ich bei ihnen vorbei 
schauen. Ansonsten würde ich 
gerne noch ein Studium auf 
nehmen, oder eine Ausbildung 
in Richtung Kommunikations- 
Training fiir Paare machen. 
Oder ein Buch schreiben. Ein 
fach etwas, was mich hirnmäs- 
sig in Bewegung hält. Hauptsa 
che ich bleibe dran - und das 
mit einer Spur Gelassenheit! 
NACHRICHTEN 
Vollwert- 
Stammtisch 
MAUREN: Unser Vollwert- 
Stammtisch findet heute 
Mittwoch, den 15.11.2000 
um 20.00 Uhr statt. Thema: 
Festmenue. Ort: Foyer, 
Schulhaus Mauren. Wir 
freuen uns auf Ihr Kommen 
und hoffen auf einen akti 
ven Vollwert-Stammtisch. 
Mauren aktiv 
Der Singkreis 
Gutenberg dankt 
BALZERS: Anlässlich unse 
res Konzertes vom 28. Okto 
ber 2000 durften wir uns 
über den zahlreichen Be 
such vieler Freunde und Be 
kannte unseres Chores aus 
dem In- und Ausland ganz 
herzlich freuen. Es ist uns 
ein echtes Anliegen, Ihnen 
allen für die grosszügige, fi 
nanzielle Unterstützung zu 
danken. Bedanken möchten 
wir uns bei den Sponsoren, 
den Konzertbesuchern für 
die freiwillige Kollekte, den 
Einwohnern von Balzers für 
ihren Beitrag anlässlich des 
obligaten Passiveinzuges. 
Ihr Interesse und Ihre Un 
terstützung ist uns Ver 
pflichtung, weiterhin gute 
Chorarbeit zu leisten und 
Sie mit ansprechenden Auf 
führungen zu belohnen. 
Singkreis Gutenberg 
Wettbewerb für 
Radfahrerinnen 
Zur Förderung des Velos als 
Alltagsfahrzeug hat der 
Verkehrs-Club Liechtenstein 
- mit der Liechtensteini 
schen Landesbank als 
Hauptsponsor - von Mai bis 
Oktober den Wettbewerb 
«Radfahren für Ihre Ge 
sundheit» durchgeführt Wer 
das ausgefüllte Formular bis 
17. November 2000 an den 
VCL schickt, nimmt an der 
Verlosung der 25 Preise teil. 
Die ersten drei Preise sind 
Fahrräder im Gesamtwert 
von 4200 Franken. Weitere 
Preise sind eine Puls-Uhr, 
drei Velohelme, eine Hoch 
druck" Velopumpe, zwei Ve- 
lo-Computer, eine Sattelta 
sche sowie 14 SwissCard- 
Taschen-Werkzeugsätze. Die 
Verlosung findet am 4. De 
zember zwischen 13 und 14 
Uhr in einer Livesendung 
bei Radio L statt. VCL 
Wie modern dachten die alten Griechen? 
Dia-Vortrag am Freitag im Haus Stein-Egerta 
Am Freitag, den 17. Novem 
ber möchten wir Sie zu einem 
Dia-Vortrag einladen, der der 
Frage nachgeht, ob die grie 
chische Philosophie auch in 
unserer Zeit noch aktuell ist 
(20.15, Haus Stein-Egerta, 
Schaan). 
Vor zweieinhalb Jahrtausenden 
(500 Jahre v. Chr.) traten in 
griechischen Koloniestädten 
der kleinasiatischen Küste 
Männer auf, die mit ihrem 
neuartigen Denken ein Unter 
nehmen auf den Weg gebracht 
haben, das zur späteren Wis 
senschaft und damit zu unserer 
abendländischen Zivilisation 
führen sollte. Das 6. Jh. v. Chr. 
ist einer der bedeutendsten 
Wendepunkte in der Mensch 
heitsgeschichte. Damals voll 
zog sich der Schritt vom My 
thos zum Logos, von der bild 
haftmagischen Weltdeutung 
zur vernunftgeleiteten Welter 
klärung. Vor allem in der Han 
delsstadt Milet begannen einige 
Denker, an den Mythen ihrer 
Vorfahren zu zweifeln und die 
Welt rational zu erforschen. Sie 
waren die ersten «Aufklärer» 
des Abendlandes. Es ist schier 
unglaublich, was diese «Physi 
ker» an modernen Ideen - bis 
hin zur Vorstellung eines «Ur 
knalls» des Weltalls - vorweg 
genommen haben. Selbst der 
Gedanke, dass die Natur sich 
gesetzmässig verhält und nicht 
alles von Göttern geregelt wird, 
war ihnen im Prinzip schön 
klar. 
Damals lebten aber auch 
berühmte Ethiker, deren Moral 
vorstellungen heute aktueller 
denn je sind, so Epikur von Sa- 
mos mit seiner Lehre vom 
glücklichen Leben oder Sokra- 
tes, der für seine Ideen gestor 
ben ist. Die Gedanken der zwei 
bekanntesten und grössten 
Denker im alten Athen, Piaton 
und Aristoteles, sind bis in un 
sere Tage wirksam. 
In diesem Vortrag werden 
durch Folien und zahlreiche 
Dias die alten Denker so le 
bendig, wie sie es auch in un- 
: seren Tagen noch zu sein ver 
dienen. 
Der Referent, Mag. Dr. Alois 
■Reutterer, unterrichtete Biolo- 
tgie, Psychologie und Philoso 
phie am Bundesgymnasium in 
j Bludenz. Daneben verfasste er 
mehrere Bücher, unter anderem 
im Bereich Philosophie. Veran 
staltet von der Erwachsenenbil 
dung Stein-Egerta, keine Vor- 
' arimeldung, Abendkasse. 
20. November 2000 
- Tag des Kindes 
BALZERS: Am 20. November 
2000 ist Tag des Kindes, das 
Motto dieses Jahr lautet: «Von 
Tag zu Tag». 
Wir - Markus und Alexandra 
Büchel-Gassner - sind zwei so- 
ziokulturelle Animatoren FH in 
Ausbildung, in Zusammenar 
beit mit der Arbeitsgruppe, auf 
gewachsen in Liechtenstein, 
haben wir ein Filmprojekt für 
diesen Anlass ins Leben geru 
fen. Der Film: «Von Tag zu Tag» 
- aus Sicht der Kinder in Liech 
tenstein - zeigt Kinder, die ihre 
Bedürfnisse bezüglich Freizeit, 
Dorfgestaltung, Schule und 
Verkehr mitteilen. Er soll uns 
Erwachsenen zeigen, wie Kin 
der ihre Bedürfnisse und Wün 
sche formulieren. Kinder haben 
eine Stimme und sie wollen 
gehört werden, sei dies bei der 
Mitgestaltung des Pausenplat 
zes, des Gemeindelebens oder 
beim Strassenverkehr. Deshalb 
laden wir Sie herzlichst ein zur 
Filmpremiere! 
Wo: Aula der Realschule Bal 
zers; wann: ab 17.00 Uhr (ca. 
1 1/2 Stunde); für wen: Für al 
le Erwachsenen und Kinder. 
(Eing.)
	        

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