Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
EXTRA 
Freitag, 10. November 2000 29 
online 
Jenseits von Napster: Geben ist seliger... 
Erste ZDF-Seifenoper im Internet 
Japan will führende Internet-Nation werden 
Tops und Flops rund urn den Macintosh 
Geben ist seliger als nehmen 
Jenseits von Napster: File-Sharing-Netze wollen Internet «neu verdrahten» 
Nach der faktischen Über 
nahme von Napster durch 
den Medienkonzern Ber 
telsmann soll die geniale 
Technik von Napster in 
eine kommerzielle Form 
gegossen und das illegale 
Kopieren von Musikdatei 
en unterbunden werden. 
Das Prinzip des freien Daten- 
tauschs (File-Sharing) aber lebt 
in zahlreichen anderen Projek 
ten weiter, die wie Freenet die 
Parole ausgegeben haben: «Re- 
Wiring the Internet!» - Lasst 
uns das Internet neu verdrah 
ten! Dabei wird ein altes Ideal 
der frühen Online-Gemeinde 
wiedercntdeckt, das mit der 
Kommerzialisierung in den 
Hintergrund getreten ist: Geben 
ist seliger als nehmen. Wäh 
rend viele der 37 Millionen 
Napster-Nutzer beim Download 
einer einseitigen Konsumhal 
tung frönen, rückt bei neuen 
Projekten wie der «Mojo Nati 
on» (http://www.mojonation. 
net) das Upload in den Vorder 
grund: Nur wer der Gemein 
schaft etwas zur Verfügung 
stellt, soll auch von den Vortei 
len des Netzes profitieren. Die 
verpönten «Freeloader» haben 
hier keine Chance. 
Abstrakte Währung 
Auf lange Sicht könnte das 
Mojo-Prinzip denn auch das 
Problem der illegalen Nutzung 
urheberrechtlich geschützter 
Inhalte lösen: Wenn ein Teil 
nehmer am Mojo-Netz eine 
Musikdatei, einen Text oder ein 
digitales Bild auf seinen Rech 
ner herunterlädt, erhält derjeni 
ge, der diese Datei bereitstellt, 
eine Vergütung in der abstrak 
ten Währung Mojo. Diese kann 
ausgegeben werden, um andere 
Inhalte oder Leistungen wie 
Festplattenplatz, Leitungskapa 
zität oder Prozessorzeit zu er 
werben. Die Initiatoren um den 
kalifornischen Netztechniker 
Jim McCoy wollen erreichen, 
dass die Autoren eines Musik 
werks oder anderer Inhalte ihre 
im Netz gesammelten Mojos 
schliesslich auch in reales Geld 
eintauschen können. Damit er 
hielten die Schöpfer kreativer 
Leistungen im Internet wieder 
die ihnen zustehende Entloh 
nung - Zwischenhändler wie 
die Konzerne der Musikindu 
strie würden dann allerdings 
leer ausgehen. 
Zugang zum Mojo-Netz 
Für den Zugang zu dem noch 
nicht fertig entwickelten Mojo- 
Netz muss ein 2,2 MB grosses 
Programm, der so genannte 
Broker (Vermittler, Makler), 
heruntergeladen und installiert 
werden. Der Zugang zum Netz 
erfolgt dann über eine schlich 
te Web-Seite. Hier kann digita 
ler Inhalt der Allgemeinheit zur 
Verfügung gestellt werden, wo 
bei detaillierte Informationen 
wie Schlüsselbegriffe und der 
Name des Autors in Textfeldern 
anzugeben sind - dies ermög 
licht eine viel effizientere Su 
che als die bei anderen File- 
Sharing-Systemen wie Napster 
und Gnutella übliche Suche 
ausschliesslich nach Dateina 
men. Nach dem Upload erhält 
die Datei eine eindeutige Kenn 
ziffer, die MojoID, mit der sie 
im Netz bereit gehalten wird. 
Eine weitere Besonderheit ge 
genüber anderen File-Sharing- 
Systemen besteht darin, dass 
die Dateien in kleine Stücke 
zerlegt und erst beim Downlo 
ad wieder zusammengefügt 
werden. 
Die Transaktionen im Netz 
werden von Software-Agenten 
übernommen, die Botschaften 
über das Netz verschicken. Jede 
dieser Messages kann im DOS- 
Fenster des Brokers mitgelesen 
werden, der gesamte Datenver 
kehr wird in einer Log-Datei 
protokolliert. Für andere Augen 
sind diese Daten aber nicht zu 
lesen - die Messages werden 
verschlüsselt und mit einer für 
jeden Teilnehmer eindeutigen 
digitalen Signatur versehen. 
Allein durch das Einloggen ins 
Netz werden nach kurzer Zeit 
die ersten 10 000 Mojos gutge 
schrieben - schliesslich erhöht 
jeder Teilnehmer die insgesamt 
verfügbare Bandbreite und die 
Zahl der Knoten, über die der 
Dateiverkehr abgewickelt wer 
den kann. 
Firmensitz verlegt 
Die Suche nach Musikdateien 
bringt nach kurzer Zeit eine 
Übersicht mit den verfügbaren 
Daten auf den Bildschirm - 
darunter auch offensichtlich 
urheberrechtlich geschützte 
Hits aktueller Pop-Grössen. In 
den Nutzungsbestimmungen 
wird zwar jeder Teilnehmer 
verpflichtet, die Copyright-Ge 
setze zu befolgen. Zugleich 
aber lehnt das von McCoy im 
Juli gegründete Unternehmen 
Autonomous Zone Industries 
(AZI) jede Verantwortung für 
die Inhalte im Netz ab. Und we 
gen möglicher Klagen von Un 
ternehmen der Musikindustrie 
wie im Fall Napster wurde der 
Sitz des Unternehmens vor 
sichtshalber auf die karibischen 
Cayman-Inseln verlegt. 
Internet: Japan will 
Rückstand aufholen 
Parlament verabschiede IT-Gesetz 
Japan will sich in eine führen 
de Internet-Nation verwan 
deln. Zu diesem Zweck verab 
schiedete das Unterhaus des 
Parlaments am Donnerstag 
ein Gesetz zur Informations 
technologie (IT). 
Darin wird der Staat unter an 
derem zur Errichtung des mo 
dernsten Hochgeschwindig 
keitsnetzwerkes der Welt auf 
gefordert. Ziel sei es, eine Ge 
sellschaft zu schaffen, in der je 
der Bürger künftig über hoch 
entwickelte Informations- und 
Kommunikationsnetzwerke an 
das weltweite Internet ange 
schlossen ist. 
Die USA überholen 
Die Regierung wird im IT- 
Grundgesetz aufgefordert, ent 
sprechende Massnahmenpro- 
gramme zu erarbeiten und ge 
naue zeitliche Zielvorgaben zu 
setzen. Ferner soll ein strategi 
sches IT-Hauptquartier unter 
Leitung des Regierungschefs 
eingerichtet werden, dem ne 
ben Ministern auch Experten 
aus dem Privatsektor sowie 
Wissenschaftler angehören sol 
len. Einem kürzlich vorgeleg 
ten Entwurf der IT-Strategie 
kommission der Regierung zu 
folge sollte Japan innerhalb der 
nächsten fünf Jahre die USA 
beim Internet überholen und 
mehr als 60 Prozent der Bevöl 
kerung über ein modernes 
Hochgeschwindigkeitsnetzwerk 
ans Internet anschliessen. 
«Japan liegt im Internet-Sek- 
tor weit hinter anderen Staaten 
zurück», stellte Nobuyuki Idei, 
Chef des Elektronikriesen Sony 
und Leiter der Kommission, 
kürzlich bei Vorlage des Strate 
gieentwurfs fest. Japan werde 
zurückfallen, wenn nichts un 
ternommen werde, warnte ldei. 
«Apple - Streng vertraulich» 
Die Tops und Flops rund um den Macintosh - Neues Buch 
Sorgten für Furore: die bunten iMacs von Apple. 
Microsoft: Neuer Anlauf mit MSN 
SEATTLE: Es war wohl kein 
Zufall, dass der Softwarekon- 
zern Microsoft die neue Versi 
on seines Internet-Dienstes 
Microsoft Network (MSN) am 
selben Tag vorstellte, an dem 
auch der langjährige Konkur 
rent AOL seine neue Zugangs 
software präsentierte. Seit 
1995, als Microsoft MSN zu 
sammen mit Windows 95 her 
REKLAME 
ausbrachte, versucht die Firma 
von Bill Gates, im Internet 
massgeblich .Fuss zu fassen. 
Nach einem Anfangserfolg 
gingen die Nutzenahlen von 
MSN aber wieder zurück. Heu 
te hat AOL weltweit 25 Millio 
nen Nutzer, MSN 3,5 Millio 
nen. In letzter Zeit fand MSN 
nach etlichen Überarbeitungen 
aber wieder mehr Beachtung. 
PETER jü 

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1 
HTER 
FUGENDICHTUNGEN 
FL-9490 Vaduz • Werdenberger Weg 14 
Tel. +423 / 232 90 18 • Natel 079 / 697 77 18 • Fax +423 / 232 90 58 
Damit ein Gebrauchsgegen 
stand zum «Kult» wird, muss 
er schon eine ganz gewisse 
Aura haben. In der Computer 
welt werden häufig die bun 
ten iMacs und iBooks von 
Apple mit diesem begehrten 
Attribut geschmückt. Immer 
hin ist ihr Design stilbildend 
für viele andere Hersteller ge 
worden. 
Doch das war nicht immer so, 
wie der Journalist Owen W. 
Linzmayer in seinem Buch 
«Apple - Streng vertraulich. 
Die Tops und Flops der Macin 
tosh-Geschichte» zu berichten 
weiss. 
Der Autor lässt nicht nur die 
mittlerweile 24-jährige Unter 
nehmensgeschichte Revue pas 
sieren, sondern hat sein Buch 
auch mit Zitaten, Listen, Doku 
menten und Fotos bestückt, die 
oft eindrucksvoller sind als die 
reine Historie. Und weil sich 
das alles im «richtigen Leben» 
abgespielt hat, wimmelt es von 
genialen Erfindern, verzweifel 
ten Programmierern, durchge 
knallten Marketing-Fuzzis, Ab 
zockern und Fiesen Profiteuren. 
Owen beschönigt nichts - ob 
wohl er seit den 80er Jahren 
über Apple schreibt -, räumt 
mit allen gängigen Vorurteilen 
auf und schildert besonders 
zwei. der drei Gründer, Steve 
Wozniak und Steve Jobs, äus 
serst präzise und wertfrei. Da 
neben werden auch Jef Raskin, 
der Vater des Mac-Projekts, 
Software-Genie Andy Hertz 
feld, Bill Atkinson (er schrieb 
QuickDraw und Mac Paint), 
KEKLAME 
(Bild: Keystone) 
Bruce Horn und Steve Caps 
(haben den Finder erfunden) 
und viele andere gewürdigt. 
Apple, die Firma, die in Steve 
Jobs Schlafzimmer (erst dann 
in der Garage) begann, für die 
er seinen rot-weissen VW-Bus 
für 1500 Dollar verkaufte und 
die heute wieder von ihm ge 
führt wird, gehört sicherlich zu 
den erstaunlichsten Unterneh 
men, die das Silicon Valley her 
vorgebracht hat. Als geradezu 
winziges Unternehmen ging 
Apple 1980, vor gerade mal 20 
Jahren, an die Börse, machte 
die Beteiligten über Nacht zu 
Millionären und entband sie 
doch nie ihrer eigentlichen 
Aufgabe, der permanenten di 
gitalen Innovation. Oder wie 
Steve Jobs, der CEO von Apple, 
am Ende seiner Reden inzwi 
schen zu sagen pflegt: «Just 
one last thing. . .1» 
(Owen W. Linzmayer: Apple 
- Streng vertraulich. Die Tops 
und Flops der Macintosh-Ge 
schichte. Aus dem Englischen 
von Maria Bühler. Midas Ma 
nagement Verlag, Zürich 2000) 
NACHRICHTEN 
ZDF-Seifenoper 
im Internet 
KÖLN: Das Zweite Deutsche 
Fernsehen startet am 13. 
November mit «etage zwo» 
seine erste tägliche Seifen- 
oper im Internet. Bei der 
Vorstellung der «Websoap» 
am Donnerstag in Köln er 
klärte ZDF-Programmdirek 
tor Markus Schächter, der 
Sender wolle mit dem Pro 
jekt verlorenen Boden bei 
jungen berufstätigen Er 
wachsenen gut machen. Der 
Mainzer Sender lässt sich 
den zunächst für 100 Tage 
geplanten Versuch laut 
Schächter rund eine Million 
Mark kosten, «etage zwo» ist 
eine Bürogemeinschaft, ge 
leitet von Bösewicht Enno, 
der wie die Spinne im Netz 
vom Geld der anderen leben 
will: von Josch, dem Co 
mic-Zeichner, von Anna, 
die eine Seitensprung- 
Agentur mit Alibi-Garantie 
aufbaut, von Powerfrau Kris- 
tyn, der Headhunterin, und 
von Träumer Zander, der 
vom Verkauf seiner Ideen 
leben möchte. Was ihnen 
täglich passiert - beruflich 
und privat - ist unter der 
Internet-Adresse 
«http// www.etagezwo.de» 
nachzulesen. Hier werden 
mit e-mails, Chat-Rooms 
oder Terminkalendern die 
Handlungsstränge ent 
wickelt, die wie bei einer 
«echten» TV-Seifenoper al 
les zwischen Liebe und 
Hass, Herz und Schmerz, 
Beruf und Privatleben ab 
decken. Stündlich wird die 
Webseite zwischen Montag 
und Freitag, jeweils von 
8.00 Uhr bis 20.00 Uhr ak 
tualisiert. 
Amazon jetzt 
auch in Japan 
TOKIO: Der amerikanische 
Online-Händler Amazon 
versucht sein Glück nun 
auch in Japan. Nach Ein 
schätzung von Analysten ist 
dieses Engagement nicht 
ohne Risiko; die Japaner 
sind zwar Büchernarren, der 
Markt gilt aber als übersät 
tigt, die Gewinnmargen sind 
äusserst gering. Auch online 
gibt es mit dem Unterneh 
men Softbank starke 
Konkurrenz, und die Buch 
handelskette Kinokuniya 
hat jetzt angekündigt, 
gemeinsam mit Microsoft 
ins Internet gehen zu 
wollen. Auch bei der 
Preisgestaltung hat Amazon 
in Japan angesichts beste 
hender Gesetze keine freie 
Hand. 
REKLAME 
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