24 Dienstag, 7. November 2000
US-WAHLEN
Liechtensteiner VOLKSBLATT
Kopf-an-Kopf-Rennen von
George W. Bush und AI Gore
Endspurt im US-Wahlkampf: Beide Kandidaten versuchen in letzter Minute noch Wählerstimmen zu mobilisieren
Ein siegessicherer George W. Bush bei seinem Außritt in West Palm Beach.
WASHINGTON: Im Kopf-
an-Kopf-Rennen um die
US-Präsidentschaft haben
die Hauptkonkurrenten
am Tag vor der Wahl
letzte Anstrengungen
unternommen, entschei
dende Wählerstimmen
zu mobilisieren. Sowohl
George W. Bush wie auch
AI Gore sind bis zum öff
nen der Wahllokale pau
senlos unterwegs.
Der Demokrat AI Gore startete
am Montag in Waterloo im
Bundesstaat Iowa zu einer
30-stündigen Wahlkampftour
durch fünf Bundesstaaten.
«Wir werden nicht schlafen, bis
die Wahllokale öffnen», sagte
ein Gore-Berater nach Mitter
nacht.
Händeschütteln bei
strömendem Regen
Bei strömendem Regen warb
der Vize-Präsident Montagfrüh
in Waterloo zu Beginn der Mor
genschicht bei Automobilarbei
tern für seine Kandidatur. «Ich
möchte, dass sie mir ihre Stimme
geben», sagte Gore und schüttel
te den Arbeitern die Hand.
Die Bundesstaaten Iowa,
Missouri, Michigan, Tennessee
und Florida stellen zusammen
72 der 270 Wahlmänner und -
frauen, die für einen Sieg nötig
sind. Neben Florida gelten die
Wähler in Pennsylvania, Mis
souri, Washington, Wisconsin
(Bilder: Keystone) AI Gore versuchte Arbeiter in Memphis davon zu überzeugen, dass er ihre Stimmen verdient.
AI Gore zusammen mit seiner Ehefrau Tipper bei der Ankunft auf dem Flughafen in St.Louis.
weniger als die Hälfte zur Wahl
gehen.
1996 betrug die Wahlbeteili
gung 49 Prozent, der niedrigste
Stand seit 1924. Wahlforscher
machen unter anderem ein zu
nehmendes Misstrauen ge
genüber Politikern und ein ge
ringeres Interesse des Fernse
hens an politischen Themen
dafür verantwortlich.
Bush knapp vor Gore
Die neueste Befragung im
Auftrag des TV-Senders CNN
zeigte einen Bush-Vorsprung
von 47 zu 45 Prozent. Ebenfalls
einer Reuters- Umfrage vom
Sonntag zufolge liegen Gore
und Bush faktisch gleichauf.
Der Abstand war in den meis
ten Fällen statistisch nicht aus
sagekräftig.
Im Wahlkollegium kann
Bush derzeit einer Reuters-
Schätzung zufolge mit 235
Stimmen rechnen, Gore mit
207. Bei 96 Stimmen liegen
beide Kandidaten zu dicht bei
einander, als dass sich eine Zu
ordnung vornehmen Hesse.
Das Wahlkollegium, das
letztendlich den Präsidenten
wählt, besteht aus 538 Mitglie
dern. Jeder Bundesstaat hat so
viele Wahlmänner und -frauen,
wie er Abgeordnete im Reprä
sentantenhaus und im Senat
hat. Zu dem Kollegium kom
men noch drei Wahlmänner
oder- frauen aus dem Regie
rungsdistrikt Washington.
Bundesstaaten entschei
den
Das Kollegium wird von den
Wählern auf der Ebene der
Bundesstaaten gewählt. Alle
Wahlmännerstimmen eines
Bundesstaates fallen dem Kan
didaten zu, der in diesem Staat
die meisten Wählerstimmen er
halten hat.
Nachteil für Gore
Andere Kandidaten als Bush
oder Gore gelten als chancen
los. Als Nachteil für Gore gilt
die Kandidatur des Grünen
Ralph Nader, der laut Umfragen
mit fünf Prozent der Stimmen
rechnen kann.
und Tennessee als unentschlos
sen.
«Leute müssen wählen
gelten»
George W. Bush plante Wahl
kampfauftritte in Gores Hei
matstaat Tennessee und in Ar
kansas, der Heimat von Präsi
dent Bill Clinton. «Morgen wer
den wir, glaube ich, einen gu
ten Tag haben. Aber die Leute
müssen auch wählen gehen»,
sagte Bush vor seiner Abreise
nach Tennessee mit Blick auf
die befürchtete niedrige Wahl
beteiligung.
Zwar hatten zuletzt 1960
John F. Kennedy und Richard
Nixon in Umfragen so eng bei
einander gelegen. Trotzdem
wird erwartet, dass von den et
wa 200 Millionen wahlberech
tigten Amerikanern womöglich
Die heutigen US-Wahlen auf einen Blick
FRANKFURT: Nachfolgend
die wichtigsten Daten zu den
Wahlen welche heute in den
Vereinigten Staaten durchge
führt werden:
Präsidentschafts
kandidaten:
George Walker Bush, 54 Jah
re alt, Republikaner: Albert Ar
nold Gore, 52 Jahre alt, Demo
krat und weitere 18 Bewerber
in einem oder mehreren Staa-
ten,'darunter der 66-jährige
Ralph Nader für die, Grünen
und der 62-jährige Patrick
Buchanan für die Reformpartei.
Vizepräsidentschafts
kandidaten:
Richard Cheney, 59 Jahre,
Republikaner; Joseph I. Lie-
berman, 58 Jahre, Demokrat
Zahl der zu vergebenden
Walilmännerstimmen: 538;
Für die Wahl zum Präsidenten
notwendige Stimmenzahl:
270; Zahl der Wahlberechtig
ten: 206 Millionen
Wahl zum Senat:
Zu wählen sind 34 von 100
Senatoren; Derzeitige Sitzver-'
teilung: 54 Republikaner, 46 ;
Demokraten
Wahl zum ' ;
Repräsentantenhaus: =;
Zu wählen sind alle 435 Ab-;
geordneten; Derzeitige Sitz
verteilung: 222 Republikaner,
209 Demokraten, zwei Unab-*
hängige, zwei Sitze vakant
Gouverneurs wählen:
Von den 50 Gouverneuren
der Eirtzelstaaten sind elf neu ,
zu wählen.
George W. Bush bei einer Ansprache im Raymond James Stadium in Tampa Bay.
w*.,,i~mM ... ■, ; iiiyftif 1