36 Samstag, 4. November 2000
AUSLAND
Liechtensteiner VOLKSBLATT
NACHRICHTEN
WFP liefert
Lebensmittel In
die Autonomie-
Gebiete
GENF: Das Welternährungs- |
Programm (WFP) will I
300 000 Menschen im West- !
jordanland und im Gaza- :
streifen Nahrungsmittelhil- i
fen liefern, die wegen der j
jüngsten Unruhen von der t
Schliessung der Grenzen zu j
Israel betroffen sind. Das I
palästinensische Sozial- 1
ministerium habe für die \
vom Zugang zu ihrer Ein- l
kommensquelle abgeschnit- I
tenen Menschen um Hilfe :
gebeten, erklärte WFP-Spre- i
cherin Christiane Berthiau- [
me am Freitag in Genf. Die [
Organisation werde in den (
kommenden Monaten vor
aussichtlich 12 000 Tonnen f
Nahrungsmitteln liefern, j
sagte sie. Zahlreiche Arbeit- [
nehmer gelangten seit Be- |
ginn der Unruhen Anfang " '
September nicht mehr an |
ihre Arbeitsplätze, erklärte ;
sie weiter. '
j
Russland und i
China: Engere
Zusammenarbeit ;
PEKING: Russland und j
China haben am Freitag ei
ne engere Zusammenarbeit '
vereinbart. Die Ministerprä- !
sidenten beider Länder, j
Michail Kasjanow und Zhu [
Rongji, unterzeichneten da- j
zu mehrere Abkommen zur j
Verbesserung der wirt- !
schaftlichen Beziehungen, i
aber auch der militärischen
und wissenschaftlichen Ko- '
operation. Russischen Me
dienberichten zufolge soll j
es in Gesprächen auch um j
den Verkauf von Auf- |
klärungsflugzeugen mit j
Frühwarnradar an China |
gegangen sein. Die russi- j
sehe Botschaft in Peking •
dementierte dies umgehend, i
Im Juli hatten die USA den J
Verkauf von ähnlicher
Technik von Israel an China i
verhindert. Zu den Wirt- [
schaftsabkommen gehörte
auch ein Vertrag über den '
Bau einer Pipeline von den I
russischen Erdgasfeldern im !
Fernen Osten nach China
und Südkorea. Auch am j
Bau eines Atomkraftwerks [
in der Provinz Jiangsu will (
sich Russland beteiligen.
b
Polizeichef stürzt I
Serbiens
Regierung in Krise '
BELGRAD: Der Streit um j
den Chef der serbischen Ge- j
heimpolizei hat die Über- f
gangsregierung in Belgrad
in ihre erste Krise gestürzt.
Die ehemalige Opposition
will sich nicht mehr an der
Regierung beteiligen, solan
ge Polizeichef Rade Marko- [
vic nicht zurücktrete. Das
oppositionelle Parteien- {
bündnis DOS und die Serbi- .1
sehe Erneuerungsbewegung j
(SPO) würden sich vorläufig j
nicht mehr an der Regie- |
rungsarbeit beteiligen, be- j
stätigte der stellvertretende {
Regierungschef, Spasoje (
Krunic (SPO), am Freitag im j
Belgrader Radiosender B92. i
Die Entscheidung war am
Donnerstagabend bei einem
Treffen der Übergangsregie- '
rung gefallen. Markovic gilt [
als einer den engsten Ver- j
trauten des gestürzten ju- j
goslawischen Präsidenten I
Slobodan Milosevic. t
Sprachenstreit: Entscheid vertagt
Die EDK will eine nationale Konsulation zu den Empfehlungen durchführen
MONTREUX: Welche
Fremdsprache Kinder an
Schweizer Schulen künf
tig zuerst lernen sollen,
bleibt weiterhin offen. Die
EDK hat am Freitag kei
nen Entscheid gefällt. Zu
erst soll eine nationale
Konsultation zu den Emp
fehlungen durchgeführt
werden.
Wie erwartet fiel die Konsulta-
tiv-Abstimmung zur Frage der
Einstiegsfremdsprache äusserst
knapp aus. 13 Kantonsvertreter
sprachen sich für eine zweite
Landessprache als Einstiegs
sprache aus, während 12 Kan
tone den Antrag «Wahlfreiheit
bezüglich erster Fremdsprache»
unterstützten. Ein Kanton ent
hielt sich der Stimme.
Als Grundlage
ungenügend
Dieses Ergebnis reiche nicht
als Grundlage für eine tragfähi
ge Empfehlung aus, sagte EDK-
Vizepräsidentin Martine Brun-
schwig-Graf vor den Medien in
Montreux VD. In der Konsulta
tion will die Schweizerische
Konferenz der kantonalen Er
ziehungsdirektoren (EDK) das
Gespräch mit den Bundesorga
nen aufnehmen. Zudem soll
auch eine Vernehmlassung bei
den Lehrerorganisationen er
folgen. Der Dachverband der
Lehrerinnen und Lehrer hatte
sich im Vorfeld der EDK-
Plenarversammlung klar für ei
ne «sprachregionale Koordina
tion und gegen den Abbau der
jeweils zweiten Landessprache»
ausgesprochen.
Umsetzungsmassnahmen im
Bezug auf den Sprachunter
richt sollen die Kantone laut
EDK bis zum Abschluss des
Es bleibt weiterhin offen, welche Fremdsprache Kinder an Schweizer Schulen künfiig zuerst lernen sollen.
(Bild: Keystone)
Konsultationsprozesses ledig
lich auf Vesuchsbasis treffen.
Wie EDK-Präsident Hans Ulrich
Stöckling sagte, können damit
Kantone wie Appenzell Innerr
hoden und Zürich mit ihren
Frühenglisch-Projekten weiter
fahren.
Zwei Fremdsprachen ab
Primarstufe
Abgesehen von der Frage der
Einstiegsfremdsprache waren
sich die kantonalen Erzie
hungsdirektoren und -direkto-
rinnen in allen anderen 18
Empfehlungspunkten einig. So
auch darin, dass der Sprachen
unterricht früher beginnen soll.
Bereits ab Primarstufe sollen
Englisch und eine zweite Lan
dessprache unterrichtet wer
den. Die erste ab der dritten, die
zweite ab der fünften Klasse. In
beiden Fremdsprachen soll bis
zum Ende der obligatorischen
Schulzeit das gleiche Niveau
erreicht werden.
Frist bis 2010
Die Konsultation der EDK
wird bis zum nächsten Früh
jahr dauern. Der formelle Er-
lass der Empfehlungen im Sin
ne des Schulkonkordats soll
dann im Juni 2001 an der
nächsten EDK-Plenarver-
sammlung erfolgen. Für die
Umsetzung der Empfehlungen
bleibt Zeit bis 2010. Diesen
Spielraum hat sich die EDK ge
geben. «Die Umsetzung
braucht Zeit, die Lehrkräfte
müssen entsprechend ausgebil
det, das passende Material
kreiert und die Stundenpläne
angepasst werden», erklärte
Brunschwig Graf. Ausgebro
chen war der Sprachenstreit so
richtig Mitte September. Da
mals hatte der Zürcher Bil
dungsdirektor Ernst Buschor
angekündigt, dass im Kanton
Zürich ab 2003 Englisch ab
dem 3., Französisch aber erst
ab dem 5. Schuljahr unterrich
tet werden soll.
Neue BSE-Fälle in der Schweiz
BVET schlägt Bundesrat generelles Tiermehlverbot vor
BERN: Nach dem Auftreten
der jüngsten BSE-Fälle in der
Schweiz soll die Verwendung
von Tiermehl generell verbo
ten werden. Das Bundesamt
für Veterinärwesen (BVET)
hofft damit, die letzten
Lücken im Kampf gegen Rin
derwahn zu schliessen.
Es sei eine radikale Massnah
me, die überrissen erscheinen
möge, sagte BVET-Direktor Ul
rich Kihm am Freitag vor den
Medien in Bern. Man habe ge
glaubt, «alles getan zu haben».
Doch mit den beiden im Okto
ber entdeckten BSE-Fälle bei
Kühen, die nach den im Mai
1996 verschärften Vorschriften
für Futtermittel geboren wur
den, stehe man «unter Druck».
Das BVET schlägt dem Bun
desrat nach Konsultationen mit
betroffenen Kreisen ein Verbot
der Verwendung von Tiermeh
len bei der Fütterung aller
Nutztiere vor. Bislang durfte
noch Tiermehl an Schweine
und Geflügel verfüttert werden,
sofern dieses nicht risikoreiche
Organe des Rindes enthielt.
Klares Ziel
Das Verbot soll auch die so
genannten Extraktionsfette
umfassen, welche bei der Verar
beitung von tierischen Abfällen
für technische Zwecke und als
Futterzusatz gewonnen werden.
Das Ziel dieser Massnahme wie
auch aller früheren sei klar: Die
Ausrottung von BSE. Nach der
BVET-Direktor Ulrich Kihm ist für ein Verbot von Tiemehl.
letzten Verschärfung der Mass
nahmen, die den Durchbruch
im Kampf gegen BSE hätte
bringen sollen, habe man nicht
mehr viele Möglichkeiten ge
habt, sagte Kihm weiter. Für die
Umsetzung wird nun dem Bun
desrat eine entsprechende Än
derung der Tierseuchenverord'
nung vorschlagen.
Die Details des generellen
Tiermehlverbots müssten nun
mit allen betroffenen Kreisen
ausgearbeitet werden. «Wir ha
ben noch kein fertiges Kon
zept», erklärte Kihm, «doch die
Stossrichtung ist klar: Tierische
Eiweisse müssen aus dem Futter
(Bild: Keystone)
für Nutztiere verschwinden.» In
der Schweiz brauchen nur noch
wenige Futterfabrikanten Tier
mehl. Jährlich werden rund
45 000 Tonnen Tiermehl produ
ziert. Davon wurden 1999 we
niger als 5000 Tonnen an
Schweizer Abnehmer geliefert,
der Rest wurde exportiert.
Zusatzkosten in mehr
stelliger Millionenhöhe
Dieser Export wird mit dem
Tiermehlverbot in der Schweiz
künftig kaum mehr möglich
sein. Die jährlich rund 180 000
Tonnen Schlachtabfälle wer
den deshalb vernichtet werden
müssen: Sie werden zu Mehl
verarbeitet, sterilisiert und
anschliessend verbrannt.
Dies werde «Millionenbeträ-
ge» kosten, sagte Kihm. Schät
zungen hätten Zusatzkosten
von 50 bis 60 Millionen erge
ben, der Gesamtbetrag werde
«vielleicht» 100 Millionen
Franken betragen. Wer das be
zahle, müsse nun diskutiert
werden.
Noch dieses Jahr
Offen ist auch der Zeitpunkt
der Einführung der am Freitag
vorgeschlagenen Massnahmen.
Kihm rechnet mit Übergangs
fristen. Die geänderte Verord
nung sollte aber noch dieses
Jahr dem Bundesrat zur Ge
nehmigung vorgelegt werden.
Kihm und auch die Projektlei
terin BSE im BVET, Dagmar
Heim, betonten, dass man erst
in rund fünf Jahren wissen
werde, ob die Massnahmen
nun greifen. Vielleicht hätte
die eben erlassene Nulltoleranz
von tierischen Proteinen im
Rinderfutter ausgereicht. Doch
die beiden jüngsten Fälle ka
men zu früh. «Wir hatten nicht
den Mut, fünf Jahre zu war
ten», sagte Kihm.