Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

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34 Samstag, 4. November 2000 
AUSLAND 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
NACHRICHTEN 
Atomtests in 
Russland 
durchgeführt 
MOSKAU: Russland hat auf 
dem arktischen Archipel 
Nowaja Semlja eine Reihe 
von subkritischen Tests sei 
nes Atomwaffenarsenals 
durchgeführt, wie das Mos 
kauer Atomenergieministe 
rium am Freitag mitteilte. 
Die in dieser Woche abge 
schlossenen Versuche seien 
erfolgreich verlaufen, die 
Strahlungswerte in der 
Region seien normal, erklär 
te Ministeriumssprecher Juri 
Bespalko. Es handelte sich 
um die fünfte und letzte 
derartige Testreihe in diesem 
Jahr. Subkritische Tests, bei 
denen keine atomare Explo 
sion ausgelöst wird, sind 
nach dem umfassenden Ab 
kommen zum Verbot aller 
Atomwaffenversuche (CTBT) 
nicht verboten. Russland hat 
den Vertrag im Mai ratifi 
ziert. Den letzten regulären 
Atomtest führte Russland im 
Oktober 1990 durch. 
Müntefering 
spricht mit Jiang 
PEKING: Der chinesische 
Präsident Jiang Zemin hat 
SPD-Generalsekretär Franz 
Müntefering am Freitag en 
gere Beziehungen der KP zu 
den deutschen Sozialdemo 
kraten angeboten. Bei einem 
Treffen mit Müntefering in 
Peking rief Jiang auch zu ei 
ner Verbesserung der Bezie 
hungen zwischen China und 
Deutschland auf. Die EU for 
derte er auf, eine aktivere in 
ternationale Rolle zu über 
nehmen. Die Kommunistische 
Partei schätze die «freund 
schaftliche Zusammenarbeit» 
mit der SPD, zitierte die amt 
liche Nachrichtenagentur 
Xinhua Jiang, der zugleich 
Vorsitzender der KP ist. 
ETA-Terror: Pro 
testkundgebung 
vor UNO in Genf 
GENF: Rund 300 Personen 
haben am Freitag vor der 
UNO in Genf gegen die 
jüngste ETA-Terrorwelle in 
Spanien protestiert. Bei den 
meisten Kundgebungsteil 
nehmern handelte es sich um 
spanische Mitarbeiter inter 
nationaler Organisationen. 
Mit einem dreiminütigen 
Schweigen wurde den Opfer 
der Tenorwelle der baski 
schen Separatistenorganisa 
tion gedacht. Seit dem Bruch 
des Waffenstillstandes vor 
einem Jahr wurden bei ETA- 
Attentaten insgesamt 19 
Menschen getötet. Allein in 
dieser Woche kamen drei Per 
sonen bei Attentaten in Mad 
rid und Barcelona ums Leben. 
Stoiber demons 
triert mit gegen. 
Rassismus 
MÜNCHEN: Der bayerische 
Ministerpräsident Edmund 
Stoiber nimmt an der Berli 
ner Grosskundgebung ge 
gen Rassismus am 9. No 
vember teil. Der CSU-Chef 
hatte bei einem Telefonat 
mit dem Vorsitzenden der 
Jüdischen Gemeinde Ber 
lins, Andreas Nachama, sei 
ne Teilnahme zugesagt, wie 
am Freitag bekannt wurde. 
Der Veranstalter der Kund 
gebung hatte sich bereits 
zuvor dafür entschuldigt, 
dass er die Einladung der 
CSU vergessen habe. 
Papst kritisiert Legalisierung der 
Abtreibung in Europa 
Feier zum 50. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskonvention in Rom 
ROM: Zum Auftakt der 
Feierlichkeiten zum 50. 
Jahrestag der Europäi 
schen Menschenrechts 
konvention in Rom hat 
Papst Johannes Paul II. 
die Legalisierung der Ab 
treibung in Europa kriti 
siert. 
Der Papst erklärte am Freitag, 
es sei paradox, dass der Schutz 
der Menschenrechte immer 
wieder bestätigt werde, 
während das wichtigste Recht, 
das Recht auf Leben, verwei 
gert werde. Er sprach vor 50 
Delegationen, die zur Feier des 
Jahrestags der Menschen 
rechtskonvention zu einer 
Konferenz nach Rom gekom 
men waren. 
Der Papst verwies darauf, 
dass die Todesstrafe in fast al 
len Mitgliedsstaaten verboten 
sei. Er hoffe, dass auch das un 
schuldige Leben im Mutterleib 
geschützt werde. Der Papst 
empfing unter anderen den 
Generalsekretär des Europa 
rats, Walter Schwimmer, und 
den Gastgeber der zweitägigen 
Konferenz, den italienischen 
Aussenministcr Lamberto Dini, 
zu einer Audienz. Dini hatte 
zuvor die Abschaffung der To 
desstrafe und den Schutz der 
Einwanderer vor Rassismus als 
wichtigste Prioritäten der Men 
schenrechtskommission be 
zeichnet. «Wir haben noch ei 
nen weiten Weg vor uns. Wir 
sehen jeden Tag schwere Ver 
letzungen der Menschenrech 
te», sagte er in seiner Eröff 
nungsrede. Zu der Konferenz 
erschienen Minister der 41 
Bundesrätin Ruth Metzler machte darauf aufmerksam, dass nicht 
alle Beschwerden zugelassen werden sollen. 
Mitgliedsstaaten des Europa- vember 1950 von den damals 
rats und Vertreter von Be- zehn Mitgliedstaaten des Euro- 
obachterstaaten. Die am 4. No- parates und der assoziierten 
Bundesrepublik unterzeichnete 
«Europäische Menschenrechts 
konvention» (EMRK) verpflich 
tet zur Einhaltung der Men 
schenrechte in dieser Staaten 
gemeinschaft. Das Dokument 
basierte auf der Erklärung der 
Menschenrechte der Vereinten 
Nationen vom Dezember 1948. 
Heute gilt die Konvention für 
rund 800 Millionen Menschen 
in 41 Staaten des Europarates. 
Amnesty sieht Erfolg der 
Konvention 
Die ' Generalsekretärin der 
Menschenrechtsorganisation Am 
nesty International, Barbara 
Lochbiehler, erklärte am Frei 
tag, die Menschenrechtskon 
vention habe den Grundstein 
von Menschenrechtssystemen 
des Europarats gelegt. Die Kon 
vention sei ein wirkungsvolles 
Instrument zur Durchsetzung 
der Menschenrechte und zwei 
fellos ein Erfolg. Amnesty 
International wolle das Ju 
biläum nutzen, um zu prüfen, 
welche Menschenrechtsverlet 
zungen es in Europa noch gebe. 
Lochbiehler verwies auf Über 
griffe von Polizisten auf ethni 
sche Minderheiten, die es in 
vielen Ländern gebe. Sie for 
derte die Regierungen auf, die 
Auflagen der Menschenrechts 
konvention umzusetzen. 
Ruth Metzler: Nicht alle 
Beschwerden zulassen 
Der Europäische Gerichtshof 
für Menschenrechte ist auf 
grund der massiven Zunahme 
an Beschwerden überlastet. 
Bundesrätin Ruth Metzler stellt 
deshalb in Frage, ob der Weg 
an den Gerichtshof weiterhin 
allen Beschwerden offen stehen 
soll. Die Justizministerin be 
tonte anlässlich des 50. Ju 
biläums der Europäischen 
Menschenrechtskonvention am 
Freitag in Rom, dass die EMRK 
auf europäischer Ebene den 
Rechtsstaat entscheidend ge 
stärkt und ausgebaut habe. Sie 
sprach von einer Erfolgsge 
schichte. «Die Arbeitslast des 
Gerichtshofs ist in den letzten 
sieben Jahren um 500 Prozent 
gestiegen. Realistischcrweise 
müssen wir aber davon ausge 
hen, dass sie weiter steigen 
wird,» sagte Metzler an der Mi 
nisterkonferenz. Die Forderung 
nach zusätzlichen finanziellen 
und personellen Mitteln sei 
zwar berechtigt, es entschärfe 
das Problem langfristig aber 
nicht wesentlich, sagte sie laut 
einer Mitteilung des Eidg. Ju 
stiz- und Polizeidepartements 
(EJPD). Bei der Suche nach 
dauerhaften Lösungen dürfe 
deshalb auch eine Reform der 
Konvention nicht ausgespart 
bleiben. Metzler warf die Frage 
auf, ob der Weg an den Ge 
richtshof in Strassburg weiter 
hin allen Beschwerden offen 
stehen solle - insbesondere je 
nen, die für die Schaffung eines 
europäischen «ordre public» 
nicht wirklich von Bedeutung 
gewesen seien. Die Reform 
bemühungen dürften aber 
nicht nur beim Verfahren vor 
dem Gerichtshof ansetzen. 
Dauerhafte Abhilfe setze viel 
mehr voraus, dass die Mitglied 
staaten die EMRK-Normen in 
ihrem Land umsetzten. Das gel 
te für die nationale Gesetzge 
bung ebenso wie für die Recht 
sprechung. 
USA-Wahlen - Familienkämpfe 
Gedanken von Alphons Matt zu den anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA 
Wenige Tage vor den auf 
nächsten Dienstag anberaum 
ten Wahlen der Vereinigten 
Staaten von Amerika ist das 
Rennen immer noch offen. Die 
Schwankungen der Resultate 
der letzten Wochen waren 
stets so gering, dass sie keine 
konkreten Aussichten erwar 
ten Hessen. Eines aber seheint 
sicher zu sein: Es geht um den 
Machtkampf zwischen zwei 
Familien. 
Alphons Matt 
Vom Kandidaten der Republi 
kaner George W. Bush weiss 
man natürlich, dass schon sein 
Vater Staatspräsident war, und 
zwar für eine einzige Periode, 
nämlich von 1989 bis 1993, als 
er von Bill Clinton abgelöst 
wurde. Übrigens ist sein ande 
rer Sohn «Jeb», also der Bruder 
des jetzigen Kandidaten, Gou 
verneur von Florida. Wie sein 
Vater hat sich auch Kandidat 
George W. Bush in Texas profi 
liert, manchmal mit Erfolg, oft 
aber mit Misserfolg. Immerhin 
hat er sich selbst zum «Konser 
vativen» gestempelt, der sich 
aber sehr um die Erziehung und 
die Probleme der Minderheiten 
gekümmert hat. Ob das bei den 
anstehenden Wahlen zum Er 
folg oder zum Misserfolg 
beiträgt, wird sich weisen. Je 
denfalls hat er für seinen Wahl 
kampf von Sponsoren mindes 
tens 70 Millionen Dollar erhal 
ten. Auch die politische Karrie 
re seines Gegenspielers, des ge 
genwärtigen Vizepräsidenten 
AI Gore, ist «erblich belastet». 
Er ist einziger Sohn von Albert 
Gore, dem Senator von Tenes- 
see, den man gerne den «Fürs 
ten von Tenessee» nennt. Die 
ser hat seinen Nachkommen 
von Anfang an politisch geför 
dert: Schon als dieser nur sechs 
Jahre alt war, hat der Vater die 
Presse auf die «politischen 
Fähigkeiten» des Buben auf 
merksam gemacht. Albert Gore 
Senior war übrigens einer der 
wenigen Senatoren, die sich 
vehement gegen den Vietnam 
krieg ausgesprochen hatten, in 
den die USA 1964 militärisch 
eingriffen. Da das ihm aber für 
die 1970 anstehenden Neuwah 
len hätte hinderlich werden 
können, «opferte» sich der Sohn 
und ging als Freiwilliger nach 
Vietnam. 1969 hatten dann die 
USA mit dem Abzug der Trup 
pen begonnen. Ein Jahr später 
wurde Albert Gore trotzdem 
nicht wiedergewählt und erst 
1973 wurde der Vietnamkrieg 
durch einen Waffenstillstand 
beendet. Albert Gore zog sich 
aus der Politik zurück, doch 
sein Sohn, der gegenwärtige 
Präsidentschaftskandidat, stieg 
nach einem Theologiestudium 
1976 seinerseits in die Politik 
ein. Im gegenwärtigen Wahl 
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Präsidentschaftskandidat George IV. Bush: In den Jugendjahren einen über den Durst getrunken. Kos 
tet ihm dies heute die Präsidentschaft? Nächsten Mittwoch weiss man mehr. (Bild: Keystone) 
kämpf wird auch er von ge 
wichtigen Wirtschaftsbossen 
unterstützt. Wer von den bei 
den, AI Gore oder George W. 
Bush, den Sieg davontragen 
wird, ist zur Stunde höchst un 
gewiss. Vermutlich werden bei 
de Kandidaten in das Wort ein 
stimmen, das einst Bundes 
kanzler Helmut Kohl ausge 
sprochen hatte: «Die anderen 
gewinnen in den Voraussagen, 
ich aber gewinne die Wahlen.» 
Lasterhafter 
Bush 
CHICAGO: Der republikani 
sche US-Präsidentschafts 
kandidat George W. Bush ist 
vor 24 Jahren betrunken am 
Steuer erwischt worden. Sein 
Führerschein wurde ihm für 
zwei Jahre entzogen, wie sei 
ne Sprecherin bestätigte. 
Bush habe nie ein Geheimnis 
daraus gemacht, dass er in 
der Vergangenheit Fehler ge 
macht habe, sagte sie. 
Dass der Vorfall von 1976 
wenige Tage vor der Wahl 
herauskomme, finde sie aller 
dings fragwürdig. Die Ge 
schichte war gestern von 
einem Internet-Klatschko- 
lumnisten publik gemacht 
worden. Im Rennen um das 
Weisse Haus liegt Bush 
knapp vor 'dem demokra 
tischen, Vizepräsidenten : AI 
Gore. ' ' 
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