Liechtensteiner VOLKSBLATT
KULTUR
Freitag, 3. November 2000 1 3
Blech und Wunderlampen
Die etwas andere Ausstellung im Rathaussaal in Vaduz
Im Rathaussaal in Vaduz
findet von heute Freitag
bis Sonntag die etwas an
dere Ausstellung statt:
Hanspeter Bockmühl aus
Triesen präsentiert mit
seinen imposanten Me-
tall-Skulpturen das Werk
der vergangenen drei
Jahre und Mary Wille-
Nachbaur aus Vaduz stellt
ihre witzigen Wunder
lampen und Spiegel vor.
Tatjana Hadermann
Hanspeter Bockmühl hat sich
seit seiner Kindheit mit Kunst
befasst. «Wie die meisten Kin
der habe ich viel gezeichnet
und gemalt. Dieses Interesse
an der Kunst habe ich nie ver
loren, sondern mich stetig mit
den unterschiedlichsten Mate
rialien und Kunstrichtungen
beschäftigt», meint der begab
te Künstler zu seinem Werde
gang. In jenen Jahren sind et
liche Kunstwerke entstanden -
die Palette führt dabei von
Holzschnitten und Zinnstichen
über Schlackenrcliefs und
Gipsreliefs zu Öl- und Acryl-
malerei.
Metall-Skulpturen
Schliesslich wandte Hanspe
ter Bockmühl sich den Metall-
Skulpturen zu und erschuf die
beeindruckenden Arbeiten, die
ab heute Freitag zu bestaunen
sind. «Mit den sogenannten
«Schrottkünstlern», die ihre
Kunstobjekte oft im Garten
verrosten lassen, habe ich je
doch nichts gemeinsam»,
meint Hanspeter Bockmühl in
seiner ruhigen Art, die ein kla
res Kunstverständnis mehr als
nur vermuten lässt. Die Skulp
turen erhalten ihre Form
man ist gar versucht zu sagen
ihr «Dasein» und ihre «Persön
lichkeit» - aus drei unter
schiedlich breiten Mctallstrei-
fen. Hanspeter Bockmühl ar
beitet mit der Metallspannung
des Blechs - er klopft, biegt
und schweisst die Streifen mit
Hammer, Amboss und anderen
Kunstwerkzeugen zu imposan
ten Figuren, die ihre 80 bis ga£*^
150 Kilogramm auf die Waage
bringen.. Kein Wunder also,
Hinsicht scheint - zumindest
auf den ersten Blick - das
Werk der beiden ausstellenden
Künstler nicht allzu viel Ge
meinsames zu besitzen. Witz
und Ernsthaftigkeit, Denker
und Luftibus, Blech, Glas und
Spiegel in einer Ausstellung
vereint? Gegensätze ziehen
sich an, heben sich auf. Aus
dieser Sicht betrachtet, erwirkt
sich diese etwas andere Aus
stellung eine weitere Bedeu
tung: Vielschichtigkeit und
Polaritäten des menschlichen
Lebens kommen - ob gewollt
oder ungewollt - in erfri
schender Weise zum Zuge.
Haben Ideen Grenzen?
Diese zugegebenermassen et
was rhetorische Frage darf man
sich beim Betrachten von Mary
Wille-Nachbaurs Wunderlam
pen und modernen Spiegeln
ohne weiteres stellen. Für die
erste der vielen Wunderlampen,
die an der Ausstellung zu be
wundern sind, stand zum Bei
spiel das Monster «Oblina» aus
dem Trickfilm «Monsters» Pate.
Die Ideen für ihre Wunderlam
pen und Spiegel fallen der un
konventionellen Künstlerin
einfach zu. Auf die Idee folgen
dann die Suche nafch dem Ma
terial sowie die Überlegung be
treffend der ungefähren Grösse
des Objekts. «Das Aussehen der
Lampen und Spiegel konkreti
siert sich in mir stetig. Ich be
ginne meist mit einer vagen
Idee, die sich während des Ar
beitens mehr und mehr verfei
nert; im Laufe des Entstehens
einer Lampe oder eines Spiegels
fallen mir oft auch zusätzliche
Ideen für andere Objekte ein.»
Vernissage mit öffentlichen
Apero: Freitag, 3. November,
19 Uhr, Rathaussaal Vaduz.
Öffnungszeiten: Samstag, 4. 11.
und Sonntag, 5. 11., jeweils von
14 bis 18 Uhr.
Hanspeter Bockmühl (Triesen) und Mary Wille-Nachbaur (Vaduz) zeigen im Rathaussaal Vaduz
Metall-Skulpturen, Wunderlampen und Spiegel.
wenn er sein schwerstes Ex
emplar nicht mehr allein an
die Ausstellung zu transportie
ren vermag.
Denker und Luftibusse
Die Frage des Transports
stellt sich glücklicherweise für
MSy Wille-Nachbaurs Wun
derlampen und Spiegelkreatio
nen nicht. Auch in anderer
Reflexionen über Liechtenstein-Eindrücke
«Wet Stuff»: Ausstellung mit Arbeiten des russischen Künstlers Anatoly Vyatkin
Anatoiy Vyatkin zeigt im Pfrundhaus Eschen die Ausstellung «Wer
StuJJ.».
Der russische Künstler Anato
ly Vyatkin ist auf Einladung
von Arno Oehri in Liechten
stein. Für beide ist es wichtig,
eine Ausstellung nicht erst
zum Ende des Aufenthaltes zu
machen, um weitere Begeg
nungsmöglichkeiten zu schaf
fen. Eine erste bietet die Ver
nissage heute Abend um 19
Uhr im Pfrundhaus Eschen.
Eine zweite Möglichkeit, un
gezwungen ins Gespräch zu
kommen bietet sich im An-
schluss daran im Landgasthof
Fernsicht, Eschen.
Mit den Künstlern sprach
Gerolf Hauser
Arno Oehri: «Unsere Verbin
dung kam 1993 zustande, als
Martin Walch und ich über das
Kulturaustauschprojekt von
Waltraud Matt in Russland wa
ren. Wir waren für zwei Monate
in dem kleinen Ort Saijetschni
(auf der asiatischen Seite des Ur
al, ca. 60 Kilometer östlich von
Jekaterinburg), in dem heute be
reits fünf Schnelle Brüter in Be
trieb sind. Dort trafen wir die
Künstlergruppe «Atomprovinz»,
zu der Anatoly Vyatkin gehört.
Als ich 1994 noch einmal für
zwei Monate dort war, entstand
bei mir der Wunsch, Anatoly ei
nen Besuch im Westen zu er
möglichen, nicht zuletzt deshalb,
weil, vor allem seit der Öffnung
Russlands, die Subventionierung
von Kunst praktisch gleich Null
ist, die Arbeitsbedingungen fiir
Künstler also miserabel sind.»
Anatoly Vyatkin:/In unse
rer Regior, hinter dem Ural,
gibt es kaum Geld. Und wenn
jemand Bilder kaufen will, be
vorzugt er traditionelle Kunst,
keine zeitgenössische. Und es
gibt keine Sponsoren. Früher
war von der Regierung noch
Interesse da, Künstler zu unter
stützen. Wir haben praktisch
keine Möglichkeiten, unsere
Arbeiten zu zeigen, Ausstellun
gen zu machen.»
Arno Oehri: «Es gelang nach
einigen Anstrengungen, für
Anatoly ein Visum zu bekom
men. Als ich einmal im Restau
rant Fernsicht mit dem Besitzer
Andreas Müllpr über Russland
und meinen Traum sprach,
Anatoly hierher einzuladen,
sagte er spontan, dass Anatoly
bei ihm wohnen kann und ein
Frühstück bekommt. Jetzt kann
Anatoly sechs Wochen dort
gratis wohnen. Als ich Hans
Branhart anfragte, ob die VPB
die Flugkosten übernehmen
könnte, sagte er sofort zu, bzw.
meinte, wenn die Bank es nicht
mache, würde er die Kosten
übernehmen. Die VPB hat die
Kosten übernommen, und so
wurde die Reise und der Auf
enthalt möglich.»
Arno Oehri: «Anatoly hat
schnell geseheii, dass hier
«s'Bänkli vorem Huus» noch
existiert und gespürt, dass für
viele Menschen «der Russe» im
mer noch etwas Fremdes, Uner
klärliches ist. Und so hat er ei
ne Reihe von Fotografien ge
macht, die er «Der installierte
Russe» nennt und die ihn, den
Russen, im Kontext mit der hie
sigen Gesellschaft zeigen.»
Anatoly Vyatkin: «In der
kurzen Zeit, die ich hier bin,
konnte ich viele Eindrücke
sammeln. In der Ausstellung
will ich ein wenig von den
schönen Dingen, die erleben
durfte zeigen. Ich nenne die
Ausstellung «Wet Stuff» und
will damit sagen, dass die Ein
drücke frisch und noch nicht
beendet sind. Die Ausstellung
zeigt die intensiven Erlebnisse
eines Menschen, der in eine für
ihn fremde Umgebung versetzt
ist. Das sind keine Anklagen,
aenn ich bin glücklich und
dankbar hier sein zu können.
Ich habe auch keinen Kultur
schock erlebt, wie jemand
meinte. Ich erlebe, dass die kul
turellen Unterschiede zwischen
meiner Heimat und hier nicht
so gross sind, im Gegensatz
natürlich zu den wirtschaftli
chen. Übrigens zeige ich im
Pfründhaus neben jenen Foto
grafien einige gemalte Bilder
und zwei Installationen, über
die ich aber jetzt noch nichts
verrate.»
Ausstellung «Wet Stuff» von
Anatoly Vyatkin im Pfrund
haus Eschen. Vernissage: Frei
tag, 3. 11., 19 Uhr. Geöffnet am
Samstag, 4. und Sonntag 5. 11.,
jeweils von 11 bis 18 Uhr.
Jean Lemaire als
fulminanter Klavier
begleiter
Pianist begleitete Operndiva Eva Lind und
Vorarlberger Tenor Michael Heim
Der in Liechtenstein lebende Lustigen Witwe reichte, konnte
Pianist Jean Lemaire brillierte Michael Heim sehr einfühlsam
vor kurzem in einem Gala- im Duett mit der ausdrucksvol-
konzert mit der Starsopranis- len und spielerisch das hohe C
ten Eva Lind und dem auf- erklimmende Koleratursopran-
strebenden Vorarlberger Tenor stimme von Eva Lind und sehr
Michael Heim vor begeister- lyrisch in seinen Soli, so z.B.
tem Publikum in Jenbach in als Tamino aus der Zauberflöte,
Tirol - der Heimatstadt des das Publikum begeistern.
Stars. Ganz wesentlich für diesen
Erfolg war das auf die so unter
in einem zweistündigen, sehr schiedlich gefärbten Arien per-
anspruchvollen Programm, das fekt eingehende Klavierspiel
von Mozart, Donizetti, Rossini, des in Liechtenstein lebenden
Gounod, Verdi bis zu Lehars internationalen Liedbegleiters,
«Lippen schweigen» aus der Jean Lemaire.
Jean Lemaire, Hilde Svaroivski, Eva Lind und Michael Heim (von
links) begeisterten ihr Publikum.