Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

1 4 Donnerstag, 2. November 2000 
KULTUR 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
NACHRICHTEN 
1 Jahr - 
365 Tage 
ST. GALLEN: Kultur im 
Bahnhof (KiB) stellt vom 3. 
November bis zum 31. De 
zember in der Galerie im ers 
ten Stock den Bilderzyklus 
1 Jahr - 365 Tage des 1950 
in Kappel (SO) geborenen 
und jetzt in Rossrüti bei Wil 
lebenden Künstlers Arthur 
Wyss aus. Der Künstler hat 
die Verwandlung eines Jah 
res in 365 gleichformatigen 
(10 x 10 cm) Bildern, gemalt 
mit Buntstiften, festgehal 
ten. Dabei ist der Sonntag 
immer der Sonne gewidmet. 
Der Montag gehört der 
Nacht. Atmosphärische 
Wolkenspiele und Lichtdra 
matik prägen den Dienstag 
und führen am Mittwoch in 
die begehbare Landschaft. 
Teilbereiche erscheinen am 
Donnerstag, der Freitag 
zeigt etwas in natürlicher 
Grösse, und noch näher, in 
rund lOfacher Vergrösse- 
rung liegt am Samstag der 
oft ungegenständlich wir 
kende Ausschnitt. Arthur 
Wyss sagt zu seinem Zyk 
lus: «Die ins Bild geronnene 
Natur zeigt das Schaffende. 
Das Phänomen bleibt Hin 
weis auf das Wirkende. Die 
treibenden Ströme, die ge 
staltenden Mächte scheinen 
durch das Dazwischen.» Die 
Ausstellung in der Klub 
schule zeigt den ganzen 
Zyklus im Original. Er ist 
zudem in Kartenform, zu- 
sammengefasst in einer 
Box, erhältlich. Die Vernis- 
sage findet heute Donners 
tag, den 2. November um 
19.00 Uhr statt. Arthur 
Wyss spricht zum Aufbau 
und Entstehen von 1 Jahr - 
365 Tage und Paul Giger 
musiziert zu den Jahreszei 
ten. 
REKLAME 
November 2000 
i» 
Bach wurde zum grossen Erlebnis 
Gabrieli Consort 8t Players auf Einladung des TaK in der Pfarrkirche Schaan 
Einen berührenden Abend 
schenkte das Ensemble 
«Gabrieli Consort Et Play 
ers» unter der Leitung von 
Paul MeCreesh den Zuhö- 
rerlnnen am Montag 
abend mit Johann Sebas 
tian Bachs «Johannes- 
Passion». Es war eine 
musikalisch tief greifende 
und aussergewöhnlich 
stimmige Aufführung. 
Gerolf Hauser 
Mit dem 1982 von Paul Me 
Creesh gegründeten Ensemble 
«Gabrieli Consort and Players», 
rekonstruiert MeCreesh in auf 
wendiger Recherche barocke 
und frühbarocke Aufführungs 
praxis. Dirigent Paul MeCreesh 
stützt sich auf die Vermutung, 
dass zu Bachs Zeiten vier So 
listen die komplette Johannes- 
Passion gesungen haben. Und 
so verwendet er anstelle des 
grossen Chors vier Solisten in 
den Stimmlagen Bass, Tenor, 
Sopran und Alt (gesungen von 
einem Countertenor, der männ 
lichen Altstimme, die durch 
Falsettieren fast die Höhe der 
weiblichen Altstimme erreicht) 
und vier weitere Stimmen als 
«Ripieno-Singgruppe», die die 
«Turbae-Chöre» (in denen das 
«Volk» zu Wort kommt) singen. 
Eine ausgezeichnete Klangaus- 
geglichenheit zwischen Sänge 
rinnen und Orchester wird er 
reicht durch eine relativ kleine 
Besetzung (6 Geigen, 2 Brat 
schen, 1 Cello, Kontrabass, 2 
Flöten, 2 Oboen, Fagott und 
Cembalo). Dabei nutzt das En 
semble alte Instrumente, z. B. 
Holzquerflöten und -oboen, 
und die Viola da gamba ersetzt 
manchmal das Cello. 
Gabrieli Consort and Players begeisterte mit dem Konzert in der Pfarrkirche in Schaan. 
Intime Stimmung 
Vom Einleitungschor 
bis 
zum Schluss («Ich will dich 
preisen ewiglich») schufen die 
Musikerinnen einen Bogen, der 
keinen Augenblick an Span 
nung verlor. Das Ensemble und 
die Sängerinnen, allen voran 
der Tenor Paul Agnew, der den 
Evangelisten mit einer glas- 
klar-herrlichen und ausdrucks 
starken Stimme in plastischer 
Artikulation und Ausdrucks 
vielfalt sang, zogen die Zuhö 
rer bei dieser intimen Auf 
führung in ih>en Bann, schu 
fen eine Nähe, eine intime 
Stimmung, die unter die Haut 
ging. Paul Agnew, sicher bis in 
die kleinste Note hinein, war 
als Evangelist kein unbeteilig 
ter Kommentator der Passion. 
Die Stärke seines Mitleidens 
und seiner Betroffenheit über 
trug sich in den Raum, zu den 
Menschen. Seine Arien, z. B. 
das «Erwäge, wie sein blutge 
färbter Rücken...» waren gran 
dios, umfassten eine unglaub 
liche Dynamikspanne. Ähnlich 
'berührend gestaltete Bassist 
Stephan Loges einen aus 
Sanftheit und Bestimmtheit 
gemischten Jesus. Auch Susan 
Hemington Jones (Sopran) und 
Robin Tyson (Altus) brachten 
Bachs tiefe Innigkeit berührend 
«nach aussen». Bei der «Ripie- 
no-Singgruppe» - Rebecca Ou 
tram (Sopran), Charles Hum- 
phries (Altus), und Tom Phil 
lips (Tenor) - wurde Jonathan 
Arnold der Partie des Pilatus in 
jeder Hinsicht gerecht. 
Pulsierendes Atmen 
Grossartig war das pulsieren 
de Atmen in den Chorälen, das 
wie Hineinsterben in ein Zei 
lenende und Neugeboren wer 
den in der nächsten (z. B. 
«Durch dein Gefängnis, Gottes 
Sohn - muss uns die Freiheit 
kommen - dein Kerker ist der 
Gnadenthron - die Freistatt al 
ler Frommen...). Paul MeCreesh 
liess, um dieses Pulsieren ent 
stehen zu lassen, Orchester und 
Sängerinnen gerade einen 
«Tick zu viel» Pause machen, 
verlieh damit der Schlichtheit 
der Choralmelodien etwas 
Rührend-Berührendes. Sein 
zurückhaltendes Dirigieren bei 
den Arien, sein stilles Verfolgen 
der musikalischen Bögen bei 
den Rezitativen des Evange 
listen, sein bewegtes Dirigieren 
bei den Tutti-Passagen, liess die 
Linien der Bachschen Musik, 
den Wechsel von stürmischer 
Bewegung und Innehalten zu 
einer überaus bemerkenswerten 
und beeindruckenden musika 
lischen Aufführung werden, 
geprägt von dramatischem 
Ausdruck und tiefster Innig 
keit. 
Fr, 3. und Sa, 4. Nov., 20.09 Uhr, TaK 
Clavigo 
von (ohann Wolfgang von Goethe 
Mit Emrd Haußmann 
So, 5., Mo, 6. und Di, 7. Nov. 
20.09 Uhr, TaK 
Der Heiratsantrag 
Der Bär 
von Anton Cechov 
Mit Toblas Morettl, 
Anne Bennent u.a. 
Die Liechtensteinische Landesbank 
präsentiert das TaK-Klnder- 6 
lugendtheater 
Mi. 8. Nov., t€ Uhr, und 
So. 12. Nov., 10.30 Uhr, TaKIno 
Der fliegende Teppich 
«Herbstgeicnkhte» 
Für Kinder ab 5 jähren u. Erwachsene 
Do, 9., Fr, 10. und Sa. 11. Nov. 
20.09 Uhr, TaK 
Gäld wie Heu 
von Ray Cooney 
Dialektfassung von |örg Schneider 
Mit Jörg Schneider, Erich Vock u.a. 
Die liechtensteinische Landesbank 
präsentiert das TaK-Klnder- U 
Jugendtheater 
Mi. 15. Nov., 14 und 16 Uhr, TaKIno 
Das Erdkühlein 
Figurentheater von Margrit Cyiln 
Für Kinder ab S fahren u. Erwachsene 
Do, 16. Nov., 20 Uhr, Vaduzer-Sial 
Compania Andaluza 
deDanza ^ ^ 
FlimencoAnd jlui 
Vorverkauf(00423) 237 59 69 
Ä38W 
Entwicklungshilfe dank sozialem Engagement 
<Ein toller Tag oder Figaros Hochzeit» in Schaan 
Theaterensemble 365 aus Wien 
Gespannt warteten die zahl 
reich erschienenen Theater 
freunde am Samstagabend in 
der Aula der Realschule Klos 
ter St. Elisabeth auf den Auf 
tritt des 12-köpfigen Ensem 
bles, das mit seinen Auftritten 
Drittweltprojekte unterstützt. 
Tamara Frommelt 
Die Darsteller, allesamt Laien 
schauspieler (Studenten und 
Erwerbstätige), präsentierten 
das Stück «Ein toller Tag oder 
Figaros Hochzeit» von Pierre- 
Augustin Caron de Beaumar 
chais (1732-1799). Der damals 
sehr brisante und aktuelle In 
halt liess Ludwig XVI. das 
Stück vier Jahre lang verbieten. 
Erst 1784 konnte die Urauf 
führung in Paris stattfinden. 
Die Heiratswut 
Das Stück handelt vom Die 
ner des Grafen Almaviva, Figa 
ro, der nicht auf den Mund ge 
fallen ist. Er möchte Susanne, 
Dienerin der Gräfin, heiraten. 
Dazu benötigen die beiden die 
Zustimmung des Grafen. Dieser 
will sie aber nicht geben, da er 
selbst Gefallen an der Dienerin 
findet. Dazu kpmmt noch ein 
liebestoller Page, dessen «Herz 
zu klopfen beginnt, wenn er ei 
ne Frau nur sieht». Seine Lie- 
besschwüre finden in der ver 
nachlässigten Gräfin eine 
Heitere Szenen und komische Figuren: Das Theaterensemble 365 in Aktion. 
(Bild: bak) 
Zuhörerin, was den krankhaft 
eifersüchtigen Grafen natürlich 
gar nicht erfreut. Auf diese 
Weise hoffen die Gräfin und 
Susanne, dass sie endlich die 
Zustimmung für ihre Hochzeit 
erhalten werden. Doch zuerst 
muss sich Figaro dem Gericht 
stellen, wo er von seiner eige 
nen Mutter verklagt wird. Dies 
stellt sich allerdings erst im 
Laufe der Verhandlung heraus. 
Ende gut, alles gut 
Gleich zu Beginn der Ver 
handlung lässt Figaro, der sich 
selbst verteidigt, seinem Mund 
werk freien Lauf und wendet 
sich an den Richter, der sich sein 
Amt natürlich erkauft hat: «Ich 
vertraue auf ihre Gerechtigkeit, 
obwohl sie ein Justizbeamter 
sind.» Dem Anwalt seiner Mutter 
Marseline, ein Arzt und zugleich 
Vater Figaros, weiss er ohne 
Skrupel zu entgegnen: «Die 
Krankheit wird ihn töten oder 
auch der Arzt.» Glücklicherweise 
stellt sich heraus, dass das Fin 
delkind Figaro den Adeligen ge 
stohlen wurde; die Anklage wird 
fallen gelassen. Jetzt kann sich 
Figaro wieder wichtigeren Din 
gen zuwenden, und das ist die 
Ermöglichung seiner Heirat. Ob 
wohl er die Sache lieber selber in 
die Hände genommen hätte: «Ich 
bin der geborene Politiker, im 
Intrigen aushecken bin ich gut.», 
kommt ihm seine Geliebte zuvor. 
Sie organisiert per Brief ein letz 
tes Treffen mit dem Grafen im 
Park bei Nacht. Doch nicht sie 
selbst, sondern die Gräfin wird 
an das Treffen gehen. Doch die 
Eifersucht Figaros treibt auch 
ihn in den Park und mit ihm 
noch eine Menge anderer, so 
dass das Chaos in diesem Ver 
wechslungsspiel vorprogram 
miert ist. Schliesslich wendet 
sich alles dem Guten zu und Fi 
garo, der dem Grafen vorwirft, 
er beherrsche «hier ja alles aus 
ser sich selbst», kann sich end 
lich mit seiner, geliebten Susan 
ne vermählen. 
Witz und Charme 
Heitere Szenen und komische 
Figuren, zum Beispiel ein stets 
betrunkener Gärtner, und Dar 
steller, denen man die Freude 
am Spielen anmerkte, machten 
das ohne Frage brillante Stück 
zu einem kleinen Erlebnis. Das 
1961 gegründete Ensemble 
spielt nicht, um selbst Geld zu 
verdienen, sondern um damit 
diverse Hilfsprojekte zu tmter- 
stützen. Im Moment kommt der 
Erlös aus den Aufführungen 
den Ayoreo-Indianern in Süd 
amerika zugute.
	        

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