Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

40 Samstag, 28. Oktober 2000 
AUSLAND 
Liechtensteiner VOLKSBLATT 
NACHRICHTEN 
Aznar und Blair 
entschärfen 
Disput 
Madrid: Von dem havarier 
ten britischen Atom-U-Boot 
in der Kronkolonie Gibraltar 
geht nach Angaben von 
Spaniens Regierungschef 
Jos£ Maria Aznar und seines 
britischen Amtskollegen 
Tony Blair (Bild) keine Ge 
fahr für die Bevölkerung aus. 
Dies habe eine Expertenkom 
mission beider Länder be 
stätigt, sagten sie gestern in 
Madrid. «Es besteht nicht 
einmal ein minimales Risi 
ko», erklärte Aznar. 
Blair sicherte der spani 
schen Seite «vollständige 
Transparenz» bei dem Fort 
gang der Reparaturarbeiten 
zu. Die Ursache des Scha 
dens am Reaktor-Kühlsys- 
tem sei gefunden, ergänzte 
er, ohne Einzelheiten zu 
nennen. 
26 Jahre für 
Mafiaboss Riina 
CALTAN1SSETTA: Im Pro- 
zess zum gescheiterten At 
tentat auf den Richter Gio 
vanni Falcone und die da 
malige Tessiner Staatsan 
wältin Carla Del Ponte in 
Palermo 1989 sind gestern 
die Urteile ergangen. Mafia 
boss Toto Riina erhielt 26 
Jahre Zuchthaus. Wie für 
den Drahtzieher des Atten 
tats, Toto Riina, wurden 
auch Antonino Madonia 
und Salvatore Biondino von 
einem Geschworenengericht 
in Caltanissetta zu je 26 
Jahren Zuchthaus verurteilt. 
Ein reuiger Mafioso, Fran 
cesco Onorato, erhielt zehn 
Jahre, der Helfer Giovan- 
battista Ferrante drei Jahre. 
Vier Polizisten 
erschossen 
MOSKAU: Vier russische 
Polizisten sind gestern an 
der Grenze zu Tschet 
schenien erschossen wor 
den. Die Männer gerieten 
im Grenzgebiet der benach 
barten Teilrepublik Da 
gestan mit ihrem Wagen in 
einen Hinterhalt und wur 
den beschossen. Dies mel 
deten die russischen Agen 
turen unter Berufung auf 
die örtlichen Sicherheits 
behörden. Ein weiterer Po 
lizist habe Verletzungen er 
litten. 
Russischer 
Regierungssitz 
evakuiert 
MOSKAU: Nach einer tele 
fonischen Bombendrohung 
ist gestern in Moskau der 
russische Regierungssitz 
geräumt worden. Die Nach 
richtenagentur Interfax 
meldete, ein anonymer An 
rufer habe sich um 10.06 
Uhr MESZ gemeldet und 
gesagt, in dem Gebäude sei 
eine Bombe versteckt wor 
den. Von offizieller Seite 
war zunächst keine Stellun 
gnahme zu erhalten. 
Vier Palästinenser erschossen 
Nach Freitagsgebet flammt Gewalt wieder auf:Zusammenfassung 
JERUSALEM/GENF: Min 
destens vier Palästinenser 
sind gestern im Westjord 
anland und im Gaza- 
Streifen erschossen und 
Dutzende verletzt worden. 
Nach den Freitagsgebeten 
kam es zu Zusammen- 
stössen mit israelischen 
Soldaten. 
Während das Freitagsgebet auf 
dem Tempelberg in Jerusalem 
friedlich verlief, kam es an 
zahlreichen Orten in den Palä 
stinenser-Gebieten zu schwe 
ren Unruhen. Auf Steinwürfe 
von Palästinensern reagierten 
israelische Soldaten mit Gum 
migeschossen mit Stahlkernen. 
Vier junge Palästinenser 
wurden dabei bei Tulkarm, Kal- 
kilia und Erez im Gaza-Streifen 
und Ramallah im Westjordan 
land erschossen. Über das 
genaue Alter der Getöteten gab 
es unterschiedliche Angaben. 
Fünf der mindestens 65 Ver 
wundeten erlitten nach palästi 
nensischen Angaben schwere 
Verletzungen. 
Tag des Zorns 
Palästinensische Organisatio 
nen aller politischen Strömun 
gen hatten den Freitag wieder 
zu einem «Tag des Zorns» er 
klärt. Im Gaza-Streifen nahmen 
am Nachmittag mehrere tau 
send Sympathisanten des isla 
mischen Dschihad (»Heiliger 
Krieg») an der Beerdigung des 
am Donnerstag bei einem 
Bei blutigen Zusammenstössen zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern im Westjordanland 
sind gestern erneut vier Palästinenser getötet worden. (Bild: Keystone) 
Selbstmordanschlag getöteten 
Palästinensers teil. 
Israel wappnete sich gegen 
weitere Bombenanschläge. In 
Jerusalem wurden die Sicher 
heitsvorkehrungen verstärkt, 
Busse und Einkaufszentren 
blieben ungewöhnlich leer. In 
der Altstadt wurde Palästinen 
sern unter 35 Jahren aus Si 
cherheitsgründen der Zugang 
zum Tempelberg verwehrt. Zu 
dem wurde der Hermon-Berg 
auf den Golanhöhen für israeli 
sche Zivilisten gesperrt. 
Getrennte Gespräche 
Der israelische Ministerpräsi 
dent Ehud Barak und Palästi 
nenser- Präsident Jassir Arafat 
planten unterdessen nach Me 
dienberichten getrennte Ge 
spräche mit dem amerikani 
schen Präsidenten Bill Clinton 
in den USA. Sprecher beider 
Seiten betonten jedoch, Termine 
seien noch nicht vereinbart 
worden. Vor den neuen Unru 
hen hatte Barak in einem Tele 
fongespräch mit Clinton ein En- 
Moskau bekräftigt Partnerschaft mit Belgrad 
Vojislav Kostunica bei Wladimir Putin - Bald Gas-Lieferungen 
auf dem Balkan, um dadurch 
ein «Gleichgewicht des Einflus 
ses auf dem Balkan» durch Eu 
ropa, Russland und die USA zu 
erhalten. 
Zuvor hatte Aussenminister 
Igor Iwanow bekräftigt, dass 
Jugoslawien für Moskau wei 
terhin der wichtigste und 
engste Partner Russlands auf 
dem Balkan bleibe. Russland 
wolle sich dafür einsetzen, dass 
das bis vor kurzem vollständig 
isolierte Jugoslawien als 
gleichberechtigter Partner in 
die internationale Gesellschaft 
zurückkehren könne. 
Kostunica sagte im Gespräch 
mit Iwanow, für Jugoslawien 
bleibe Russland ein entschei 
dender Partner. Dies gelte 
nicht nur wegen der traditio 
nellen russisch-jugoslawischen 
Freundschaft, sondern auch 
wegen der alltäglichen wirt 
schaftlichen und politischen 
Beziehungen. 
Westen 
Vor seinem Russland-Besuch 
hatte Kostunica indes deutlich 
gemacht, er wolle sich künftig 
auf den Aufbau der Beziehun 
gen Jugoslawiens zum Westen, 
vor allem zu den USA, konzen 
trieren. Der mehrstündige Ar 
beitsbesuch Kostunicas in Mos 
kau verlief in Abwesenheit des 
jugoslawischen Botschafters 
Borislav Milosevic. Der Bruder 
des früheren jugoslawischen 
Machthabers Slobodan Milose 
vic war am Vortag zu «dringen 
den Konsultationen» nach Bel 
grad berufen worden. Die russi 
sche Führung hatte während 
der Krise nach den Wahlen in 
Jugoslawien Milosevic bis zu 
dessen Entmachtung unter 
stützt. 
Russland respektiert die Wahlentscheidung des jugoslawischen Volkes. Das machte der russische Prä 
sident Wladimir Putin (rechts) bei einem Treffen mit seinem jugoslawischen Amtskollegen Vojislav 
Kostunica am Freitag im Kreml deutlich. (Bild: Keystone) 
MOSKAU: Russlands Präsident 
Wladimir Putin hat gestern 
die Partnerschaft mit Belgrad 
bekräftigt und Jugoslawiens 
friedlichen Weg aus der Krise 
gelobt. Zudem kündigte er die 
baldige Wiederaufnahme der 
russischen Erdgas-Lieferun- 
gen an. 
Bei seinen Gesprächen mit dem 
neuen jugoslawischen Präsi 
denten Vojislav Kostunica am 
Freitag im Kreml hob Putin 
hervor, dass dieser vor wenigen 
Wochen die richtige Taktik zur 
gewaltfreien Lösung der Pro 
bleme in seinem Land gewählt 
habe. «Sie haben es geschafft, 
eine schwierige Situation ohne 
Blutvergiessen zu meistern», 
wurde Putin von der Agentur 
Interfax zitiert. 
Einer der ersten konkreten 
Schritte zur Unterstützung Ju 
goslawiens soll die erneute Be 
lieferung des Balkan-Staates 
mit Erdgas aus Russland sein. 
Der russische Erdgasmonopo 
list Gasprom hatte im Juni die 
ses Jahres die Pipeline ge 
schlossen, nachdem sich Bel 
grad geweigert hatte, Schulden 
in der Höhe von 355 Millionen 
US- Dollar zu begleichen. 
Zusammenarbeit 
In einer gemeinsamen Er 
klärung kündigten Putin und 
Kostunica eine Vertiefung des 
politischen Dialogs zwischen 
ihren Ländern auf verschiede 
nen Ebenen sowie eine erwei 
terte wirtschaftliche Zusam 
menarbeit an. 
Einen Tag vor den Kommu 
nalwahlen im Kosovo erteilten 
Russland utjd Jugoslawien ei 
ner Unabhängigkeit der südser 
bischen Provinz eine Absage. 
In einer gemeinsamen Er 
klärung forderten Putin und 
Kostunica, den Status des Ko 
sovo innerhalb der Bundesre 
publik Jugoslawien so rasch 
wie möglich zu klären. 
In ihrer Erklärung forderten 
die beiden Präsidenten, so 
schnell wie möglich politische 
Verhandlungen über den künf 
tigen Status des Kosovo aufzu 
nehmen und diesen durch ein 
Abkommen zu besiegeln. Sie 
forderten die vollständige Um 
setzung der UNO-Resolution 
1244. Diese sieht eine Selbst 
verwaltung des Kosovo inner 
halb Jugoslawiens vor. 
Engagement 
Kostunica forderte von Mos 
kau ein weitvres Engagement 
de der Gewalt erneut als Vor 
aussetzung für eine Reise nach 
Washington genannt. Ein Spre 
cher Arafats sagte, eine Ent 
scheidung über ein Gespräch 
Arafats mit Clinton in Washing 
ton sei noch nicht gefallen. 
Auslöser 
Die Unruhen, die in den ver 
gangenen Tagen weitgehend 
abgeflaut waren, hatten vor ei 
nem Monat mit massiven Aus 
schreitungen auf dem Jerusale 
mer Tempelberg begonnen. 
Auslöser war ein Besuch des is 
raelischen Oppositionsführers 
Ariel Scharon auf dem von 
Moslems «Haram El Scharif» 
(Edles Heiligtum) genannten 
Tempelberg. Bisher sind mehr 
als 130 Menschen ums Leben 
gekommen. Bei den Toten han 
delte sich bis auf acht Men 
schen um Palästinenser oder is 
raelische Araber. 
Notstandsregierung 
Die Verhandlungen zur Bil 
dung einer Notstandsregierung 
in Israel machen Fortschritte. 
Die Verhandlungsführer von 
Barak und der rechtsgerichte 
ten Oppositionspartei Likud 
hätten sich in vier von sechs 
bislang strittigen Fragen geei 
nigt, sagte eine Sprecherin. 
Die jetzt noch offenen Punk 
te würden voraussichtlich von 
Barak selbst mit Likud-Chef 
Ariel Scharon geklärt. Ein Tref 
fen der beiden werde voraus 
sichtlich bereits am Samstag 
abend stattfinden. 
Mit dem Rücken 
zur Wand 
HARARE: Simbabwes Präsi 
dent Robert Mugabe kämpft 
nach 20 Jahren- an • der 
Macht verbissen ums politi 
sche • Überleben.. Kritiker 
glauben, dass er inzwischen' 
unter jenem Realitätsverlust 
leidet, der schon viele Dik 
tatoren am Ende ihrer Herr 
schaft befallen hat 
Auf das von der Opposition. 
beantragte Amtsenthebungs- 
Verfahren reagierte Mugabe 
mit der wütenden Ankündi 
gung, mit der «Politik; der 5 
Versöhnung» gegenüber den ? 
Weissen sei' jetzt- Schiuss. 
Dem früheren Premierminir * 
ster des ehemaligenRhodesi-, 
en, Ian Smith, und den Weis 
sem die sich am «Völker 
mord» gegen die schwarze: 
Bevölkerung beteiligt hätten, 
■ werde der Prozess gemacht. 
Die Weissen im Land hält 
der 76-jährige. Mugabe für 
die Wurzel allen Übels. Das 
zeigte sich■■ schon ; bei den 
Farm-Besetzungen. Genützt 
hat dieses Feindbild dem Prä 
sidenten nach Meinung von 
Beobachtern aber wenig, wie 
eine - gerade ' veröffentlichte > 
Umfrage zeigt ;= 
Wenig beliebt, 
Die angesehene südafrika 
nische Helen Suzman-Stif- 
tung fand heraus, dasi Muga 
be bei einer Präsidentenwahl 
gerade noch; mit 1? Prozent > 
der Stimmen rechnen könnte. ; 
Seine Partei, tiieZänü-PF; kä~i 
me . bei einer neuen Parla-j 
mentswahl auf karge 13 Pro-* < 
zent 74 Prozent der-Befrag-^ 
ten verlangten, Mugabe: solle.] 
zurücktreten, 56 ^Prozent i 
sprachen sich für eln-sMits-t i 
enthebungs-Verfahien aus.
	        

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