44 Freitag, 27. Oktober 2000
AUSLAND
Liechtensteiner VOLKSBLATT
NACHRICHTEN
Zypern sperrt
Konten
NIKOSIA: Zypern hat meh
rere Bankkonten gesperrt,
die mit Jugoslawiens Ex
Präsident Slobodan Milose
vic in Verbindung gebracht
werden. Die Regierung der
Mittelmeerinsel folgte damit
gestern einer Bitte der
Chefanklägerin des UNO-
Kriegsverbrechertribunals
für Ex-Jugoslawien, Carla
dcl Ponte. Del Ponte hatte
Zypern am vergangenen
Freitag im Rahmen einer
Rundreise durch die Nach
barstaaten Jugoslawiens be
sucht. Kurz nach dem
Machtwechscl in Jugoslawi
en hatte Nikosia bereits be
schlossen, alle Konten des
jugoslawischen Staates vor
läufig zu blockieren. Nach
Schätzungen des US-Fi
nanzministeriums deponier
ten Milosevic-treue Ge
schäftsleute in den 90er
Jahren umgerechnet über 8
Milliarden Franken in Ban
ken auf Zypern.
Waffenlager der
IRA inspiziert
BELFAST/LONDON: Zum
zweiten Mal innerhalb von
vier Monaten haben zwei
unabhängige Inspektoren
Waffenlager der nordiri
schen Untergrundorganisa
tion IRA kontrolliert. Die
Regionalregicrung für
Nordirland bestätigte am
Donnerstag eine entspre
chende Mitteilung der re
publikanischen IRA. Auch
die beiden Kontrolleure -
der frühere Generalsekretär
des südafrikanischen ANC,
Cyril Ramaphosa, sowie
der einstige finnische Prä
sident Martti Ahtisaari be
stätigten die lnspektion.
Sie hatten Ende Juni erst
mals Waffenlager der IRA
in der Republik Irland kon
trolliert und diese dann
versiegelt.
Lückenhafte
Holocaust-
Dokumentation
ROM: Die Dokumentation
des Vatikans zur Rolle des
umstrittenen Papstes Pius
XII. in der Zeit des Holo
caust isi nach Darstellung
internationaler Forscher
lückenhaft. Vieles liege
noch im Dunkeln, berichtete
die italienische Zeitung «I.a
Repubblica» gestern unter
Berufung auf die Experten.
Zugleich wurden neue Vor
würfe gegen Pius (1939-
1958) laut, der seüg gespro
chen werden soll trotz hef
tiger Proteste vor allem aus
Israel. Kritiker werfen ihm
vor, zu den Judenmorden
der Nazis geschwiegen zu
haben.
Völkermordmahn-
mal in Srebrenica
SARAJEVO/BERN: In Poto-
cari bei Srebrenica soll ein
Vö 1 kermordmahninaI er-
richtet werden. Das ent
schied der internationale
Bosnien-Beauftragte Wolf
gang Peiritsch, wie die Ge
sellschaft für bedrohte Völ
ker gestern mitteilte. Dies sei
der erste grosse Erfolg für
die aus Ostbosnien vertrie
benen Genozidopfer, schrieb
die Organisation weiter. Pe-
tritsch hatte die Entschei
dung am Mittwoch in Sara
jevo bekannt gegeben.
Kämpfe zwischen Oppositionellen
Forderungen nach Wiederholung der Präsidentsehaftswahl in Elfenbeinküste
Bei neuen Unruhen sind gestern mindestens 36 Menschen getötet worden. Sie sind durch Schüssc oder
Schlüge ums Leben gekommen. (Bild: Keystone)
ABIDJAN: Nach dem Sturz
von Militärmachthaber
Robert Guei ist in Cöte
d'lvoire ein neuer Macht
kampf entbrannt. Die
Wahlkommission be
stätigte unterdessen den
Sieg Laurent Gbagbos, der
sich klar gegen Guei
durchgesetzt habe.
Bei Zusammenstössen und
Strassenschlachten zwischen
den Anhängern des neuen Prä
sidenten Gbagbo und des als
Kandidat nicht zugelassenen
Alassane Ouattara wurden am
Donnerstag in Abdijan nach
Angaben von Augenzeugen
mindestens 36 Menschen getö
tet. Die Anhänger Gbagbos sei
en von Sicherhcitskräften un
terstützt worden.
Flucht in deutsche Bot
schaftsresidenz
Ouattara selbst flüchtete in
das Haus der deutschen Bot
schafterin Karin Bluniberger-
Sauerteig. Diese sagte der
Nachrichtenagentur Reuters,
Ouattara sei in ihrer Residenz
und dort fände ein wichtiges
Gespräch statt. Sicherheitskräf-
tc hatten zuvor das Feuer auf
das Haus von Ouattara eröff
net. Offenbar sollte er festge
nommen werden.
Die Wahlkommission teilte
am Donnerstag im staatlichen
Fernsehen mit, Gbagbo habe
am Sonntag 59,36 Prozent der
Stimmen erhalten. Der ent
machtete Junta-Chef Guei, der
sich zunächst zum Wahlsieger
erklärt hatte, habe dagegen nur
32,72 Prozent der Stimmen er
halten.
Ein ranghoher Vertreter der
Ivorischen Volksfront (FP1)
Gbagbos bezeichnete die Prote
ste der Anhänger von Ouattaras
Partei Rassemhlement des re-
publicains (RDR) als unbegrün
det. Der Ausschluss Ouattaras
von den Wahlen stehe im Ein
klang mit der Verfassung, sagte
Boga Doudou.
Forderung nach Wieder
holung der Wahl
Der frühere Ministerpräsident
Ouattara war wie 13 weitere
Kandidaten vom Obersten Ge
richtshof von der Präsident
schaftswahl ausgeschlossen
worden. Ouattara kritisierte die
Wahl vom Sonntag im franzö
sischen Fernsehsender TV 5 als
«illegal». Sie spiegle nicht den
Willen des Volkes wieder, da
die wichtigten Parteien des
Landes ausgeschlossen worden
seien.
Ais neuen Wahltermin schlug
er den 27. November vor. Für
dieses Datum war ein mögli
cher zweiter Durchgang der
Präsidentsehaftswahl vorgese
hen. Auch die Organisation der
Afrikanischen Einheit (OAU)
riet zu Neuwahlen in Cöte d'l
voire. Der OAU-Vorsitzende, der
togolesische Präsident Gnas-
singbe Eyadcma, habe sich nach
einem Treffen mit dem deut
schen Bundespräsidenten Jo
hannes Rau in Berlin entspre
chend geäussert, sagte eine
Sprecherin Raus. Der französi
sche Aussenminister Hubert
Vedrine rief die politischen Füh
rer der Cöte d'lvoire zur Verant
wortung auf. Gbago solle Parla-
mentswahlen ansetzen, um den
politischen Kräften, die von der
Präsidentenwahl ausgeschlos
sen waren, ein Mitspracherecht
einzuräumen, sagte Vedrine. An
Ouattara appellierte er, seine
Forderungen zurückzuhalten,
bis Parlamentswahlen stattge
funden hätten.
Am Mittwoch hatten in ganz
Elfenbeinküste Hunderttausen
de gegen den offensichtlichen
Wahlbetrug von Militärmacht-
haher Guei demonstriert und
den General damit von der
Macht vertrieben. Sein Aufent
haltsort war am Donnerstag
weiter unbekannt und Gegen
stand zahlreicher Spekulatio
nen.
Guei war im Dezember ver
gangenen Jahres mit einem
Putsch gegen den damaligen
Präsidenten Henri Konan Bedie
an die Macht gekommen.
Ällpiifliiert ?
Mitglied
BUKAREST: Jugoslawien ist
gestern als vollwertiges Mit
glied in den Balkan-Sta
bilitätspakt aufgenommen
worden. Der EU-Balkankoor
dinator Bodo Hombach werte
te die als ersten Schritt hin zur
Wiedereingliederung Jugosla
wiens in die internationale
Gemeinschaft. Als Symbol für
diese Annäherung überreichte
Honibach einem Gesandten
des jugoslawischen Präsiden
ten Kostunica einen Schlüssel.
Der Stabilitätspakt stellt den
Balkanländern finanzielle
Mittel zur Verfügung unter der
Bedingung, dass die demokra
tische Entwicklung in den
Empfängerstaaten vorange
trieben wird.
«Signal demokratischer Geschlossenheit»
DÜSSELDORF/SCHWERIN: Die
Innenminister der deutschen
Bundesländer haben sich am
Donnerstag für einen Antrag
auf ein Verbot der rechtsex
tremen NPD ausgesprochen.
Dieser solle beim Bundesver
fassungsgericht gestellt wer
den, erklärten die Innenmini
ster einstimmig in Düsseldorf.
Die beiden CDU-geführlen
Bundesländer Messen und
Saarland enthielten sich der
Stimme. Sie kündigten auch
schon an, dass sie bei einer
endgültigen Entscheidung im
Bundesrat einen Verbots-An
trag nicht mittragen werden.
Einstimmigkeit ist dabei aller
dings nicht notwendig.
Derweil zeichnete sich bei ei
ner Konferenz der Ministerprä
sidenten am Donnerstag in
Schwerin ebenfalls eine Mehr
heit für einen Verbotsantrag
gegen die NPD beim Bundes-
25 000 Menschen feiern Hashim Thaci
Kommunalwahlen in Kosovo - Thaci in Pristina gefeiert
PRISTINA: Zwei Tage vor den
Kommunalwahlen in der süd
serbischen Provinz Kosovo ist
der Vorsitzende der Partei für
den Demokratischen Fort
schritt (PDK), Hashim Thaci,
von 25 000 Menschen in Pri
stina begeistert gefeiert wor
den.
Zum Ende des Wahlkampfes
begrüsste der ehemalige Kopf
der offiziell aufgelösten Koso-
vo-Befreiungsarmee UCK am
Donnerstag die «ersten freien
und demokratischen Wahlen in
unserer Geschichte». Thaci ver
sprach eine enge Zusammenar
beit mit der NATO und der
UNO, die die Provinz seit dem
Ende des Kosovo-Kriegs 1999
verwaltet. Scharfe Kritik übten
PDK-Vertreter an Thacis Riva
len. Der PDK-Kandidat, Fatmir
Limaj, forderte die Wähler dazu
auf, Rugova für seinen Versuch
eines Friedensabkommens mit
Slobodan Milosevic während
des Kosovo-Kriegs einen Denk
zettel zu verpassen. Die Bewoh
ner des Kosovo sind am Sams
tag zur Kommunalwahl aufge
rufen. Viele Mitglieder der al
banischen Bcvölkerungsmehr-
heit sehen in der von der UNO
organisierten Wahl einen ersten
Schritt in Richtung Unabhän
gigkeit.
Rund 25 000 begeisterte Menschen erwarteten die Ankunft ron
Hashim Thaci. (Bild. Keystone)
Deutsche Innenminister für Antrag auf Verbot der NPD
Gestern stimmten sowohl die Ministerpräsidenten als auch die In
nenminister einem Verbotsantrag der NPD beim Bundesverfas
sungsgericht zu. (Bild: Keystone)
Verfassungsgericht ab. Die rot-
grüne deutsche Regierung hat
einen Verbots-Antrag an
gekündigt. Sie will aber die Un
terstützung des Bundesrates
und des Bundestages, um ein
Signal demokratischer Ge
schlossenheit zu setzen. Ein
Parteien-Verbot kann nach der
deutschen Verfassung nur das
Bundesverfassungsgericht aus
sprechen. Es muss dafür die
Verfassungswidrigkeit einer
Partei feststellen. Zudem muss
nachgewiesen sein, dass diese
Partei ihre Ziele aggressiv-
kämpferisch vertritt.
Beides ist nach Ansicht der
Innenminister bei der NPD be
legt. Trotz gewisser rechtlicher
Risiken bei einem Verbots-Ver
fahren sei der Antrag deshalb
«vertretbar», sagte der Vorsit
zende der Innenminister-Kon
ferenz, der nordrhein-westfali-
sche Minister Fritz Behrens.
Kein «Allheil-Mittel»
Er sei allerdings auch «kein
Allheil-Mittel», sondern «nur
eine flankierende Massnahme»
im Kampf gegen den Rechtsex
tremismus. Die Innenminister
wiesen auf die «erschreckenden
Straf- und Gewalttaten der
letzten Monate» durch Rechts
extremisten hin. Diese machten
ein «unvermissverständliches
Zeichen» notwendig: «Die NPD
als aggressivste der rechtsex
tremistisch geprägten Parteien
fördert ein Klima, in dem sol
che Taten entstehen.» Mitglie
der und Anhänger der NPD
schreckten zur Durchsetzung
ihrer Ziele auch vor Gewalt
nicht zurück. Es werde mit der
Neonazi- und Skinhead-Szene
kooperiert. Die Innenminister
hoben hervor, dass die NPD bei
einem Verbot ihr Vermögen
verliere. Auch habe sie keinen
Anspruch mehr auf staatliche
Finanzhilfe, die 1999 sogar
1,16 Millionen Mark ausge
macht habe. Bundesinnenmini
ster Otto Schily begrüsste das
Votum der Konferenz als klares
Signal einer wehrhaften Demo
kratie. Er erwartet auch im
Bundesrat eine breite Mehrheit.
Der Staat müsse entschlossen
von seinen repressiven Mög
lichkeiten Gebrauch machen.